Banken

Kreditgeschäft wird interessant

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Ukraine-Krieg, geopolitische Spannung, Handelskonflikte, Neuordnung der globalen Arbeitsteilung, Inflation, Zerrissenheit in Europa, Zinserhöhungen, Lohnspirale, hohe Energie- und Materialkosten, Lieferengpässe ... die Liste könnte mühelos fortgeschrieben werden. Für Unternehmen wachsen die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten permanent an. Das sorgt für Zurückhaltung. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 25000 Unternehmen erwartet ein Drittel der befragten Firmen eine Verschlechterung der Geschäfte in den nächsten zwölf Monaten. Lediglich 19 Prozent rechnen mit verbesserten Aussichten. Noch düsterer sind die Prognosen in der Industrie: Hier sind es sogar 37 Prozent der Unternehmen, die in den kommenden Monaten mit schlechteren Geschäften rechnen. Für die Banken und Sparkassen in Deutschland heißt das, die Unternehmensfinanzierung, die mehr als ein Jahrzehnt nur eine Richtung kannte, nämlich nach oben, wird plötzlich wieder interessant.

Noch fragen die Unternehmen in Deutschland in steigendem Umfang Kredite nach. Nachdem die KfW für ihren Kreditmarktausblick im vierten Quartal nach vier Quartalen mit Rückgängen, einen sprunghaften Anstieg der Kreditvergabe an deutsche Unternehmen um 8,2 Prozent verzeichnete, setzt sich dieser Trend auch in den ersten Monaten des laufenden Geschäftsjahres noch fort. Laut Bank Lending Survey der Deutschen Bundesbank stieg die Kreditnachfrage auch im ersten Quartal weiter an, vor allem kleine und mittlere Unternehmen suchten mehr und vor allem längerfristige Finanzierungen. Insgesamt erreichte das ausstehende Kreditvolumen von Unternehmen und Selbstständigen laut Zahlen der Deutschen Bundesbank zum Ende des ersten Quartals einen neuen Höchststand.

Das könnte sich im weiteren Jahresverlauf aber ändern. Zum einen haben viele Institute ihre Kreditvergabestandards bereits leicht verschärft, um den gestiegenen Risiken Rechnung zu tragen. So ist laut KfW die Kredithürde für Großunternehmen um 6,2 Prozentpunkte auf 14,2 Prozent deutlich angestiegen. Besonders betroffen waren die in die internationale Arbeitsteilung stark eingebundenen Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes. In diesem Wirtschaftsbereich hat sich laut KfW der Anteil der Unternehmen, die ein restriktives Bankverhalten wahrnahmen, binnen eines Quartals mehr als verdoppelt. Hinzu kommen steigende Preise für Kredite, da die nun für Juli konkretisierte Zinserhöhung um 25 Basispunkte von den Märkten längst vorweggenommen wurde. Sollten weitere, spürbare Zinsschritte der EZB in kurzer Zeit folgen, hat das sicherlich nicht nur Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum insgesamt, sondern auch auf die Unternehmensfinanzierung, und zwar sowohl die Nachfrage- als auch die Angebotsseite.

Bleiben die regulatorischen Rahmenbedingungen. Diese machen es den Banken und Sparkassen ebenfalls nicht leichter, ihre Rolle bei der Finanzierung der Wirtschaft und vor allem der Transformation erfüllen zu können. Der Bundesverband deutscher Banken hat jüngst in einem Blogbeitrag noch einmal auf die Gefahren der geplanten Umsetzung der Baseler Regeln in EU-Recht gewarnt, da die Vorschläge den Eigenarten der europäischen Finanzierungsstrukturen nicht ausreichend Rechnung tragen. Es ist zu befürchten, dass auch diese Warnungen ungehört verhallen.

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