Leitartikel

Neues Spielfeld Debitkarte

sb - Die EU-Kommission kann zufrieden sein. Sepa wirkt, der Wettbewerb im Debitmarkt ist in Bewegung gekommen. Womit aber nicht unbedingt zu rechnen war: Als Katalysator gewirkt hat dabei ausgerechnet diejenige Kartenorganisation, die sich von Sepa eine Stärkung ihrer ohnehin schon ordentlichen Marktposition versprochen hatte. Vermutlich bereut man es in Waterloo mittlerweile zutiefst, sich auf die Machtprobe mit den Banken eingelassen zu haben. Offenbar hatte man die Abhängigkeit der Emittenten vom bislang einzigen wohletablierten internationalen Debitsystem über- und ihre Entscheidungsfreude, sich auf eine alternative Lösung einzulassen, unterschätzt. Das Nachgeben Mastercards beweist jedenfalls: Das Wechselspiel der Kräfte im Markt ist in Gang gekommen. Hinter diesen Punkt gibt es auch kein Zurück mehr. Unbestritten auch ohne den Versuch von Mastercard, Maestro hierzulande gewissermaßen durch die Hintertür auch für nationale Transaktionen zu etablieren, wie es in anderen Märkten in Kooperation mit den Banken bereits gelungen ist, hätte die Kreditwirtschaft an ihrem Kooperationsmodell gearbeitet. Das Gefühl, dass man gewissermaßen vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollte, hat das Bestreben, die Abhängigkeit von den internationalen Zahlungssystemen zu verringern, aber sicher verstärkt.

Letztlich geht es nicht allein um ein konkretes Gebührenmodell, sondern mindestens ebenso sehr um den Wettbewerb der Organisations- und Entscheidungsstrukturen. Der alte Grundsatz: "Wer zahlt, schafft an" scheint neue Attraktivität zu gewinnen. Mit der Entscheidung, zumindest die europäische Gesellschaft als Mitgliederorganisation zu belassen, sieht sich Visa damit auf dem richtigen Weg. Der Versuch, electronic cash bei Händlern mit V-Pay zu unterbieten, hätte sich dadurch von selbst verboten - ganz abgesehen davon, dass sich ein neues Produkt nicht an den Banken vorbei auf den Markt bringen lässt. Und dennoch: Auch V-Pay wird electronic cash künftig stärker zum Wettbewerber haben, als man es vielleicht gerne sieht. Sicher, die Co-Batching-Vereinbarung mit dem ZKA ist getroffen, eine Rahmenvereinbarung mit dem BVR steht und die ersten Piloten im Genossenschaftssektor sollen noch in diesem Jahr anlaufen. Maestro auf allen genossenschaftlichen Debitkarten ablösen können wird man aber dennoch vermutlich nicht. Denn der BVR hat angekündigt, dass es künftig verstärkt Debitkarten ganz ohne Co-Branding mit einer internationalen Marke geben soll. Durch die EAPS werde die Akzeptanz in den Urlaubsregionen verbessert. Gleichzeitig würde die Transaktionsabwicklung für die Banken günstiger, heißt es zur Begründung.

Dem Kunden gegenüber spielen diese Überlegungen keine Rolle. Welche Akzeptanzmarke seine "ec-Karte" trägt, ist einem Großteil der Karteninhaber herzlich gleichgültig - solange er sie nur überall einsetzen kann. Eine veränderte Kartenstrategie seiner Hausbank wird der Kunde insofern nur bemerken, als die Bandbreite der angebotenen Karten größer werden wird. Zur Wahl stehen werden künftig Debitkarten, die am Point of Sale nur in Europa (ohne Co-Branding vielleicht zunächst nur in ausgewählten Regionen) oder weltweit einsetzbar sind, und das wiederum bietet Ansatzpunkte für unterschiedliche Bepreisung. Es beinhaltet aber zugleich eine Herausforderung für die Kommunikation. Die Botschaft: "Die Debitkarte ist künftig nur noch in Europa einsetzbar - weltweit gibt es nur gegen Aufpreis" etwa ist dem Kunden nur zu vermitteln, wenn sie geschickt verpackt wird. Dabei kommt den Emittenten zugute, dass die weltweite Einsetzbarkeit von Maestro am Point of Sale vielen Kunden gar nicht bewusst ist und keine besondere Priorität besitzt. Wird aber versucht, Maestro oder V-Pay als Premium-Debitkarte zu verkaufen, stellt dies die Kartengesellschaften vor die Notwendigkeit, etwas für die Verbesserung der Akzeptanz zu tun: Zahlt der Kunde dafür, seine Karte europaweit oder weltweit flächendeckend einsetzen zu können, wird er ein lückenhaftes Händlernetz nicht akzeptieren. Und hier hat auch Maestro noch kräftigen Aufholbedarf. Nicht zuletzt ist auch Kreativität bei der Produktgestaltung gefragt: Auch bei der Debitkarte könnte es künftig Extras geben.

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