Schwerpunkt Pfandbriefe und Covered Bonds

Covered Bonds - eine neue Ära bricht an

BCBS, CRR, BRRD, EBA, ESRB, EZB, SSM - diese Abkürzungen stehen für eine neue Ära im Covered-Bond-Universum. Es zeichnet sich ab, dass die Entwicklung auf eine mehr oder weniger starke Harmonisierung der existierenden Covered-Bond-Regime und einen größeren Einfluss der europäischen Institutionen hinauslaufen wird. Ein Beispiel dafür sind die jüngsten Empfehlungen der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA.

Der Pfandbrief hat in seiner langen Historie viele Epochen durchlaufen. In neuerer Zeit stand er als Erfolgsmodell Pate für die Schaffung vieler anderer Covered-Bond-Produkte und hat damit wesentlich zur Ausbreitung dieses Refinanzierungsinstruments beigetragen. Mittlerweile gibt es kaum noch ein europäisches Land ohne Covered-Bond-Gesetzgebung, und mit Gesetzen beziehungsweise Regularien in Australien, Kanada, Neuseeland, Singapur und Südkorea ist die Globalisierung in vollem Gange.

Diese Entwicklung ist grundsätzlich zu begrüßen. Covered Bonds haben ihr Nischendasein, das sie lange Zeit außerhalb der Covered-Bond-Kernländer fristeten, verlassen und genießen bei Investoren, Emittenten und Aufsehern hohe Aufmerksamkeit und Beliebtheit. Aus deutscher Sicht ergeben sich dadurch viele Vorteile. Mehr und mehr Anleger sind mit dem Produkt vertraut, womit sich die Zahl potenzieller Investoren erhöht, auch wenn deutsche Investoren nach wie vor das starke und treue Rückgrat für den Pfandbrief bilden.

In vielen Ländern bereits vertraut

Dank der Existenz von Covered Bonds in vielen Ländern werden die deutschen Vertreter bei regulatorischen Verhandlungen auf europäischer Ebene nicht mehr als Exoten wahrgenommen, wenn es um Belange rund um Pfandbriefe und Covered Bonds geht. Sogar auf globaler Ebene werden Covered Bonds mittlerweile thematisiert. Allein die pure Erwähnung in einem Papier des Basel Committee on Banking Supervision (BCBS), vor allem aber die eingeräumte Privilegierung von Covered Bonds in den Baseler Regelungen zur Liquidity Coverage Ratio (LCR) und zum Großkreditregime wären vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen.

Die positive Entwicklung bleibt indes nicht ohne Nebenwirkungen. Auch wenn der Pfandbrief bei der Schaffung neuer Covered-Bond-Gesetze Pate stand, haben sich unterschiedliche Modelle etabliert. Allein mit Blick auf den Emittenten eines Covered Bonds lassen sich diverse Modelle unterscheiden.1)

Nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Finanzierungstraditionen und unterschiedlicher Immobilienmärkte gibt es eine Reihe zusätzlicher erheblicher Unterschiede zwischen einzelnen Covered-Bond-Systemen, mit der Folge, dass Heterogenität und Komplexität in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Gerade für Aufseher, die über mögliche regulatorische Privilegien für Covered Bonds zu entscheiden haben, aber auch für Investoren, stellt dies eine große Herausforderung dar.

Privilegien auf dem Prüfstand

So verwundert es nicht, dass Aufseher und Gesetzgeber reagieren. Zwar genießen Covered Bonds auch in neueren europäischen Verordnungen und Richtlinien eine bevorzugte Behandlung, zum Beispiel in Art. 129 der Capital Requirement Regulation (CRR) für eine privilegierte Risikogewichtung oder in Artikel 44 der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (BRRD) für eine Ausnahme von den Bail-In-Instrumenten.

Aber die Privilegien werden häufiger hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt. Die EU-Kommission muss zum Beispiel nach Artikel 503 der CRR bis Ende 2014 darüber Bericht erstatten, ob die privilegierte Risikogewichtung für Covered Bonds nach Artikel 129 CRR noch gerechtfertigt ist und die dort aufgelisteten Anforderungen zweckmäßig sind.

In Vorbereitung darauf hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA eine Untersuchung durchgeführt und dabei gleich den Auftrag des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) abgearbeitet, Vorschläge für einen Leitfaden zu entwickeln, an dem sich nationale Gesetzgeber bei künftigen Anpassungen von Covered-Bond-Gesetzen orientieren sollten.

In dem am 1. Juli veröffentlichten Bericht der EBA2 heißt es, dass sie die privilegierte Risikogewichtung von Covered Bonds im Prinzip für gerechtfertigt hält. Sie schlägt aber folgende weitere Anforderungen vor:

- Adressierung beziehungsweise Reduzierung des Liquiditätsrisikos, - gesetzliche Verankerung einer Mindestüberdeckung,

- konkretere Definition der Rolle der besonderen öffentlichen Aufsicht,

- Präzisierung und gegebenenfalls Ausweitung der Transparenzpflichten nach Art. 129 Abs. 7 CRR.

Zu Letzterem schlägt die EBA die Ausarbeitung eines verbindlichen technischen Standards vor, der keiner nationalen Umsetzung bedarf und unmittelbare Geltung für alle Covered Bonds entfalten würde, sofern für sie eine privilegierte Risikogewichtung angestrebt wird.

Ferner spricht sich die EBA gegen eine privilegierte Risikogewichtung von Covered Bonds aus, die mit Flugzeughypotheken besichert sind. Die Deckungsfähigkeit von bankgarantierten Wohnimmobiliendarlehen im Rahmen der privilegierten Risikogewichtung wird von der EBA hingegen als angemessen eingestuft. Verbriefungen sollen nach Ansicht der EBA ab 2018 in den Deckungsmassen maximal einen Anteil von zehn Prozent der ausstehenden Covered Bonds haben.

EBA schlägt Covered-Bond-Leitlinien vor

Im Rahmen des ESRB-Auftrages empfiehlt die EBA, dass sich die nationalen Gesetzgeber künftig an folgenden "Leitlinien" ("principles of best practice") orientieren:

- Der Investor sollte einen Anspruch sowohl gegen den Covered-Bond-Emittenten als auch gegen die Deckungsmasse haben. Für den Fall, dass die Deckungsmasse nach Insolvenz des Emittenten nicht zur Befriedigung der Covered-Bond-Gläubiger ausreicht, sollen diese einen mit den unbesicherten Gläubigern gleichrangigen Anspruch in Höhe der Restforderung gegen das Insolvenzvermögen haben.

- Für eine funktionierende Abtrennung der Deckungswerte vom restlichen Vermögen der Bank sollte es entweder ein Deckungsregister geben oder eine Übertragung der Deckungswerte auf ein SPV erfolgen.

- Das nationale Covered-Bond-Gesetz sollte sicherstellen, dass bei Einführung neuer Covered-Bond-"Programme" ein Treuhänder ernannt wird, dessen Aufgaben klar umschrieben sein sollten. Dadurch sollte eine unabhängige Überwachung der Deckungsmassen gewährleistet werden, wozu unter anderem die Überwachung der Deckungskriterien und der vorgeschriebenen Tests sowie die Prüfung der Deckungsmasse auf Basis von Stichproben gehören sollten.

- Für die besondere öffentliche Aufsicht der Covered-Bond-Emittenten sollten klare Vorgaben existieren, inklusive der Genehmigung neuer Deckungsmassen durch die Aufsichtsbehörde. Die zuständige Behörde sollte sich davon überzeugen, dass der Covered-Bond-Emittent adäquate operationale Vorgaben, Prozesse und Kontrollmechanismen implementiert hat. Zudem sollte klar geregelt sein, welche Aufgaben die Aufsicht nach Insolvenz des Emittenten hat.

- Wenn Deckungsmassen sowohl aus Wohnimmobiliendarlehen als auch aus Gewerbeimmobilien bestehen, sollte sichergestellt werden, dass sich Struktur und Zusammensetzung der Deckungsmassen nicht signifikant ändern, um eine gewisse Konsistenz des Risikoprofils der Covered Bonds zu gewährleisten.

- Die Deckungsfähigkeit sollte sich grundsätzlich auf Werte aus dem Europäischen Wirtschafts- und Währungsraum beschränken, es sei denn, Länder außerhalb dieses Kreises verfügen über vergleichbare regulatorische Anforderungen, zum Beispiel hinsichtlich der Bewertung von Assets.

- Zur Bestimmung der deckungsfähigen Anteile von Immobiliendarlehen sollte ein maximaler Beleihungsauslauf vorgegeben werden. Eine harte Beleihungsgrenze, bei deren Überschreitung das gesamte Darlehen nicht (mehr) deckungsfähig sein würde, sieht die EBA kritisch. Allenfalls für die Erstaufnahme in die Deckungsmasse könnte sich die EBA eine harte Beleihungsgrenze vorstellen.

- Ferner schlägt die EBA eine jährliche Neubewertung aller Immobiliensicherheiten vor. Die Bewertung sollte von einem Beauftragten durchgeführt werden, der von der Kreditentscheidung unabhängig ist.

- Es sollte eine Mindestüberdeckung festgelegt werden, unter Berücksichtigung von Verbindlichkeiten gegenüber Treuhändern oder anderen involvierten Parteien, sofern diese in den Covered-Bond-Modellen relevant sind.

- Derivate sollten nur zu Absicherungszwecken dienen dürfen. Und die Emittenten sollten einen Liquiditätspuffer zur Absicherung von Liquiditätsrisiken vorhalten.

- Stresstests bezogen auf Zins- und Währungsrisiken sollten ebenso vorgegeben werden wie die Berücksichtigung von Stresssituationen auf den Immobilienmärkten und weitere potenzielle Risiken.

- Auf aggregierter Basis sollten Angaben zu Kreditrisiken, Markt- und Liquiditätsrisiken, zum Niveau der Überdeckung sowie weitere für die Deckungsmassen und Covered Bonds relevante Informationen veröffentlicht werden. Die Veröffentlichungen sollten mindestens vierteljährlich erfolgen.

- Für den Fall der Insolvenz des Emittenten sollte eine Fälligstellung der Covered Bonds ausgeschlossen sein. Emittenten sollten über einen Plan verfügen, wie die operationale Funktionsfähigkeit der Deckungsmassen nach Insolvenz des Emittenten aufrechterhalten werden kann.

- Das Management der Deckungsmassen nach Insolvenz des Emittenten sollte "unabhängig" und im bevorzugten Interesse der Covered-Bond-Gläubiger erfolgen.

Keine scharfe Abgrenzung

Die Empfehlungen sind insgesamt zu begrüßen und weitgehend nachvollziehbar. Bei diversen Aspekten bleiben indes Fragen, während einige wenige Empfehlungen kritisch zu sehen sind. Aus deutscher Sicht gilt dies unter anderem für die empfohlenen Obergrenzen für zur Verwendung zugelassenen Assetklassen in den jeweiligen Deckungsmassen. Demnach sollten Deckungsmassen zum ganz überwiegenden Teil entweder aus Wohnimmobilien oder aus Gewerbeimmobilien bestehen, eine zu starke Vermischung sieht die EBA kritisch.

Dem scheint die pauschale Annahme zugrunde zu liegen, dass gewerbliche Immobilienfinanzierungen stets risikoreicher sind als wohnwirtschaftliche. Sicherlich weisen Gewerbefinanzierungen eine andere Risikostruktur auf, aber die Erfahrungen und die nach § 28 PfandBG veröffentlichten Zahlen zeigen, dass sich Ausfälle bei in Deckung befindlichen Gewerbeimmobilien in sehr engen Grenzen halten. Offensichtlich sorgen die strengen Anforderungen des Pfandbriefgesetzes dafür, dass zur Deckung verwendete Gewerbeimmobilienfinanzierungen deutlich risikoärmer sind, als von vielen bei Gewerbefinanzierungen unterstellt wird. Darüber hinaus dürfte eine scharfe Abgrenzung mitunter kaum möglich sein. Nicht selten werden zum Beispiel Immobilien finanziert, bei denen sich im Erdgeschoss Gewerbeflächen und den oberen Etagen Wohnungen befinden.

Geografische Verteilung

Problematisch erscheinen ferner die Beschränkung auf den Europäischen Wirtschafts- und Währungsraum (EWR) sowie die empfohlene jährliche Neubewertung von Wohnimmobilien. Bei der geografischen Limitierung stellt sich die Frage, ob die Immobilienmärkte und relevanten Rechtsgrundlagen im EWR stets besser sind als in Drittländern. Nicht zuletzt unter dem Aspekt der Risikodiversifizierung bietet sich eine größere geografische Verteilung an.

Mit der Empfehlung für eine jährliche Neubewertung bei Wohnimmobilien weicht die EBA von den Bewertungsvorschriften für eine privilegierte Risikogewichtung ab. Eine solche Entkoppelung der Bewertungsprozesse könnte zu einem erheblichen Mehraufwand führen. Eine Notwendigkeit, die bewährte (Neu-) Bewertungspraxis zu ändern, sehen die Pfandbriefbanken daher nicht.

Positiv hervorzuheben ist, dass die EBA offensichtlich keine vollständige Harmonisierung, sondern eine Konvergenz der nationalen Gesetzgebungen favorisiert, zumindest aber für realistischer hält. Es könnte auf eine Annäherung durch einen Wettbewerb der Systeme hinauslaufen, bei dem die EBA-Empfehlungen als Benchmark dienen werden.

Ganz sicher aber wird die EBA-Liste in der weiteren Diskussion über eine Harmonisierung eine wichtige Rolle spielen. Sollte sich dabei herausstellen, dass es zu einer regulatorischen Harmonisierung auf europäischer Ebene kommen wird, spricht vieles für eine Mindestharmonisierung, bei der zur Qualitätssicherung Mindestanforderungen zum Beispiel an die Deckungswerte, die öffentliche Aufsicht oder die Deckungsrechnung festgelegt werden. Eine vollständige Harmonisierung der Covered-Bond-Gesetze erforderte hingegen höchstwahrscheinlich eine gravierende Änderung vieler bestehender Covered-Bond-Modelle und brächte weitere Probleme mit sich. Zudem bestünde die Gefahr, dass nicht die hohe Qualität des deutschen Pfandbriefs Maßstab einer Maximalharmonisierung wäre, sondern sich im Sinne eines kleinsten gemeinsamen Nenners auf ein weitaus geringeres Qualitätsniveau geeinigt werden würde.3)

Unabhängig davon, welcher Weg letztlich beschritten wird, zeigt sich, dass die Entscheidungskompetenz und Deutungshoheit zunehmend auf die europäische Ebene verlagert werden. Ein weiteres Beispiel hierfür sind die Auslegungsfragen zu Begriffen und Anforderungen der CRR, wo bereits einige nationale Aufsichtsbehörden keine Auskunft mehr geben und stattdessen auf die Zuständigkeit der EBA verweisen.

Kompetenzen auf europäische Ebene verlagert

Noch spannender wird es, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsregimes (SSM) die Aufsicht über die großen Banken in der Eurozone übernehmen wird. Zwar sollen nationale Regelungen weiterhin der nationalen Aufsicht unterliegen. Es ist indes nicht zu erwarten, dass die EZB sich bei Themen zurückhalten wird, die eine übergeordnete Rolle spielen. Beispielhaft seien an dieser Stelle nur Bewertungsfragen erwähnt.

Die neue Covered-Bond-Ära ist bereits eingeläutet, und es werden wohl noch viele neue Abkürzungen hinzukommen, die ihren Ursprung mit größter Wahrscheinlichkeit in der englischen Sprache haben werden. Freuen wir uns auf eine spannende Zeit, die viele Herausforderungen für Emittenten, Investoren und auch Interessenvertretungen mit sich bringen wird.

Fußnoten

1) Siehe Hillenbrand, Florian in "Immobilien & Finanzierung", 14 -2013; S. 483 ff.

2) Siehe http://www.eba.europa.eu/-/eba-supportscapital-treatment-of-covered-bonds-but-calls-foradditional-eligibility-criteria.

3) Siehe Stöcker, Otmar in "Der Pfandbrief 2014/2015", S. 22 ff (Juli 2014) sowie Tolckmitt, Jens in "Immobilien & Finanzierung", 14 - 2013, S. 478 f.

Sascha Kullig , Bereichsleiter Pfandbrief, Kapitalmarkt und Investor Relations, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
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