Zinskommentar

Baugeldzinsen: weiterer Anstieg zu erwarten

Auch Anfang September hat sich die Europäische Zentralbank (EZB) entschieden, den Leitzins auf dem historisch niedrigen Niveau von 0,5 Prozent zu belassen. Mit diesem Vorgehen bekräftigt Mario Draghi sein Niedrigzinsversprechen der letzten Monate, um die Unsicherheit in den Märkten weiterhin zu verringern und die Risikoaufschläge für Anleihen aus den Krisenländern niedrig zu halten.

Nach Einschätzung der EZB erhole sich die Wirtschaft nur sehr langsam und die jüngsten Entwicklungen am Geldund Finanzmarkt wie beispielsweise die steigenden Zinsen könnten die wirtschaftliche Lage verschlechtern. Zwar wurde die Wirtschaftsprognose für das laufende Jahr von minus 0,6 Prozent auf minus 0,4 Prozent nach oben korrigiert, die Prognose für 2014 senkte die EZB aber auf 1,0 Prozent (bisher 1,1 Prozent).

Ebenfalls leicht revidiert wurden die Inflationserwartungen: Die Prognose für 2013 stieg von 1,4 Prozent auf 1,5 Prozent, während die für 2014 mit 1,3 Prozent bestätigt wurde. Eine Inflationsgefahr ist aktuell also trotz der lockeren Geldpolitik noch nicht zu befürchten.

Grund für die steigenden langfristigen Zinsen der letzten Monate in Deutschland war die Andeutung von Amerikas Notenbankchef Ben Bernanke, allmählich die Anleihekäufe zu reduzieren. Es wird dann weniger Geld in den Wirtschaftskreislauf gepumpt und die US-Anleger werden erfahrungsgemäß weniger Geld in Europa investieren. Dies hat bereits dazu geführt, dass die Renditen für Anleihen in Deutschland gestiegen sind und macht deutlich, dass die Zinsentwicklung in Europa nicht von der in den USA abgekoppelt werden kann.

Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum seien laut Draghi mit großen Risiken behaftet. Erstens könnten die Finanzmärkte durch den Syrienkonflikt und die mögliche internationale Reaktion auf den Giftgasangriff erschüttert werden, wenn der Konflikt tatsächlich eskalieren sollte.

Zweitens ist die Rezession in Griechenland in diesem Jahr zwar aufgrund des boomenden Tourismus schwächer ausgefallen als erwartet, aber es ist zu befürchten, dass ein weiteres Hilfspaket erforderlich sein wird. Aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise, der Rekordarbeitslosigkeit von knapp 28 Prozent und der weitverbreiteten Schwarzarbeit von geschätzt mehr als 35 Prozent der Arbeitnehmer gehen den griechischen Rentenkassen Milliarden Beiträge verloren, die durch Haushaltsgelder aufgefüllt werden müssen.

Drittens ist Spanien immer noch im festen Griff der Wirtschaftskrise. Die politischen Unruhen in Ägypten und der Türkei haben dem Land zwar einen Besucherrekord beschert, dieser kann die Lage auf dem angespannten Arbeitsmarkt jedoch nur geringfügig aufhellen.

Die nahende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe über eine Grundgesetzwidrigkeit des stark umstrittenen Anleiheprogramms der EZB führt zu einer lebhaften öffentlichen Diskussion. Die Kritiker erheben den Vorwurf, dass es sich bei diesem im Sommer 2012 angekündigten Programm um eine monetäre Staatsfinanzierung ohne geldpolitische Motivation handelt, da nur Anleihen von überschuldeten Ländern wie Griechenland, Portugal, Irland, Italien und Spanien gekauft wurden.

Auch wenn die aktuellen Baufinanzierungszinsen gestiegen sind, befinden sie sich im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt von 6,5 Prozent immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Damit bleiben die Bedingungen für Sparer unverändert schlecht, doch den Baufinanzierungskunden spielt die Krisenpolitik der EZB weiterhin in die Karten. Aber wie lange noch? Die Entscheidung für den Neubau oder Kauf einer Immobilie sollte nicht alleine von dem aktuellen Zinsanstieg abhängig gemacht werden. Im Vordergrund sollten die Wahl eines passenden Objekts in guter Lage, ein solider Finanzcheck und Planungssicherheit bei der Entscheidung für eine Finanzierungsalternative stehen.

Dr. Klein & Co. AG

Noch keine Bewertungen vorhanden


X