Castell-Bank

Konturen einer dualen Strategie

Der Fürstlich Castell'schen Bank in ihrer Stammregion Unterfranken ein wenig Sparkassencharakter zuzuschreiben, mag in einer längeren Rückschau richtig gewesen sein. Seit einigen Jahren verfolgt die Privatbank aber einen Weg, der auch für die Sparkassen reizvoll wäre, ihnen angesichts des Regionalprinzips aber verwehrt ist. Denn je weiter die Castell-Bank mit der allmählichen Umsteuerung des Geschäftsmodells zu einem stärkeren Gewicht des Provisionsüberschusses und/oder der Hinwendung zur Vermögensverwaltung voranschreitet, um so weniger kann sie sich tendenziell der Aufrechterhaltung einer intensiven Marktbearbeitung vor Ort verschreiben - speziell im Massengeschäft. Ähnlich wie die Ortsbanken der beiden großen Verbünde muss auch oder gerade eine Privatbank sehr sorgfältig abwägen, wie sie angesichts der aktuellen Kombination aus steigenden Regulierungsanforderungen, dem veränderten Kundenverhalten in einer digitalisierten Welt und den Zwängen des Niedrigzinsumfeldes hinreichend effizient und nachhaltig arbeiten kann. Anders als viele Sparkassen und Volksbanken in der Fläche ist die Castell-Bank in ihrer Ausrichtung allerdings weder an das Regionalprinzip noch an eine Mitgliederförderung gebunden und kann damit einen eigenen Weg entwickeln, um ihr nach wie vor gültiges Bekenntnis zur Verantwortung für die Region umzusetzen.

Traditionell ist und war insbesondere das Firmengeschäft in den unterfränkischen Standorten rund um die Familiensitze Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen stark von der besonderen Verankerung der beiden fürstlichen Familien mit der Bevölkerung vor Ort geprägt. Mit knapp 706,5 (710,8) Millionen Euro spiegelt sich das in der Bilanz des Geschäftsjahres 2015 einmal mehr im Volumen der Kundenforderungen wider. Bei einer leicht auf 1,077 Milliarden Euro erhöhten Bilanzsumme errechnet sich für das Verhältnis der Kundenforderungen zur Bilanzsumme mit 65,6 Prozent zwar eine Quote wie man sie auch bei vielen Ortsbanken der Verbünde findet. Aber bei diesen spielt oft die private Baufinanzierung eine wesentlich stärkere Rolle als bei der unterfränkischen Privatbank. Darauf deutet nicht zuletzt eine üblicherweise in der Bilanz ausgewiesene Unterposition der Kundenforderungen hin: Während bei der Castell-Bank nur gut 173,3 Millionen Euro der Kundenforderungen durch Grundpfandrechte gesichert sind, finden sich bei vielen Sparkassen und Volksbanken Quoten von 50 Prozent und darüber. Auch heute noch steht die strategische Ausrichtung auf mittelständische Unternehmenskunden in der Region bei der Castell-Bank weit oben auf der Agenda, allerdings registriert die Bank derzeit an dieser Stelle einen harten Preiswettbewerb. Auf Kampfkonditionen für Unternehmenskredite von teilweise unter ein Prozent bei zehnjähriger Festschreibung, so wird betont, wollte man sich im Berichtsjahr 2015 nicht einlassen und will das auch weiterhin so halten.

Den Konditionendruck im Firmenkundengeschäft durch andere Aktivitäten aufzufangen, ist im Berichtsjahr 2015 erstaunlich gut gelungen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die in den vergangenen Jahren forcierte und bundesweit ausgerichtete Vermögensverwaltung, die sich mittlerweile positiv auf das Provisionsgeschäft auswirkt. Über die hauseigenen Fondsverwaltungskonzepte (defensiv, ausgewogen und dynamisch) bietet diese zweite Geschäftssparte ein Ventil, auch über die Stammregion hinaus Erträge zu generieren - nicht zuletzt bei Family Offices und den Kunden von Drittvertrieben. Bei nahezu unverändertem Zinsüberschuss konnte die Bank beim Provisionsüberschuss der absoluten Höhe wie auch der Steigerungsrate nach (plus 14,5 Prozent) einen spürbaren Zuwachs zeigen. Das Provisionsgeschäft erreicht mittlerweile einen Anteil von 39,61 Prozent am Rohertrag.

Auf die Zukunft fortschreiben lassen sich die momentanen Erfolge in der Vermögensverwaltung freilich nicht. Zwar steht ein Privatbankhaus wie Castell für einen nachhaltigen Erhalt oder die Vermehrung von Vermögenswerten. Aber letztlich muss die Vermögensverwaltung die Performance liefern, um diesem Ruf gerecht zu werden und neue Kunden beziehungsweise auch Partner anzulocken. Mit dem Bankhaus Seeliger ist das kürzlich gelungen. Seit Anfang Mai kooperiert die in Wolfenbüttel ansässige Privatbank in der Vermögensverwaltung mit der Castell-Bank. Kernstück ist die Auflage eines hauseigenen vermögensverwaltenden Fonds, der von einem gemeinsamen Team gemanagt wird. Mit Blick auf die Ertragsrechnung dürfte diese Partnerschaft der Castell-Bank weiterhelfen, in absehbarer Zeit die angepeilte Quote von jeweils 50 Prozent von Zins- und Provisionsüberschuss am Rohertrag zu erreichen.

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