Redaktionsgespräch mit Eckhard Forst

"Die Förderbanken sind derzeit Krisenhelfer und Transformationsmotor zugleich"

Eckhard Forst, Foto: VÖB, e. V.

Der Präsident des VÖB sieht eine wichtige Aufgabe der Förderbanken darin, gerade in unsicheren Zeiten Unternehmen und Kommunen mit geeigneten Förderinstrumenten zur Seite zu stehen und die Kunden kompetent zu beraten. Derzeit sieht er die Förderbanken gleichzeitig in der Rolle als Krisenhelfer und Transformationsmotor. Allerdings weist Forst darauf hin, dass der Staat nicht alle Belastungen übernehmen könne. Die politische Diskussion um die künftigen Förderschwerpunkte habe daher auch nochmal an Intensität zugenommen. Er ruft dazu auf, keine weiteren aufsichtsrechtlichen Verschärfungen vorzunehmen, wenn die Förderbanken ihr Fördergeschäft ausbauen sollen. Eine besonders große politische und wirtschaftliche Aufgabe sei die Digitalisierung und Ausstattung der Bildungseinrichtungen, wenngleich die Dekarbonisierung der Wirtschaft weiterhin das wichtigste Thema bleibe. Forst ruft jedoch dazu auf, die soziale Dimension der Nachhaltigkeit nicht zu vergessen. Dazu gehöre die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums ebenso wie die Förderung des sozialen Unternehmertums. (Red.)

Herr Forst, nach zwei Jahren Corona sorgt nun ein Krieg auf dem europäischen Kontinent für große Gefahren. Wie schätzen Sie die Folgen für die europäische und deutsche Wirtschaft ein?

Die Bilder von Tod und Zerstörung in den Städten machen mich tief betroffen. Das ist eine menschliche Katastrophe und ein Ende der Kampfhandlungen ist bedauerlicherweise noch nicht abzusehen. Die ökonomischen Folgen des Krieges spüren wir deutlich: Die deutsche Wirtschaft bleibt im Krisenmodus. Seit zwei Jahren stemmen wir uns gemeinsam gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona- Pandemie. Und auch jetzt stehen die öffentlichen Banken während des Ukraine-Krieges erneut als starker Partner an ihrer Seite.

Die Europäische Investitionsbank und die KfW wollen EU-Länder bei der Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen mit einer Soforthilfe finanziell unterstützen. Insgesamt sollen dafür in diesem Jahr mindestens zwei Milliarden Euro vergeben werden. Mit der Soforthilfe sollen in Zusammenarbeit mit Regionen und Kommunen Unterkünfte bereitgestellt und die Integration gefördert werden.

Eine wichtige Aufgabe der Förderbanken besteht darin, den betroffenen Unternehmen und Kommunen mit geeigneten Förderinstrumenten zur Seite zu stehen und ihre Kunden kompetent zu beraten. Besonders in unsicheren Zeiten tragen die öffentlichen Banken damit zur Stabilität der Wirtschaft und des Finanzsystems bei. Die Förderbanken sind derzeit Krisenhelfer und Transformationsmotor zugleich.

Zu der sich verfestigenden und sogar weiter steigenden Inflation kommt nun noch ein spürbar geringeres Wirtschaftswachstum hinzu: Bereitet Ihnen dieses Szenario große Sorgen? Warum handelt die EZB nicht?

Die Teuerung hat weltweit massiv angezogen, der Inflationsdruck dürfte hoch bleiben und das nährt die Annahme, dass die Notenbanken bald die Zinsen anheben und keine Wertpapiere mehr ankaufen. Die Fed hat bereits mehrmals ihre Leitzinsen erhöht, und das auch recht kräftig.

Auch die Europäische Zentralbank wird ihren Auftrag, stabile Preise zu gewährleisten, ernst nehmen. Wir vertrauen darauf, dass die EZB eine Entscheidung für einen verlässlichen Ausstiegsplan und konkrete erste Schritte aus der expansiven Geldpolitik bald fällen wird.

Die Bundesregierung denkt erneut über Hilfen für vom Ukraine-Krieg direkt und indirekt betroffenen Unternehmen nach. Was hießen neue Hilfsmaßnahmen für die Förderbanken? Kommen hier neue Programme auf uns zu?

Zahlreiche Unternehmen sind durch den Ukraine-Krieg und der spürbaren Inflation deutlich unter Druck geraten. Diesen zu helfen, ist eine elementare und wichtige Aufgabe. Aber wir müssen uns auch klarmachen, dass der Staat nicht alle Belastungen übernehmen und ausgleichen kann. Aber der Staat kann Unternehmen dabei unterstützen, sich innovativ aufzustellen und zum Beispiel die notwendige Transformation zu meistern.

Wenn es politisch gewünscht wird, können wir hierfür das Fördergeschäft noch stärker ausbauen. Technisch haben wir in den vergangenen zwei Jahren gelernt, wie das bei zahlreichen von Bund und Ländern aufgelegten Hilfsprogrammen gehen kann. Die Förderbanken haben zwischenzeitlich weit über 200 zusätzliche Fördermaßnahmen realisiert. Angefangen bei den Bundeszuschüssen über verschiedenste Zuschüsse der Länder bis hin zu Sonderkreditprogrammen, Haftungsübernahmen und speziellen Eigen kapitalangeboten.

Wichtig ist mir aber, dass wir die Verabschiedung neuer Hilfsmaßnahmen unter einem ganzheitlichen Ansatz sehen und sinnvoll bereits bestehende Förderungen bündeln und transparent machen. Nur ein "Mehr von allem" wird nicht erfolgreich sein. Dabei ist eine umfassende Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen und Instrumenten ausschlaggebend, denn sie müssen von einem breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens getragen werden. Nur gemeinsam können wir die großen Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft und damit auch unsere Wirtschaft steht, bewältigen.

Dafür brauchen wir klare Festlegungen der Politik: Wer sind die wichtigsten Zielgruppen? Wer soll wie stark begünstigt werden? Wie lange sollen wir unterstützen? Und, insbesondere wenn Zuschusskomponenten dabei sind, wie kann man die beihilferechtlichen Regelungen einhalten?

Welche Voraussetzungen muss die Regierung schaffen, damit die Förderbanken ihr Geschäft ausweiten können?

Die politische Diskussion um die künftigen Schwerpunkte der Förderstrategie von Bund und Ländern hat - vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, der neuen Regierung und des Ukraine-Krieges - noch einmal an Relevanz und Intensität gewonnen.

Damit Förderbanken ihr Geschäft ausweiten können, sollten keine weiteren aufsichtsrechtlichen Verschärfungen vorgenommen werden. So wird beispielsweise nach aktuellem Stand im Rahmen der europäischen Umsetzung des Baseler Rahmenwerks die Eigenkaptalunterlegung für im Hausbankverfahren über ungeratete Banken durchgeleitete Förderkredite erheblich ansteigen. Diese Verschärfungen gilt es zu vermeiden.

Bei aller Freude um die deutlich gestiegene Wertschätzung für diese besonderen Institute: Werden die Förderbanken mit all den Aufgaben nicht ein bisschen überfordert?

Ich glaube, dass genau dies eine wichtige und zentrale Aufgabe von Förderbanken ist. Sie sind nicht nur Krisenhelfer, sondern gestalten Zukunft. Das von der Ampelkoalition angestrebte "Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen" ruft nach der aktiven Unterstützung der deutschen Förderbanken. Für uns ist es daher folgerichtig, dass die Politik beim notwendigen Umbau der Wirtschaft verstärkt auf die öffentlichen Banken setzen möchte. Mit Blick auf die bevorstehende Transformation sind Förderbanken mit ihren Strukturen und bewährten Finanzinstrumenten die geeigneten Akteure.

Durch die gezielte Vergabe von Fördermitteln und Beratungsangeboten sowie durch ihr Knowhow treiben sie den Umbau von Unternehmen und Organisationen voran. Sie können den Strukturwandel begleiten und die Investitionen in zukunftsfähige Technologien und Geschäftsmodelle unterstützen, die gleichzeitig innovativ sind und die Umwelt schonen.

Das bedeutet natürlich auch, dass sie selbst intern bestmöglich für diese Aufgaben aufgestellt sind. Die Transformation zu einer nachhaltigeren, digitalen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft muss gesellschaftlich akzeptiert und bestmöglich sozialverträglich erfolgen. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer mitgenommen werden müssen, beispielsweise durch verbesserte Bildungsmaßnahmen und Umschulungen entlang der Sektorpfade der Industrie. Hierauf werden wir ebenfalls ein besonderes Augenmerk setzen.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für diese Institutsgruppe: In der eigenen Transformation, die sowohl digital als auch nachhaltig schnell Fortschritte zeigen sollte oder in der Begleitung der Wirtschaft bei der Transformation?

Herausforderungen sind da, um sie zu meistern. Wichtig ist, dass die Förderbanken des Bundes und der Länder hierfür die geeigneten Akteure sind. In den Förderbanken selbst gibt es bereits ein großes Bekenntnis zur Nachhaltigkeit. Sie liegt in ihrer DNA, da sie Teil ihres gesellschaftlichen Auftrages ist. Sie fördern in außerordentlichem Maße nachhaltige Projekte, Organisationen und Unternehmensgründungen. Gleichzeitig richten sie sich vermehrt anhand nachhaltiger Kriterien aus.

Öffentliche Banken sind selbst schon längst Treiber der Digitalisierung - und das in zweierlei Hinsicht: Durch speziell ausgerichtete Förderprogramme und Darlehen helfen die Förderbanken des Bundes und der Länder bei der digitalen Transformation.

Neben der Förderung der Digitalisierung der Wirtschaft stellen sich Förderbanken auch dem eigenen notwendigen Transformationsprozess und den damit verbundenen Herausforderungen. So arbeiten sie intensiv an der Digitalisierung ihres Angebots - von der ansprechenden Online-Präsenz bis zur vollständigen digitalen Abwicklung von Förderprogrammen und Kreditvergaben.

Institute bauen eigene Plattformen auf, implementieren digitale Finanzinnovationen, kommunizieren über digitale Schnittstellen mit Finanzierungspartnern und kooperieren mit Fintechs. Durch den höheren Digitalisierungsgrad konnten die öffentlichen Banken die stark gestiegene Zahl von Anfragen und Anträgen während der Corona-Pandemie effizient und zügig bearbeiten.

Gibt es eine Herausforderung, welche für Sie ein besonderes Anliegen ist?

Als eine besonders große politische und wirtschaftliche Aufgabe erweist sich die Digitalisierung und Ausstattung der Bildungseinrichtungen, denn im Bildungssektor besteht ein immenser Investitionsbedarf. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie schlägt die Einrichtung von "Öffentlichen Investitionsgesellschaften" durch Bund und Länder vor. Doch wir können uns diesen Aufwand zur Gründung neuer Institutionen sparen. Die Förderbanken zeigen sich auch im Bildungsbereich als aktive Gestalter des digitalen Wandels.

Zum einen setzen sie den von der Bundesregierung bestehenden "Digital Pakt Schule" seit 2019 effektiv um. Zum anderen bieten sie darüber hinaus zahlreiche Programme gespeist aus Mitteln von EU, Bund und Land, um Schulen, Universitäten und weitere Bildungseinrichtungen nicht nur zu digitalisieren, sondern grundsätzlich modern aufzustellen.

Um ein Beispiel zu nennen: Ein Institut, das sich die Förderung von Bildungseinrichtungen seit Jahren auf die Fahnen geschrieben hat, ist die Sächsische Aufbaubank - Förderbank (SAB). In den vergangenen zwei Jahren hat die SAB im Rahmen des "Digital Pakts Schule" knapp 327 Millionen Euro Fördermittel an Schulen und weitere Bildungsträger ausgereicht. Mit diesen Ressourcen wurden Schulen an die digitale Infrastruktur angeschlossen, Räume mit interaktiver Technik ausgestattet und digitale Geräte für Lehrer und Schüler angeschafft.

Und auch darüber hinaus unterstützt die SAB mit Programmen für zum Beispiel "digitalgestützte Lernwerkzeuge in der beruflichen Aus- und Weiterbildung" die digitale Entwicklung des Bildungssektors im Freistaat Sachsen. Ich könnte aber noch zahlreiche andere Bildungs-Player unter den Förderbanken wie WI Bank, L-Bank und ILB mit speziellen Förderprogrammen zur Umsetzung des "Digitalpakts Schule" aufzählen.

Wir als Verband der öffentlichen Banken haben gerade zusammen mit weiteren Wirtschaftsverbänden und Kommunen einen Aufruf zur "Initiative nachhaltige Infrastruktur in Deutschland" gestartet. Hier wollen die Europäische Union, Bund und Länder den wirtschaftlichen Neustart mit milliardenschweren Investitionsprogrammen in eine nachhaltige und digitale Infrastruktur vorantreiben.

Unser wichtigstes Thema ist im Moment aber, den Einsatz kohlenstoffhaltiger Energieträger in der Wirtschaft so weit wie möglich zurückzudrängen. Jedes weitere Jahr ohne entschiedene Lösungen macht die Aufgabe noch größer, beziehungsweise schwieriger und teurer. Darüber hinaus zeigt der Krieg in der Ukraine, wie wichtig es ist, die Energiewende von Abhängigkeit zu befreien, möglichst schnell voranzubringen und Innovationen zu entwickeln, mit denen Unternehmen energieeffizienter produzieren und damit Ressourcen und Kosten senken können. Ich sehe hier eine große Chance, dass Wachstum und Klimaschutz Hand in Hand gehen. Unternehmen, die jetzt investieren, können ihre Position im internationalen Wettbewerb ausbauen.

Gehört nicht noch mehr zur Nachhaltigkeit: Was ist mit der sozialen Dimension? Unterstützen die Förderbanken auch soziale Unternehmer?

Seit jeher sind in den Nachhaltigkeitszielen im Fördergeschäft nicht nur die ökologischen Aspekte, sondern auch die ökonomischen und die soziale Dimension fest verankert. Dazu gehört die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum, bei denen Förderbanken eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht den Bau oder die Modernisierung von Mietwohnungen oder Eigentum zu finanzieren.

Die soziale Dimension umfasst aber auch die Förderung des sozialen Unternehmertums. Unternehmerisches Denken mit einem sozialen Mehrwert - das zeichnet soziales Unternehmertum aus. Hier bedarf es eines vertieften Engagements der Förderbanken, denn die unternehmerische Lösung aktueller sozialer Herausforderungen wird eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung vorantreiben.

Das Spektrum der Fördermaßnahmen muss noch stärker auch für soziale Unternehmen zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus bedarf es einer Anpassung der Fördervoraussetzungen per se, um auch die Gründung sozialer Unternehmen durch begleitende Förderfinanzierungen zu ermöglichen. Denn soziale Unternehmen haben nicht die Gewinnmaximierung im Fokus, sondern haben andere Geschäftsziele.

Und die Förderwirkung bedarf dabei einer mehr als nur monetären Bewertung. Gefragt sind zukünftig auch spezielle Transformations- und Impactfonds, die in soziale Geschäftsmodelle und Lösungen investieren. Sie zählen auch zu den förderpolitischen Ansätzen der aktuellen Bundesregierung. Diese Fonds bedürfen einer adäquaten Mittelbereitstellung von Bund und Ländern und sollten stets auch private Investoren einbeziehen. Ihre Umsetzung sollte über die bewährten Förderbankenstrukturen erfolgen.

Die Transformation muss an Fahrt aufnehmen, sagt die Bundesregierung. Werden die Förderbanken stärker auf Hebel setzen, um mehr private Investoren zu ermuntern?

Die neue Bundesregierung hat bekräftigt, dass sie mehr privates Kapital für Transformationsprojekte aktivieren möchte. Die Förderbanken des Bundes und der Länder können mit öffentlichen Krediten und Zuschüssen sehr viel anstoßen. Private Investoren wird man für eine Kofinanzierung nur dann gewinnen können, wenn sie mit ihrem Kapital Geld verdienen können. Das heißt, für sie müssen die richtigen Förderanreize gesetzt werden, damit diese sich engagieren.

Aber das ist ja durchaus möglich. Schließlich gibt es weltweit Bedarf an Innovationen und Erfindungen für eine nachhaltige, klimaneutrale und wettbewerbsfähige Transformation - auch wenn dieser Bedarf noch nicht überall identifiziert ist. Es kann daher gelingen, Umweltwirtschaft - und das ist mehr als nur Umwelttechnik - zu einer neuen deutschen Leitindustrie zu entwickeln, sofern die ESG-Ziele so gestaltet werden, dass man nachhaltige und profitable Geschäftsmodelle betreiben kann.

Übertreibt die Regulierung mit Forderungen nach nur noch grünen Finanzierungen? Besteht dadurch nicht die Gefahr, dass eigentlich gesunde Unternehmen in diesem Prozess alleingelassen werden und keine Finanzierungen mehr bekommen?

Die Portfolios der öffentlichen Institute bilden auch immer einen Querschnitt der Realwirtschaft ab. Das liegt an unserem öffentlichen Auftrag, denn anders als Privatbanken haben wir einen Förderauftrag in den hiesigen Regionen zu erfüllen. Durch Nachhaltigkeitsleitlinien, die sich nicht nur die NRW Bank gegeben hat, werden die Portfolios aber immer stärker an grüne Kriterien angepasst. Wichtig ist mir an der Stelle, dass wir nicht nur über ökologische, sondern immer auch über soziale und ökonomische Nachhaltigkeit sprechen.

Als verlässlicher Finanzierungspartner begleiten wir unsere Kunden auch auf dem Transformationsweg zu grünen Finanzierungen. Hier gilt der "Best in Progress"- Ansatz. So werden jene gefördert, die jetzt zwar noch nicht einer nachhaltigen Definition entsprechen, aber über eine gute Strategie verfügen und konkrete Maßnahmen ergreifen, ihr Geschäftsmodell nachhaltig auszurichten. Die neue Regierung setzt auf eine sozial-ökologische Marktwirtschaft - das ist auch unser Zielbild.

Ist die Taxonomie dafür zu kompliziert?

Mit der EU-Taxonomie wurde erstmals ein neuer und einheitlicher Ansatz der Definition von Nachhaltigkeitsanforderungen auf den Weg gebracht. Weg von der Unternehmensbewertung, hin zur Betrachtung einzelner Wirtschaftsaktivitäten. Die Taxonomie ist ein Klassifikationswerkzeug, welches noch in den Anfängen steht. Ob wir die Taxonomie auch erfolgreich einsetzen und anwenden, hängt aber auch davon ab, wie praktikabel die Taxonomie ausgestaltet ist, insbesondere wie die umfangreichen Datenanforderungen erfüllt werden können.

Darüber hinaus ist der ganzheitliche Ansatz der Förderbanken in der Taxonomie nicht abgebildet. Neben grünen Projekten finanzieren Förderbanken vor allem auch viele soziale Projekte. Ich sagte bereits, wie wichtig zukünftig auch soziales Unternehmertum für die Gesellschaft sein wird. Dies wird in der sogenannten Green Asset Ratio nicht abgebildet. Wir brauchen also dringend ein weiteres Bild.

Außerdem berücksichtigt die Taxonomie in ihrer Systematik das deutschlandspezifische sogenannte Durchleitungsgeschäft von Förderdarlehen nur unzureichend. Denn obwohl die im Sinne der Taxonomie nachhaltige Verwendung der durchgeleiteten Mittel bekannt ist, kann dies in der Berechnung der geforderten Kennzahlen aufgrund der indirekten Vertragsbindung zum Endkreditnehmer nicht berücksichtigt werden.

Hier ist der EU-Regulator in der Pflicht, um die besondere Rolle der Förderbanken als Unterstützer der Transformation auch bei der Nutzung der Taxonomie zu berücksichtigen. Ein vergleichbarer und ambitionierter europäischer Nachhaltigkeitsstandard wäre natürlich ein Gewinn für die Märkte, auch wenn dies zu Beginn einen enormen regulatorischen Aufwand bedeutet.

Stellen die hohen Anforderungen nach Basel III ein Risiko für den Finanzierungsprozess der Transformation dar?

Damit die Förderbanken des Bundes und der Länder ihrer bedeutenden Rolle bei der Transformationsfinanzierung weiterhin uneingeschränkt nachkommen können, sollte dem risikoarmen Geschäftsmodell bei Fragen des Aufsichtsregimes und des Regulierungsrahmens auch Rechnung getragen werden. Ein Beispiel hierfür ist Basel III.

Wir unterstützen grundsätzlich die Absicht der Koalition, Basel III mit allen seinen zentralen Elementen umsetzen zu wollen. Allerdings drohen hier beispielsweise Einschränkungen durch die vorgeschlagene Behandlung von Krediten an ungeratete Hausbanken. Entsprechend wichtig ist es, dass die Fördertätigkeit der Förderbanken im Zuge der Basel-Finalisierung nicht zusätzlich belastet wird.

Was wird das Jahr 2022 für die Förderbanken besonders prägen?

Als ein großer Teil des Wirtschaftskreislaufes werden die Förderbanken von der Krisenzeit mit den wachsenden Aufgaben und Initiativen sehr geprägt. Die Pandemie und der Ukraine-Krieg haben aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich sehr betroffen gemacht. Entscheidend wird sein, dass uns auch in unsicheren Zeiten die Transformation zu einer nachhaltigeren, digitalen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft gelingt.

Eckhard Forst , Präsident, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, e. V., Berlin
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