Weshalb hat sich die Deutsche Bank für die Einführung von Motivkarten entschieden?
Hintergrund ist der Trend zur Individualisierung, den wir in anderen Lebens- und Produktbereichen beobachten, zum Beispiel beim Auto oder beim Handy mit den Klingeltönen. Eine Bank hat ein einziges tangibles Produkt, nämlich die Karte. Deshalb eignet sich vor allem dieses Produkt für die Individualisierung. Wir haben eine sehr umfangreiche Befragung durchgeführt, inwieweit das Thema die Kunden interessiert. Dabei waren die Zustimmungsquoten relativ hoch.
50 Prozent der Befragten gaben an, die Idee generell gut zu finden.
60 Prozent bezeichneten ein solches
Produkt als einzigartig.
Auf die Frage, ob sie ein solches Produkt kaufen würden, waren die Zustimmungsquoten mit mehr als 25 Prozent immer noch überraschend hoch.
Ergänzend zur Marktforschung haben wir in unserem Trendlabor, der Filiale der Zukunft Q110 in Berlin, einen sogenannten Prepaid-Automaten aufgestellt, an dem individuell gestaltete Prepaid-Karten zum sofortigen Mitnehmen hergestellt werden können.
Hier wurde Kunden die Möglichkeit gegeben, ein Wunschfoto auf die Karte aufzubringen. Teilweise haben Mitarbeiter mit spontanen Schnappschüssen dem Kunden gezeigt, wie eine Wunsch-Kreditkarte aussehen könnte. Die Reaktionen darauf waren überaus positiv, was uns bei der Einführung dieses zusätzlichen Features bestärkt hat.
An welche Zielgruppen richten Sie sich mit den Galerie-Motiven beziehungsweise der ganz individuellen Kartengestaltung?
Die Zielgruppe ist sehr breit. Für das Thema individuelle Fotos denke ich sehr stark an Familien und/oder Menschen mit ausgeprägten Hobbys.
Bei den Galeriemotiven sind Geschäftsreisende eine wichtige Zielgruppe.
Generell ist das Thema individuelle Gestaltung vor allem etwas fürs Internet. Die Filialen haben zwar Internet-Zugang und damit die Möglichkeit, auch diesen Prozess mit dem Kunden durchzuführen. An sich ist das aber eher etwas, das man in Ruhe zu Hause ausprobiert.
Sind Motivkarten eher ein Thema zur Kundenbindung oder zur Neukundengewinnung?
Beides. Es ist sicher ein großes Thema für die Neukundengewinnung, einfach deswegen, weil es ein einfaches Produkt ist, bei dem es keine Eintrittsschwelle gibt, und weil die individuelle Kartengestaltung als Mehrwert einfach Spaß macht. Für Kunden, die bisher noch keine Kreditkarte genutzt haben, könnte dies durchaus ein Argument sein.
Genauso wichtig ist aber die Kundenbindung. Die individuelle Kartengestaltung stärkt das Gefühl, dass die Deutsche Bank nicht nur ein gutes, sondern zudem auch ein innovatives Produkt anbietet.
Die Karte gilt vielfach als das Medium zur Kundenbindung schlechthin, weil der Kunde durch sie immer wieder an seine Bank erinnert wird. Funktioniert dieser Effekt auch bei individuell gestalteten Karten, bei denen das Banklogo ganz in den Hintergrund tritt?
Bisher hatte die Deutsche-Bank-Karte unser Logo auf der Vorderseite. Bei den Galerie-Motiven, bei denen der Kunde zwischen einer Reihe professioneller Aufnahmen wählen kann, bleibt das auch so. Hier bleibt die Deutsche Bank auf den ersten Blick deutlich als Absender zu erkennen.
Bei den individuellen, vom Kunden erstellten Motiven wollen wir als Deutsche Bank in den Hintergrund treten und auf der Vorderseite nichts anderes auf der Karte zeigen als das, was wirklich zum Bezahlen gebraucht wird: das Mastercard- oder Visa-Logo, den Chip und die Identifikationsmerkmale. Das Banklogo findet sich auf der Rückseite. Das ist die konsequente Individualisierung. Der Kunde soll die Möglichkeit erhalten, das eigene Lieblingsmotiv bestmöglich zur Geltung zu bringen. Das ist auch der Wunsch, der in unseren Kundenbefragungen zum Ausdruck kam. Man kann es so sagen:
Vorne steht die Kür, hinten die Pflicht. In meinen Augen stärkt das sogar die Kundenbindung. Der Kunde hat ein emotional positives Erlebnis und verbindet das dann auch mit der Bank, von der er die Karte hat, und mit deren Leistungsspektrum - auch, wenn das Logo der Bank nur auf der Kartenrückseite steht.
Wird die Rückseite vom Kunden überhaupt wahrgenommen?
Immer häufiger. Denn jeder, der im Internet oder telefonisch einkauft, dreht die Karte um, weil er die Kartenprüfnummer auf der Rückseite braucht. Auch am Point of Sale wird die Karte zur Unterschriftsprüfung umgedreht.
Auch die Differenzierung nach Standard- und Goldkarten wird bei der Motivkarte nur noch auf der Rückseite sichtbar. Macht das die Karte für Goldkarten-Inhaber, für die die Karte ein Statussymbol ist, weniger attraktiv?
Goldkarten werden von den meisten Kunden vor allem wegen der damit verbundenen Zusatzleistungen gewählt. Natürlich gibt es auch Karteninhaber, die durch die Farbe den Status ausdrücken wollen. Dafür haben wir immer noch die goldene Karte im klassischen Deutsche-Bank-Design im Angebot.
Es ist natürlich denkbar, dass man bei den Galerie-Motiven in Zukunft zwischen Standard und Gold differenziert. Aber das muss sich erst entwickeln.
Um wie viel liegen die Herstellungskosten der Motivkarte über denen von einheitlich gestalteten Karten?
Im Pilotprojekt sind die Kosten immer etwas höher als später im Echtbetrieb. Es gibt verschiedene zusätzliche Kostenbestandteile:
Zum einen die Anforderungen an die IT. Es muss umfangreicher Datenraum zur Verfügung gestellt werden, um die Bilder abzuspeichern und Bildreferenznummern zu vergeben.
Hinzu kommt eine Bildprüfung. Schon allein rechtlich gesehen, gibt es einige harte Ausschlusskriterien. Also muss eine Instanz eingerichtet werden, die die eingelieferten Motive daraufhin prüft.
Einstweilen wird die Motivkarte zum üblichen Kartenpreis angeboten. Planen Sie nach der Einführungsphase einen Aufpreis?
Ob und wie wir das Angebot bepreisen, werden wir beobachten. Hier lohnt sich auch ein Blick in andere Lebensbereiche. Beispiel Handy-Klingeltöne: fünf sind kostenlos, weitere müssen bezahlt werden. Vielleicht könnte so etwas eine Strategie sein.
Wovon hängt es ab, ob Sie für die individuelle Gestaltung einen Preisaufschlag erheben werden? Dafür gibt es unterschiedliche Kriterien. Eines ist sicher die Nachfrage. Weitere Kriterien sind natürlich auch die Kostenimplikationen und das Nutzungsverhalten.
Wir hoffen natürlich, dass sich der emotionale Bezug beim selbst gestalteten Design positiv auf die Kartennutzung auswirkt - und da die Erträge auch umsatzabhängig sind, könnte es sein, dass eine intensivere Nutzung die Mehrkosten kompensiert. Gibt die Marktforschung Hinweise darauf, ob die Kunden für individuelle Kartengestaltung zu zahlen bereit sind?
Das ist ein schwieriges Thema. Denn wenn die Menschen gefragt werden, ob sie für etwas zu zahlen bereit sind, sagt jeder erst einmal "Nein". Ich denke, das individuelle Motiv ist auch nicht in erster Linie eine Preisfrage.
Welche Zielsetzungen haben Sie bezüglich der Kartenzahl?
Das Thema ist noch zu neu, um eine konkrete Größe bis zum Jahresende zu nennen. Die Nachfrage in den ersten Wochen übertrifft jedoch unsere Erwartungen. Und auch das informelle Feedback von Beratern ist durchweg positiv - zumal die Auswahl der Motive dem Gespräch mit dem Kunden eine lockere Atmosphäre gibt.
Grundsätzlich glaube ich, die Individualisierung ist ein wachsender Prozess. Ich glaube, dass mittel- und langfristig alle Karten individualisiert sein werden. Wie schnell sich das entwickelt, wird man abwarten müssen.
Wie verteilt sich die Nachfrage auf Galerie-Motive und individuelle Motive?
Sehr ausgewogen, wie es auch die Marktforschung vorausgesagt hat.
Das hängt zum einen damit zusammen, wofür die Karte am häufigsten eingesetzt wird: Sind es eher Geschäftsessen oder Geschäftsreisen, können die individuellen Motive zu persönlich sein; sie sind meiner Meinung nach vorerst eher für Karten geeignet, die vorwiegend in der Freizeit zum Einsatz kommen.
Der zweite Punkt ist ein unterschiedliches emotionales Involvement für solche Themen.
Und nicht zuletzt ist es gar nicht so einfach, unter den eigenen Fotos das Motiv zu finden, das man auf seiner Karte haben möchte, und dieses dann optimal auf der Karte zu platzieren. Viele Kunden landen dann ganz schnell bei den Galerie-Motiven.