Immobilien an der Börse

Einzelimmobilien werden kapitalmarktfähig

Zum zweiten Mal in Folge verbuchte Deutschland 2007 einen Rekordumsatz auf dem Investmentmarkt. Rund 60 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr im gewerblichen Immobiliensektor und weitere 15 Milliarden Euro im Wohnimmobilienbereich umgesetzt. Auch für 2008 rechnen Makler und Ratingagenturen mit einem im langfristigen Vergleich hohen Transaktionsvolumen, wenngleich dieses niedriger ausfallen dürfte als im Rekordjahr 2007. Damit setzt sich Deutschland von dem Trend in Ländern wie Großbritannien, Irland oder Spanien ab, wo die Nachfrage - und damit auch das Preisniveau - zuletzt deutlich nachgegeben hat.

Neue Investoren treffen auf unzureichendes Angebot

Anders als in diesen Ländern haben die Kaufpreise für Immobilien in Deutschland keinen so rasanten Aufschwung erlebt. Statt einer Wachstumsrallye von mehr als 200 Prozent in wenigen Jahren sind die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sogar vielerorts gefallen. Da ein steigender Bedarf an Büroflächen und Wohnraum prognostiziert wird, sehen Marktexperten in Deutschland Potenzial für ein weiteres Mietpreiswachstum. Das Zusammentreffen von vergleichsweise günstigen Kaufpreisen und Wachstumspotenzial bei den Mieten macht den deutschen Markt für Investoren nach wie vor interessant.

Zwar hat sich der Anteil ausländischer Investoren 2007 gegenüber dem Vorjahr von 76 Prozent auf 69 Prozent verringert, doch ist dieser Rückgang nicht durch ein abnehmendes Interesse internationaler Investoren verursacht worden. Vielmehr hatten vor allem große Marktteilnehmer wie internationale Real Estate Private Equity Fonds und Opportunity-Fonds in der zweiten Jahreshälfte Probleme, großvolumige Transaktionen zu finanzieren. Der Trend geht hin zu einer höheren Eigenkapitalquote und kleinvolumigeren Transaktionen. Kleinere und mittlere institutionelle Investoren aus dem In- und Ausland fragen immer häufiger Immobilienportfolios im zweistelligen Millionenbereich nach. Gerade in dieser Größenordnung fehlt es jedoch häufig an passenden Angeboten.

Dabei herrscht in Deutschland kein Mangel an zum Verkauf stehenden Einzelimmobilien. Im ganzen Bundesgebiet bieten Makler tausende Wohn- und Geschäftshäuser an, oft aus dem Besitz von Privatpersonen. Allerdings erreichen diese Objekte allein in der Regel nicht die notwendige Größe, um für institutionelle Investoren in Frage zu kommen. Einen Ausweg bietet das Zusammenfassen mehrerer Objekte zu kleineren Portfolios mit Volumina von etwa 20 bis 50 Millionen Euro. Dabei stellt sich für den Investor allerdings die Frage, wie eine ausreichende Diversifikation nach Regionen und Immobilien-Nutzungsarten gewährleistet werden kann. Wer erfolgreich zwischen den Verkäufern der Einzelimmobilien und den institutionellen Investoren vermitteln will, muss daher auch außerhalb der großen Metropolen und Ballungsräume über gute Marktkontakte verfügen.

Ein weiterer aus Sicht potenzieller Investoren bedeutsamer Aspekt ist die Finanzierung. Bei der Finanzierung gewerblicher Immobilieninvestitionen haben sich in den vergangenen Jahren - zunächst vor allem im angelsächsischen Raum, inzwischen aber auch in Deutschland - Non-Recourse-Darlehen durchgesetzt. Bei diesen Finanzierungen erfolgt im Falle einer Leistungsstörung kein Rückgriff auf das Vermögen des Investors. Vielmehr befriedigt die Bank ihre Ansprüche gegen den Kreditnehmer durch die Immobilie selbst und deren Erträge.

Daher werden an die Wirtschaftlichkeit der betreffenden Objekte und Portfolios besonders hohe Anforderungen gestellt. Zum einen muss eine bestimmte Mindestgröße erreicht werden. Für ein Volumen von weniger als fünf Millionen Euro ist in der Regel kein Non-Recourse-Kredit zu bekommen. Darüber hinaus müssen die Portfolios aus Gründen der Risikostreuung regional diversifiziert sein. Dieser Punkt ist bei kleineren Immobilienpaketen nicht immer leicht zu erfüllen.

Eine Faustregel besagt, dass ein Portfolio mindestens zehn Objekte umfassen muss, um Non-Recourse-fähig zu sein. Da bei dieser Finanzierung die zugrunde liegenden Immobilien als Sicherheit dienen, ist der Zustand der Objekte von entscheidender Bedeutung. Die Restnutzungsdauer jedes einzelnen Gebäudes muss mindestens 30 Jahre betragen. Gerade dies ist jedoch derzeit bei rund 85 Prozent der deutschen Wohnimmobilien nicht der Fall. Es gibt einen gewaltigen Instandhaltungsbedarf, der sich in vergangenen Jahrzehnten angestaut hat, weil insbesondere private Eigentümer die erforderlichen Maßnahmen oft nicht oder erst sehr spät getroffen haben.

Hoher Instandhaltungsstau bei Wohnimmobilien

So beziffert eine Dekra-Studie den Instandhaltungsstau einer Immobilie, die vor 1950 gebaut wurde, auf 193 Euro pro Quadratmeter. Bei Gebäuden aus Baujahren zwischen 1990 und 2005 beträgt der Renovierungsbedarf mit 49 Euro pro Quadratmeter nur rund ein Viertel. Sollen kleinere Wohn- und Geschäftshäuser zu Immobilienportfolios zusammengeführt und Non-Recourse finanziert werden, sind daher Sanierungsmaßnahmen kaum zu umgehen. Um die Kosten niedrig zu halten, sollten sich die Arbeiten auf wesentliche Punkte beschränken. Luxus-Sanierungen mit

dem Ausbau von Dachgeschossen und Grundrissänderungen sind nicht notwendig. Stattdessen sollten beispielsweise Fenster erneuert, Keller trocken gelegt sowie die Elektrik oder Heizungsanlagen ausgetauscht werden.

Wenig Erfahrungen mit Non-Recourse-Finanzierungen

Der Non-Recourse-Markt hat sich in Deutschland erst in den vergangenen drei Jahren zu nennenswerter Bedeutung entwickelt. Entsprechend gering ist der Erfahrungsschatz, auf den hiesige Banken zurückgreifen können. Vielfach lassen sie sich noch nicht auf diese für sie neue Art der Kreditvergabe ein, obwohl eine Nachfrage besteht. Wegen der Risikostruktur dieser Finanzierung gewähren Banken Non-Recourse-Darlehen oftmals nur Kunden, mit denen sie in der Vergangenheit bereits gute Geschäfte gemacht haben. Ausländische Investoren ohne Geschäftsbeziehungen in Deutschland brauchen daher einen Mittelsmann, der über entsprechende Kontakte verfügt.

Bei Estavis hat sich daher folgendes Prozedere bewährt: Nach Anfrage der Investoren wird ein Portfolio auf der Basis einer umfassenden Angebotsdatenbank zusammengestellt. Die ausgewählten Objekte werden erworben und für einen Zeitraum von bis zu vier Monaten in das Umlaufvermögen von Estavis eingestellt. Gleichzeitig kümmert sich das Unternehmen um eine Non-Recourse-Finanzierung. Aufgrund der bereits etablierten Geschäftsbeziehungen zu einigen Banken werden entsprechende Darlehen schon im Vorfeld der Sanierungsmaßnahmen gewährt, da die Garantie für eine spätere Instandsetzung gegeben ist. Schließlich werden die im Portfolio gebündelten Immobilien an den Investor verkauft und im Nachgang modernisiert.

Diese Art des "Business-on-Demand" spricht vor allem institutionelle Investoren an, die Portfolios in mittlerer Größenordnung kaufen wollen. Grundsätzlich funktioniert dasselbe Prinzip aber auch bei großvolumigen Immobilienpaketen. Allerdings sind in der aktuellen Lage an den Finanzmärkten kleinere und mittlere Transaktionen leichter zu finanzieren als große. Indem Einzelimmobilien gebündelt und kapitalmarktfähig gemacht werden, wird zum einen dringend benötigtes Investitionskapital in die entsprechenden Marktsegmente gelenkt und zum anderen eine beträchtliche Nachfrage ausländischer Investoren nach deutschen Immobilien befriedigt.

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