Blickpunkte

Sepa - Politikerträume

Der Mensch ist ein "Zoon politikon" - ein gemeinschaftsorientiertes Wesen. Und so würde er ganz gewiss auf das kosten günstigste Zahlungsmittel zurückgreifen, wüsste er nur, welche Kosten dem Händler bei welchem Zahlungsmittel entstehen. Denn weil ihm bewusst ist, dass die Kos ten über die Endpreise auf alle Kunden umgelegt werden, ist er selbstverständlich daran interessiert, die Preise für alle so niedrig wie möglich zu halten. Diese Vision entfaltet die EU-Kommission in ihrem am 11. Januar dieses Jahres veröffentlichten Grünbuch "Ein integrierter europäischer Markt für Karten-, Internet- und mobile Zahlungen".

Der Kostenvergleich ist freilich nur möglich, wenn der Händler sich der tatsächlichen Kosten der Bargeldbehandlung auch bewusst ist. Und an einem tatsächlichen Durchrechnen fehlt es bis heute in vielen Fällen. Daneben setzt das von der EU-Kommission entworfene Szenario voraus, dass Händler an der Kasse aushängen, wie viel sie für welches Zahlungsmittel aufzuwenden haben - und dass der Kunde diese Aushänge auch fleißig studiert, idealerweise immer wieder, schließlich variieren die Kosten von Händler zu Händler und können sich auch ändern. Der Kunde müsste also nicht nur bereit sein, sich immer wieder mit dem Kostenvergleich auseinanderzusetzen, sondern von Fall zu Fall auch eine hohe Flexibilität in seinem Zahlungsverhalten an den Tag legen.

Um die Bereitschaft zu fördern, die jeweils effizientesten Zahlungsinstrumente zu nutzen, setzt die EU-Kommission deshalb auch auf die Steuerung durch den Händler in Form von Preisnachlässen oder Aufschlägen bei der Nutzung bestimmter Zahlverfahren, die selektive Akzeptanz bestimmter Karten ab einem bestimmten Mindestbetrag oder explizite Hinweise auf bevorzugte Zahlungsmittel. Wie sich das Ganze im täglichen Kassenbetrieb auswirkt, in dem es schließlich vor allem um Kundenfreundlichkeit und schnelle Abwicklung geht, ist die Sorge der Politiker nicht. Allenfalls sehen sie die Gefahr, dass das Surcharging als zusätzliche Einnahmequelle für den Handel missbraucht werden könnte, wie es zum Beispiel in der Luftfahrtindustrie heute schon vorkommt.

Beim Thema Konditionen spielt immer wieder auch die Interchange eine Rolle. Und dabei weist das Grünbuch in eine Richtung, die den Emittenten gar nicht recht sein kann: Erstmals nimmt die Kommision explizit die Firmenkarten ins Visier, die bislang von der Regulierung ausgenommen waren. Auch über die Einbeziehung national festgelegter Interbankenentgelte und von Drei-Parteien-Systemen in die Regulierung wird nachgedacht. Hier verbirgt sich vermutlich der eigentliche Sprengstoff - zumal die Kommission es als möglicherweise sinnvoll erachtet, die EU-Organe aktiver in die Sepa-Steuerung einzubeziehen und ihnen eine prominentere Rolle in der rechtlichen und regulatorischen Aufsicht zuzuweisen. Red.

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