Möglichkeiten und Grenzen öffentlicher Förderung durch Beteiligungskapital

Dr. Ulf Meier, Foto: NBank

Deutschland ist bisher vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen und das obwohl viele Unternehmen bedingt durch den Lockdown um ihre Existenz bangen müssen. Die sozialen Sicherungssysteme haben sich als belastbar erwiesen. Das Gesundheitssystem funktioniert zudem recht reibungslos. In vielen Bereichen der Wirtschaft ist somit auch der notwendige Optimismus wieder zurückgekehrt. Dennoch ist festzustellen, dass es nach wie vor einen erheblichen Förderbedarf gibt, insbesondere im Bereich der Eigenkapitalbereitstellung, so der Autor. So müssen vor allem Start-ups in besonderem Maße unterstützt werden, um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten. Der Autor veranschaulicht an diversen Beispielen, welche Neugründungen die N-Bank aktiv durch die Krise begleitet hat und welche Rahmenbedingungen für eine Beteiligung an einem Start-up erfüllt werden müssen. (Red.)

Dass Deutschland die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise bislang recht gut bewältigt hat, ist nicht zuletzt den sehr hohen Fördervolumina zu verdanken, die schnell, unbürokratisch und in ausreichender Form zur Verfügung gestellt wurden. Allein in Niedersachsen zahlte die N-Bank mehr als 1,3 Milliarden Euro über Soforthilfen und Liquiditätskredite an die niedersächsische Wirtschaft aus. Damit war es möglich, die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft zu verringern. Überbrückungshilfen und die Niedersachsen Schnellkredite werden die Fördervolumina weiter erhöhen und für zusätzliche Stabilität sorgen.

Besonderes Augenmerk liegt auf der konzentrierten Unterstützung von Start-ups, die natürlich von der Corona-Krise besonders betroffen, für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft aber unerlässlich sind. Um junge Gründer, die ihre Lebenshaltungskosten noch nicht selbst finanzieren können, zu ermuntern, weiter an ihren Ideen zu arbeiten, hat die N-Bank unter anderem das Gründungsstipendium verlängert. Ein starkes Signal, Prioritäten nicht verschieben zu müssen.

Belastbare Netzwerke

Die Netzwerke aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Förderbank haben den Start-up-Gedanken in Niedersachsen sehr gefördert und erweisen sich auch aktuell als sehr belastbar. Dies dokumentiert die Neugründung der Corat Therapeutics GmbH aus Braunschweig eindrucksvoll. Das Unternehmen aus dem Umfeld der TU Braunschweig hat sich zum Ziel gesetzt, ein Medikament zur Behandlung von Covid-19 zu entwickeln. Grundlage dafür sind auf eigene Initiative entwickelte Antikörper, die das neuartige Sars-CoV-2 Virus daran hindern sollen, in Zellen einzudringen.

Von der ersten Idee bis zur Umsetzung der Gründung vergingen keine vier Wochen. Das lag vor allen Dingen daran, dass N-Bank Capital, die Beteiligungstochter der N-Nank, umfassende Expertise und ein belastbares Netzwerk zu Investoren eingebracht und auch die Zusammenarbeit mit den beiden involvierten Ministerien für Wirtschaft und Wissenschaft reibungslos geklappt hat. Daneben hat sich auch eine Braunschweiger Investorengruppe an der Neugründung beteiligt und damit ebenfalls die regionale Verbundenheit unter Beweis gestellt.

Im Portfolio der N-Bank Capital finden sich nahezu alle Branchen: E-Commerce, IKT, Medtech, Verpackungs- und Lebensmitteltechnologie, Life-Science, Maschinenbau, Logistik, produzierendes Gewerbe, künstliche Intelligenz sowie insbesondere Umwelt und Energie, wobei der Fokus hier vor allem auf Nachhaltigkeit liegt.

Ein Beispiel für den hohen Stellenwert der Nachhaltigkeit ist die Flex-Bio Technologie GmbH. Sie bietet national und international modulare Containerlösungen für die Behandlung von organisch belastetem Abwasser für die Landwirtschaft, Getränke- und Lebensmittelherstellung sowie Gülleaufbereitung an. Die Anlagentechnik zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität, eine gute Integrierbarkeit in bestehende Infrastrukturen sowie robuste Prozessstabilität aus. Der Einsatz der modernen Anaerobtechnik bietet den Kunden die Möglichkeit, das Energiepotenzial aus Abwasser zu nutzen und die Umwelt hierdurch nachhaltig zu entlasten.

Fokus auf Nachhaltigkeit

Eine der neueren Beteiligungen ist die Kwiggle Bike GmbH aus Hannover, die das wohl kompakteste Faltfahrrad der Welt entwickelt hat. Mit seinen geringen Abmessungen löst das Kwiggle drängende urbane Mobilitätsprobleme. Gleichzeitig verspricht die besonders aufrechte Haltung Fahrspaß und ergonomische Vorteile mit gesundheitsfördernden Aspekten. Gegenüber aktuell im Markt befindlichen Falträdern ist das Kwiggle-Bike mit seinem geringeren Gewicht und seinem praktischen Faltmaß im Vorteil. Sogar im Flugzeug findet es aufgrund seiner bestätigten Maße für Handgepäck überall Platz.

Ein weiteres Seed-Investment erfolgte für Gymbassador. Das Unternehmen stammt als Sportmarke nicht etwa aus New York oder Berlin, sondern aus dem kleinen Osterode am Harz in Niedersachsen. Mit eigener, dreidimensional gewebter Sportbekleidung entwickelt das Start-up Lösungsmöglichkeiten, Kleidungsstücke weitgehend digital zu entwickeln und herzustellen. Auch die Abfall- und Umweltbelastung bei der Produktion wird gegenüber herkömmlicher Sportbekleidung drastisch reduziert. Damit steht Gymbassador proaktiv für Innovation, Nachhaltigkeit und Fairness in der Bekleidungsindustrie ein.

Ob unsere Beteiligungstochter in ein Start-up investiert, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab. Erstens: Die Geschäftsidee muss tragfähig sein und überzeugen. Ist das Produkt innovativ und skalierbar? Gibt es Alleinstellungsmerkmale? Zweitens: Das Gründerteam spielt eine wesentliche Rolle, weil es maßgeblich für den Erfolg ist. Zudem ist es wichtig, dass neben innovativen Ideen und Kreativität auch betriebswirtschaftliches Know-how für Vertrieb und Marketing eingebunden ist.

Öffentlicher Förderauftrag ist von Vorteil

Damit sind auch die Grenzen eines öffentlichen Förderinstituts bei einer Beteiligung aufgezeigt. Bei allen Entscheidungen steht zwar der öffentliche Förderauftrag im Vordergrund, der nicht in erster Linie auf einen möglichst hohen Gewinn ausgerichtet ist. Die Grundgedanken erfolgreichen Wirtschaftens dürfen aber natürlich nicht außer Acht gelassen werden.

Das Entgegenkommen gegenüber den Kunden ist groß. Die Ideen können unter Umständen mehrfach vorgestellt, wenn diese beim ersten Mal noch nicht überzeugen konnten. Darüber hinaus steht die N-Bank ihren Kunden auch mit umfangreicher Beratungsleistung und Expertise zur Verfügung, wenn eine Idee geschärft werden muss, um Erfolg zu versprechen. Zudem bringt eine Förderbank bei der Bewertung der erreichten und verabredeten Zwischenziele vielleicht mehr Geduld auf, als manch andere am Markt agierende Beteiligungsunternehmen.

Rahmenbedingungen der Beteiligung

Anteile an einem Unternehmen werden in der Regel sieben bis zehn Jahre gehalten. Die unternehmerische Führung wird stets den Gründern überlassen. Es findet aber eine engen Austausch mit dem Gründerteam statt und die N-Bank steht über die gesamte Beteiligungslaufzeit beratend zur Seite. Damit kann sichergestellt werden, dass sich das Unternehmen in die gemeinsam abgestimmte Richtung orientiert.

Bei den Finanzierungsangeboten gibt es aber keinen Beschränkung auf Start-ups, sondern es wird die gesamte Kette abgedeckt. Neben der Seed- und Start-up-Phase finanziert N-Bank Capital auch Unternehmen, die älter als fünf Jahre sind. Bei diesen Unternehmen liegt der Investitionsschwerpunkt auf Wachstum beziehungsweise Nachfolgethemen.

Zusätzlich unterstützen die Beteilgungstochter bei strategischen Investitionsentscheidungen der Unternehmen wie "buy and build Strategien". In der Frühphasenfinanzierung liegt das finanzielle Engagement zwischen 150 000 Euro und 600 000 Euro; das Beteiligungsvolumen in Unternehmen, die älter als fünf Jahre sind, liegt mindestens bei 250 000 Euro und beträgt maximal 2,5 Millionen Euro.

Entscheidend sind tragfähige Geschäftsmodelle

Aktuell werden auch die über die KfW aus dem Maßnahmenpaket des Bundes zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 50 Millionen Euro platziert, die durch die Kofinanzierung des Landes Niedersachsen um weitere 19 Millionen Euro ergänzt werden. Diese Mittel werden für Beteiligungen an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit maximal 75 Millionen Euro Jahresumsatz und für Start-ups bereitgestellt. Das Beteiligungsvolumen kann bis zu 800 000 Euro im Rahmen der Kleinbeihilfenregelung umfassen. Diese Mittel sollen bis Jahresende platziert sein.

Die Corona-Krise wird die N-Bbank, die niedersächsische Wirtschaft und niedersächsischen Start-ups gewiss noch längere Zeit begleiten. Im Rahmen der Förderprogramme wird versucht, einen möglichst großen Beitrag dazu zu leisten, die Belastungen so zu minimieren, dass die Unternehmen mit einem tragfähigen Geschäftsmodell gute Zukunftsaussichten haben.

Dr. Ulf Meier Mitglied des Vorstands, NBank, Hannover
 
Dr. Ulf Meier , Mitglied des Vorstands, NBank, Hannover
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