Eine Lehre der Pandemie: rechtliche Voraussetzungen für digitales Banking erforderlich

Doris Zingl, Foto: Foto Wilke

Auch in Österreich ist seit geraumer Zeit ein großer Teil der Bevölkerung im Homeoffice. Doch auch dort sind Banken Teil der kritischen Infrastruktur und haben daher zu jeder Zeit ihre Filialen offen gehalten. Dabei haben sie im Schulterschluss mit der Politik die Kunden und die Wirtschaft durchgehend mit Liquidität versorgt und auch auf anderen Wegen unterstützt. Wie auch in Deutschland hat die Pandemie als Beschleuniger der Digitalisierung gewirkt und das nicht nur im Payment-Bereich. Als zentrale Lektion aus der Corona-Krise kommt der Verband österreichischer Banken und Bankiers zur Einsicht, dass es nötig ist, die Ausbau der digitalen Kanäle zu verstärken, um den Kunden ein Multichannel-Angebot anbieten zu können. Der Verband will sich daher dafür einsetzen, dass die Nutzung digitaler Kanäle auch in Zukunft regulatorisch und aufsichtsrechtlich weiterverfolgt wird. Das gelte nicht nur für die Zeit der Pandemie, sondern auch darüber hinaus. (Red.)

Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie vor einem Jahr hat die Real- und Kreditwirtschaft gleichermaßen vor große Herausforderungen gestellt und führte anschaulich die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen Banken und ihren Kunden im Rahmen der Covid-19-Gesetzgebung vor Augen. Österreichische Banken haben in der Covid-19-Krise von Beginn an rasch und umsichtig reagiert. Geschäftsbeziehungen mit den Kunden wurden bis an die Grenzen des bisher digital Möglichen und rechtlich Machbaren transformiert, nicht nur um die Kunden auf neue kontaktlose Weise zu bedienen, sondern auch um diese, aber auch die eigenen Mitarbeiter vor den Bedrohungen einer Erkrankung zu schützen.

Die Covid-19-Pandemie hat somit eine neue Dynamik und Offenheit hinsichtlich innovativer digitaler Formen im Banking initiiert - nicht nur im Zahlungsverkehr, auch in allen weiteren Bereichen des Bankgeschäfts. Eine aus der anhaltenden Covid-19-Krise resultierende Lektion ist jedenfalls, dass der digitale Weg nicht nur wünschenswert und zweckmäßig, sondern erforderlich und in Krisensituationen sogar alternativlos sein kann.

Krisenmanagement an allen Fronten

Der Covid-19-Ausbruch hat weltweit nicht nur medizinische Versorgungsfragen aufgeworfen, sondern vor allem auch jeden Staat vor soziale und wirtschaftliche Herausforderungen gestellt. Quasi über Nacht mussten die Gesellschaft und die Wirtschaft eine neue Realität akzeptieren: Vieles, was bisher selbstverständlich war, hat sich schlagartig verändert, und so konnte auch das tägliche Wirtschaftsleben nicht in seiner bisherigen Form fortgeführt werden. Eine Folge davon: Halb Österreich war - beziehungsweise ist noch immer - seit Mitte März 2020 im Homeoffice. Da Banken zur kritischen Infrastruktur zählen, haben diese jedoch ihre Filialen zu jeder Zeit in der Corona-Krise für ihre Kunden offen gehalten.

So hat Covid-19 auch Banken einem ungeplanten Stresstest unterzogen. Sie mussten sich mit der neuen Situation auseinandersetzen und Maßnahmen ergreifen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, ihre Belegschaft zu schützen und die Kunden auf dem Laufenden zu halten. Zudem waren und sind Banken als kritische Infrastruktur auch von der Politik als Partner zur Bewältigung der durch das Corona-Virus ausgelösten Probleme für die Wirtschaft als Ganzes und für ihre Kunden im Speziellen gefragt.

Aber wie immer fordern Krisenzeiten nicht nur heraus, sie bereichern auch mit essenziellen Erfahrungen, die gesammelt werden können, wenn man sich der Herausforderung aktiv stellt und sie managt. Durch die Fokussierung auf drei sozioökonomische Erfordernisse - Sicherstellung des Überlebens von Unternehmen, Erfüllung sozialer Verantwortung und Anpassung an die neue Normalität - haben Banken die durch die Pandemie ausgelösten Störungen minimiert und ihre Kundinnen und Kunden weiterhin mit den für sie wichtigen Bankdienstleistungen versorgt. Es zeigt sich hier einmal mehr, dass Banken ein wesentlicher Teil der Lösung sind, insbesondere in wirtschaftlichen Krisenzeiten.

Zentrale Rolle für das Überleben von Unternehmen

Die Sicherstellung der ununterbrochenen Unterstützung der Kunden durch Banken als verlässlicher Partner in der Krise hat viele Gesichter: So galt es von Anfang an in der Covid-19-Krise das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern in die Kreditwirtschaft zu stärken, um allfällig unreflektierte Finanzentscheidungen zu vermeiden. Die Banken haben schnell reagiert und im gemeinsamen Schulterschluss mit Politik und Staat die Kunden und damit auch die Wirtschaft fortlaufend mit Liquidität versorgt, sei es in Form der Vorfinanzierung staatlicher Fördermaßnahmen im Rahmen der Corona-Kurzarbeit, durch die Umsetzung eines Schuldenmoratoriums, um Erleichterungen für private Kreditnehmer und Kleinstunternehmen sicherzustellen, oder mittels Überbrückungsfinanzierungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Industrie.

Zudem haben sich Banken auch für die Ermöglichung eines höheren Limits für kontaktloses Zahlen im Handel eingesetzt. Insgesamt wurde der Bankensektor in der Krise seiner Verantwortung als verlässlicher Partner gerecht, indem einerseits die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung für Unternehmen in Form von Garantien für Überbrückungskredite bestmöglich umgesetzt wurden und andererseits bei Verbraucherkrediten die Aussetzung der Ratenzahlungen für in Not geratene Kunden formlos ermöglicht wurde.

Turbo für den digitalen Wandel auch im Bankgeschäft

Die anhaltende Covid-19-Pandemie hat sich vor allem auch als zusätzlicher Katalysator hinsichtlich der schon bisher stattfindenden Änderungen im Zahlungsverhalten der Kunden erwiesen. So ist seit Anfang des Jahres 2020 vor allem im Bereich des Zahlungsverkehrs die fortschreitende Digitalisierung mit dem Umstieg der Kunden auf neue Bezahlmethoden deutlich zu sehen. Digitale Bezahlmethoden und digitale Währungen haben in unsere Gesellschaft Eingang gefunden.

Gleichzeitig findet das Bezahlen mehr und mehr auf Plattformen im Internet statt. Bereits 45 Prozent der Zahlungen werden digital abgewickelt. Hier sind Kreditinstitute gefordert, ihren Kunden effiziente und sichere Bezahlmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Hand in Hand damit steht somit auch das Thema Cybersicherheit 2021 ganz oben auf der Agenda der Banken.

Österreichs Banken bieten ihren Kunden derzeit ein erweitertes Angebot von Online-Diensten an, um den Bedarf an Personal Banking zu befriedigen und bestehende Einschränkungen durch die Pandemie zu verringern. Banken nutzten aber in den letzten Monaten nicht nur stärker bereits vorhandene digitale Kanäle, um eine kontaktlose Kundenbindung zu ermöglichen, sondern sie beschleunigten auch die Wege zu digitalisierten Core-Banking-Prozessen wie Electronic Know Your Customer (eKYC), Erfassung digitaler Signaturen und Online-Einreichung von Dokumenten.

Vor dem Hintergrund der Covid-19-Situation hat auch die Politik entsprechend reagiert. Der Ruf nach einer rascheren gesetzlichen Ermöglichung der "kontaktlosen" Kundenbeziehung findet nun deutlich besseres Gehör bei Gesetzgebung und Aufsicht. Im Zuge der Krise wurde daher auch eine neue Dynamik und Offenheit hinsichtlich neuer Formen im Banking erkannt und berücksichtigt.

Es wurde evident, dass der digitale Weg nicht nur wünschenswert und zweckmäßig, sondern auch erforderlich und in Krisensituationen teilweise alternativlos ist. Zentral für die Zukunft ist aus Sicht des Bankenverbands der verstärkte Ausbau des digitalen Kanals. Die Ermöglichung eines Multichannel-Angebots verbunden mit der Wahlfreiheit der Kunden hinsichtlich der Art des Kanals, den sie für ihre Bankgeschäfte nutzen wollen, muss das erklärte Ziel sein. Jetzt ist die Zeit, die Möglichkeiten für digitale Bankgeschäfte auszubauen.

Fortführung der Initiativen auch nach Corona

Eine wesentliche Lesson Learned aus Covid-19 ist, dass vonseiten der Politik eine flexiblere Ausgestaltung für die Erbringung digitaler Bankdienstleistungen für Gesellschaft und Wirtschaft ermöglicht werden muss. Covid-19 hat die digitale Transformation der Finanzindustrie zwar beschleunigt, dabei sind jedoch auch einige rechtliche Hindernisse augenscheinlich geworden, wie beispielsweise die fehlende Alternative zur digitalen Signatur für kontaktlose Vertragsunterfertigungen oder das Nichtvorhandensein flexibler Lösungen für die aufsichtsrechtlichen MiFID-II-Telefonaufzeichnungspflichten im Wertpapiergeschäft für im Homeoffice tätige Mitarbeiter. Diese Lücken gilt es nicht nur für die Dauer der Pandemie, sondern dauerhaft zu schließen.

Der österreichische Bankenverband setzt sich daher dafür ein, dass die Lessons Learned - vor allem hinsichtlich einer erweiterten Ermöglichung digitaler Kanäle und administrativer Erleichterungen - auch in Zukunft regulatorisch und aufsichtsrechtlich weiterverfolgt werden. Initiativen, die gesetzt wurden, um den reibungslosen Bankgeschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, rechtliche Überlegungen, um digitale Kanäle auszubauen und Multichannel-Beratungsdienstleitungen für ihre Kundinnen und Kunden ebenso wie die Geldversorgung der Menschen in Österreich sicherzustellen, sollten nicht nur für den Krisenmodus Bestand haben. Sie müssen in weiterer Folge auch in Post-Corona-Zeiten mitgenommen werden.

Doris Zingl Leiterin Bereich Recht, Verband österreichischer Banken und Bankiers, Wien
 
Doris Zingl , Leiterin Bereich Recht, Verband österreichischer Banken und Bankiers, Wien
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