Finanzaufsicht

Neue Besen kehren gut

Gary Gensler ist in der Finanzbranche ein durchaus bekannter Name. Sein Handwerk hatte er bei Goldman Sachs gelernt, bevor er gegen Ende des vergangenen Jahrtausends in die Politik wechselte. Im Jahr 2009 ging er zur Commodity Futures Trading Commission (CFTC) und wirkte dabei unter anderem am Dodd-Frank Act mit, der die Finanzmarktstabilität fördern sollte. Später half er, die britische Großbank Barclays der Libor-Manipulation zu überführen.

Seit April 2021 ist Gensler nun auf Betreiben des US-Präsidenten Joe Biden Chef der amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC). Nachdem es anfangs noch recht ruhig blieb, werden er und seine Behörde nun immer aktiver. Dabei sind es gleich mehrere Themen, die ihn umtreiben. In einer Rede vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlamentes wies Gensler darauf hin, dass die SEC an "dutzenden Projekten" arbeite.

Laut dieser Rede sorgt sich Gensler sehr, ob die "neue" Finanzwelt auch wirklich immer im Sinne des Kunden agiert und ob durch die "Digital Engagement Practices" - beispielsweise vorhersagende Analysen - der Fintechs und Co auch Fairness beim Zugang und beim Pricing sichergestellt ist. Sicherlich ein Thema, bei dem Banken hellhörig werden. Nicht selten hört man hier den Vorwurf eines unfairen Wett bewerbs, der auch vor allem in der weniger strangulierenden Regulierung begründet wird.

Oder das Beispiel Kryptowährungen, denen er grundsätzlich eher positiv gegenübersteht. Seine Vorlesungen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zum Thema wurden auf Youtube millionenfach gesehen. Doch macht das seine Androhung, dass die Branche Regulierung brauche, umso wirkungsvoller. Viele Asset Manager und Institute liebäugeln damit, im Kryptomarkt mitzumischen. Manche sind schon kräftig dabei. Doch nach wie vor zeigen die Kurse monströse Schwankungen und bleiben halbseidene Marktteilnehmer eine Gefahr für die Reputation. Das zeigte zuletzt das Beispiel El Salvador, das den Bitcoin als erstes Land als offizielles Zahlungsmittel eingeführt hatte - kurz darauf brach der Bitcoin zeitweise um beinahe 20 Prozent ein. Mit seinem Vorstoß, in den Markt regulatorisch einzugreifen, handelt Gensler zwar auch im Sinne der klassischen Finanzindustrie. Aber es dürfte im ureigenen Interesse der Kryptosekte sein, sofern sie daran interessiert ist, dauerhaft ernst genommen zu werden.

Ein weiteres Thema ist das "Greenwashing" von Fondsgesellschaften. Die SEC wird die aktuelle Praxis der Gesellschaften prüfen und Empfehlungen aussprechen, in wieweit Fondsmanager ihre Kriterien und zugrunde liegenden Daten für die Nachhaltigkeitseinstufung offenlegen sollten. Gerüchte weise ermittelt die SEC dabei bereits gegen die Fondstochter der Deutschen Bank, die ohnehin in der Kritik steht, wegen des Vorwurfs des Greenwashings. Das hat wohl in anderen europäischen Gesellschaften zu hektischen internen Überprüfungen geführt.

Aufgescheucht dürfte auch noch ein anderer Teil der Finanzwelt sein: die Neobroker. In einem Interview mit der US-Finanzzeitung Barron's sagte Gensler, dass ein Verbot des Payment-for-orderflow-Geschäftsmodells der Neobroker "auf dem Tisch liege". Denn er hat den dieser Praxis inhärenten Interessenkonflikt erkannt. Da er sich in einem öffentlichen Statement zu dem Thema auch kritisch zu der "Gamification"-Problematik - die spielerische Heranführung unerfahrener Anleger an den Markt, auch ein Problem der Neobroker - äußerte, darf vermutet werden, dass der Szene härtere Zeiten bevorstehen.

Wie man sieht, arbeitet sich die SEC unter der neuen Führung an einem breiten Strauß von Themen ab, die alle große Wichtigkeit besitzen, aber in der Finanzwelt für das ein oder andere Stöhnen sorgen werden. Gensler schärft damit das Profil seiner Behörde deutlich. Auch die deutsche Aufsichtsbehörde Ba-Fin hat eine neue Führung bekommen. Nicht nur die angesprochenen Themen bieten ihr ebenfalls die Möglichkeit der Profilierung. Man darf gespannt sein.

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