Investoren entdecken die Musik

Will Nicoll, Foto: M&G Investments

Die Art des Musikkonsums hat sich in den vergangenen Jahren mit der technischen Entwicklung verändert. Aus Platten wurden CDs und daraus wiederum Streaming. Was sich nicht verändert hat ist jedoch die Tatsache, dass die Menschen in beinahe jeder Lebenssituation gerne und viel Musik hören. Das macht das Musik-Business interessant für die Spezialfondsbranche, diese Meinung vertritt zumindest Will Nicoll. Vor allem das Streaming habe dabei geholfen, eine darbende Industrie wiederzubeleben und die Einnahmen wieder sprudeln zu lassen. Der Erwerb von Musikkatalogen, um durch die Royalties laufende Einnahmen zu generieren und Renditen von 15 Prozent anzustreben, erfreue sich unter professionellen Investoren zunehmender Beliebtheit. Der Autor rät diesen dabei eine spezielle Verwaltungseinheit mit einem Managementteam einzusetzen, das sich in der Branche auskennt. Durch aktives Management ließen sich die Erträge für die Investoren dabei nochmals deutlich optimieren. (Red.)

Wohin man auch geht, Musik umgibt einen überall. Aber die Art, wie man Musik erlebt, hat sich durch den technologischen Fortschritt rasant verändert: Früher kauften wir CDs oder Schallplatten, hörten die neuesten Hits im Radio, sahen Musikvideos oder besuchten Konzerte. Heute nutzen immer mehr Menschen Streaming-Dienste oder laden ihre Lieblingssongs herunter.

Mit der immer höheren Anzahl von Mobiltelefonen weltweit, auch und gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern, wird der Musikkonsum noch weiter steigen. Das ist ein Trend, der für Investoren auf der Suche nach Diversifizierung ihrer Portfolios interessant sein kann - allerdings werden dafür ganz spezielle Kompetenzen benötigt.

Abbildung 1: Streaming boomt Quelle: MIDiA Research Consumer Surveys Q4/16, Q4/17, Q4/18, Q4/19, n = 4 000, USA, Großbritannien, Australien
Abbildung 1: Streaming boomt Quelle: MIDiA Research Consumer Surveys Q4/16, Q4/17, Q4/18, Q4/19, n = 4 000, USA, Großbritannien, Australien

Wenn ein Song geschrieben oder aufgenommen wird, entsteht ein neues Musikurheberrecht. Ist dieses korrekt bei den entsprechenden globalen Agenturen registriert, werden jedes Mal, wenn ein Titel heruntergeladen, gestreamt, gespielt, aufgeführt oder anderweitig verwendet wird, Gebühren fällig, im Englischen auch Royalties genannt. Man unterscheidet grob zwei Arten von Urheberrechten, die Einnahmen generieren können:

  • Master-Urheberrechte ("Master Rights"): Recht auf Einnahmen, das an eine bestimmte Aufnahme eines Songs gebunden ist.
  • Veröffentlichungsrechte ("Publishing Rights"): Recht auf Einnahmen, das sich auf die Komposition im Allgemeinen bezieht und nicht auf eine bestimmte Aufnahme.

Drei Nutzungsarten sorgen für Erträge:

  • Mechanische Nutzung: Zahlung wird fällig, wenn eine Kopie eines Songs erstellt wird, entweder in physischer Form (CD, Vinyl und so weiter) oder in digitaler Form (Herunterladen oder Streaming auf ein Gerät).
  • Aufführungsnutzung: Zahlung wird fällig, wenn ein Song live aufgeführt, an einem öffentlichen Ort gespielt, im Fernsehen oder im Radio gesendet oder online gestreamt wird.
  • Synchronisationsnutzung ("Sync"): Zusätzlich wird eine Zahlung/Lizenzierungsgebühr fällig, wenn ein Song für die Nutzung in Kombination mit einem visuellen Medium, wie Film, TV oder Onlinemedien, lizenziert wird.

Wachstum durch Streaming

Weltweit werden die Einnahmen aus Musikaufnahmen voraussichtlich weiter steigen: Eine Studie von Goldman Sachs prognostiziert sogar eine Verdopplung bis zum Jahr 2030.1)

Der weitaus größte Trend beim Musikkonsum ist die Zunahme des Streamings. Bereits für das Jahr 2019 berechnete Deloitte, dass Streaming 80 Prozent der gesamten Einnahmen aus aufgezeichneter Musik ausmachte.2)

Musikliebhaber wählen immer öfter die Mietoption, statt Musik in Form von CDs oder Schallplatten zu erwerben. Dafür gibt es eine Reihe von Abo-Streaming-Optionen mit unterschiedlichen Preismodellen. Wer bereit ist, für besseren Zugang und Bequemlichkeit zu zahlen, bekommt dadurch ein personalisiertes Hörerlebnis.

Streaming-Dienste fördern die Popularität neuer Songs und bringen Lieblingsstücke vergangener Zeiten wieder ins Gedächtnis. Digitale Plattformen und Streaming-Dienste werden weltweit immer mehr zum Mainstream, wobei das durchschnittliche Alter der Nutzer sukzessive steigt (siehe Abbildung 1). Während die Durchdringung des Publikums bei Radionutzung und Konzertbesuchen, aber auch beim Download abnimmt, steigt sie beim Streaming von Jahr zu Jahr (siehe Abbildung 2).

Der Ausnahmezustand durch die Pandemie traf die Branche hart. Denn Erträge fließen nicht nur im Rahmen von Konzerten und Festivals. Künstler verdienen auch immer dann, wenn ihre Songs an öffentlichen Orten wie Geschäften, Restaurants, Pubs und Clubs gespielt werden. Während des Lockdowns konnten Royalties, die durch einen Anstieg des Online-Musikstreaming generiert wurden, die geschrumpften Einkünfte aus Musikveranstaltungen teilweise wieder ausgleichen.

Das Aufkommen kostenpflichtiger Modelle in den vergangenen Jahren hat der Musikindustrie nach Jahren schwindender Einnahmen und der existenziellen Bedrohung durch illegale Downloads wieder Leben eingehaucht und einen neuen Weg für Urheberrechtsinhaber gelegt, mit Lizenzeinnahmen Geld zu verdienen.

Wenn sie mit der notwendigen Expertise erschlossen werden, sind Urheberrechte an Musikaufnahmen ein interessanter Investmentmarkt, der vieles bietet, wonach Spezialfondsinvestoren heute für die Diversifizierung ihrer Portfolios suchen: Zugang zu einem wachsenden, spezialisierten Segment mit langfristigen Perspektiven. Dazu die Aussichten auf eine anhaltend gute strukturelle Entwicklung - besonders durch Streaming -, risikobereinigte Renditen und rentenähnliche Cashflows.

Royalties bringen Vielfalt in Investmentportfolios

Bevor sich jedoch der Wert von Musik in den Portfolios von Investoren niederschlagen kann, sind etliche Schritte erforderlich: Vermögensverwalter, die dieses Feld langfristig für ihre Kunden erschließen möchten, werden zu diesem Zweck eine spezielle Verwaltungsplattform gründen. Dafür benötigen sie ein spezialisiertes Team, in dem jeder und jede Einzelne über langjährige und detaillierte Erfahrungen in der Musikbranche verfügt. Außerdem ist ein etabliertes Netzwerk zu Autoren, Kreativen und Künstlern erforderlich.

Unternehmenszweck einer solchen Plattform ist es, Musik-Copyrights zu kaufen, zu besitzen und aktiv zu managen. Entsprechend fließen die Zahlungen zu, etwa aus Urheberrechtsanteilen, wie Tantiemen oder Lizenzgebühren, oder auch aus Vorauszahlungen, Aufführungs- und Synchronisationsgebühren.

Die Aufgaben des Expertenteams sind vielfältig: Zum einen prüfen sie die zum Kauf angebotenen Musikkataloge. In der Fachwelt versteht man darunter die Gesamtheit aller Werke eines bestimmten Künstlers oder einer Plattenfirma und die Rechte daran. So haben allein innerhalb der vergangenen zwölf Monate bekannte Sänger wie Bob Dylan oder Neil Young ihre Autorenrechte ganz oder teilweise verkauft.

Gekauft werden Songs oder Kataloge als Gesamtheit oder in Teilen oder lediglich die Publishing- beziehungsweise Master-Copyrights. Der neue Eigentümer kann so sicherstellen, dass er den größten Anteil an den generierten Einnahmen erhält - unabhängig davon, wie sich der Musikkonsum in Zukunft verändern wird. In den USA und Europa gelten die Urheberrechte für 70 Jahre nach dem Tod des Komponisten oder des letzten Co-Autors. Wenn also Songwriter und Interpreten das Urheberrecht zu Lebzeiten verkaufen, können sie den zukünftigen Wert dieser Einnahmen heute für sich und ihre Erben zu Geld machen.

Werkkataloge werden gekauft, weil der Erwerber den Katalog als langfristig wertvoll einschätzt oder weil dieser bereits einen nachgewiesenen kommerziellen Wert hat. Auch Kataloge, die der Interessent als unterbewertet, aber vielversprechend einschätzt, werden erworben. Mittelfristig dürfte Streaming zum wichtigsten Treiber für die Wertsteigerung von Musikkatalogen werden.

Der Wettbewerb ist groß - besonders bei Katalogen mit einem Wert von mehr als 20 Millionen US-Dollar. Vor allem in den vergangen fünf Jahren kam viel Kapital von großen institutionellen Investoren, die sich dabei oft sehr auf eine rein passive Verwaltung des Bestandes konzentrieren. Das hat die Möglichkeiten verringert, im Segment der großen, bereits konsolidierten, diversifizierten Kataloge attraktive Erträge zu erwirtschaften. Darüber hinaus hat die jüngste Konsolidierung des Verlagsmarktes durch Übernahmen prominenter unabhängiger Musikverlage, zum Beispiel Pulse Music, Big Deal oder SONGS, in der Mitte des Marktes eine Lücke hinterlassen, die es zu nutzen gilt.

Während mit großen, passiven Einkommensportfolios akzeptable risikobereinigte Renditen erzielt werden können, sind die höchsten Renditen mit kleineren Katalogen, beispielsweise einzelner Songwriter, mit Werten von einem bis zu 20 Millionen US-Dollar möglich. Für ein Investment bedeutet das: niedrigere Multiples und attraktivere Kaufpreise. Langfristig können so Managementplattformen für Musikrechte ein diversifiziertes, umfangreiches Portfolio aufbauen.

Abbildung 2: Ein Publikum - mehr Kanäle (in Prozent) Quelle: MIDiA Research Consumer Surveys Q4/16, Q4/17, Q4/18, Q4/19, n = 4 000, USA, Großbritannien, Australien
Abbildung 2: Ein Publikum - mehr Kanäle (in Prozent) Quelle: MIDiA Research Consumer Surveys Q4/16, Q4/17, Q4/18, Q4/19, n = 4 000, USA, Großbritannien, Australien

Wertsteigerung durch aktives Songmanagement

Die zweite wichtige Aufgabe der Spezialisten ist, das Potenzial ihrer Käufe optimal auszubauen, indem sie den Wert von Songkatalogen durch aktives Management steigern und die Einnahmen durch alternative Nutzungen der Urheberrechte erhöhen. Unter dem Fachbegriff Creative Licensing werden neue Versionen von Songs geschaffen oder Teile alter Stücke in neue Aufnahmen eingebracht. Das können Coverversionen für die Verwendung als Filmmusik oder im Fernsehen sein, aber auch Samples aus alten und aktuellen Liedern, die von neuen Künstlern aufgenommen werden. Die Platzierung in Videospielen und Werbung gehört ebenfalls dazu. So wird der Musikkonsum erhöht und die Erträge steigen stetig.

Außerdem werden zukünftige Wachstumspotenziale entwickelt. Dazu gehören beispielsweise Digital-First-Medienplattformen, die Audio- und visuelle oder soziale Inhalte mit Angeboten kombinieren, bei der die Nutzer in virtuelle Welten eintauchen. Zu dieser sogenannten immersiven Unterhaltung gehören Formate wie Virtual Reality oder Augmented Reality.

Es wird erwartet, dass digitale Medienplattformen wie Instagram, Youtube oder Reels, bei denen Musik ein größerer Teil des Geschäftsmodells geworden ist, weiter wachsen und damit zusätzliche Einnahmequellen für Urheberrechtsinhaber schaffen werden. Das gilt auch für nutzergenerierte Inhalte bei Tiktok.

Aktives Songmanagement heißt auch, dass zu jeder geplanten Neuerwerbung ein spezieller kreativer Plan für diese Songs präsentiert wird. Es muss von Anfang an klar sein, ob und wie mit diesem Katalog durch Creative Licensing zusätzliche Einnahmen generiert werden können. Ziel ist es, eine Rendite im Bereich von 15 Prozent über die Lebensdauer der Investition hinweg zu erreichen.

Investments in Musikrechte über eine spezialisierte Plattform bieten ein einzigartiges Risiko-Rendite-Profil und eine geringe Korrelation mit den Renditen der meisten traditionellen und alternativen Anlageklassen. Es könnte daher eine unkorrelierte und diversifizierende Quelle für langfristige, stabile Erträge bieten - auch in Zeiten größerer wirtschaftlicher Unsicherheiten.

Denn Musik wird über den gesamten Wirtschaftszyklus hinweg genutzt, durch Streaming künftig noch intensiver. Und weil die Angebote hier vergleichsweise kostengünstig sind, sollten sie relativ widerstandsfähig gegen wirtschaftliche Störungen und sinkende verfügbare Haushaltseinkommen sein.

Fußnoten

1) Goldman Sachs Global Investment Research 2020: "Music in the air 2020".

2) Deloitte Juni 2020: "How streaming is changing the music industry".

Will Nicoll , CIO Private & Alternative Assets , M&G Investments, London

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