Redaktionsgespräch mit Bernhard Schwab

"Zukunftsinvestitionen rücken erfreulicherweise wieder in den Vordergrund"

Dr. Bernhard Schwab, Foto: LfA Förderbank Bayern (Nadine Stegemann)

Die Förderbanken mussten sich in Anbetracht der Corona-Pandemie und der dadurch plötzlich geschaffenen Notlage vieler Unternehmen quasi neu erfinden beziehungsweise aufstellen und eine riesige Mammutaufgabe bei der Stützung der deutschen Wirtschaft stemmen. Das hat so weit gut geklappt, in Bayern ist man noch mit einem blauen Auge davongekommen, so der Autor. Jetzt sei es allerdings sehr wichtig, die Unternehmen wieder mehr dazu zu bewegen, in ihre Zukunftsfähigkeit zu investieren, um den digitalen und nachhaltigen Wandel vollziehen zu können. Doch erfreulicherweise würden die Zukunftsinvestitionen auch wieder vermehrt in den Vordergrund der Förderungen rücken. Viele Unternehmen seien daher schon auf einem guten Weg in Richtung Transformation und die Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung ließen sich dabei auch elegant miteinander verknüpfen. (Red.)

Herr Schwab, Corona ist noch nicht vorbei, da wirft der Ukraine-Krieg einen Schatten über die konjunkturelle Entwicklung, Lieferketten-Ausfälle, Sanktionen et cetera tun ein Übriges. Wie geht es der LfA Förderbank Bayern?

Ihre Frage möchte ich gerne so verstehen: Wie geht die LfA mit dieser Situation um und wie erfüllt sie ihren Förderauftrag. Und ich kann Ihnen sagen: Wir haben gut zu tun. Die Sicherstellung ausreichender Liquidität in den Unternehmen und die Stabilisierung in schwierigen Situationen waren unsere zentrale Aufgabe während der Corona-Pandemie. Erfreulicherweise rücken jetzt wieder verstärkt Zukunftsinvestitionen in den Vordergrund.

Unser Gesamtfördervolumen hat im Geschäftsjahr 2021 insgesamt 3,2 Milliarden Euro betragen. Das ist einer der höchsten Werte in unserer Unternehmensgeschichte. Verglichen mit 2020 gab es einen deutlichen Rückgang bei der Nachfrage nach Corona-Hilfen, der Förderschwerpunkt lag stattdessen auf Zukunftsinvestitionen. Beispielsweise stieg die Nachfrage nach dem Startkredit für Gründungen und Unternehmensnachfolgen um knapp 19 Prozent auf rund 470 Millionen Euro. Die Darlehenszusagen für Wachstumsvorhaben kleinerer und mittlerer Betriebe im Investivkredit verdoppelten sich sogar auf rund 345 Millionen Euro. Bayerns Mittelstand ist in der Corona-Krise also größtenteils mit einem blauen Auge davongekommen und schaut wieder nach vorne. Dieser positive Trend hat sich auch im ersten Quartal des neuen Jahres fortgesetzt.

Die weitere Entwicklung ist wegen des Ukraine-Kriegs kaum vorhersehbar. Wir sind in jedem Fall gerüstet, um den bayerischen Betrieben und Kommunen bei allen anstehenden Aufgaben und Herausforderungen tatkräftig zur Seite zu stehen. Dass wir im Fall des Falles bei Bedarf schnell und flexibel auf neue Entwicklungen reagieren können, haben wir mit unseren erfolgreichen Sonderprogrammen während der Corona-Krise gezeigt.

Ein bisschen mehr öffentliche Anerkennung haben sich die Förderbanken sicherlich gewünscht. Derzeit sind sie aber aus dem Wirtschaftsalltag in Deutschland nicht mehr wegzudenken und die Aufgaben nehmen immer noch zu. Wie lässt sich all das bewältigen?

Das geht nur gemeinsam! Gerade in Zeiten wie diesen ist erfolgreiche Wirtschaftsförderung für uns als Förderbank nur in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Politik, Wirtschaft und Finanzen möglich. Dazu gehören neben unserem Eigentümer, dem Freistaat Bayern, den zuständigen Ministerien, den Kammern und Verbänden ganz entscheidend auch unsere Bankenpartner. Der enge Austausch ist mir deshalb gerade jetzt besonders wichtig. Nur wenn wir die Herausforderungen der Unternehmen und Hausbanken genau kennen, können wir bedarfsgerechte und fortlaufend optimierte Förderprodukte anbieten und den Betrieben tatsächlich helfen.

Was sind für Sie mit Blick nach vorne die größten Herausforderungen, denen sich deutsche Unternehmen gegenübersehen?

Mittel- und langfristig ist das aus meiner Sicht ganz eindeutig die Umsetzung der Transformation. Vermutlich stehen wir gerade erst am Beginn eines wohl umfassenden Transformationsprozesses der Wirtschaft in Richtung Digitalisierung und Klimaneutralität. Für die Unternehmen sind damit in den kommenden Jahren hohe Investitionsbedarfe verbunden. Der Ukraine-Krieg und damit verbundene Probleme mit Energiepreissprüngen verschärfen für die Betriebe zudem den Druck, in Sachen Energieverbrauch und -versorgung zu handeln. Viele Unternehmen müssen außerdem mit neuen oder wegbrechenden Lieferketten und Absatzmärkten umgehen. Erschwerend dazu kommt ein Mangel an Fachkräften.

Das Stichwort Transformation ist schon gefallen. In der öffentlichen Diskussion um die digitale Transformation ist häufig der besorgte Hinweis zu hören, dass deutsche Unternehmen zu zurückhaltend sind.

Als Förderbank sehe ich es als unsere Aufgabe an, mit dazu beizutragen, dass unser Land ein führender Industrie- und Technologiestandort bleibt. Unser Wohlstand und die gute Stellung im globalen Wettbewerb sind aber keine Selbstläufer. Die insbesondere mit Corona und aktuell dem Ukraine-Krieg verbundenen Unsicherheiten haben dafür gesorgt, dass ein Teil, insbesondere der mittelständischen Betriebe, in den vergangenen Jahren zurückhaltender investiert hat, als es mit Blick auf die Transformation eigentlich notwendig wäre. Das betrifft auch den Einsatz innovativer Technologien. Corona hat zwar der Digitalisierung einen Schub gegeben, gerade bei komplexeren Digitalisierungsprojekten, die für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit wichtig sind, gibt es aber speziell im Mittelstand noch viel Potenzial. Viele Unternehmen handeln aber auch. Dafür spricht zum Beispiel, dass wir im vergangenen Jahr in unserer Innovationsförderung einen Anstieg um 47 Prozent verzeichneten.

Wie beurteilen Sie den Status quo beziehungsweise wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen, was den Transformationsfortschritt angeht?

Pauschal lässt sich der Transformationsfortschritt aus meiner Sicht nur schwer beurteilen. Sehr viele Unternehmen sind bereits auf einem sehr guten Weg. In Zeiten mit großen Unsicherheiten sind viele Unternehmen allerdings wie geschildert zögerlich bei langfristigen Vorhaben und Investitionen. Mit unseren Förderangeboten setzen wir deshalb auch in dem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld gezielt Investitionsanreize. Eine wichtige Rolle spielen dabei unsere Risikoübernahmen: Bei Unternehmen mit wenigen werthaltigen Sicherheiten - gerade bei kleinen und jungen Betrieben häufig ein Problem - fällt den Hausbanken eine positive Kreditentscheidung oft schwer. In solchen Fällen können wir den Hausbanken mit Haftungsfreistellungen, Bürgschaften oder Garantien einen Teil des Kreditrisikos abnehmen und den Unternehmen so Zugang zu Krediten und damit Transformationsinvestitionen ermöglichen.

Kann man die digitale Transformation eigentlich von der zweiten großen Herausforderung Klimawandel trennen oder läuft das nicht vielmehr alles parallel derzeit?

Aus meiner Sicht sind beide Megatrends tatsächlich eng miteinander verknüpft. Der zunehmende Einsatz von IT trägt mit zum Anstieg des weltweiten Energie- und Ressourcenverbrauchs bei. Gleichzeitig spielen digitale Technologien eine Schlüsselrolle beim klimagerechten Umbau von Energieversorgung, Industrie, Verkehr et cetera. Ein gutes Beispiel dafür ist der Einsatz smarter Mess-, Regelungs- und Steuerungstechnik zur Erschließung von Energieeffizienzpotenzialen in Gebäuden oder Produktionsanlagen. Wir sollten die digitale Transformation und den Kampf gegen den Klimawandel deshalb nicht losgelöst voneinander behandeln, sondern zusammenführen. Das machen wir auch bei unseren Förderangeboten. Beispielsweise fördern wir im Rahmen unseres im Mai eingeführten Kreditangebots Energiekredit Regenerativ auch Maßnahmen zur Digitalisierung der Energiewende.

Sie haben gerade den neuen Energiekredit Regenerativ angesprochen. Warum jetzt dieses neue Förderprogramm? Und welche Art von Vorhaben lassen sich damit finanzieren?

Die nachhaltige Förderung energiespezifischer Investitionen und erneuerbarer Energien ist schon lange ein Schwerpunkt unserer Fördermaßnahmen. In den kommenden Jahren werden sich die Erzeugung, der Transport und der Verbrauch von Energie ändern. Der Ukraine-Krieg hat uns vor Augen geführt, wie wichtig der Ausbau heimischer und erneuerbarer Energien sowie die Schaffung zusätzlicher Speicher für die Energieversorgungssicherheit sind. Solarenergie, Wasserkraft, Windräder, Erdwärme oder andere nachhaltige Energien leisten auch einen entscheidenden Beitrag dazu, die Abhängigkeit von Importen und fossilen Energieträgern zu senken. Erneuerbare Energien stärken so auch die Versorgungssicherheit der heimischen Wirtschaft. Die Betriebe können mit selbst erzeugtem Strom auf die Dauer zudem ihre Energiekosten senken und sind weniger stark von der Entwicklung der Energiepreise betroffen.

Mit dem neuen Energiekredit Regenerativ und Energiekredit Regenerativ Plus erleichtern wir Unternehmen deshalb Investitionen zur Strom-, Wärme- und Kälteerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien. Im Rahmen des Kreditprogramms fördern wir zudem Investitionen in Speichersysteme für Strom, Wärme und Kälte aus regenerativen Energien und Maßnahmen zur Flexibilisierung von Stromnachfrage und -angebot, wie betriebliches oder überbetriebliches Lastmanagement, um flexible Lasten für das Stromversorgungssystem nutzbar zu machen. Der neue Förderkredit steht allen Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis einschließlich 500 Millionen Euro sowie Freiberuflern zur Verfügung. Antragsberechtigt sind außerdem Bürgerenergiegenossenschaften, die beim Ausbau der regenerativen Energien vor allem im ländlichen Raum eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.

Neben erneuerbaren Energien ist die Reduzierung des Energieverbrauchs ein wichtiger Hebel für die Energiewende. Wie unterstützen Sie die Unternehmen dabei?

Für diesen Zweck stellen wir den bayerischen Unternehmen weiterhin unsere bewährten Förderdarlehen zur Verfügung, die auf eine Verbesserung der Energieeffizienz abzielen. Mit dem Energiekredit und dem Energiekredit Plus lassen sich Investitionen in energieeffiziente Produktionsanlagen und -prozesse sowie Maschinen zinsgünstig finanzieren. Voraussetzung für eine Förderung ist eine Verbesserung der Energieeffizienz von 10 (Energiekredit) beziehungsweise 30 Prozent (Energiekredit Plus).

In vielen gewerblich genutzten Gebäuden schlummern ebenfalls beachtliche Einsparpotenziale. Für entsprechende Investitionen bieten wir den Energiekredit Gebäude an. Neben der energetischen Sanierung von gewerblich genutzten Gebäuden fördern wir mit dem Programm auch energieeffiziente Neubauten. Der Energiekredit Gebäude ergänzt dabei die Zuschussförderung auf Basis der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Auf diese Weise können die Betriebe dauerhaft ihre Energiekosten senken, sich die vorteilhaften Konditionen für lange Laufzeiten und Zinsbindungen sichern und gleichzeitig von der Zuschussförderung des Bundes profitieren.

Darf man bald mit weiteren neuen Programmen rechnen, oder lässt sich die Transformationsförderung mit dem bestehenden Instrumentarium wie dem neu aufgelegten "Transformationsfonds Bayern" bewerkstelligen?

Ein Großteil der im Zusammenhang mit der Transformation erforderlichen Investitionen lässt sich tatsächlich bereits über unsere aktuellen Programme finanzieren. Eine zentrale Rolle kommt dabei auch dem angesprochenen neu aufgelegten "Transformationsfonds Bayern" zu. Die Nachfrage nach Engagements mit Mitteln aus dem Fonds nimmt nach Corona inzwischen deutlich an Fahrt auf. Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage weiter steigt. Davon abgesehen prüfen wir unsere Produktpalette fortlaufend auf Optimierungsmaßnahmen. Dabei ist uns aber daran gelegen, die Anzahl der Produkte überschaubar zu halten und Verbesserungen so weit möglich im Rahmen bestehender Programme umzusetzen. So haben wir im April beispielsweise unseren Startkredit und den Investivkredit an die neue KfW-Mittelstandsfinanzierung angepasst und die beiden bisherigen Teilprogramme des Ökokredits zu einem neuen Produkt zusammengefasst.

Wie weit ist es mit dem digitalen Fördererlebnis bei der LfA? Haben Sie da noch Hausaufgaben zu erledigen? Wie eng muss dabei die Zusammenarbeit mit den "Hausbanken" der Unternehmen sein?

Damit wir den Unternehmen die Transformation erleichtern können, müssen wir uns natürlich auch selbst wandeln. Wir investieren kontinuierlich in unsere IT-Architektur und gehen den bereits eingeschlagenen Weg zur Verschlankung und Digitalisierung unserer Prozesse - in Abstimmung mit unseren Partnerbanken - konsequent weiter. Nicht zuletzt mit Blick auf den hohen Kostendruck im Bankgewerbe möchten wir, dass unsere Förderangebote noch einfacher und kosteneffizienter über die Hausbanken beantragt werden können. Im Zentrum stehen dabei automatisierte, rasche und effiziente Zusageverfahren für unsere Bankenpartner.

Den ersten vollautomatisierten Antragsund Zusageprozess konnten wir unseren Bankenpartnern bereits 2020 zur Verfügung stellen. Im ersten Halbjahr 2022 haben wir unseren Partnerbanken außerdem auch für unseren Universalkredit ein automatisiertes Zusageverfahren ermöglicht. Die Ausweitung auf weitere Förderprodukte ist geplant. Zudem prüfen wir mögliche Automatisierungen bei der weiteren Bestandsbearbeitung bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehen. Auch an anderer Stelle wird das Fördererlebnis immer digitaler. Beispielsweise informieren unsere Förderberater mittlerweile auch per Videoberatung über unsere Angebote. Für unsere Kunden und Partner sind wir natürlich trotzdem auch weiterhin - etwa auf unseren bayernweiten Beratungstagen - persönlich greifbar.

Welche Rolle spielen die Unternehmen der LfA-Gruppe Bayern Kapital und BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft bei der Aufgabe der Transformation?

Für die Umsetzung der Transformation ist neben Darlehen und Risikoentlastungen in vielen Fällen die Stärkung der Eigenkapitalbasis notwendig. Kredite allein werden nicht ausreichen. Wir stellen deshalb sowohl den Gründerinnen und Gründern als auch den mittelständischen Unternehmen in Bayern für jede Entwicklungsphase Risikokapital bereit. Über die Unternehmen aus der LfA-Gruppe wie die Bayern Kapital GmbH, die angesprochene Transformationsfonds Bayern GmbH & Co KG und die BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH gibt es für jede Entwicklungsphase eines Unternehmens passende Angebote. Das reicht unter anderem von Beteiligungskapital für frühe Unternehmensphasen über Beteiligungen für Wachstumsvorhaben von sogenannten Scale-ups bis hin zu Mezzaninekapital für den Mittelstand. Den Risikokapitalangeboten kommt bei der Umsetzung der Transformation also eine wichtige Rolle zu.

Was werden künftig die Schwerpunkte in der Förderarbeit der LfA Bayern sein?

Kern ist auch in Zukunft unser gesetzlicher Förderauftrag zur Stärkung der Wirtschafts-, Verkehrs- und Umweltstruktur in Bayern. Dieser Auftrag gilt. Bei der Umsetzung orientieren wir uns an aktuellen Entwicklungen, nur so kann unsere Förderung ihre Wirkung entfalten. In den kommenden Jahren wird unsere Hauptaufgabe aus meiner Sicht wie geschildert die Unterstützung der bayerischen Wirtschaft bei der Transformation in Richtung Digitalisierung und Klimaneutralität sein. Alle unsere Förderangebote stehen deshalb immer wieder auf dem Prüfstand, ob sie diesem Anspruch auch gerecht werden.

Dr. Bernhard Schwab , Vorsitzender des Vorstands , LfA Förderbank Bayern
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