Leitartikel

In besserer Stimmung

Die Immobilie und die Aktie sind kein Widerspruch. Immerhin war es eine Immobilie, genauer gesagt der Kupferberg von Falun, den der Bischof Peter von Västeras am 16. Juni 1288 von der schwedischen Krone erwarb und für dessen Ausbeutung er gemeinsam mit Kaufleuten die "Stora Kopparbergs Berglags Aktiebolag", die weltweit erste Aktiengesellschaft, gründete. Die wiederum gab 1200 Anteile, ohne Nennwert, aber mit einer festen Quote aus und zahlte darauf Dividenden. Dass es das Unternehmen wenn auch mit anderer Ausrichtung als Stora Enso firmierend heute noch gibt, spricht zweifelsohne für den Erfolg der Gesellschaftsform - auch für Immobilienanlagen. Die Immobilie und die Aktie - der Streit, ob beides zusammenpasst, wird wohl so nur in Deutschland geführt. Ein Grund, warum gerade hierzulande - dem größten Immobilienmarkt Europas - die Immobilienaktie einen so schweren Stand hat, ist die Dominanz der Offenen Immobilienfonds. Diese Anlageform versprach privaten und institutionellen Anlegern über Jahrzehnte faktisch Einlagensicherheit, stabile Verzinsung sowie kontinuierliche Wertsteigerung. Damit wurden Anlegergelder in Höhe von aktuell immer noch 85,5 Milliarden Euro aufgesogen, die ansonsten zumindest teilweise börsennotierten Immobilienanlagen zur Verfügung gestanden hätten. Dagegen nehmen sich die rund 12,2 Milliarden Euro Marktkapitalisierung, auf die es die im Deutschen Immobilien-Aktienindex (Dimax) des Bankhauses Ellwanger & Geiger zusammengefassten Unternehmen gemeinsam bringen, mickrig aus. Nur zwei Gesellschaften schaffen es über eine Milliarde Euro. Im europäischen und weltweiten Vergleich fristen deutsche Immobilienaktien ein Mauerblümchen-Dasein.

Dass sich dies ändert, beschwören die börsennotierten Unternehmen, seit die Offenen Immobilienfonds in der Krise stecken. Schon Jahre vor Ausbruch der Finanzmarktkrise wurde deutlich, dass die Konstruktion des Offenen Immobilienfonds schwerwiegende Mängel birgt. Diese versuchte der Gesetzgeber zwar weitgehend zu beheben, die entscheidende Bruchstelle bleibt jedoch das Ungleichgewicht zwischen börsentäglich verfügbarem Kapital und zeitaufwendiger Liquidierbarkeit von Immobilien. An diesem Problem sind bereits vier Offene Immobilienfonds gescheitert, neun weiteren droht dieses Schicksal. In Immobilien-Aktiengesellschaften ist das Liquiditätsproblem durch die Trennung des Anteilshandels vom Immobilienbesitz gelöst. Der Preis (aber auch die Chance) dafür ist, dass der Börsenwert des Unternehmens geringer ist als der Wert seiner Liegenschaften - so wie aktuell bei allen deutschen Immobilien-Aktiengesellschaften. Allerdings sollten die Unternehmen nicht der Träumerei erliegen, allein der Vertrauensverlust der Anleger in die Offenen Immobilienfonds werde die dümpelnde deutsche Immobilienaktie aus ihrem Dornröschenschlaf reißen.

Denn die Immobilienaktie ist kein Substitut zu Immobilienfonds. Auch wenn der Dax aktuell um die 7000er Marke oszilliert, sind die Deutschen längst noch kein aktienaffines Volk und auch deutsche institutionelle Anleger zeigen an Immobilienaktien allenfalls mäßiges Interesse. So bestimmen ausländische Investoren den ohnehin kleinvolumigen Handel mit deutschen Immobilienaktien. Daran konnte sogar die Einführung des REITs vor vier Jahren nichts ändern, in den die Immobilien-Aktiengesellschaften bislang vergeblich ihre Hoffungen gesetzt hatten. Immerhin hellt sich aber seit gut einem Jahr das Börsenumfeld für Immobilienunternehmen deutlich auf. Neue Aktien aus Kapitalerhöhungen gehen weg wie warme Semmeln. Mit der GSW Immobilien aus Berlin gelang - wenn auch erst im zweiten Anlauf - endlich wieder einer Wohnungsgesellschaft der Sprung aufs Parkett. Von der guten Stimmung getragen, drängt mit der Prime Office sogar wieder ein deutscher REIT - im ersten Versuch noch vergebens - an die Börse und beschert der Immobilienaktie aus Deutschland neue Aufmerksamkeit.

Trotzdem: Die momentane Attraktivität deutscher Immobilienaktien resultiert nur in wenigen Fällen aus der Qualität des Geschäftsmodells der Gesellschaften. Vielmehr gestatten die von den Notenbanken künstlich niedrig gehaltenen Zinsen, dass sich die relativ hoch verschuldeten Immobilienunternehmen günstig umschulden können. Das senkt zwar vorerst die Zinslast, vermindert aber auch den Druck zum strukturellen Schuldenabbau. Durch das niedrige Zinsniveau gewinnen zudem Immobilieninvestitionen gegenüber alternativen Kapitalanlagen an Attraktivität. Zudem hilft die mit dem Konjunkturaufschwung steigende Flächennachfrage bei der Vermietung, die sich wiederum positiv auf die Immobilienwerte auswirkt. Es sind also vor allem externe Faktoren, die Immobilienaktien interessant machen. Doch nur wenige Gesellschaften können mit ihrer Börsenstory zu überzeugen. Bemerkenswert ist dabei, dass immer öfter Immobilien(-Spezial)fonds als ein weiteres Standbein "entdeckt" werden. Offensichtlich bestehen doch weniger Widersprüche zwischen Fonds und Aktie als zuweilen behauptet.

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