Österreichs Universalbankensystem stärk(t)en sogar fünf "Säulen"

Dr. Holger Blisse, Foto: H. Blisse

Das Bankensystem in Österreich ruhte laut des vorliegenden Beitrags einige Zeit lang auf fünf Säulen. Jedoch sei es im Zuge einer Neuordnung des Einlagensicherungssystems dazu gekommen, dass die bestehenden Bankengruppen enger zusammengerückt seien. Doch danach sei eine Gegenbewegung zu beobachten gewesen, da die österreichische Raiffeisen-Bankengruppe im Jahr 2020 nach dem Sicherungsfall bei der Commercialbank Mattersburg aus der 2019 neu gegründeten Einlagensicherung Austria GmbH austrat und eine eigene Einlagensicherung gründete. Damit gebe es in Österreich wieder drei nebeneinander existierende Einlagensicherungssysteme. Blisse sieht in einer differenzierten Einlagensicherung einen Beitrag dazu, die Rolle der Kreditfinanzierung zu stärken. Er führt daher eine Reihe von Gründen auf, die gegen eine einheitliche Einlagensicherung in Europa sprechen. (Red.)

Das deutsche Bankensystem kennzeichnet seine - auch von politischer Seite im Hinblick auf europäische Pläne immer wieder hervorgehobene - Drei-Säulen-Struktur. Die Situation in Österreich stellt(e) sich sogar als noch differenzierter dar. Allerdings kam es im Zuge der Neuordnung der Einlagensicherung dazu, dass die bestehenden Bankengruppen enger zusammengerückt sind. Doch es zeichnete sich eine Gegenbewegung ab: Die österreichische Raiffeisen Bankengruppe trat nach dem Sicherungsfall bei der Commerzialbank Mattersburg AG (2020) aus der zum 1. Januar 2019 neu gegründeten Einlagensicherung Austria Ges.m.b.H. aus und hat eine eigene Einlagensicherung gegründet (2021). So gibt es zumindest wieder drei nebeneinander bestehende Einlagensicherungen. Der Raiffeisensektor hat damit sein eigenes genossenschaftliches Profil unterstrichen und zu einem wieder stärker arbeitsteiligen und risikobewussteren Bankensystem beigetragen. Institutionelle Vielfalt und Risikobewusstsein der Kreditinstitute zugleich stärken ein Bankensystem als beständige Alternative zum Kapitalmarkt.

Bankensektoren und Einlagensicherung in Österreich

Vor der Neuordnung unterhielt jeder der fünf Universalbankensektoren in Österreich ein eigenes Einlagensicherungssystem und unterstrich die entstehungsgeschichtlich unterschiedliche Ausrichtung der Institute, wie sie auch durch die Rechtsform gekennzeichnet ist.

Die Statistik der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), aber auch je eigene Fachverbände bei der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) spiegeln diese Struktur wider: Die vor allem kapitalgesellschaftlich verfassten 35 Aktienbanken und Bankiers sind wie zum Beispiel die Institute der 3-Banken-Gruppe, BKS Bank AG, BTV Bank AG und Oberbank AG, aber auch BAWAG oder Wiener Privatbank AG börsennotiert und haben die Balance zwischen den Erwartungen ihrer Kunden an gute und günstige Bankdienstleistungen und an den wirtschaftlichen Erfolg für ihre Eigentümer zu finden.

Die 49 Sparkassen, einschließlich der börsennotierten Erste Group Bank AG, die vor allem das Osteuropa-Geschäft bündelt, arbeiten ihrem Gründungsverständnis nach vor allem gemeinwohlorientiert. Die inzwischen nur noch sechs Landes-Hypothekenbanken, teilweise mit Verbindungen zu Instituten aus anderen Bankensektoren, sind historisch durch ihr Angebot in der langfristigen Finanzierung im Wohnbau und gegenüber öffentlichen Institutionen gekennzeichnet. Die beiden genossenschaftlich geprägten Bankensektoren bestehen aus dem Raiffeisensektor mit 338 fast nur genossenschaftlichen Kreditinstituten, einschließlich der Raiffeisen Bank International AG und den acht Raiffeisen-Landesbanken, beziehungsweise dem Volksbankensektor mit neun Instituten, von denen drei unmittelbar als Genossenschaften arbeiten, während die übrigen als AG mit einer oder mehreren Eigentümergenossenschaften bestehen. Als Genossenschaften fördern sie gemäß § 1 Genossenschaftsgesetz den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Eigentümer (Mitglieder) durch "gute und günstige" Leistungen (Sektoren und Zahlen: OeNB, Stand 4. Quartal 2021). Annähernd jeder zweite Kunde ist Mitglied. Der niedrige Betrag von einst 100 österreichischen Schilling beziehungsweise 7,27 Euro je Geschäftsanteil stellt keine Beitrittshürde dar, sodass sich die Problematik der Mitgliederförderung beziehungsweise des Nicht-Mitgliedergeschäftes praktisch sehr schnell beheben ließe.

Eine Besonderheit bei den Volksbanken

Eine Besonderheit hatte sich bei den Volksbanken durch die Sanierung und spätere Abwicklung beziehungsweise Neuausrichtung des Spitzeninstitutes, der Österreichische Volksbanken-AG, ergeben: Bei zwei früheren Volksbanken hatten sich die Eigentümer gegen Fusionen als Folge ihrer Zugehörigkeit zum Kreditinstitute-Verbund (§ 30a Bankwesengesetz, BWG) ausgesprochen, und die Institute haben den Verbund verlassen und werden nicht mehr vom in diesem Jahr seit 150 Jahren bestehenden Österreichischen Genossenschaftsverband // Schulze-Delitzsch geprüft. Beide Institute, die Dolomitenbank Osttirol-Westkärnten eG und die Marchfelder Bank eG, werden von der OeNB in der Gruppe der Aktienbanken und Bankiers geführt, obwohl sie weiterhin als Genossenschaften tätig sind. Sie gehören dem CoopVerband - Revisionsverband österreichischer Genossenschaften an.

Sollte es im Zuge der vereinbarten und nach dem Abschluss eines sehr erfolgreichen Geschäftsjahres 2021 sehr wahrscheinlichen Rückzahlung der Staatshilfe durch den Volksbankensektor bis 2023 dazu kommen, dass die Strukturen des Volksbankenverbundes gelockert werden können, wäre es möglicherweise vorstellbar, dass diese beiden Institute wieder ihrer genossenschaftlichen Rechtsform und Herkunft gemäß dem Volksbankensektor zugerechnet werden.

Andererseits weist ihre regionale Firmierung in Richtung eines Wettbewerbs von Regionalbanken, die sich nach ihrer Rechtsform unterscheiden, aber doch angesichts der Begehrlichkeiten, die mit Bezug auf deren über Generationen gewachsene Reserven beobachtet werden, einen Rechtsformenwechsel erwägen könnten.

Zu einem solchen Verständnis passt es, dass die Institute aller Bankensektoren - in unterschiedlicher Intensität - allen Privat- und Firmenkunden aber auch Gebietskörperschaften offenstehen. So erschien der dann auch verwirklichte Plan einer gemeinsamen Einlagensicherung - wie er auch auf europäischer Ebene diskutiert wird - aufgrund ähnlich gelagerter Risiken nachvollziehbar. Alle Institute - bis auf die Sparkassen mit ihrer Haftungsverbund GmbH - bildeten zusammen zum 1. Januar 2019 die Einlagensicherung Austria G.m.b.H.

Belastung durch Einlagensicherungsfälle

Tatsächlich, wie Fälle aus dem Kreis der Aktienbanken in Österreich - zum Beispiel Commerzialbank Mattersburg AG und Anglo Austrian Bank (frühere Meinl Bank AG) - aber auch Probleme in Deutschland bei der Einlagensicherung der privaten Banken sowie Notwendigkeit und beschlossene Pläne zu einer Neuordnung bei den öffentlich-rechtlichen Landesbanken und Sparkassen bestätigten, unterscheiden sich die Institute der Bankengruppen nicht nur in ihrer betriebswirtschaftlichen Größe, sondern weisen aufgrund ihres Einzugsbereichs, ihrer Kundenstruktur und ihrer durch die Rechtsform gekennzeichneten Ausrichtung und Einbindung in Gruppen- beziehungsweise Verbund- und Prüfungsstrukturen sehr unterschiedliche Risikoprofile auf. So haben sich in Deutschland für die einzelnen Bankengruppen eigene Einlagensicherungen erhalten.

Der Sicherungsfall der Commerzialbank Mattersburg führte zwar in gewisser Weise zum Raiffeisensektor zurück. Denn bei der Bank handelte es sich um eine 1995 umgegründete Raiffeisenbank. Es wäre aber sicher zu weit gefasst, von einer Hinterlassenschaft zu sprechen, zumal die in der Folge der Umgründung nach § 92 Bankwesengesetz (BWG) erhalten gebliebene Eigentümergenossenschaft ebenso wenig wie die Commerzialbank Mattersburg selbst durch einen Raiffeisen- oder anderen Genossenschaftsverband geprüft worden ist. Es deutet aber auf die Grundproblematik hin, die mit § 92 BWG (zuvor: § 8a Kreditwesengesetz, KWG) insofern besteht, als die Rechtsform der Aktiengesellschaft vom Gesetzgeber offenbar für Kreditinstitute bevorzugt wurde, obwohl in der Vergangenheit Sicherungsfälle zumeist diese Rechtsform betroffen haben.

Bleibt die Genossenschaft als Eigentümerin der Bank erhalten, entsteht ein Kontrolldefizit, da die bisherigen Mitglieder der Kreditgenossenschaft nur noch indirekt in der Hauptversammlung der Bank vertreten sind aber, wie im Falle der Commerzialbank Mattersburg, weiterhin haften. So hatte das Landesgericht Eisenstadt als Insolvenzgericht die Mitglieder aufgefordert, ihrer Nachschusspflicht nachzukommen. Die Haftung der Mitglieder kann seit 2012 im Falle einer Kreditgenossenschaft aber auch Verwaltungsgenossenschaft (§ 92 Abs. 8 BWG) auf den Geschäftsanteil beschränkt werden (§ 27 BWG).

Möglicherweise hätte es eine Diskussion über eine Mitwirkung der Raiffeisenorganisation auch für den Fall ausgelöst, dass man die ursprünglich beabsichtigte eigene Einlagensicherung doch umgesetzt hätte. Denn der Einlagensicherung Austria war der Raiffeisensektor seinerzeit erst "nach längerem Zögern" beigetreten. Ein vergleichbarer Fall lässt sich aus Deutschland heranziehen, als es Probleme bei der in eine Aktiengesellschaft umgewandelten und aus dem genossenschaftlichen Sicherungssystem ausgetretenen Volksbank Essen gab. Damals wurde die Volksbank Essen mit einer benachbarten Kreditgenossenschaften fusioniert, um einen Schaden für den genossenschaftlichen Verbund aufgrund des Namens zu vermeiden.

Daher ist - gerade auch im Hinblick auf historische Erfahrungen - den Kreditgenossenschaften zu empfehlen, in ihrer Rechtsform zu verbleiben. Die Entscheidung des Raiffeisensektors ist nachvollziehbar, sich wieder auf eine eigene Einlagensicherung zurückzuziehen, der nur Institute angehören, die sich in ihrem Prüfungssystem bewegen. Inwieweit davon auch die Raiffeisen Bank International AG erfasst wird, die wie die Erste Group Bank AG vor allem in Osteuropa, aber selbst auch stark in Russland engagiert ist und die beide ein anderes Risikoprofil aufweisen als die österreichischen Raiffeisen(landes)banken beziehungsweise Sparkassen, ist ein wichtiger ebenso zu beachtender Aspekt.

Eigene Einlagensicherung

Auch aufseiten der Volksbanken wurde der Wunsch geäußert, sie gelten aber voraussichtlich - aufgrund des Mindesteinlagenvolumens eines Sektors von 15 Prozent an allen Einlagen - als derzeit zu klein für eine eigene Einlagensicherung. Dies hätte jedoch die Eigenständigkeit des Sektors unterstrichen, wie sie möglicherweise in Bezug auf alle drei dezentralen Sektoren - Sparkassen-, Raiffeisen- und Volksbankensektor - durch die Gründung eines Verbandes der dezentralen Bankprüferverbände Österreichs in gegenläufiger Richtung gefördert werden soll. 

Mit einer eigenen Einlagensicherung unterstreicht der Raiffeisensektor die arbeitsteilige Struktur des österreichischen Bankensystems und seiner Bankensektoren. Auf der Sicherheit der Einlagen gründet, als sozialer Beitrag vieler Sparerinnen und Sparer für die Kreditvergabe, das Vertrauen in die verantwortungsvolle Kreditvergabe und damit in die Stabilität von Kreditinstituten, wie es in der Finanzmarktkrise von staatlicher Seite bekräftigt werden musste. Allerdings entstand die Krise dadurch, dass infolge von Preisveränderungen am Immobilienmarkt von Ausfällen betroffene Kredite zuvor verbrieft und über den Kapitalmarkt - international - verbreitet worden waren.

Banken und Sparkassen als Alternativen zum Kapitalmarkt

Spätestens seit der Beschwerde des Europäischen Bankenverbandes bei der Europäischen Kommission gegen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung vor allem öffentlich-rechtlicher (deutscher) Kreditinstitute (1999) und anschließenden Aberkennung beider Institutionen hat sich die Stellung von Kreditinstituten weiter und im Verhältnis zueinander verändert. Vorausgegangen war einerseits die Übertragung der landeseigenen Wohnungsbauförderanstalt (WfA) auf die Westdeutsche Landesbank (WestLB), um deren Eigenkapital zu stärken, andererseits aber eine "Entwicklung der WestLB von einer Förder- und Sparkassenzentralbank zu einer internationalen Groß- und Beteiligungsbank ab Beginn der 1980er Jahre", die erst dazu geführt hatte, dass die WestLB als ein Mitbewerber der international tätigen privaten Banken auftrat und wahrgenommen wurde.

Rückblickend waren es später gerade die sich neu ausrichtenden Landesbanken, die sehr wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Finanzmarktkrise das deutsche Bankensystem belastet hat, da die Landesbanken von ihrer ursprünglichen Aufgabenstellung weiter "in" den Kapitalmarkt und Kapitalmarktprodukte "gelangt" sind. Welcher Wettbewerb in dieser Liga besteht und wie gerade die kleineren Landesbanken, wie zum Beispiel die als eine der ersten in Schwierigkeiten geratene Landesbank Sachsen (SachsenLB), gesehen wurden, das verdeutlicht ein Erfahrungsbericht: "Die Londoner City ist so etwas wie die Champions League der Finanzwelt. Die Banker der Branchenführer dort machen sich einen Sport daraus, ihre hochkomplexen Finanzprodukte an ... die Fachleute in kleineren Landesbanken in der Schweiz, Holland, Deutschland oder Österreich [zu verkaufen], die die angebotenen Finanzprodukte nicht mehr durchschauen."

Verstärkt hat sich der Wandel bei den Kreditinstituten unter anderem weiter durch die risikoorientierte Kreditvergabe (Basel II), die zumindest außerhalb des Retail-Segmentes eine marktähnliche individuelle Bepreisung gefördert hat, durch die Digitalisierung aber auch durch das Null- beziehungsweise Negativzinsumfeld infolge der Finanzmarktkrise.

Doch gerade in der Corona-Zeit haben Banken und Sparkassen unter Beweis gestellt, wie wichtig Alternativen zum Kapitalmarkt - nicht zuletzt aufgrund der persönlichen Kunde-Bank(berater/innen)-Beziehung - weiterhin sind. Wie es sich auf Banken und Sparkassen auswirken wird, wenn die Corona-Hilfen für Unternehmen auslaufen, ist noch nicht absehbar.

Das von der Europäischen Zentralbank gehaltene Zinsniveau, das einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt budgetärer Handlungsfähigkeit der Staaten leistet, hat kapitalmarktorientierte Beteiligungsangebote an Kunden als Alternative zu Spareinlagen begünstigt.

Kreditfinanzierung als Kernangebot

Dies schwächt die Kreditfinanzierung als Kernangebot von Kreditinstituten beziehungsweise es wird die Position von unternehmensexternen Eigenkapitalgebern (Investoren) auch bei kleineren und mittleren Unternehmen und damit die Abhängigkeit von räumlich möglicherweise weit entfernt ansässigen Kapitalgebern gestärkt.

Demzufolge ist indirekt eine differenziertere Einlagensicherung auch ein Beitrag, die Rolle der Finanzierung mit (Bank- und Sparkassen-)Krediten zu stärken wie sie das europäische System eher kennzeichnet, als es im angloamerikanischen Raum üblich ist. Doch mit der Banken- und Kapitalmarktunion wird versucht, dieses Modell auch in Europa zu etablieren: Man geht davon aus, dass sich "stärkere Kapitalmärkte ... in die starke europäische Tradition der Bankenfinanzierung einfügen" werden, mit dem Vorteil, "dass finanzielle Risiken geteilt werden und die EU-Bürger und -Unternehmen bei Bankenschrumpfungen künftig weniger verwundbar sind." Damit könnten die Kreditinstitute ebenso geschwächt werden wie durch die Annäherung der Bankensektoren, die immer mehr in einen Wettbewerb geraten sind, gefördert durch eine allgemeine Ertragsorientierung.

Überraschenderweise argumentiert die Europäische Kommission mit Bezug auf eine Harmonisierung und Vereinheitlichung der Einlagensicherung gerade mit dem Gegenteil dessen, was üblicherweise leitend für ihre Rechtssetzungen ist: Ein Wettbewerb der Einlagensicherungssysteme soll vermieden werden, stattdessen soll es eine einheitliche Einlagensicherung mit je nach Risiko unterschiedlichen Beiträgen geben. Darin spiegelt sich auch das perspektivische Verständnis einer Banken- und Kapitalmarktunion wider, das Kreditinstitute zunächst als Marktteilnehmer in den Kapitalmarkt integriert (hat), um sie dann als vor allem Fremdkapitalgeber in der Folge eines Wettbewerbes zu konzentrieren beziehungsweise aus dem Markt geordnet ausscheiden und ersetzen zu lassen. An ihre Stelle treten andere Marktteilnehmer (Eigenkapitalgeber) aber auch weiter zunehmend Produkte der Risikoabsicherung. So wird der aus Mitteln der Einlagensicherung finanzierten Abwicklung von Kreditinstituten eindeutig der Vorzug gegenüber einer Sanierung gegeben. Dagegen setzen insbesondere die Einlagensicherungssysteme der Sparkassen und Kreditgenossenschaften auf den Institutsschutz.

Einer einheitlichen europäischen Einlagensicherung wird entgegengehalten, dass sie "fatale Fehlanreize setzt und den Wettbewerb der Bank um Solidität schwächt"40) . Wenn es aber nur noch vordergründig um einen Wettbewerb der Kreditinstitute untereinander geht, tatsächlich aber um einen Wettbewerb des Bankensystems gegen den Kapitalmarkt, dann schwächen auch differenzierte Einlagensicherungen letztlich Banken und Sparkassen, das Bankensystem, als Alternative zum Kapitalmarkt, wenn die Kreditinstitute eines Einlagensicherungssystems im direkten Wettbewerb zueinander stehen. Dies passt gut zu der immer wieder vertretenen These, dass Markt und Wettbewerb zu Konzentration und Vereinheitlichung tendieren und dabei - private - Monopolbildung fördern. Doch spätestens in Krisenzeiten zeigt sich, wie wichtig viele - alternative - Lösungen und Wahlmöglichkeiten sind.

Vielfalt der Rechts formen und Eigentümerstrukturen

Vor diesem Hintergrund könnten sich Zugänge in Deutschland, die das System der genossenschaftlichen Pflichtmitgliedschaft und Prüfung neu beurteilen wollen, in der Zukunft als problematisch erweisen. Denn die Genossenschaften von damals, als die Regelungen in das Genossenschaftsgesetz aufgenommen wurden, haben sich weiterentwickelt und benötigen noch mehr aufgrund ihrer besonderen Vermögensverfassung eine Sonderbehandlung und einen Vertrauensschutz.

Daher sollte die Entscheidung der Raiffeisen Bankengruppe Österreich auch im Hinblick auf weiterhin viele unterschiedlich ausgerichtete Kreditinstitute und Bankengruppen als ein Bekenntnis zugunsten verschiedener Rechtsformen und Eigentümerstrukturen gelesen werden und könnte ein arbeitsteiliges - weniger wettbewerbsintensives und damit risikobewussteres - Bankensystem als Alternative zum Kapitalmarkt erhalten.

Fußnoten

1) Vgl. z. B.: "Der Bundesrat wird die Bestrebungen der Kommission begleiten, Risiken zu verringern, gleiche Wettbewerbsbedingungen im Bankensektor zu gewährleisten und die Verbindung zwischen Banken und Staatsanleihen lösen zu wollen. Grundsätzlich ist dieser Ansatz zwar richtig. Im Einzelnen kann eine falsche Nachsteuerung der Probleme diese verstärken oder neu schaffen: - Die Verringerung von Risiken etwa durch den Abbau nationaler Besonderheiten darf das bewährte Drei-Säulen-System des deutschen Bankwesens nicht in Frage stellen." (Bundesrat (2015), S. 4) sowie z. B. Neumann, Reichel (2006).

2) Vgl. Gorzala (2019), Schroth (2004), mit Schwerpunkt Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein Raschauer/Stern (2021). Vgl. auch Blisse (2021a).

3) Vgl. https://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang= DE&report=3.1.1 und https://www.wko.at/branchen/bank-versicherung/start.html.

4) Als Fachverband "Banken und Bankiers" bei der WKO.

5) Diese Institute können als Vorbild für eine börsennotierte Regionalbank-AG mit sehr stabiler Zusammensetzung des Eigentümerkreises gelten, dem bevorzugt auch Kunden angehören sollen.

6) Vgl. Pernthaler (1988).

7) Vgl. Fleischmann (2021).

8) Vgl. z. B. Ringle (2015).

9) Vgl. EACB (2020).

10) Vgl. z. B. Beuthien (2019), S. 111, Wrede (2021), S. 246 f.

11) Vgl. Hofinger (2013).

12) Vgl. insgesamt Todev/Brazda (2020), hier S. 362 ff.

13) Vgl. Cooperativ 2021, S. 75, 82.

14) Vgl. o. V. (2022).

15) Vgl. Graber (2018).

16) Vgl. z. B. Raab-Kratzmeier (2014).

17) Vgl. Beuthien/Klappstein (2018), S. 123.

18) Vgl. Leban (2021), aber auch den Sicherungsfall bei der Autobank AG und der Sberbank Europe AG.

19) So wurde die Einlagensicherung der privaten Banken durch die Greensill Bank belastet, vgl. Votsmeier (2021).

20) Vgl. o. V. (2021a, b).

21) Vgl. Graber (2020).

22) Vgl. APA/BVZ.at (2021).

23) Vgl. § 23 Abs. 10a BWG (von 28.03.2012 bis 31.12.2013) bzw. § 27 BWG(seit 01.01.2014) für Kreditgenossenschaften.

24) Seit 02.08.2014: "Mit der ausdrücklichen Erwähnung der Verwaltungsgenossenschaften als ehemalige Kreditgenossenschaften wird dem engen wirtschaftlichen und rechtlichen Verbundenheitsverhältnis ... auch in Bezug auf Verwaltungsgenossenschaften Rechnung getragen." (162 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage - Materialien, S. 11 f.).

25) Vgl. o. V. (2018).

26) Vgl. Blisse (2006), S. 199.

27) Vgl. Crüger (1910), S. 111 f.

28) Vgl. Lovrinovic (2022).

29) Vgl. Leban (2021).

30) Vgl. Blisse (2021b), mit der online zutreffenden entstehungsgeschichtlichen Abgrenzung: "Doch der Schwerpunkt der Sparkassen lag auf der sicheren und verzinslichen Anlage von Spareinlagen zur Finanzierung des kommunalen Kreditbedarfs, während Kreditgenossenschaften ihren Mitgliedern günstige Kredite auf Basis von deren Einlagen sowie [Einlagen] von Dritten boten."

31) Vgl Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2015), S. 13 f.

32) Vgl. Seikel (2013).

33) Vgl. insgesamt Landtag Nordrhein-Westfalen (2017), S. 178-279, Zitat: S. 1.

34) Vgl. Luyendijk in Hillauer (2015).

35) Vgl. z. B. Körnert, von Elsenau (2016).

36) Zitate: Europäische Kommission (2015), S. 3.

37) Vgl. APA/Red. (2020).

38) Vgl. Mersch (2019): "bailing out banks is not the best response [to fears of global financial crisis] ... The sector does not consolidate, profitability remains subdued, and that gives rise to new risks."

39) So heißt es beim Europäischen Rat - Rat der Europäischen Union: "Mit den Sicherungssystemen können auch die Abwicklung einer Bank finanziert (im Einklang mit den EU-Vorschriften für die Sanierung und Abwicklung von Banken) und - unter strengen Voraussetzungen - der Ausfall einer Bank verhindert werden.", vgl. https://www.consilium.europa.eu/de/policies/banking-union/single-rulebook/ deposit-guarantee-schemes (aufgerufen am 05.08.2021).

40) Demary/Hüther (2016).

41) Vgl. nur Kaltenborn (2014), (2020), Sittner (2020), Beuthien (2021): S. 1309, (2022).

Ein umfassendes Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie hier zum Download.

Dr. Holger Blisse , Wirtschafts- und Sozialanalytiker, Wien
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