Genossenschaftsbanken I

Ertragsstark, solide, stabil

Es ist gerade mal ein Jahr her, da sprach Union-Investment-Chef Hans Joachim Reinke von den zwanziger Jahren als einer "Dekade der Genossenschaften". Und erst vor wenigen Tagen setzte die DZ Bank, auch dank der Union, mit ihrem Ergebnis für das keineswegs einfache Jahr 2021 ein dickes Ausrufezeichen. Nun folgen die 772 verbliebenen Primärbanken mit einem Vorsteuergewinn von 7,7 Milliarden Euro, das beste Ergebnis seit 2016. Und selbst wenn man die Zuführungen zum Fonds für allgemeine Bankrisiken noch herausrechnet, verbleibt mit 4,1 Milliarden Euro ein mehr als auskömmlicher und beachtenswerter Überschuss für die zweite große Verbundgruppe in der Bundesrepublik. Das heißt, die Kreditgenossenschaften haben zu den Sparkassen aufgeschlossen. Hans Joachim Reinke hat es immer schon gewusst.

An anderer Stelle zeigt sich der genossenschaftliche Verbund sogar mutiger: Während DSGV-Präsident Helmut Schleweis das Angebot von Kryptowährungen fast kategorisch ausschließt ("Eine Beratung zur Anlage in Kryptowährungen wird es nicht geben."), hat die genossenschaftliche Finanzgruppe ein Pilotprojekt der DZ Bank und der DWP Bank gestartet, in dem genau das erarbeitet und auf Sinnhaftigkeit geprüft werden soll. Es gibt zwar noch keine Entscheidung über den breiten Einsatz auch bei Privatkunden, aber BVR-Präsidenten Marija Kolak sagte: "Wir werden uns dem Marktbedarf nicht verschließen, aber wir werden auch sehr behutsam vorgehen, um andere negative Entwicklungen in diesem Zusammenhang wie Geldwäsche oder Steuerhinterziehung nicht zu befeuern."

Weniger zurückhaltend waren die 772 verbliebenen Volksbanken und Raiffeisenbanken im abgelaufenen Geschäftsjahr im Kundengeschäft. So erhöhten sich die Kreditbestände um 6,9 Prozent auf insgesamt 710,3 Milliarden Euro. Der Marktanteil bei Ausleihungen an Firmenkunden legte dem BVR zufolge um 0,5 Prozentpunkte auf 22 Prozent zu, bei Privatkunden nur um 0,1 Prozentpunkte auf 23,8 Prozent. Die Kundeneinlagen wuchsen ebenfalls kräftig um 5,4 Prozent auf 833 Milliarden Euro. Da sich der Trend der vergangenen Jahre fortsetzte, und auf der Aktivseite längerfristige Finanzierungen und auf der Passivseite Sichteinlagen gefragt waren, standen zum Stichtag 639 Milliarden Euro an Ausleihungen mit Laufzeiten über fünf Jahren 606 Milliarden Euro an Sichteinlagen gegenüber. Für BVR-Vorstand Andreas Martin kein Problem: "Das ist Teil des Bankgeschäfts und dem Kundenverhalten geschuldet." Zudem wurde seinen Ausführungen zufolge das Vermittlungsgeschäft forciert und das Problem der Fristentransformation damit kleiner und nicht größer. In der Tat konnten die Institute das außerbilanzielle Kundenvolumen, vor allem die Wertpapierbestände, sehr deutlich um 20,7 Prozent auf 588 Milliarden ausweiten.

Das zahlte auf einen kräftigen Anstieg des Provisionsüberschusses um 5,7 Prozent auf 5,99 Milliarden Euro ein. Da der Zinsüberschuss vor allem dank der rund 500 Millionen Euro schweren DZ-Bank-Dividende ebenfalls um 3 Prozent auf 16,5 Milliarden Euro zulegen konnte, der Anstieg der Verwaltungsaufwendungen auf 14,96 Milliarden Euro sehr überschaubar blieb, sich das Bewertungsergebnis auf 333 Millionen Euro mehr als halbierte und auch sonst keine Auffälligkeiten das Ergebnis belasteten, gehen die Kreditgnossenschaften wahrlich gestärkt in die Herausforderungen der kommenden Monate und Jahre. Aber die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben in jüngerer Vergangenheit längst bewiesen, dass sie Krise können. Jetzt muss nur noch die EZB die Zinsen endlich erhöhen, die EU eine brauch- und vor allem umsetzbare ESG-Taxonomie vorlegen, die Bankenaufsicht sich mit zusätzlichen Anforderungen wie beispielsweise antizyklischen Kapitalpuffern zurückhalten und die Regulierungslandschaft nicht durch eine Vielzahl an technischen Standards weiter verkompliziert werden. Dann steht "Goldenen Genossenjahren" wahrlich kaum etwas entgegen.

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