Immobilienanlagen in Italien

Abschaffung der 75-Prozent-Schranke bei Mietindizierung

Mit dem Gesetz Nr. 14 vom 27. Februar 2009, Art. 41, Absatz 16-duodecies (veröffentlich in G. U. Nr. 49 vom 28. Februar 2009) hat der italienische Gesetzgeber im Hinblick auf gewerbliche Mietverträge, deren Dauer die Mindestlaufzeit von sechs Jahren beziehungsweise neun Jahren für Hotels überschreitet, die Grenze für Mietzinsanpassungen in Höhe von 75 Prozent der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes ISTAT aufgehoben. Artikel 32 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 392 vom 27. Juli 1978 (Gesetz 392/1978) hatte bis dato für Mietzinsanpassungen bei gewerblichen Mietverträgen die vertraglich nicht abdingbare Obergrenze von 75 Prozent der Entwicklung des ISTAT-Lebenshaltungskostenindexes festgelegt.

Mietanpassung neu geregelt

Eine vertragliche Vereinbarung, die eine darüberliegende Anpassung des Mietzinses vorsah, war gemäß Artikel 79 des Gesetzes 392/1978 unwirksam. Hatten die Parteien dennoch eine 100-prozentige Anpassung der Miete an den ISTAT-Index vereinbart, konnte der Mieter jederzeit die Mietzinsanpassung, die die zulässigen 75 Prozent überstieg, verweigern. Ebenso war es dem Mieter möglich, den zu 100 Prozent an ISTAT angepassten Mietzins für die gesamte Vertragsdauer zu zahlen, dann aber bis zu sechs Monate nach Ablauf des Mietvertrags die Rückerstattung der über 75 Prozent ISTAT liegenden Mietzinsanpassung zu verlangen.

Die Begrenzung der Mietzinsanspassung führte faktisch zu einer jährlichen Reduzierung der Miete um 25 Prozent der ISTAT-Entwicklung, wenn man unterstellt, dass die Kosten des Vermieters im Investitionszeitraum um 100 Prozent der ISTAT-Entwicklung steigen. Für mittel- und langfristige Investoren bedeutete diese Regelung ein wesentlicher Nachteil bei Immobilieninvestitionen in Italien.

Nahezu unbemerkt von der interessierten Öffentlichkeit ist dieser Nachteil nun zumindest für Mietverträge aufgehoben, deren Laufzeit die vom Gesetzgeber vorgesehene Mindestlaufzeit von sechs Jahren beziehungsweise neun Jahren für Hotels überschreitet. Die Gesetzesänderung ist in einem Gesetz "versteckt", das eine unüberschaubare Anzahl von Maßnahmen zur Stärkung der italienischen Wirtschaft enthält (Gesetzesdekret Nr. 207 30. Dezember 2008, das sogenannte Decreto Milleproroghe).

Mit der Beschränkung der Gesetzesänderung auf Mietverträge, welche die gesetzlich vorgeschriebene Mindestlaufzeit überschreiten, wollte man wohl die schwächeren gewerblichen Mieter, die in der Regel Standardmietverträge mit der gesetzlichen Mindestlaufzeit abschließen, vor den Auswirkungen dieser Gesetzesänderung, das heißt einer faktischen Mieterhöhung, bewahren. Tatsächlich ist es bis heute zu keinem wesentlichen Protest gegen die Gesetzesänderung gekommen.

Die Gesetzesänderung, die zum 1. März 2009 in Kraft trat, gilt ausdrücklich für alle Mietverträge, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der letzten Gesetzesänderung (das heißt zum 31. Januar 1985, oder, nach Meinung einiger Kommentatoren, zum 30. Juli 1978) bereits abgeschlossen waren. Faktisch kommt es damit zu einer Rückwirkung des Gesetzes, deren Zulässigkeit im Hinblick auf eine vorangehende Änderung derselben Norm, trotz nicht unerheblicher Bedenken, vom obersten italienischen Gerichtshof bereits bestätigt wurde.

Mietzinsvereinbarungen in Mietverträgen, welche nach dem 30. Juli 1978 (oder dem 31. Januar 1985, folgt man der konservativeren Auslegung) abgeschlossen wurden und die eine zum damaligen Zeitpunkt fraglos unwirksame Mietzinsanpassungsklausel in Höhe von 100 Prozent der ISTAT-Entwicklung enthalten, sind damit rückwirkend wirksam geworden.

Bei Mietverträgen, die nicht ausdrücklich auf 75 Prozent der ISTAT-Entwicklung abstellen, sondern in denen die "jeweils höchste, gesetzlich zulässige Mietzinsanpassung" vereinbart wurde, sollte ab dem 1. März 2009 eine 100-prozentige Anpassung an die ISTAT-Entwicklung vorgenommen werden können, auch wenn dies vereinzelt in der Diskussion um die Auswirkung der Gesetzesänderung unter Verweis auf Mieterschutzbedürfnisse in Frage gestellt wird.

Was geschieht mit Mieten, die in der Vergangenheit aufgrund einer (unwirksamen) Vertragsklausel mit 100-prozentiger ISTAT-Anpassung gezahlt wurden? Nach dem gesetzlich festgelegten Grundsatz des Verbots der Rückwirkung von Gesetzesänderungen (vergleiche Art. 11, Absatz 1 italienisches BGB) können Vertragsklauseln, die gegen Gesetze verstoßen an sich nicht mit rückwirkender Wirkung für gesetzeskonform erklärt werden.

Rückwirkende Legitimation von unwirksamen Mietanpassungsklauseln?

Daher sollte die Differenz an Miete, welche sich aus der Anwendung einer 100-prozentigen ISTAT-Anpassung ergeben hat und die bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung gezahlt wurde, an sich weiterhin vom Mieter zurückverlangt werden können. Selbst wenn der Gesetzgeber eine Heilung der entsprechenden Vertragsklauseln mit Wirkung für die Vergangenheit gewollt hätte, so würde dies wohl kaum dem oben zitierten Rückwirkungsverbot standhalten können. Im Hinblick auf neu abzuschließende Mietverträge stellt sich die Frage, ob es vertraglich wirksam wäre, eine Mietzinsanpassung in einer Höhe von mehr als 100 Prozent der ISTAT-Entwicklung zu vereinbaren und damit eine effektive Mietzinserhöhung durchzusetzen. Der Gesetzgeber hat sich zu diesem Thema nicht geäußert. Stellt man auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit, der nach konsolidierter Rechtsprechung bei der gewerblichen Vermietung auch die Freiheit zur Festlegung des Mietzinses erfasst, ab, sollte es an sich zulässig sein, beispielsweise eine jährliche Erhöhung des Mietzinses in der Höhe von 150 Prozent der ISTAT-Entwicklung zu vereinbaren. Man sollte allerdings vorsichtig sein mit dieser Bewertung. Die Rechtsprechung zum Thema "zulässige Mietzinserhöhung/unzulässige Mietzinsanpassung", welche bis zu der nunmehr eingetretenen Gesetzesänderung zum Thema Mietzinsanpassungen über Koppelung an Lebenshaltungskostenindizes erging, war sehr konservativ. Sie basiert auf der Annahme, dass der Gesetzgeber grundsätzlich Mietzinsanpassungsklauseln, die ihrerseits einen inflationssteigernden Effekt haben können, verhindern wollte.

Es bleibt daher mit Vorsicht abzuwarten, ob die Rechtsprechung diese Position beibehält und Mietzinsanpassungen nur bis zu 100 Prozent der ISTAT-Entwicklung für zulässig erachten wird und darüber hinausgehenden Vereinbarungen weiterhin die Wirksamkeit versagen wird.

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