Schwerpunkt: Revitalisierung von Einzelhandelsimmobilien

Finanzierung von Revitalisierungen aus dem Blickwinkel der Investoren

Die hohe Unsicherheit der Märkte über die zukünftige weltweite Wirtschaftsentwicklung hat die Suche nach "sicheren Investmenthäfen" bei gleichzeitig attraktiven Eigenkapitalverzinsungen verschärft. Der deutsche Investmentmarkt ist trotz andauernder Euro- und Finanzkrise wegen der geringen Volatilität der wirtschaftlichen Rahmenparameter im weltweiten Vergleich für Investoren ein Zielmarkt. Da das Triple-A-Rating der Staatsanleihen aufgrund der aktuellen Verschuldungsthemen infrage gestellt wurde, hat die "Flucht in Sachwerte als alternative Assetklasse" an Dynamik gewonnen. Entsprechend sind das Transaktionsvolumen und die Verkaufspreise von sogenannten Core- und Core-plus-Immobilien in den letzten zwölf Monaten in Deutschland stark angestiegen; Cap Rates unterhalb von fünf Prozent sind aufgrund der abnehmenden Produktverfügbarkeit in ausgewählten Einzelfällen keine Seltenheit mehr. Die starke Verknappung von Core-Produkten hat zur Folge, dass zu revitalisierende (Einzelhandels-)Immobilien stärker in den Fokus rücken können. Diese erfüllen aus "Sicherheitserwägungen" eine wichtige Nachhaltigkeitsvoraussetzung: Die Lage hat sich meistens über Jahrzehnte bewährt. Das Potenzial für eine "sichere" Core-Immobilie liegt vor. Allerdings ist die (Fremd-)Kapitalfinanzierung aktuell infrage gestellt.

Einzelhandelsimmobilien und ihr Umfeld

Seit Monaten werden täglich neue negative Erkenntnisse über steigende Staatsschulden mit Schwerpunkt in Südeuropa und mit abtretenden Regierungen bekannt. Die Sorge um eine instabile US-Wirtschaft sind latent da. Die europäische Währungsunion wird durch Egoismen geprägt. Großbritannien hat begonnen, seinen Sonderweg zu gehen. Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in wesentlichen Indizes wider: Der Deutsche Aktienindex weist in den letzten zwölf Monaten ein Minus von etwa 15 Prozent aus (Rückgang von rund 7000 auf unter 6000 Punkte). Die 12-Monats-Entwicklung des Euribor weist ein Plus von zirka 50 Prozent auf.

Positive Fakten werden von vielen Marktteilnehmern wenig registriert. Dabei finden Investoren gerade in Deutschland attraktive Rahmenbedingungen vor:

- Die deutsche Wirtschaft befindet sich trotz weltweiter Turbulenzen aufgrund ihrer Wettbewerbsfähigkeit gemessen an den Lohnstückkosten in einer robusten Verfassung. Der leicht rückläufige Export befindet sich nach wie vor auf hohem Niveau, wie es an den Zahlen der richtungsweisenden deutschen Autoindustrie abzulesen ist: Im Zeitraum Januar bis November 2011 stieg der PKW-Export um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Daneben trägt zusätzlich der starke private Konsum (das abgelaufene Geschäftsjahr weist um geschätzte zwei Prozent erhöhte Einzelhandelsumsätze gegenüber dem Vorjahr auf) die Konjunktur. Das reale Bruttoinlandsprodukt befindet sich im europäischen Ländervergleich als eines der wenigen auf dem Niveau der Vor-Lehman-Krise. Die Mehrheit der Unternehmer will gemäß aktuellen Umfragen ihre Kapazitäten ausweiten, sodass davon auszugehen ist, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinkt.

- Flankierend befindet sich die Inflation auf einem niedrigen, also weiterhin "gesunden" Niveau. Mittelfristig moderat steigende Inflationsraten sind durch die in der Regel vorliegenden indexierten Mietverträge "abgesichert".

- Die inländischen Spitzenrenditen deutscher Einzelhandelsimmobilien weisen einen hohen positiven Spread (zum Euribor) gegenüber historischen Niveaus auf.

Vor diesem Hintergrund stellen Investments in Einzelhandelsimmobilien ein attraktives Marktszenario dar. Insofern überraschen die Zahlen aus 2011 nicht: Im ersten Halbjahr 2011 wurde das beste Halbjahresergebnis beim Investmentumsatz mit Einzelhandelsimmobilien seit 2006 erzielt. Mehr als 50 Prozent des Retail-Investmentmarktes in Europa entfielen auf Deutschland - noch vor Großbritannien. Das durchschnittliche Transaktionsvolumen der letzten fünf Jahre wurde um mehr als zehn Prozent übertroffen. Für 2011 soll es insgesamt 25 Milliarden Euro betragen, wobei Einzelhandelsimmobilien dominieren.

"Gestörte" Kapitalmärkte

Allerdings stoßen Investoren seit dem 4. Quartal 2011 mit ihrem Investitionshunger nicht nur auf einen Mangel an Produkten, sondern insbesondere auch auf einen "gestörten" Kapitalmarkt. Klassische Fremdfinanzierungen sind in ganz Europa grundsätzlich für Finanzierungen von mehr als 30 Millionen Euro nur schwer zu bekommen. Teilweise wurden die Bücher für Neugeschäft atypisch früh geschlossen.

Inbesondere Revitalisierungsinvestments, die ehemals bei einem Eigenkapitalanteil von 25 bis 35 Prozent mit "Kusshand" entgegengenommen wurden, sind für viele Immobilienfinanzierer nicht mehr darstellbar. Die restiktiven Anforderungen für eine Kreditvergabe bestehen unabhängig vom Risikoprofil des Assets, weil die Liquiditätskosten der Banken stark angestiegen sind und weiter ansteigen aufgrund des mangelnden Vertrauens der Banken untereinander, die Eigenkapitalanforderungen der Banken gestiegen sind und die Banken teilweise ihre Kreditbücher zurückfahren. Als Konsequenz ergibt sich, dass

- das "Financial Engineering" zwischen Käufer und Verkäufer an Bedeutung gewinnt,

- Investoren alternative Finanzierungen suchen,

- dringend neu erwartete Kreditgeber auftauchen (werden), indem Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungskassen beginnen, die herkömmliche Kreditversorgung durch Geschäfts- und Immobilienbanken zu übernehmen,

- der Wettbewerb um die knappen Finanzierungsressourcen steigt.

Der letztgenannte Aspekt führt dazu, dass nur Revitalisierungen mit klar definierten Alleinstellungsmerkmalen eine Chance auf Umsetzung haben. Die selektiven Kreditvergaben erfordern eine schlüssige ganzheitliche Definition des Produkts mit einem nachvollziehbaren transparenten Konzept. Immer mehr Makro- und Mikrolagen stellen a priori ein Ausschlusskriterium dar. Denn rückläufige Einzelhandelsumsätze je Verkaufsfläche und alternative Handelsformen (wie das Internet) gewinnen an Bedeutung.

Im aktuellen Weihnachtsgeschäft sei der Einzelhandelsumsatz um zwei Prozent zurückgegangen, aber der Online-Umsatz um acht Prozent gewachsen. Und dieser Trend beginnt sich zu verstärken. Manche Shoppingcenter ringen nicht mehr um das Marktpotenzial der Nachbarn, sondern um den über den heimischen Laptop generierten Umsatz. Die erhöhten Risiken der Revitalisierung sind zu "versichern" (siehe Tabelle).

Investments in Einzelhandelsimmobilien werden weiter eine tragende Rolle spielen. Allerdings sind die Ansprüche an die Akteure gegenüber den letzten Jahren gestiegen. Die deutsche Wirtschaft wird sich nicht nur aufgrund der ungelösten Probleme im Euro-Raum, sondern auch wegen der unsicheren weltweiten Wirtschaftsentwicklung "abkühlen". Die gesamtwirtschaftlichen deutschen Parameter bleiben aber auf attraktivem Niveau.

Ausblick auf das Geschäftsjahr 2012

Die weiterhin knappen Finanzierungsressourcen führen zu einem verschärften "Verteilungskampf" unter den Projektentwicklern und Investoren. Aufgrund der höheren Eigenkapitalanforderungen und des gestörten Finanzmarkts wird die Eigenkapitalrendite für Investoren nur dann zu halten sein, wenn die Wertschöpfungstiefe steigt. Revitalisierung von Einzelhandelsimmobilien bietet hier eine Perspektive bei zu "versichernden" Risiken. Finanzierungen für große Projekte werden zu komplexen Aufgabenstellungen. Nur klar definierte Revitalisierungsprodukte haben eine Chance auf Realisierung, andere werden später realisiert und/oder scheitern.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag der Autoren auf dem 2. CoRE Handelsimmobilientag in München.

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