Pro und Kontra

Sind die deutschen Immobilienmärkte transparent?

PRO

Privat ist Trumpf

Dem aktuellen Jones-Lang-Lasalle-Transparenzvergleich für Gewerbeimmobilienmärkte zufolge hat sich Deutschland in den vergangenen zwei Jahren deutlich verbessert. Im Jahr 2010 weist der deutsche Markt einen Durchschnittswert von 1,38 auf einer Skala von eins bis fünf auf. Im Jahr 2008, als der letzte Transparenzvergleich veröffentlich worden war, hatte der Durchschnittswert noch bei 1,58 gelegen. Deutschland zählt damit erstmals zu den zehn transparentesten Immobilienmärkten weltweit. Ein Hauptgrund hierfür: die Rolle der privaten Unternehmen.

Denn in der Begründung für das gute Ergebnis heißt es unter anderem, dass sich die Verfügbarkeit und Verlässlichkeit von Immobilienmarktdaten weiter verbessert habe. Dies ist umso erfreulicher, weil dies maßgeblich auf das Engagement der Immobilienwirtschaft selbst zurückzuführen ist - bei den Unternehmen findet seit längerem ein Bewusstseinswandel statt, der dringend erforderlich ist. Einzeldeals werden mehr und mehr publik gemacht, und fast täglich werden Verkäufe oder Anmietungen kommuniziert.

Auch die Unternehmenskommunikation in Geschäftsberichten hat sich verbessert. Hier finden sich immer häufiger die relevanten Daten wie Mieterträge oder Leerstände nicht nur aggregiert, sondern auch auf Einzel-Objektebene. Außerdem sind Angaben beispielsweise über die Fremdfinanzierungsanteile, deren Verteilung nach lang- und kurzfristigen Krediten sowie mögliche Währungsrisiken bereits seit mehreren Jahren Standard in der Praxis. Einer der Gründe für die steigende Transparenz in den Geschäftsberichten: der Druck durch die zunehmende Internationalisierung der Branche. Ausländische Investoren erwarten bei deutschen Unternehmen ein hohes Maß an Transparenz, und dieser Forderung wird immer häufiger freiwillig nachgekommen, wie Jones Lang Lasalle festgestellt hat.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Berichterstattung der deutschen REITs. Hier muss allerdings erwähnt werden, dass die Risikostruktur der REITs und deren Transparenzanforderungen gesetzlich definiert sind, die Transparenz der REITs also insofern zumindest teilweise auf den Gesetzgeber zurückzuführen ist.

Verbesserungen hat es auch in der privaten Indexlandschaft gegeben. Daten über Kauf- und Mietpreise sowie die Wertentwicklung von Immobilien werden immer häufiger von privaten Unternehmen erhoben und in Form von Indizes publiziert. Mittlerweile wird die gesamte Transaktionskette abgedeckt. Zwar haben wir in mancher Hinsicht wie beispielsweise bei den Themen Datenaktualität, Veröffentlichungsfrequenz, Datentiefe und -verfügbarkeit noch nicht britisches Niveau erreicht. Außerdem hat sich in Deutschland auch noch kein Leitindex herausgebildet, wie dies in Großbritannien mit dem IPD-Index der Fall ist. Doch die Indexlandschaft ist in Bewegung - und auf dem richtigen Weg.

Halten wir fest: Die Verbesserung der Transparenz in Deutschland ist der privaten Wirtschaft einschließlich der Forschungseinrichtungen der Immobilienwirtschaft zu verdanken. Auch wenn es noch die oft zitierte "Luft nach oben" gibt, ist das bemerkenswert.

Axel von Goldbeck ist Geschäftsführer des ZIA Zentralen Immobilien Ausschusses e. V., Berlin.

KONTRA

Ämter sind zu langsam

Dass Deutschland beim aktuellen Transparenzranking von Jones Lang Lasalle erstmals als "sehr transparenter" Gewerbeimmobilienmarkt eingestuft wird, ist erfreulich - aber nur sehr bedingt ein Verdienst des Gesetzgebers und des offiziellen statistischen Datenangebots. Insgesamt dürften wohl eher die privaten Immobilienunternehmen für das bessere Ergebnis verantwortlich sein. Denn sie stellen immer mehr Daten zur Verfügung.

Die amtliche Statistik dagegen, die über eine entsprechende Datenerhebung und
-auswertung zu mehr Transparenz auf den Märkten beitragen könnte, ist aus unserer Sicht in Deutschland viel zu langsam und stellt Daten auch nur lückenhaft bereit. Ein Beispiel: Über viele Teilmärkte in Deutschland ist nicht einmal bekannt, wie groß der Flächenbestand ist. Hierzu zählen vor allem Büro- und sonstige gewerbliche Nutzungsarten. Das Wohnungssegment ist noch vergleichsweise gut erfasst. Doch die vorliegenden Marktdaten zur Größe der Büromärkte der deutschen Top-Standorte beispielsweise sind eher grobe Schätzungen, die von Maklerhäusern oder Beratungsunternehmen erstellt werden. Dabei sollten die fundamentalen immobilienwirtschaftlichen Marktdaten - amtlich genau - im Sinne einer markttauglichen Transparenz mindestens quartalsweise aktualisiert vorliegen.

Das Paradoxe an dieser Situation: Es gibt kaum ein Land, in dem die Voraussetzungen für eine umfassende amtliche Statistik im Immobilienbereich so gut sind wie in Deutschland. Mehr Transparenz von Seiten der amtlichen Statistik und der entsprechenden immobilienbezogenen Bundes- und Landeseinrichtungen ist in Deutschland vor diesem Hintergrund nicht nur wünschenswert und dringend erforderlich, sondern auch vergleichsweise leicht zu realisieren. Ansätze gibt es bereits. Ein Beispiel ist der Arbeitskreis der Gutachterausschüsse und Oberen Gutachterausschüsse in Deutschland.

Der Arbeitskreis hatte festgestellt, dass der Bedarf an überregionalen Analysen und an einem Gesamtüberblick über den Immobilienmarkt in Deutschland von Jahr zu Jahr steigt. Der amtlichen Wertermittlung lagen zwar die Daten über die tatsächlichen Kauffälle in den Landesgrundstücksmarktberichten vor nicht jedoch gebündelt für die gesamte Bundesrepublik. Da die Forderung des Markts nach einer deutschlandweit einheitlichen, flächendeckenden und differenzierteren Bereitstellung von aktuellen Daten immer lauter wurde, konstituierte sich der Arbeitskreis und veröffentlichte vor kurzem den "Immobilienmarktbericht Deutschland" - er aggregiert die Landesdaten zu bundesweiten Aussagen über den Immobilienmarkt.

Insgesamt gilt jedoch: Die relevanten Stellen, die für die amtliche Datenerhebung und -auswertung verantwortlich sind, müssen schneller werden und ihre Lücken schließen - oder die vorhandenen Daten zumindest Privaten zur Verfügung stellen, wenn sich die Geschwindigkeit auf amtlicher Seite nicht erhöhen lässt. Dass dies möglich ist, zeigt beispielsweise der schwedische Wohnungsmarkt. Hier haben entsprechende gesetzliche Bestimmungen dazu geführt, dass die Daten jedes Wohnimmobilienkaufs veröffentlicht werden von der Eigentumswohnung über das Einfamilienhaus bis hin zur Doppelhaushälfte. Alle Verkäufe sind ohne nennenswerte Verzögerung in Online-Datenbanken abrufbar. Internetportale werten die Daten fast tagesaktuell aus.

Allerdings geht die schwedische Transparenz aus deutscher Sicht zu weit. Denn nicht nur die Namen von Käufer und Verkäufer, sondern selbst die kleinsten Details des Deals werden publik gemacht. Ob ein Haus mit Auf- oder Abschlag gegenüber dem ursprünglichen Angebot verkauft wurde, wer die Transaktion vermittelt hat, wie lange das Haus zum Verkauf stand - all diese Informationen sind per Mausklick verfügbar. Auch die Vermögensverhältnisse der Käufer bleiben nicht geheim. Mit dem deutschen Datenschutzverständnis ist dies nicht vereinbar.

Nils Olov Boback ist Geschäftsführer der NCC Deutschland GmbH, Fürstenwalde.

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