Konzernstrategie

"Wir halten unser Pulver für das Direktgeschäft trocken"

Sie gehören seit dem 1. März 2008 dem Vorstand der Deutschen Hypo an, einer Tochtergesellschaft der Norddeutschen Landesbank. Fühlen Sie sich noch als Landesbanker oder schon als Hypothekarier? Die Tätigkeiten, die ich in den vergangenen 30 Jahren bei der Norddeutschen Landesbank ausgeübt habe, unterscheiden sich nicht wesentlich von denen, die ich jetzt in der Deutschen Hypo wahrzunehmen habe. Daher fühle ich mich immer noch als Immobilienfinanzierer. Mein Ziel ist, das Beste des Immobiliengeschäfts einer öffentlich-rechtlichen Bank und eines privatwirtschaftlichen Kreditinstituts zusammenzuführen, um gemeinsam etwas noch Besseres zu schaffen. Was heißt das für die Zukunft der Deutschen Hypo? Die Deutsche Hypo Actien-Gesellschaft bleibt als Unternehmen und als Marke erhalten. Sie dient künftig der Nord-LB als Plattform für das gewerbliche Immobiliengeschäft. Wir bauen hier also ein zentrales Kompetenzcenter im Konzern auf. Entsprechend werden alle Aktivitäten der Norddeutschen Landesbank im gewerblichen Immobiliengeschäft vollständig in die Deutsche Hypo integriert. Das begann mit der Übertragung der Mitarbeiter im Bereich Immobilien Banking der Nord-LB auf die Deutsche Hypo zum 1. Oktober 2008. Somit erfolgte ab diesem Zeitpunkt die Neugeschäftsakquisition ausschließlich unter der Marke "Deutsche Hypo - ein Unternehmen der Nord-LB". Was haben Sie bei Ihrem Antritt am 1. März 2008 in der Deutschen Hypo vorgefunden? Die Deutsche Hypo heute und vor einem halben Jahr ist vor allem geprägt von engagierten Mitarbeitern, einer effizienten Organisation und einem soliden Portfolio, das keine negativen Überraschungen bietet. Wie haben die Mitarbeiter den erneuten Eigentümerwechsel binnen kurzer Zeit aufgenommen? Von den Mitarbeitern werden vor allem die Chancen gesehen, denn die Nord-LB sieht die Deutsche Hypo nicht als Finanzbeteiligung, sondern ist als strategischer Investor eingestiegen. Wir wollen im Immobiliengeschäft expandieren. Dies halten wir auf der Plattform Deutsche Hypo für besser möglich als allein durch organisches Wachstum. Die Nord-LB bringt also nicht nur Kapital, sondern auch Personal in die neue Tochtergesellschaft ein und stärkt damit die Hypothekenbank. Die Deutsche Hypo stand in der Vergangenheit öfters zum Verkauf. Warum war Übernahme erst jetzt für die Nord-LB interessant? Die Nord-LB hat in den vergangenen Jahren sehr viel an den inneren Strukturen und der Verbesserung der Effizienz gearbeitet. Für das Immobiliengeschäft, welches zum Bereich "Strukturierte Finanzierungen" zählt, wurde 2006 entschieden, die Expansion voranzutreiben. Denn die gewerbliche Immobilienfinanzierung sehen wir als ein weltweites Wachstumsgeschäft - unabhängig von zyklischen Veränderungen und der momentanen Sondersituation. Diese Research-Einschätzung ist die Grundlage der strategischen Entscheidung für den Erwerb der Deutschen Hypo gewesen. Wachsen will die Nord-LB im Immobiliengeschäft, indem sie die Präsenz an den wichtigsten internationalen Immobilienmärkten ausweitet, das nationale Geschäft intensiviert und die Marktexpertise verstärkt. Wenn dieses allein durch organisches Wachstum erreicht werden soll, dauert der Prozess relativ lange. Deshalb wurde die Gelegenheit genutzt, als die Altgesellschafter der Deutschen Hypo verkaufen wollten, um das Wachstum auch anorganisch voranzutreiben. So wurde auf einen Schlag das Portfolio deutlich erweitert und die Auslandspräsenz verstärkt. Mit der Übernahme ist die Nord-LB heute auch in Madrid und Amsterdam vertreten. In Paris und London waren beide Banken bisher schon präsent, doch vertragen diese Märkte durchaus noch eine Personalverstärkung. Darüber hinaus halten wir an den Nord-LB-Vertretungen in New York und Singapur Immobilienkompetenz vor. Welche sonstigen Synergien gibt es? Die Deutsche Hypo wurde nicht unter der Maßgabe von Kostensynergien übernommen. Ziel ist es vielmehr, aus einem größeren Portfolio und einer stärkeren Vertriebskraft Ertragssynergien zu ziehen. Hinzu kommt, dass aufgrund des größeren Kreditbestandes genauere Analysen zu Chancen und Risiken möglich sind. Welche Integrationsschritte sind schon vollzogen und welche sollen noch folgen? Die Integration erfolgt in zwei Schritten. Zum 1. Oktober dieses Jahres haben wir den Inlandsbereich zusammengefasst. Sobald hier alle organisatorischen Maßnahmen abgeschlossen sind, werden auch die Aktivitäten im Ausland zusammengeführt. Für die Zukunft ist auch die räumliche Zusammenführung von Deutscher Hypo und Immobiliensparte der Nord-LB unter einem Dach vorgesehen. Ist das Geschäftsmodell eines fokussierten Immobilien- und Staatsfinanzierers noch marktgerecht? Die Spezialisierung auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung ist durchaus marktgängig. Allerdings verlangt das Geschäft eine ständige Anpassung an den Markt. Die Kunst ist jedoch, die internen Strukturen nicht durch überzogene Renditeansprüche und Wachstumsfantasien zu überfordern. Entsprechend behutsam wird sich die Deutsche Hypo künftig in Richtung Real Estate Investment Banking bewegen. Welche Vorteile hat die Herauslösung des Immobiliengeschäfts aus einer breit aufgestellten Bank in eine rechtlich abgegrenzte Spezialbank? Eine fokussierte Immobilienbank ist auf wenige Geschäftsfelder stromlinienförmig zugeschnitten. Alle Prozesse dienen nur einem Ziel, während in einer großen Bank die Abläufe und Abstimmungen einem Bündel von Geschäftsfeldern gerecht werden müssen. Werden die Mitarbeiter der Bank zwei Arbeitsverträge haben - Deutsche Hypo und Nord-LB? Nein, alle mit dem gewerblichen Immobiliengeschäft im Nord-LB-Konzern befassten Mitarbeiter werden Beschäftigte der Deutschen Hypo sein. Wie bringen Sie die unterschiedlichen Kulturen beider Häuser zusammen? Die alten und neuen Mitarbeiter der Deutschen Hypo haben zunächst ein gemeinsames Thema: die gewerbliche Immobilie. Gleichwohl war die Herangehensweise aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsstrategien verschieden. Wir wollen die Erfahrungen von beiden Häusern zusammenbringen, indem alle Abteilungen, alle Gruppen gemischt werden. Damit wollen wir einen gegenseitigen Know-how-Transfer erreichen. Es wird kein Gegeneinander, sondern nur ein Miteinander geben. An der Kundenzuordnung ändert sich jedoch nichts, sodass jeder Kunde weiterhin seinen gewohnten Ansprechpartner in der Bank vorfindet. Bei der Integration kommt uns zugute, dass es keine feindliche Übernahme, sondern ein freundschaftliches Zusammengehen war. Friktionen wird es dennoch geben. Aber wir wollen nichts zerschlagen, herauslösen oder abschmelzen, sondern das Geschäft der Deutschen Hypo ausbauen. Dieses Bekenntnis schafft eine hohe Akzeptanz unter den Mitarbeitern. Wie haben die Kunden auf die Übernahme und die angekündigte Strategie reagiert? Die Kunden halten es für einen richtigen Schritt. Ihnen ist es vor allem wichtig, dass sich die Bank weiterhin und stärker als bisher zu dem Geschäft bekennt. Wir wollen am Markt aktiv sein und Flagge zeigen. In einer Zeit, in der sich viele Marktteilnehmer zurückziehen, wird diese Position sehr begrüßt. Wie viel Neugeschäftswachstum haben Sie sich vorgenommen? Welche Portfoliogröße streben Sie an? Wir haben uns keine quantitativen Vorgaben gemacht, die die Bilanz aufblähen. Unser Ansatz ist, einen ständigen Deal Flow sicherzustellen. Hierfür ist die Präsenz vor Ort nötig, um bei allen wichtigen Transaktionen zumindest gefragt zu werden. In der Marktfolge brauchen wir dann natürlich auch das Personal, um die Leistungen auch erbringen zu können. Beides haben wir mit der Integration der Deutschen Hypo erreicht. Beide Unternehmen zusammengenommen haben im vergangenen Jahr rund neun Milliarden Euro Neugeschäft abgeschlossen. Diese Größenordnung soll auch in Zukunft das Ziel sein. Dabei fokussieren wir uns auf renditestarke Engagements, die aber dennoch zum relativ konservativen Risikoprofil beider Häuser passen. Zusammen verwalteten die Nord-LB und die Deutsche Hypo im Vorjahr ein Portfolio von etwa 20 Milliarden Euro Immobilienfinanzierungen. Das klingt für sich genommen nicht gerade wenig, doch im Verhältnis zur Bilanzsumme der Nord-LB mit rund 240 Milliarden Euro wird deutlich, dass Immobilienfinanzierungen noch nicht einmal ein Zehntel der Bilanzsumme ausmachen. Das heißt aber auch, dass Sie den Bestand alle zwei bis drei Jahre komplett ersetzen. Was ist der Grund für die hohe Drehzahl im Portfolio? Das Immobiliengeschäft hat sich in den vergangenen Jahren komplett gewandelt: Die Haltedauer von Immobilien ist deutlich kürzer geworden. Die Investoren sind in ihren Immobilienanlagestrategien flexibler als früher. Doch statt "Buy and Hold" gilt auch bei den Käufern immer öfter "Buy, Manage and Sell". Dadurch verkürzen sich die Anforderungen an die Kreditlaufzeiten, die im Schnitt nur noch bei zwei bis drei Jahren liegen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Akquisition. Hinzu kommt, dass die Nord-LB in der Vergangenheit stärker in der Projektfinanzierung tätig war. Hier sind die Laufzeiten von Hause aus deutlich kürzer. Bei der Deutschen Hypo haben wir die Situation, dass die Bank nicht in einen großen Konzern eingebunden war, sondern selbst sehr darauf achten musste, was sie herein nahm. Das Risikobewusstsein ist hierbei ein anderes, als wenn das Immobiliengeschäft Teil einer konzernweiten Risikodiversifikation und -abmischung ist. Daher war das Geschäft der Hypothekenbank stark von Konsortialkrediten und langfristigen Finanzierungen geprägt. Was bedeutet das konkret für die künftige Geschäftsstrategie? Aus Sicht der Deutschen Hypo wird sich der Schwerpunkt vom Konsortialkredit zum Direktvertrieb verschieben. Wir wollen künftig primär selbst Geschäft akquirieren. Schließlich haben wir die Kundenkontakte. Zudem kann dieser Zugang auch genutzt werden, um selbst Konsortialgeschäfte und Club Deals zu organisieren. Damit würden sich neue Möglichkeiten im Provisionsgeschäft eröffnen. Derzeit sind allerdings viele auf der Suche nach Konsortialpartnern. Werden Sie häufiger angesprochen? Im Moment sind viele Konsortialeinladungen unterwegs; überwiegend sind sie für uns jedoch unattraktiv. Denn was vor zwölf oder mehr Monaten unter der Maßgabe abgeschlossen wurde, es über Verbriefungen zu refinanzieren hat eine ganz anderer Risiko- und Preisstruktur als Kredite, die über den Pfandbrief refinanziert oder auf Konsorten aufgeteilt werden. Indem die sehr kostengünstige Refinanzierung über die Verbriefungskanäle nicht mehr funktioniert, steigen bei gleichen Risiken die Margen. Diese Entwicklung kommt uns entgegen. Daher ist es für die Deutsche Hypo derzeit viel vorteilhafter, Geschäft nach unseren Vorgaben und Risikoparametern neu zu akquirieren, als andere Banken von ihren alten Risiken zu entlasten. Da wir selbst nach Konsortialpartnern suchen, sind wir natürlich auch bereit, Konsortialkredite für unsere Partner zu übernehmen. Wir halten unser Pulver aber lieber für das Direktgeschäft trocken. Das entspricht auch unserer Vorstellung von Kundenorientierung. Denn den Immobilieninvestoren, die jahrelang zu uns gehalten und uns vertraut haben, wollen wir jetzt auch die Finanzierung ihrer Objekte ermöglichen. Wir akzeptieren dafür sogar einen Rückgang im Neugeschäft, wenn der Ertrag trotzdem stabil bleibt und das Risiko nicht steigt. Wie wird das Staatsfinanzierungsgeschäft im Konzern geordnet? Zunächst konzentrieren wir uns auf die Zusammenführung des gewerblichen Immobiliengeschäfts. Alles andere bleibt zunächst so, wie wir es zum Jahreswechsel 2007 vorgefunden haben. Welche Rolle spielte die Expertise der Deutschen Hypo im Pfandbriefgeschäft für die Entscheidung, hier das Kompetenzcenter für Immobilienfinanzierungen einzurichten? Mit dem Pfandbriefgesetz ist die Bedeutung des Pfandbriefs für die Refinanzierung der Norddeutschen Landesbank weiter gestiegen. Die jahrzehntelange Solidität und Verlässlichkeit der Deutschen Hypo honoriert der Kapitalmarkt derzeit auch bei den Pfandbriefen mehr denn je. Deshalb ist die Marke für uns auch auf der Passivseite wertvoll. Wie reagierten die Pfandbrief- Investoren auf die Fusion? Bisher sind zumindest keine negativen Reaktionen bekannt. Vielmehr verbesserte die Übernahme das Rating der Deutschen Hypo. Deren Pfandbriefe sind nach wie vor mit Triple-A bewertet. Bisher haben wir auch nicht gespürt, dass bei den Investoren bestimmte Anlagegrenzen für Pfandbriefe des Nord-LB-Konzerns erreicht worden wären. Nichtsdestotrotz ist die Refinanzierung gegenwärtig insgesamt schwieriger geworden. Dass sich die Deutsche Hypo dieses Jahr dennoch 2,5 Milliarden Euro am Kapitalmarkt beschaffen konnte, davon eine Milliarde Euro mit Pfandbriefen, spricht für das Vertrauen der Investoren. Wie interessant sind Jumbo- Emissionen? Im gegenwärtigen Kapitalmarktumfeld sind Jumbo-Pfandbriefe keine Option. Mit welchen Wettbewerbern misst sich die Deutsche Hypo? Wir definieren für uns eigene Maßstäbe. Es ist nicht wichtig, was andere machen, sondern dass wir für unsere Bedürfnisse und gemessen an unseren Fähigkeiten und Voraussetzungen eine klare Strategie festlegen und diese stringent durchhalten. Auch wenn am Wegesrand ein paar Opportunitäten locken, darf dieser "Pfad der Tugend" nicht verlassen werden. Wer sich zu sehr an anderen orientiert, kann sich von allgemeinen Entwicklungen schwer lösen. Das betrifft eben auch Krisen. Was erwartet die Nord-LB von ihrem Immobilien-Kompetenzzentrum? Die Nord-LB erwartet, dass die Deutsche Hypo wächst und ihre risikoaverse Strategie beibehält. Das heißt auch, dass wir nicht überall alles machen. Wir wollen kein Global Player sein. Letztlich wird der Erfolg an der Dividendenfähigkeit gemessen. Die bisher von der Bank gezeigte Performance sollte auch in Zukunft erreichbar sein.

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