Messeausgabe

Auseinanderdriften von Europas Märkten - eine gute Nachricht für Immobilieninvestoren

Das anhaltende Verschuldungsproblem einiger Länder der Euro-Zone schlägt sich immer deutlicher auch an den europäischen Immobilien-Investmentmärkten nieder. Das in europäische Gewerbeimmobilien investierte Volumen ging in der ersten Jahreshälfte gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres leicht zurück. Damit deckt sich die Entwicklung in Europa mit jener in den meisten anderen Regionen der Welt. Insoweit unterscheidet sich der hiesige Kontinent zunächst einmal nicht von anderen Zielmärkten international tätiger Immobilieninvestoren.

Zunehmend divergierende Entwicklungen

Aufschlussreicher ist da schon ein differenzierter Blick auf die einzelnen Länder Europas, denn hier lassen sich deutliche Muster erkennen. Zwar sind die Transaktionsvolumina in den meisten Ländern rückläufig, in einigen Märkten sind jedoch auch Zuwächse oder zumindest stabile Umsätze zu verzeichnen. Das gilt vor allem für nordeuropäische Länder mit gesunden wirtschaftlichen Fundamentaldaten und guten Wachstumsaussichten wie Dänemark und Schweden. Auch Polen und vor allem die Türkei sahen zuletzt eine überdurchschnittlich hohe Investorenaktivität. Diese beiden Länder profitieren davon, dass sie sich im Vergleich zu den reiferen europäischen Volkswirtschaften noch in einem wirtschaftlichen Aufholprozess befinden und den Investoren deshalb eine attraktive Mietwachstumsstory bieten können.

Dagegen haben die meisten südeuropäischen Länder - hier vor allem Griechenland - Umsatzrückgänge und im langjährigen Vergleich zudem deutlich unterdurchschnittliche Transaktionsvolumina hinnehmen müssen. Völlig anders stellt sich hingegen die Situation in Irland dar, das wie Griechenland als eines der ersten Länder im Jahr 2010 unter den europäischen Rettungsschirm schlüpfen musste. Nun aber scheinen die konsequenten Konsolidierungsbemühungen der irischen Regierung erste Früchte zu tragen. Das Investmentvolumen stieg zuletzt sprunghaft an und könnte im laufenden Jahr erstmals seit 2008 wieder die Marke von 500 Millionen Euro erreichen.

Etablierte Märkte bevorzugte Zielregionen

Die mit Abstand meisten Investoren, vor allem risikoaverse Investoren wie beispielsweise Staatsfonds, geben jedoch dem Ziel des Werterhalts momentan klar den Vorzug vor der Absicht, überdurchschnittliche Renditen zu erwirtschaften. Dies führt erstens zu einer deutlichen Fokussierung der Kapitalströme auf die Kernländer Europas und zweitens zu einer veränderten Eigentümerstruktur. Während nicht zuletzt Private Equity Funds die aktuelle Marktphase für Verkäufe nutzen, erhöhen neben Staatsfonds unter anderem auch Versicherungen die Immobilienquote ihrer Portfolios. Dies verwirklichen sie vor allem durch Akquisitionen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. In den beiden letztgenannten Ländern konzentrieren sich die Mittelzuflüsse vor allem auf die beiden Metropolen Paris und London, in Deutschland stehen in erster Linie die A-Städte im Fokus.

Besonders gefragt sind in all diesen Märkten zuallererst erstklassige Büro- und Einzelhandelsimmobilien. Auch dies ist ein Ausdruck der Suche nach Sicherheit, die bei den meisten Investoren das dominierende Anlagemotiv ist. Die Spitzenrenditen sind dadurch im Verlauf der letzten Jahre vor allem in London und Paris, aber auch in den deutschen Städten spürbar gesunken. Inzwischen haben sie sich stabilisiert und liegen trotz des Rückgangs deutlich über den Renditen für Staatsanleihen der jeweiligen Länder. Auch die hochpreisigen Core-Immobilien weisen also nach wie vor ein attraktives Renditeniveau auf.

Trotzdem sind auch in den drei Kernländern die Transaktionsvolumina im Jahresvergleich gesunken. Dies ist jedoch weniger eine Folge mangelnder Nachfrage als vielmehr eine Konsequenz fehlenden Angebots im stark nachgefragten Core-Segment. Daran dürfte sich kurzfristig auch kaum etwas ändern, da die Banken ähnlich risikoavers agieren wie die Investoren und zudem aufgrund der verschärften Regularien in ihrer Kreditvergabefähigkeit limitiert sind. Beides führt dazu, dass die Finanzierung von Projektentwicklungen deutlich anspruchsvoller geworden ist und weniger neue Investmentprodukte auf den Markt kommen als es Nachfrage danach gibt. Trotz dieser Restriktionen nimmt die Zahl der Projektentwicklungen derzeit spürbar zu - wenngleich von einem sehr niedrigen Ausgangsniveau. Die Projektentwickler reagieren damit auf die große Investorennachfrage nach hochwertigen Immobilien. Mittelfristig wird dies den Angebotsengpass im Core-Segment lindern.

Alternative Investmentformen gefragt

Im Moment fehlt es allerdings noch an entsprechendem Angebot und die Preise für das verfügbare Produkt sind hoch. Diese Kombination veranlasst einige Investoren dazu, auf alternative Investmentformen auszuweichen. Einige Akteure, so beispielsweise Versicherungen wie die Allianz sowie Pensionsfonds, tun dies, indem sie sich verstärkt in der Finanzierung von Gewerbeimmobilien engagieren. Andere Investoren wiederum schauen sich abseits der Büro- und Einzelhandelsmärkte genauer um. Besonders im Fokus stehen dabei Studentenapartmentanlagen, die sich in Großbritannien längst als Assetklasse mit einem jährlichen Transaktionsvolumen von zuletzt etwa 1,5 Milliarden Britischen Pfund etabliert haben, für die sich auf dem europäischen Festland aber noch ein liquider Markt entwickeln muss. Angesichts des attraktiven Rendite-Risiko-Profils dürfte dies jedoch bald gelingen.

Auch in Deutschland steht diese Entwicklungsstufe kurz bevor. Das Angebot wächst rasant und zahlreiche vor allem angelsächsische Investoren suchen den hiesigen Markt nach passenden Einstiegsgelegenheiten ab. Doch auch bei den anderen Assetklassen steht der deutsche Immobilienmarkt auf der Wunschliste vieler Investoren ganz oben. Das Land profitiert dabei von seiner im europäischen Vergleich bemerkenswert robusten Konjunktur, der exzellenten Verfassung des Arbeitsmarktes und dem damit verbundenen Status als sicherer Anlagehafen.

Obwohl die wirtschaftliche Dynamik inzwischen auch hierzulande nachgelassen hat, konnte Deutschland seine relative Wettbewerbsposition innerhalb Europas verbessern und hat deshalb auch für Immobilieninvestoren an Attraktivität gewonnen. Vor allem europäische Immobilieninvestoren wenden sich zunehmend dem deutschen Markt zu. In der ersten Jahreshälfte investierten sie etwa 2,1 Milliarden Euro und damit 30 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Vor dem Hintergrund des sehr guten Konsumklimas sind sowohl bei heimischen als auch bei ausländischen Investoren in erster Linie Einzelhandelsimmobilien gefragt. Insbesondere Einkaufszentren genießen aufgrund ihrer diversifizierten Mieterstruktur hohe Wertschätzung bei den Investoren und sind deshalb besonders stark nachgefragt. Seit 2010 wechselten etwa hundert solcher Konsumtempel den Besitzer. Die Spitzenrenditen für Einkaufszentren in den fünf großen Märkten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München sind deshalb in den vergangenen zwei Jahren um durchschnittlich etwa 50 Basispunkte gesunken und liegen derzeit knapp über der Marke von fünf Prozent. Trotzdem sind deutsche Einkaufszentren aus der Perspektive internationaler Käufer höchst attraktiv, wie der Einstieg von Unibail-Rodamco beim Centerentwickler und -betreiber MfI zeigt.

Büromärkte differenziert betrachtet

Während neben Einkaufs- auch Fachmarktzentren und Geschäftshäuser in den 1a-Lagen bundesweit gefragt sind, stellt sich die Situation am Büroinvestmentmarkt differenzierter dar. Insgesamt haben die großen deutschen Bürovermietungsmärkte ihren zyklischen Höhepunkt überschritten. Zwar ist das Abwärtspotenzial bei den Mieten aufgrund des geringen Projektentwicklungsvolumens überschaubar, die Flächenumsätze sind jedoch bereits rückläufig. Vor dem Hintergrund der bereits seit einigen Monaten nachlassenden konjunkturellen Dynamik ist eine Fortsetzung dieses Trends sehr wahrscheinlich. Dies beobachten die Investoren genau und prüfen, welcher Markt ihrem Rendite-Risiko-Profil entspricht.

Core-Investoren greifen dabei bei langfristig vermieteten Top-Objekten in allen großen Büromärkten zu, sofern es noch entsprechende Produkte gibt. Beim Preisniveau haben sich die Standorte in den vergangenen Jahren stark angenähert, die Spitzenrenditen liegen jeweils knapp unter fünf Prozent. Einzig der Münchner Markt liegt mit 4,3 Prozent deutlich darunter. Stärker opportunistisch orientierte Investoren schauen sich unter anderem den Frankfurter Markt genauer an. Da viele Investoren die Mainmetropole aufgrund ihrer Bankenlastigkeit momentan eher kritisch sehen, ergeben sich unter Umständen attraktive Opportunitäten im Bestand.

Opportunitäten bieten sowohl die deutschen als auch die anderen europäischen Immobilienmärkte in großer Zahl. Die Divergenz in den wirtschaftlichen Entwicklungen mag politisch nicht erwünscht sein, für Immobilieninvestoren birgt sie allerdings großes Diversifizierungspotenzial. Sie erlaubt es den europäischen Investoren, durch gezielte Investitionen in verschiedenen Ländern und Regionen ihres Heimatkontinents ein Immobilienportfolio mit dem gewünschten Rendite-Risiko-Mix aufzubauen.

Noch vor wenigen Jahren war dies in der Regel nur mittels globaler Diversifizierung zu erreichen. Auch außereuropäischen Investoren, egal ob opportunistisch oder risikoavers, bietet der Kontinent zahlreiche Kombinationen von Standorten und Marktsegmenten, die dem jeweiligen Rendite-Risiko-Profil entsprechen. Insofern bleibt der europäische Immobilienmarkt trotz der aktuellen Verwerfungen gewiss auch perspektivisch ein attraktiver Markt für Investoren.

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