Sepa

Noch einmal dereinheitliche Zahlungsverkehrsraum: Cui bono?

Die politische Vision der Europäischen Kommission und der Europäischen
Zentralbank ist genauso einfach wie überzeugend: Nach Einführung des
Euro im Jahr 2002 können die Bürger in den zwölf Ländern der Eurozone
überall mit denselben Banknoten und Münzen bezahlen.
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Der Vorteil für den Bürger ist enorm und der volkswirtschaftliche
Nutzen vielfach dokumentiert. Der Vorteil des einfachen und
einheitlichen Bezahlens soll nun nach den Vorstellungen von Brüssel
auch auf die elektronischen Bezahlverfahren und zwar Überweisungen,
Lastschriften und Kartenzahlungen ausgedehnt werden.
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Das Ziel von Sepa ist "ein einheitlicher Zahlungsverkehrsraum, in dem
Bürger wie Unternehmen grenzüberschreitende Zahlungen genauso einfach,
sicher und effizient und zu gleichen Preisen ausführen können wie auf
nationaler Ebene".
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Effiziente nationale Zahlungssysteme
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Es ist unstreitig, dass moderne, arbeitsteilige Volkswirtschaften
effiziente Märkte für die Erbringung von
Zahlungsverkehrsdienstleistungen benötigen. Sie sind das Schmiermittel
der Realwirtschaft, mit ihren Instrumenten werden Forderungen und
Verbindlichkeiten, die aus dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen
entstehen, ausgeglichen.
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Die EU verfügt zwar auf einzelwirtschaftlicher Ebene über effiziente
Zahlungssysteme, die aber innerhalb des Euroraums bis heute in
nationale und grenzüberschreitende Systeme aufgespaltet sind.
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Das ist nach Ansicht der Europäischen Kommission nicht mit dem
Grundsatz des Binnenmarktes (Artikel 14 Absatz 2 EG-Vertrag)
vereinbar, da sich dadurch ein Grenzeffekt ergebe.
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Ein neuer Rechtsrahmen soll nun dazu dienen, die Bedingungen für den
einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum zu schaffen.
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Die Kunst, diese Harmonisierungsaufgabe der EU auch wirklich zum
Erfolg zu führen, wird darin bestehen, die Vereinheitlichung in den
Zahlungssystemen nicht zum Selbstzweck sondern auch zum tatsächlich
nachweisbaren Vorteil aller Beteiligter werden zu lassen.
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Dies ist ein schwieriges Unterfangen, da die heutige nationale
Vielfalt in den Zahlungssystemen groß ist, die Zahlungsgewohnheiten
von mehr als 300 Millionen Bürgern im Euroraum nicht von heute auf
morgen geändert werden können und insbesondere Länder mit hoch
entwickelten und hocheffizienten Zahlungsverkehrs-Systemen keine
Abstriche hinnehmen wollen.
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Deutschland ist bankorientiert
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Dazu zählt auch Deutschland, dessen Überweisungs- und
Lastschriftverfahren mit ihren Clearing- und Settlementsystemen zu den
leistungsfähigsten und kostengünstigsten weltweit zählen.
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Im Bereich kartenbasierter Zahlungen haben wir allerdings noch
Nachholbedarf und im Vergleich zu einigen unserer europäischen
Nachbarn auch noch gewaltige nicht ausgeschöpfte Wachstumspotenziale.
Dies wird mehr als 70 Millionen Bundesbürger von 14 Jahren aufwärts
betreffen, die ein Girokonto bei einer Bank oder Sparkasse führen.
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Die jeweiligen nationalen Debitsysteme in den Ländern der europäischen
Gemeinschaft haben sich höchst unterschiedlich entwickelt. Sie folgten
den ebenfalls sehr unterschiedlichen nationalwirtschaftlichen
Zielsetzungen (Vermeidung von Schecks, Verdrängung von Bargeld,
Automatisierung des Point of Sale).
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Grenzen
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Entsprechend verschieden sind auch die heutigen nationalen Strukturen
der Debitsysteme. Sie reichen von proprietären monopolistischen
Systemen mit Freistellung durch die jeweilige staatliche
Kartellbehörde bis zu wettbewerbsorientierten Lösungen auf Basis der
internationalen Kartensysteme.
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Die Feststellung der Verletzung des Binnenmarktgrundsatzes allein
begründet allerdings noch keinen wirtschaftlichen Bedarf an einer
Harmonisierung des Kartenmarktes in Europa. Auch das Nutzungsverhalten
heutiger Debitkarten lässt den Zweifel berechtigt erscheinen, ob hier
nicht ein "künstlicher" Bedarf durch den Regulierer suggeriert wird,
der in der Praxis des kartengestützten Zahlungsverkehrs kaum von
Relevanz ist.
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In diesem Zusammenhang weisen Kritiker gern darauf hin, dass der
Bürger die meisten seiner Einkäufe im Umkreis von 30 Kilometer
Entfernung zu seinem Wohnort tätigt. Zählt man die weiteren Einkäufe
im Inland dazu, so finden nur etwa zwei Prozent der Transaktionen im
Ausland statt.
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Auf deutsche Verhältnisse übertragen findet statistisch gesehen pro
ec-Karte nur alle zwei bis drei Jahre überhaupt eine Transaktion an
einem PoS-Terminal im europäischen Ausland statt. Lohnt es sich dafür,
die nationalen Debitsysteme europaweit zu harmonisieren?
Möglicherweise führt aber die rein statistische Betrachtung in die
Irre. Vergleichen wir die Kartensituation mit dem Mobilfunkmarkt: Auch
hier werden mehr als 99 Prozent aller Anrufe im Inland getätigt. Ein
Betreiber, der den Einsatz seiner Mobiltelefone auf das Inland
begrenzen wollte, hätte aber vermutlich kaum eine Chance am Markt.
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Die Frage nach dem Bedarf lässt sich also nur über die Analyse von
Kundenanforderungen und Kundenwünschen beantworten. Zudem ist es ja
nicht auszuschließen, dass die derzeit (noch) niedrige Anzahl
grenzüberschreitender Transaktionen eben gerade auf das Fehlen einer
harmonisierten Infrastruktur zurückzuführen ist. Damit würde sich der
Kreis der Argumente für den einheitlichen Zahlungsverkehrsraum
schließen.
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Spezielle deutsche Strukturen
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Deutschland ist nach wie vor Barzahlungsland. Nach den Untersuchungen
des Europäischen Handelsinstituts (EHI) wurde im Einzelhandel (ohne
Tankstellen, Versandhandel, Drogerien, Apotheken) im Jahr 2004 etwa 68
Prozent des Gesamtvolumens bar bezahlt. Von dem Kartenumsatz entfallen
etwa 80 Prozent auf die Debitkarten und 20 Prozent auf Kreditkarten.
Das EHI erwartet bis zum Jahr 2008 einen Rückgang des bar getätigten
Umsatzes auf 60 Prozent. Entsprechend soll das Wachstum der
Kartenzahlungen weit überwiegend mit Debitprodukten stattfinden.
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Im klassischen Einzelhandel wird aber nur etwa ein Drittel des
verfügbaren Haushaltseinkommens ausgegeben. Der Anteil von
Kartenzahlungen am verfügbaren Einkommen (Personal Consumer
Expenditure: PCE) beträgt nur etwa elf Prozent, was im Vergleich
sowohl zum europäischen Durchschnitt als auch und insbesondere zu
einigen unserer europäischen Nachbarn einen niedrigen Wert darstellt.
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Blickt man auf die Debitlandschaft im Euroraum, so wird man weitere
strukturelle Unterschiede feststellen. Besonders bemerkenswert ist,
dass sich kein anderes Land findet, das seinem Handel ein
differenzierteres Angebot an kartengestützten Bezahlsystemen zur
Verfügung stellt. Der deutsche Händler hat die Wahl zwischen dem
unterschriftsbasierten Lastschriftverfahren ELV ohne Zahlungsgarantie
und dem Pin-basierten electronic cash mit Zahlungsgarantie.
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Nachdem das garantierte Bezahlverfahren in den ersten Jahren nur sehr
zögerlich vom Handel angenommen wurde, weist es seit etwa zwei Jahren
ein stürmisches Wachstum von mehr als 20 Prozent pro Jahr auf.
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Karteneinsatz zu selten?
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Trotz dieser erfreulichen Entwicklung bedarf es aber weiterer
Anstrengungen, um Barzahlungen durch moderne bargeldlose
Zahlungsmittel zu ersetzen. Dies ist volkswirtschaftlich sinnvoll, da
Barzahlungen in der Regel kostenlos - unter Überwälzung der Kosten auf
die Gesellschaft - erbracht werden.
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Hier lassen sich einschlägige Studien heranziehen, die die
Gesamtkosten der Bargeldversorgung einer Volkswirtschaft auf 0,5 bis
ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziffern.
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Dies würde für Deutschland einen Betrag zwischen zehn und 20
Milliarden Euro ausmachen.
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Für das bargeldlose Bezahlen werden Einsparungen zwischen 30 und 50
Prozent nachgewiesen.
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Auch die rein binnenwirtschaftliche Sicht zeigt bereits, dass es sich
lohnt.
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Zunächst muss festgestellt werden, dass die deutschen Karteninhaber
ihre ec-Karte durchaus regelmäßig benutzen, allerdings vorzugsweise am
Geldautomaten und nicht zum Bezahlen ihrer Einkäufe. Hier setzt der
Franzose seine Karte im Durchschnitt fünfmal so oft, der Holländer
oder Portugiese seine Karte dreimal so oft und der Belgier doppelt so
oft ein.
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Die Frage ist: Woran liegt das? Sind es kulturelle Unterschiede? Sind
unsere Systeme zu kompliziert, und werden sie deshalb von den Kunden
nicht akzeptiert? Sind es Sicherheitsbedenken? Oder ist es eine Frage
der Marktreife? Drei Gründe lassen sich als Erklärung nennen.
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1. Auch in den traditionellen Handelssegmentenist der Anteil des
Bargelds sehr unterschiedlich. Er reicht von 95 Prozent bei
Lebensmittel-Discountern über 85 Prozent bei Drogeriemärkten und 60
Prozent bei Kaufhäusern oder Baumärkten bis zu 40 Prozent bei
Textileinzelhändlern. Die Ursache liegt zum ersten in den großen
Unterschieden in der Kartenakzeptanz zwischen den genannten Branchen,
zum zweiten in der unterschiedlichen Durchdringung mit
Akzeptanzstellen innerhalb der Handelssegmente und zum dritten in
einem signifikanten Akzeptanzgefälle zwischen Großstädten und
ländlichen Bereichen.
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2. Das zahlenmäßig mit Abstand größte Transaktionsaufkommenfindet mit
Beträgen unterhalb von 15 Euro statt. In diesem Marktsegment wird aber
nur weniger als jede zehnte Transaktion mit der Karte getätigt. Hier
finden sich zum Beispiel Zigaretten- und andere Warenautomaten,
Parkhäuser, der öffentliche Nahverkehr, Kioske, Lotto/Toto, Kino und
Ticketing, Fast Food, Kantinen und der Lebensmitteleinzelhandel, um
nur einige zu nennen.
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Speziell für den Bezahlbedarf in diesen Märkten hat die
Kreditwirtschaft im Jahr 1996 die Geldkarte eingeführt, die eine
elektronische, vorausbezahlte Geldbörse als proprietäre Anwendung auf
dem Chip der ec-Karte zur Verfügung stellt. Allerdings hat die
Geldkarte nie die erhoffte Akzeptanz am Markt gefunden. Der Einsatz
stagniert seit Jahren bei rund 100 Millionen Transaktionen pro Jahr,
was im statistischen Mittel lediglich zu einem Einsatz pro Karte und
Jahr führt. Damit ist der Markt niedriger Bezahlbeträge weiterhin
nahezu vollständig durch das Bargeld dominiert.
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3. Vertieft man die Untersuchung des Zahlungsverhaltens der
Karteninhaber
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durch Analyse des ec-Kartenportfolios, so stellt man eine Verteilung
zwischen null und weit mehr als 100 Kartentransaktionen pro Jahr fest.
Das mag zunächst kaum überraschen. Bemerkenswert allerdings ist, dass
fast 50 Prozent der Kunden ihre Karte gar nicht oder äußerst selten am
PoS einsetzen. Mit anderen Worten: Hier liegt ein riesiges
Marktpotenzial für die Kartenzahlungen brach. Warum dieser Teil der
Kunden lieber bar bezahlt, ist bisher weitgehend unbekannt.
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Zunächst wird der Kunde erwarten, dass die gewohnten Verfahren ohne
jede Einschränkung weiter zur Verfügung stehen und funktionieren.
Jedes neue System sollte also in Koexistenz zu den heute bekannten
Debitverfahren eingeführt werden.
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Kundenerwartungen zum Debit
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Wenn ec-cash das bevorzugte System der deutschen Kreditwirtschaft ist,
dann muss ein neues, Sepa-konformes System, das europaweit Verbreitung
finden soll, dementsprechend in Ergänzung, möglicherweise sogar
komplementär angeboten werden. Und auch das deutsche
Lastschriftverfahren ELV muss mit derselben Karte weiter
funktionieren.
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Ein neues System, das mehr als 300 Millionen Europäern in der Eurozone
angeboten wird, kann nur dann erfolgreich sein, wenn es innerhalb
kurzer Zeit ein hohes Akzeptanzniveau in diesen Ländern nachweisen
kann. Für die Deutschen sind dies vor allem die von ihnen am
häufigsten besuchten Urlaubsländer. Die Einsatzmöglichkeit der Karte
darf kein Zufallsergebnis sondern muss für den Kunden berechenbar
sein.
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Damit ergibt sich für die Systemanbieter die Notwendigkeit einer
konsistenten Akzeptanzstrategie für den Euroraum. Das Versprechen der
Einsatzmöglichkeit reicht nicht aus, es muss mindestens in den für
Reisende wichtigen Marktsegmenten durch eine entsprechende
Akzeptanzstellendichte eingelöst werden.
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Hilfestellung nötig
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Soll der Kunde auch im Ausland ermuntert werden, an der Kasse
bargeldlos zu bezahlen, so braucht er Orientierung. Da hier die
sprachliche Barriere die Hemmschwelle für die Kartenzahlung in
Konkurrenz zum Bargeld massiv erhöhen könnte, ist eine klare,
verständliche und eindeutige Kennzeichnung der Kasse mit der
Akzeptanzmarke - wie sie von den Kreditkarten bekannt und geübt ist -
unverzichtbar.
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Ein maßgeblicher Eckpfeiler für den Erfolg eines Massenzahlungsmittels
ist das Vertrauen. Dies gilt in besonderem Maße für ein Debitsystem,
das direkt auf das Kundenkonto zugreift und Belastungen erzeugt. Der
Kunde erwartet - zu Recht - ein Höchstmaß an Sicherheit. Aufgrund des
hohen Risikos bei unterschriftsbasierten Debitsystemen sollte für den
pan-europäischen Einsatz konsequent die EMV Chiptechnologie verwendet
werden. "Chip and PIN only" in Verbindung mit einer starken und
europaweit verbreiteten Akzeptanzmarke würde für den Karteninhaber zu
einem konsistenten, gewohnten und für ihn transparenten Bezahlvorgang
führen und die Karte damit zu einem wichtigen Begleiter seiner
Einkäufe im Ausland machen.
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Händleranforderungen
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Auch die Händler erwarten naturgemäß, dass die bestehenden nationalen
Debitverfahren bei Erweiterung auf europäische Akzeptanzmarken weiter
funktionieren. Der Schutz ihrer bisher getätigten Investitionen in die
Kartenakzeptanz, insbesondere in Bezug auf ihre Infrastruktur, muss
entsprechend sichergestellt sein.
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Dem allgemeinen Sicherheitsbedürfnis folgend wird der Händler gerade
bei Karten aus dem Ausland auf eine Zahlungsgarantie durch den
Acquirer nicht verzichten wollen. Das beeindruckende Wachstum von
ec-cash in Deutschland zeigt, dass der Händler den Wert der
Zahlungsgarantie schätzt und bereit ist, hierfür auch einen Preis zu
bezahlen. Dieser sollte sich an dem Preis für das nationale System
orientieren und signifikant unter den Kommissionen der Kreditkarten
liegen.
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Eine hohe Sensitivität hat der Händler auch bei den Kosten des
Terminals. Hier lässt sich der Vorteil der ohnehin anstehenden EMV
Migration kapitalisieren. Nachdem diese in einigen europäischen
Ländern schon beachtliche Fortschritte gemacht hat, sollte Deutschland
Acht geben, nicht abgehängt zu werden, da dies eine gefährliche
Verlagerung der organisierten kriminellen Angriffe auf den deutschen
Handel nach sich ziehen könnte.
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Der Handel hat ein natürliches Interesse an der Kaufkraft
ausländischer Besucher. Als Transitland im Herzen Europas mit offenen
Grenzen und hohem Reiseaufkommen, ist dies ein bedeutender
volkswirtschaftlicher Faktor. Sepa unterstützt mit seinem "Cards
Framework" den grenzüberschreitenden Austausch von Waren und
Dienstleistungen, indem es das bargeldlose Bezahlen einfacher machen
will.
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Herausforderung für die Banken
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Zunächst ist es erforderlich, dass sich die Banken nicht nur über den
European Payments Councel (EPC) und ihre jeweiligen Verbände mit dem
Thema auseinander setzen, sondern ihre Kartenstrategien in ihren
Häusern anhand der neuen Möglichkeiten überprüfen und fortschreiben.
Kern jeder Überlegung muss es allerdings sein, den Zahlungsverkehr
auch weiterhin als marktwirtschaftliche Aufgabe zu verstehen und zu
verteidigen.
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Es ist unbestritten, dass das Girokonto und der mit ihm verbundene
Zahlungsverkehr Teil der bürgerlichen Existenzsicherung ist. Dies ruft
immer wieder politische Kräfte auf den Plan, die deshalb meinen, den
Zahlungsverkehr als "Utility", als öffentliches Gut, regulieren und
somit dem Wettbewerb der Banken entziehen zu müssen. Sie verkennen
dabei, dass dies letztlich zum Nachteil der Bürger werden könnte, da
fehlender Wettbewerb den Banken jeden Anreiz für Investitionen nehmen
würde, damit Innovationen im Keim ersticken und so zu Stillstand oder
gar Rückschritt führen würde.
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Dies wäre volkswirtschaftlich um so nachteiliger, als eine zukünftige
Sepakonforme europäische Debitkarte auf der Basis eines EMV-Chip über
eine technologische Plattform verfügt, die die Phantasie für weitere
innovative Anwendungen im Umfeld der Bezahlfunktion anregen sollte.
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Bargeld immer teuer?
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Die Kosten der Bargeldversorgung schlagen sich auch in der Logistik
der Banken als erheblicher Faktor nieder. Jeder elektronische
Bezahlvorgang hingegen stellt ein zusätzliches Erlöspotential dar.
Voraussetzung ist, dass der Händler die bargeldlose Zahlung anbietet
und der Kunde einen Vorteil darin sieht.
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Die Wahl der Debitsysteme ist eine strategische Entscheidung, für die
mehrere Alternativen zur Verfügung stehen. Die Alternative "weiter so
wie bisher" dürfte ausscheiden, da sie zu einem Konflikt mit den Sepa
Zielen und zu einer Verletzung der Vorschriften führen würde.
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Damit bleiben drei weitere Alternativen, zwischen denen die Banken
wählen können.
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Dies sind zum einen die Systemlösungen von Mastercard (Maestro) und
von Visa (V-Pay) und zum anderen das Angebot der Berlin Group. Die
Unterschiede zwischen den drei Lösungsvarianten seien ohne ins Detail
zu gehen - grob skizziert.
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Systemlösungen einerseits ...
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Mastercards Maestro ist ein globales System, das nicht speziell auf
die Zielsetzungen von Sepa zugeschnitten ist. Es soll das nationale
ec-cash Verfahren ablösen und damit eine in Europa (und mit Maestro
als globalem System auch im Rest der Welt) einheitliche
Akzeptanzplattform liefern. Sowohl Magnetstreifen als auch EMV-Chip
werden unterstützt, die Autorisierung erfolgt Pin-basiert oder per
Unterschrift. Das Processing wird von Mastercard International
übernommen.
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Zu beachten ist, dass der Karteninhaber bei seinen Einkäufen mit
Maestro in den einzelnen Ländern auf unterschiedliche
Autorisierungsverfahren trifft. Die europäischen Banken haben keinen
direkten Einfluss auf die Produktentwicklung, die Festsetzung des
Interchange und die Preise, da die entsprechenden Entscheidungen durch
das Mastercard Management getroffen werden.
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Visa hat speziell für die Unterstützung des einheitlichen europäischen
Zahlungsraums das Debitprodukt V-Pay entwickelt. V-Pay soll
komplementär und in Koexistenz zu den nationalen Debitsystemen - in
Deutschland also zu ec-cash - eingeführt werden. Es unterstützt damit
den direkten Zugang zum Girokonto über Bankleitzahl und Kontonummer.
Die technologische Basis bildet der EMV-Chip, autorisiert wird
grundsätzlich über Pin. Eine flexible, national adaptierbare
Interchangestruktur und ein attraktives Pricing sollen die Banken von
den Vorteilen dieses Produktes überzeugen.
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Mit einer eigenständigen Akzeptanzmarke verpflichtet sich Visa zum
Aufbau einer europaweiten Akzeptanz und bietet den Karteninhabern mit
V-Pay ein in ganz Europa einheitliches und konsistentes
Autorisierungsverfahren an. Die Kontrolle über V-Pay wird vollständig
in die Hände der Banken gelegt, die Governance soll über nationale
Boards und ein europäisches Steering Committee wahrgenommen werden.
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... Berlin Group andererseits
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Die Berlin Group als dritte Variante setzt auf den Zusammenschluss
nationaler Debitsysteme innerhalb des Euroraums. Sie geht von der
Vorstellung aus, dass gerade die nationalen Systeme die mit Abstand
höchste Verbreitung haben und in den jeweiligen Ländern hohe Volumina,
ein Höchstmaß an Effizienz, ein hohes Sicherheitsniveau sowie den
größten Bekanntheitsgrad aufweisen. Damit würde ein evolutionärer
Ansatz auf der Basis von Interoperabilität vorhandener Debitsysteme am
schnellsten und kosteneffizientesten die Sepa Ziele erfüllen können.
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Festzustellen bleibt allerdings, dass der Ansatz der Berlin Group die
operationalen Kostenvorteile sehr stark in den Vordergrund stellt,
geographisch unvollständig ist und keine neuen Impulse für die
Verbreitung der Kartennutzung auf nationaler Ebene gibt. Da die Berlin
Group - zumindest mittelfristig - keine eigene Akzeptanzmarke
vorsieht, muss der Karteninhaber darüber hinaus die verschiedenen
Debitmarken in den Euroländern mit den jeweils unterschiedlichen
Autorisierungsverfahren "lernen".
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Wer profitiert von Sepa?
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Auf die Frage, wem der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum
letztendlich nützt, muss zunächst festgehalten werden, dass Sepa und
die Zahlungsverkehrsrichtlinie der Europäischen Kommission politische
Realität sind. Damit ist die Frage, ob es die Anstrengung wert ist,
einheitliche, Sepa-konforme Debitverfahren aufzubauen, allenfalls noch
von akademischem Interesse. Mit anderen Worten: Sepa kommt, Ziele und
Rahmenbedingungen sind im Cards Framework definiert und die Roadmap
für die Umsetzung steht.
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Banken tun somit gut daran, die damit verbundenen Chancen pro-aktiv zu
nutzen und unter den gegebenen Alternativen diejenige zu wählen, die
ihre jeweilige Wettbewerbsposition am besten stärkt.
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Händler sollten ihren in- und ausländischen Kunden diejenigen
Bezahlmöglichkeiten bieten, die sie nachfragen. Gerade an der Kasse,
an der der Kunde zwar die gewünschte Ware oder die ausgewählte
Dienstleistung empfängt, dafür sich aber von seinem Geld trennen muss,
sollte der Händler seinem Kunden die Annehmlichkeit bargeldlosen
Bezahlens bieten. Die mit der Kartenzahlung verbundene
Zahlungsgarantie stellt ihn dabei von jedem Risiko frei.
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Schließlich muss der Kundevon den Vorteilen bargeldlosen Bezahlens
überzeugt sein, damit er die Karte im Alltag zu Hause wie auch auf
Reisen im Ausland einsetzt. Ein hohes Akzeptanzniveau und ein
nachhaltiges Systemvertrauen sind dafür unabdingbare Voraussetzungen.

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