Corporate Real Estate Management

Bewertung und Bilanzierung von Unternehmensimmobilien

Die Globalisierung hat das Verständnis von Corporate Real Estate grundlegend verändert. Viele Unternehmen betrachten Immobilien nicht mehr bloß als "immobile" Positionen in ihren Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV). Im Gegenteil: Die Finanzressorts haben sie als strategisches Feld identifiziert, das zwar Kosten verursacht, auf dem sich aber großes Wertpotenzial mobilisieren lässt. Die Kosten von Unternehmensimmobilien zu senken und ihren Wert zu heben, ist daher immer häufiger das Ziel der Corporate Finance. Sie möchte das eigene Immobilienvermögen auf der Bilanz abbilden und gleichzeitig dem Unternehmen die Ressource Immobilie flexibel bereitstellen und dann wieder vermarkten, wenn sie entbehrlich geworden ist.

Immobilienbewertung - Handwerkszeug des Asset Managers

Dies bedeutet für die unternehmenseigenen Immobilienabteilungen oftmals eine große Herausforderung. Denn jüngst haben sich die Anforderungen an Bewertung und Bilanzierung durch internationale Bewertungsverfahren und Rechnungslegungsvorschriften deutlich verändert und verschärft. Daher gewinnt die Unterstützung und Beratung durch externe Asset Manager an Bedeutung: Er kennt alle nationalen und internationalen Bewertungsverfahren, Rechnungslegungsvorschriften und Dokumentationspflichten für Immobilien. Kunden kann er daher bereits im Vorfeld die bilanziellen Auswirkungen von Entscheidungen aufzeigen.

Die Bewertung von Unternehmensimmobilien ist ein wichtiges Handwerkszeug für jeden Asset Manager. Nicht nur mit Blick auf die Abbildung von Immobilien in der Bilanz erwarten Kunden von ihm, dass er alle in Deutschland gängigen Bewertungsverfahren wie Verkehrswertverfahren, Sachwertverfahren oder auch Ertragswertverfahren beherrscht. Denn die Gründe für eine Immobilienbewertung können vielfältig sein. Sie reichen vom Ankauf und Verkauf der Immobilien über Firmenübernahmen oder Fusionen bis hin zu steuerlichen Gründen.

Neben den klassischen nationalen Bewertungsverfahren gewinnen in Deutschland auch internationale Wertermittlungsverfahren wie die Discoun-ted-Cash-Flow-Methode oder das Residualwertverfahren an Bedeutung. Auch diese muss der Asset Manager problemlos anwenden können. Dabei ist es wichtig, dem Kunden die Unterschiede beziehungsweise unterschiedlichen Sichtweisen der jeweiligen Methode zu verdeutlichen, da immer häufiger auch unterschiedliche Verfahren zum Einsatz kommen. Sei es, weil der Kapitalmarkt dies erfordert oder weil differenzierte Sichtweisen dem Kunden eine wichtige Entscheidungsgrundlage bieten.

Der Asset Manager muss demnach das Bewertungs-Know-how nicht nur im eigenen Haus haben - er muss auf Kundenwunsch auch jederzeit in der Lage sein, externe Gutachten von spezialisierten Immobilienbewertern einzuholen und zu plausibilisieren. Denn insbesondere im Rahmen großer Ankaufs-, Investitions- oder Verkaufsvorhaben wünschen Kunden oftmals mehrere Gutachten.

Die Anforderungen an die Bilanzierung von Immobilien haben sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. War der Umgang der Konzerne und großer Unternehmen mit Immobilien in den Jahresabschlüssen früher allein durch das HGB geprägt, so wuchs ab Mitte der neunziger Jahre der Einfluss der US-Jahresabschlussvorschriften (United States Generally Accepted Accounting Principles; kurz: US-GAAP). Ihre Anwendung wurde zur wesentlichen Voraussetzung für das Listing an US-Börsen. Immobilien mussten somit in der Rechnungslegung von Unternehmen mit ausländischer Börsennotierung oder internationalem Investorenkreis bereits sehr früh sowohl nach HGB- als auch nach US-GAAP abgebildet werden. Mit diesen wachsenden Ansprüchen stieg erstmals auch die Nachfrage des Knowhows professioneller Asset Manager.

Höhere Ansprüche durch neue Bilanzierungsvorschriften

Obwohl den US-GAAP aus amerikanischer Sicht zeitweise die Rolle einer internationalen Rechnungslegungsvorschrift zugedacht war, begann 2001 die Arbeit an einer weiteren internationalen Richtschnur. Die sogenannten International Financial Reporting Standards (IFRS) mit den International Accounting Standards (IAS) - kurz: IFRS/IAS sollten als Fernziel alle nationalen Rechnungslegungsvorschriften ersetzen. Im September 2003 wurden sie von der EU-Kommission rechtsverbindlich für viele börsennotierte Unternehmen der EU-Mitgliedstaaten in die EU eingeführt und Übergangsfristen bis teilweise 2007 gewährt.

Mitunter müssen Unternehmen ihre Immobilien nun nach drei unterschiedlichen Regelwerken darstellen. Zwischenzeitlich ist jedoch davon auszugehen, dass der US-GAAP an Bedeutung verlieren wird. Denn im November 2007 lockerte die amerikanische Börsenaufsicht die Regelungen für ausländische Unternehmen, die an US-Börsen gelistet sind. Sie verlangt seither nicht mehr zwingend die Anwendung der US-GAAP.

Stattdessen wird alternativ auch der Abschluss nach IFRS akzeptiert. Diesen möchte der deutsche Gesetzgeber nunmehr auch für kleine und mittelständische Unternehmen einführen. Das HGB könnte also mittelfristig durch ein möglicherweise stärker national geprägtes IFRS/IAS abgelöst werden.

Jahresabschluss und Bilanz - Hilfe durch Real Estate Asset Manager

Bei Jahresabschlüssen und der Bilanzierung sind Asset Manager oftmals das unverzichtbare Bindeglied zwischen dem Finanzbereich von Unternehmen und dem operativen Immobilienmanagement. Denn als Property Management oder kaufmännisches Facility Management gehört dies in vielen größeren Unternehmen nicht zum Kerngeschäft und ist daher meist an externe kaufmännische Verwalter ausgelagert. An solchen entscheidenden Schnittstellen arbeiten Asset Manager üblicherweise als Dienstleister und Berater.

Kunden erwarten dann von ihnen, dass sie alle für den Jahresabschluss und die Bilanzierung erforderlichen Daten, Unterlagen und Nachweise termingerecht liefern und mit immobilienwirtschaftlichem Fachwissen kommentieren. Hierzu gibt der Asset Manager dem Property Management oder kaufmännischen Verwalter detaillierte fachliche und kaufmännische Vorgaben zur Datenbasis und -struktur, die für die unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften von Bedeutung sind. Sind die Daten dann validiert und plausibilisiert, übergibt der Asset Manager sie gemeinsam mit den Kommentierungen "schlüsselfertig" für die jeweiligen Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen an den Finanzbereich des Unternehmens.

Wertsteigerungs- oder Kostensenkungspotenziale

Das Know-how des Asset Managers ist nicht nur dann gefragt, wenn Immobilien in den Jahresabschlüssen dargestellt werden sollen. Vielmehr stellt das Asset Management durch fortlaufendes Monitoring des Property Managements sicher, dass bereits im Jahresverlauf alle für die Finanzbereiche der Unternehmen wesentlichen Informationen und Kommentierungen vorliegen.

Für diesen regelmäßigen Input prüft der Asset Manager operative Property-Management-Daten wie Mieten, Betriebs- und Facility-Management-Kosten - aber auch Sondereffekte oder Rückstellungen - bereits auf ihre Konsequenzen für die Bilanz. Sie werden mit Blick auf den Mehrwert für den Kunden zusätzlich auf Wertsteigerungs- oder Kostensenkungspotenziale untersucht.

Die kontinuierlichen Informationen sind ein bedeutender Input für die unternehmenseigenen Kontroll- und Risikomanagementsysteme. Sie gewährleisten, dass die wichtige Bilanz- und GuV-Position "Immobilie" auch unterjährig im Blickfeld des Top-Management steht, Risiken frühzeitig erkannt werden und ihnen somit entgegengesteuert werden kann.

Vertrauen zwischen Unternehmen und Asset Manager

Insbesondere im Rahmen der Bilanzierung arbeiten Asset Manager in enger Abstimmung mit dem Kunden. Fortlaufend besprechen sie mit dem Finanzbereich des Auftraggebers immobilienrelevante Daten und deren Auswirkung auf die Jahresabschlüsse. Gemeinsam wird dann überlegt, welche Maßnahmen bei aktiver Steuerung des Immobilienportfolios wie eingesetzt werden sollen.

So ist beispielsweise schon vor einer Immobilientransaktion (Ankauf oder Verkauf) einzuschätzen, ob die Transaktion besser On-Balance-Sheet (Finanzierungsleasing) oder Off-Balance- Sheet (Operating-Leasing) erfolgt, und dann entsprechend zu handeln. Hier ist guter Rat gefragt, denn diese bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten gewinnen seit der 2006 gültigen Anwendungspflicht von Basel II zusätzlich an Bedeutung.

Aber auch alltägliche Asset-Manage-ment-Themen wie die Bewertung von Leerstand im Unternehmensimmobilienportfolio oder die Auswirkung von mietfreien Zeiten, Baukostenzuschüssen und Indexierungen auf die in IFRS/IAS zu bildenden linearen Mietzahlungen über den gesamten Mietzeitraum fordern die enge Abstimmung mit dem Kunden. Gleiches gilt für interne und externe Sonderkontrollen wie zum Beispiel SOX 404. Sie kann der Asset Manager mit wesentlichem Input zu den Unternehmensimmobilien unterstützen.

Schnittstellen wie diese verdeutlichen, wie wichtig der Dialog zwischen dem Asset Manager und dem Finanzbereich des Kunden ist. Schließlich müssen sich Finanzstrategie und Bilanzpolitik direkt in der Immobilienstrategie und der täglichen Arbeit des Asset Managers widerspiegeln. Ist für das Asset Management von Unternehmensimmobilien generell schon eine solide Vertrauensbasis zwischen Kunde und Dienstleister unerlässlich, so gilt dies für Jahresabschlüsse und Bilanzierungen umso mehr.

Qualität der Immobiliendaten - Kontrolle und Sicherung

Asset-Management-Kunden stellen hohe Anforderungen an die Qualität gelieferter Immobiliendaten und Kommentierungen, da diese eins zu eins in die Rechnungslegungen einfließen, nach denen ein Unternehmen bilanziert. Die üblicherweise vom Property Management zur Verfügung gestellten Daten, Reports und Kommentierungen werden in ihrer Gesamtheit daher laufend mithilfe von Benchmarks und Ent-wicklungs-Zeitreihen geprüft und ausgelegt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass Asset Manager auch ein eigenes Qualitätssicherungssystem besitzen.

Zur Qualitätskontrolle führen Asset Manager in der Regel bereits bei den Quartalsabschlüssen in Abstimmung mit externen Wirtschaftsprüfern regelmäßige "Stresstests" der Daten, Bewertungen und Kommentierungen durch. Daraus ergeben sich Chancen für die Qualitätssicherung. Denn während der Asset Manager gemeinsam mit dem Finanzbereich des Kunden die Belastbarkeit dieser Daten prüft, können Finanzstrategie, Bilanzpolitik und Asset Management fortlaufend angeglichen werden.

Große Immobilienportfolios lassen sich heute nur mithilfe einer speziellen IT-Infrastruktur steuern. Anwendungen wie zum Beispiel SAP BW sind in der Lage, die Daten selbst umfangreicher Immobilienportfolios zu analysieren und auszuwerten. Mit solchen Werkzeugen lassen sich auch alle für den Kunden und dessen Bilanzierung relevanten Management-Informations- und Reportingsysteme verknüpfen.

Wichtigste Ressource eines Asset Managers ist jedoch qualifiziertes Personal. Meist sind Asset Manager diplomierte Kaufleute, Betriebswirte oder Wirtschaftsingenieure, die gleichzeitig umfangreiche Immobilienerfahrung besitzen.

So beherrschen sie nicht nur das kaufmännische Grundrüstzeug und die unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften, sondern kennen sich auch mit Themen des Corporate Real Estate Asset Management (Ankauf, Anmietung, Bestandsmanagement inklusive Mietvertragsmanagement und Facility Management, Projektentwicklung, Vermietung, Verkauf) sehr gut aus.

Diese Spezialisten müssen unternehmerisch denken und handeln - schließlich wirken sie bei wesentlichen Teilen einer Unternehmensbilanz von Dax-, MDax- oder Unternehmen vergleichbarer Größe und Bedeutung mit.

Infolge der rasanten Globalisierung und Anforderungen des internationalen Finanzmarktes besitzt das Asset Management von Corporate Real Estate einen wachsenden Stellenwert für deutsche Unternehmen. Gleichzeitig erhöhen neue internationale Rechnungslegungsvorschriften und Bewertungsansätze die Ansprüche an das Corporate Real Estate Management enorm.

Professionalisierung des Corporate Real Estate Managements

Eine Professionalisierung des Asset Management für Unternehmensimmobilien ist die Folge, die sich insbesondere durch die Auslagerung von Teilen oder kompletten unternehmenseigenen Immobilienabteilungen an spezialisierte Asset Manager erfolgreich realisieren lässt.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Rezession kann aktives Asset Management von Unternehmensimmobilien einen erheblichen Beitrag zu geringeren Kosten und mehr Liquidität leisten. Daher ist davon auszugehen, dass das Bewusstsein der bilanziellen Bedeutung von Immobilien in Unternehmen weiter steigt und Asset-Management-Knowhow künftig noch stärker nachgefragt wird.

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