Karten-Blickpunkte

ELV - Am Kundeninteresse vorbei?

In der aktuellen Datenschutzdiskussion um das elektronische Lastschriftverfahren war schnelles Handeln gefragt, wollten die Netzbetreiber nicht weiter negativ in die Schlagzeilen geraten. Immer häufiger sieht man jetzt deshalb an den Kassentheken Aufsteller von beträchtlichem Format (DIN A 4 aufwärts), auf denen die Kunden, wie von den Verbraucherschützern gefordert, in großer Schrift schon vor dem Zücken der Karte über die Verwendung ihrer Daten im Lastschriftverfahren informiert werden.

Zumindest in einem wichtigen Punkt wird damit der Form genüge getan - aber mehr als eine Formalität ist es dem Anschein nach nicht. Dem Chronisten jedenfalls ist noch kein Kunde aufgefallen, der diesen Informationen wirklich Beachtung schenkt. Ein flüchtiger Blick höchstens, der zum vollständigen Lesen nicht ausreicht, geschweige denn zu einer bewussten Aufnahme der Informationen zum Zweck der Entscheidung über die Wahl des Zahlungsmittels mit Sicherheit.

Offenbar schießen also die Datenschützer mit ihrer Annahme, dass das Zücken der Karte zum Zweck der Bezahlung nicht als Einwilligung zur Verwendung der Daten verstanden werden kann und der Kunde unbedingt mehr Vorabinformationen über das Verfahren benötigt, über das Ziel hinaus. Der Beobachter kann nicht umhin, hier Ähnliches zu vermuten, wie es beim Verbraucherschutz im Bereich Finanzdienstleistungen in jüngster Zeit immer wieder zu beobachten war: ein Trend zu zunehmender Informations- und Papierflut, ohne dass der Kunde einen großen Nutzen davon hätte.

Ähnlich ist dann vielleicht auch das Thema Scoring zu bewerten. Selbst in Bezug auf das Kreditgeschäft hat die Schufa festgestellt, dass die Verbraucher kein echtes Interesse an Scorewerten zeigen, obgleich diese immerhin Einfluss auf die Kreditentscheidung beziehungsweise die Konditionen haben. Warum, so muss man sich fragen, sollte dieses Interesse dann ausgerechnet am Point of Sale entstehen, wo das Ergebnis des Scores nicht über Akzeptanz oder Ablehnung der Karte, sondern lediglich über die Wahl des Verfahrens entscheidet?

Solange es Girocard, ELV und Mischverfahren nebeneinander gibt und die Verbraucher an beides gleichermaßen gewöhnt sind, muss sich kein Kunde negativ bewertet fühlen, wenn das Terminal PIN-Eingabe vorgibt - schließlich kann er nicht wissen, mit welchem Verfahren der Händler arbeitet, beziehungsweise welche Kriterien er dem Mischverfahren zugrundegelegt hat. Natürlich könnte man auch hierzu Offenlegung verlangen - aber welchen Kunden interessiert das wirklich?

Dass der Gesetzgeber bei den neuen Bestimmungen übers Scoring die Dienstleistungen der Netzbetreiber nicht im Blick hatte, wie Thilo Weichert im Interview anmerkt, ist durchaus wahrscheinlich. Ob man diese Bestimmungen aber unbedingt auf sie anwenden muss, ist sicher eine andere Frage. Denn die Sachverhalte und ihre Auswirkungen auf den Kunden sind doch kaum vergleichbar. Bei aller Berechtigung der Themen Verbraucher- und Datenschutz: Angesichts der Tatsache, dass die gesamte Diskussion letztlich durch einen nach Schlagzeilen gierenden investigativen Journalismus angeheizt wurde, sollte man sich davor hüten, das sprichwörtliche Kind mit dem Bade auszuschütten. Red.

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