Briefe an die Redaktion

Bremsender Einfluss

Die vom Kollegen Karl-Werner Schulte und seinem Doktoranden Thorsten Bischoff vorgestellte Arbeit (01-2010, "Value für Money - Mehrwert durch ÖPP", Anmerkung der Redaktion) ist sicherlich begrüßenswert. Das Problem liegt leider nicht in dem Aufzeigen und den Nachweisen von Vorteilen oder "Mehrwerten" durch die Einschaltung privater Investitions- und Finanzierungshäuser, sondern ganz einfach darin, dass die öffentlichen Hände unverändert große Behördenapparate für den Hochbau vorhalten und diese aus Steuergeldern bezahlen müssen. Ich habe schon 1990 beim Aufbau der neuen Bundesländer den dortigen Politikern dringend geraten, auf eigene Hochbauämter auf Landesebene zu verzichten und dies alles "privatwirtschaftlich" über den Markt zu organisieren.

Aber ich vertrat in den Kommissionen leider immer die Minderheit. Die "Westpolitiker" - die ja dann auch als Ministerpräsidenten gen Osten zogen kannten nichts anderes als den eigenen Beamtenapparat und hatten Angst, auf diese "bewährten" Strukturen zu verzichten. Deshalb wurde leider auch in den neuen Bundesländern ein riesiger Behördenapparat für den Hochbau geschaffen, der schon nach einigen Jahren faktisch überflüssig war.

Als "Beamter" hat man einen Arbeitsplatz auf Lebenszeit. Obwohl die Hochbautätigkeit der Kommunen und der Bundesländer insgesamt dramatisch zurückgegangen ist, hat es kaum einen Abbau von Stellen gegeben, sodass man, wenn man sich denn überhaupt entschließen will, sich näher mit der Alternative "PPP" auseinander zu setzen, diese unverändert fixen Kosten dagegen rechnet und zahlreiche Vorhaben schon allein hierdurch zum Scheitern verurteilt sind.

Ein weiterer großer Kontrapunkt zu PPP-Geschäften ist die Haushaltshoheit der Räte in den Städten und Gemeinden. Bei einem PPP-Projektvorhaben kann nur einmal über das gesamte Objekt entschieden werden und danach sind die mit vielen örtlichen Unternehmen "verwandten und verschwägerten" Ortspolitiker raus. Wie "schade" das ist, kann man daran feststellen, dass trotz gegebener Komplexität im Eigenbau der Kommunen regelmäßig immer noch über die unsägliche, unnütze Kosten verursachende "Einzelgewerksvergabe" gebaut wird.

Das sind die Fakten, warum in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern das PPP-Geschäft leider nur eine kleine Rolle spielt und trotz aller Bemühungen - schon vor über 20 Jahren wurden Effizienzvorteile von etwa 25 Prozent bei einer privatwirtschaftlichen Realisierung (hier über das Immobilien-Leasing) öffentlich genutzter Objekte bei einer der ersten Untersuchungen durch Behörden des Landes Baden-Württemberg nachgewiesen auch in Zukunft aufgrund der genannten Entscheidungsstrukturen keine wesentliche Rolle spielen wird.

Bei den Bundesländern, dem zweitwichtigsten öffentlichen Investor, haben auch die Hochbauverwaltungen "bremsenden" Einfluss ausgeübt. Nur wo ein von PPP überzeugter Minister das Heft in die Hand genommen hat, wurde das Instrument auch im größeren Maße umgesetzt. Hier möchte ich als besonders positives Beispiel das Land Thüringen erwähnen. Andere Bundesländer, wie zum Beispiel Bayern, haben sich faktisch selbst "verboten", dieses neue Instrument zu nutzen.

Und wer will einem deutschen Ratsvertreter Bonus-Malus-Regelungen bei einem PPP-Vertrag, der über Jahrzehnte Gültigkeit hat und entsprechend "zu überwachen" ist, erklären und ihm auch noch die Entscheidung abnehmen, dass die Gemeindeverwaltung beispielsweise nach 20 Jahren auch noch eine "Gestaltungsfreiheit" benötigt, um auf "unvorhergesehene Änderungen" privatvertraglich reagieren zu können? Davor haben 90 Prozent der deutschen Kommunalpolitiker Angst und fragen sich, worin denn dann ihre Aufgabe als "Volksvertreter" überhaupt noch besteht.

Die nächste Dissertation im Bereich PPP sollte einmal diesen Dingen nachgehen, um die Basisproblematik transparent zu machen und hierüber aufzuklären. Ich glaube, dann dürfte ein größerer Erfolg für PPP auch in Deutschland möglich werden.

Prof. Dr. h.c. Klaus Feinen, Köln

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