Infrastruktur-Finanzierung

Finanzierungslösungen für öffentliche Investitionen

Die Neue Messe ist eines der großen Investitionsprojekte der vergangenen Jahre in Hamburg. Bis zum Jahr 2009 wird auf dem Gelände am Fernsehturm für insgesamt rund 370 Millionen Euro gebaut - eine Summe, die die Stadt

Hamburg ohne finanzielle Unterstützung privater Investoren nur schwer hätte aufbringen können. Das Projekt wird über ein Public Private Partnership (PPP) finanziert. Bauplanung und -ausführung übernimmt ein Konsortium um die Commerz Real. Im Anschluss wird das Gelände auf bis zu 29 Jahre an die Stadt Hamburg verleast.

Damit ist die Neue Messe Hamburg ein Beispiel für die inzwischen weit verbreitete Praxis, öffentliche Infrastruktur mittels Leasing zu finanzieren. Häufig werden die Mittel für den Bau oder Renovierungen von Schulen, Krankenhäusern oder Polizeiwachen mit Hilfe privater Investoren aufgebracht. Seit Anfang des Jahrzehnts wurden PPP-Verträge im Wert von 1,4 Milliarden Euro abgeschlossen. Ein Teil davon wird durch Leasing finanziert.

Keine Behinderung durch Verschuldungsgrenzen

Das Leasing stellt neben dem klassischen Kommunalkredit eine weitere Finanzierungsform für die öffentliche Hand dar. Bund, Länder, Kommunen oder Gemeinden können auf diese Weise Projekte realisieren, ohne die im Haushalt ausgewiesene Verschuldung zu erhöhen. Sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum an dem jeweiligen Wirtschaftsgut wird in der Regel dem Leasinggeber zugeordnet. Das hat zur Folge, dass die Investitionen und die zur Finanzierung aufzunehmenden

Fremdmittel auch bei der Leasinggesellschaft bilanziert werden.

Somit werden kommunale Investitionen nicht durch kommunal- und verfassungsrechtliche Verschuldungsgrenzen behindert. Hinzu kommt, dass Projekte in Zusammenarbeit mit privaten Investoren oftmals schneller und günstiger realisiert werden. Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung betragen die Einsparpotenziale im Vergleich zu einer rein öffentlichen Ausführung bis zu 16 Prozent.

Ein weiterer Vorteil des Infrastruktur-Leasings für die öffentliche Hand liegt darin, dass Risiken an den privaten Sektor abgegeben werden. Übernimmt ein Investor wie bei der Messe Hamburg im Rahmen eines Leasing-Vertrages den Bau eines Objektes, so trägt er bis zur Übergabe die Verantwortung. Würde die öffentliche Hand die Bauarbeiten dagegen in Eigenregie durchführen, könnte kein Risiko abgegeben werden. Erstreckt sich der PPP-Vertrag darüber hinaus auf die Nutzungsdauer, übernehmen die privaten Investoren auch in dieser Phase einen Teil der Risiken.

Im Rahmen des Facility Management müssen sie garantieren, dass bestimmte Leistungen erbracht werden - vom Betrieb der Fahrstühle bis hin zur Abfallentsorgung. Meist werden Planung, Bau und Betrieb eines Objektes aus der Hand eines Investorenkonsortiums angeboten.

Natürlich dürfen beim Leasing öffentlicher Infrastrukturen wie bei allen PPP-Verträgen nicht alle Risiken beim Leasinggeber liegen. Jeder Vertragspartner sollte die Risiken tragen, die er am besten beherrschen kann. Es ist beispielsweise nicht sinnvoll, das Risiko einer Änderung der Steuergesetzgebung auf den privaten Investor zu übertragen.

Ein weiteres Beispiel findet sich mit den Risiken, die im Rahmen allgemeiner Umweltrisiken entstehen. So sollte die öffentliche Hand die Folgeschäden an

Gebäuden in Ufernähe tragen, die durch steigende Wasserpegel entstehen können. Leasinggesellschaften könnten zwar auch diese Risiken in ihre Planung mit einbeziehen. Die Kosten für die öffentliche Hand würden sich in der Folge aber stark erhöhen. Anhand einer Matrix sollten alle Risiken der Phasen Planung, Bau, Betrieb aufgelistet und auf die beteiligten Partner aufgeteilt werden. Von einer sinnvollen Verteilung profitieren beide Vertragsparteien.

Komplexes Vergabeverfahren

Am Anfang eines größeren PPP-Projektes steht die europaweite Ausschreibung. Sie bildet den Auftakt für einen meist komplizierten und langen Vergabeprozess. Mit dem Start des Vergabeverfahrens sollte die öffentliche Hand möglichst detailliert formulieren, welche Anforderungen sie an die teilnehmenden Bieter stellt. Ist sie bei komplexen Projekten nicht in der Lage, beispielsweise die rechtlichen und finanziellen Bedingungen von vornherein festzulegen, treten die Parteien in einen wettbewerblichen Dialog. Im direkten Kontakt werden die offenen Fragen geklärt.

Wird als Art der Finanzierung das Leasing gewählt, kommen je nach Projekt unterschiedliche Ausgestaltungen in Frage. Sollen beispielsweise Bestandsbauten renoviert werden, bietet sich das Sale-and-Lease-back-Verfahren an. Dabei kauft der Leasinggeber das Objekt, renoviert es und verleast es im Anschluss an den Leasingnehmer. In der Praxis wird dieses Verfahren häufig bei Schulen oder Kindergärten gewählt. Beim sogenannten Neubau-Leasing wird dagegen ein Gebäude erst errichtet und dann verleast. Bei dem Projekt Neue Messe Hamburg werden beide Arten kombiniert, da sowohl Altbestände saniert als auch Neubauten errichtet werden müssen.

Eine dritte Form des Leasings ist das Buy-and-Lease. Der Leasinggeber kauft in diesem Fall ein Grundstück oder Gebäude, um es dann zu verleasen. Im Bereich der öffentlichen Infrastruktur ist Buy-and-Lease üblich, wenn ein Objekt in Landesbesitz ist, später aber von der Kommune geleast werden soll. Es findet also ein Transfer von einer Körperschaft zur anderen statt.

Unabhängig von der Art des Leasings können Teil- oder Vollamortisationsverträge angeboten werden. Bei Vollamortisationsverträgen zahlt der Leasingnehmer die Investitionskosten während der Grundmietzeit in voller Höhe zurück. Bei Teilamortisationsverträgen bleibt hingegen nach Ablauf der Grundmietzeit ein Restwert übrig. Die Neue Messe Hamburg wurde mit einem Teilamortisationsvertrag ausgestattet. Nach Ablauf der Grundmietzeit hat die Stadt eine Kaufoption.

Zunahme der Forfaitierungen

Da sich PPP-Verträge immer häufiger nicht mehr nur auf die Finanzierung eines Projektes beschränken, sondern auf das Betreiben ausgeweitet werden, werden andere Finanzierungsformen als das Leasing interessant. Die Elbphilharmonie in Hamburg ist ein Beispiel für diese Entwicklung. Das Investorenkonsortium übernimmt sowohl den Bau als auch das Facility Management des Objektes. Der PPP-Vertrag basiert auf einem sogenannten Nutzungsüberlassungsmodell, verbunden mit einer Forfaitierung.

Beim Nutzungsüberlassungsmodell bleibt die öffentliche Hand, also im Fall der Elbphilharmonie die Stadt Hamburg, der zivilrechtliche Eigentümer. Sie überträgt lediglich die Aufgabe an den privaten Investor, den Neubau zu errichten, zu finanzieren und zu betreiben.

Um diese Aufgabe zu erfüllen, wird das Grundstück für die Dauer des Vertrages zur Nutzung überlassen. Im Rahmen der Forfaitierung verkauft das Investorenkonsortium die aus dem Bau des Objektes entstehenden Forderungen an ein Kreditinstitut. Das Procedere ist wie folgt: Das Konsortium leiht sich Geld von einem Kreditinstitut, um den Bau der Elbphilharmonie zu finanzieren. Im Gegenzug tritt das Konsortium die zukünftigen Forderungen an das Kreditinstitut ab. Da im Endeffekt die öffentliche Hand die Forderungen in monatlichen Raten begleichen wird und somit ein Forderungsausfall ausgeschlossen ist, sind die Kreditkonditionen besonders günstig.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X