Hat die Banknotenqualität Einfluss auf die Falschgelderkennung? Eine experimentelle Studie

Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank

Quelle: Manjit Jari

Carl-Ludwig Thiele, Mitglied des Vorstands, Dr. Martina Eschelbach und Dr. Susann Sieber, Zentralbereich Bargeld, alle Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main - Das Vertrauen der Bevölkerung in die Währung zu erhalten und ein Gefühl der Unsicherheit bei Zahlungsvorgängen erst gar nicht aufkommen zu lassen, ist das Ziel einer wirkungsvollen Falschgeldprävention. In diesem Sinne ist die Bundesbank mit den anderen Notenbanken im Eurosystem angehalten, die nötigen Sicherheitsstandards der Bargeldversorgung zu gewährleisten und gleichzeitig durch ihre Sortierstandards die Kosten für die Notenbanken und Marktteilnehmer möglichst niedrig zu halten. Auch Praxistests mit Verbrauchern und Kassierern tragen dazu bei, dieses Optimum zu erreichen. Die Autoren erläutern die Vorgehensweise einer Studie über den Zusammen hang von Banknotenqualität und Falschgelderkennung. Bei Kenntnis und gleichzeitiger Prüfung mehrerer Sicherheitsmerkmale, so eine ihrer Botschaften, werden Fälschungen wesentlich besser erkannt. (Red.)

Eine der wichtigsten Aufgaben von Notenbanken im Bargeldkreislauf ist die Falschgeldprävention. Die unwissentliche Annahme von falschen Banknoten und Münzen kann für den Einzelnen zu hohen finanziellen Schäden führen, da Falschgeld von den Notenbanken nicht erstattet wird. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine wirkungsvolle Falschgeldprävention nötig, um das Vertrauen in die Währung zu erhalten. Wichtig ist, Falschgeld möglichst frühzeitig, also bereits beim ersten Bezahlvorgang an der Kasse, zu erkennen. Damit dies möglich ist, müssen zum einen die Sicherheitsmerkmale von Banknoten der Öffentlichkeit vertraut sein. Zum anderen müssen diese auf der Banknote auch erkennbar sein, das heißt, die Banknote darf nicht zu stark verschmutzt oder beschädigt sein.

Mindeststandards bei der Sortierung von Banknoten

Zu diesem Zweck gehen einige Notenbanken im Eurosystem über die Mindeststandards bei der Sortierung von Banknoten hinaus. Auch die Bundesbank folgt dieser Vorgehensweise, die implizit auch vom EZB-Beschluss 2010/14 gestützt wird. Allerdings erhöhen bessere Sortierstandards auch die Kosten für Notenbanken und Marktteilnehmer, da mehr Banknoten vernichtet und durch neue ersetzt werden müssen. Dies könnte dem Ziel eines effizienten Bargeldkreislaufs entgegenstehen. Deshalb muss sichergestellt sein, dass die höheren Sortierstandards tatsächlich die Erkennung von Falschgeld für die Bevölkerung erleichtern.

Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, führte die Deutsche Bundesbank zusammen mit der Niederländischen Zentralbank in den Jahren 2014 und 2015 eine experimentelle Studie durch.1) Ziel war es herauszufinden, ob Fälschungen in einem sauberen Umlauf tatsächlich besser erkannt werden. Zudem war von Interesse, welche Sicherheitsmerkmale bei der Echtheitsprüfung Verwendung finden und wie hilfreich sie dabei sind.

Verbraucher und Kassierer als Zielgruppe der Studie

Zielgruppe der Studie waren Verbraucher und Kassierer im Handel aus Deutschland und den Niederlanden. Um Teilnehmer anzusprechen, fuhren die Forscher ein Jahr lang in Supermärkte und Einkaufszentren und errichteten Stände bei öffentlichen Veranstaltungen. Insgesamt gelang es, zirka 500 Personen für die Studie zu gewinnen.

Die Teilnehmer wurden gebeten, sich einem Test zu unterziehen. Ihre Aufgabe war es, aus verschiedenen Stapeln mit 20- und 50-Euro-Banknoten gefälschte Exemplare herauszufinden. Bei den gefälschten Exemplaren handelte es sich um tatsächliche, aus dem Umlauf gezogene Nachbildungen. Um die Testsituation möglichst realitätsnah zu gestalten, wurden die Teilnehmer gebeten, die Sortierung möglichst zügig vorzunehmen und Banknoten untereinander nicht zu vergleichen. Anschließend notierten die Forscher, wie viele echte und gefälschte Banknoten jeweils richtig sortiert wurden und wie viel Zeit für die Aufgabe benötigt wurde. Zum Abschluss füllten die Teilnehmer einen kurzen Fragebogen aus. Neben Angaben zur Person wurde darin auch erfasst, welche Sicherheitsmerkmale bei der Prüfung der Banknoten verwendet wurden.

Leichtere Falschgelderkennung bei sauberen Banknoten?

Was die Teilnehmer nicht wussten: Die Banknotenstapel unterschieden sich hinsichtlich ihrer Sauberkeit. Die eine Hälfte der Testpersonen erhielt Stapel mit relativ sauberen Banknoten (sauberer als beispielsweise in Deutschland), die andere Hälfte Stapel mit relativ schmutzigen Banknoten (schmutziger als in den meisten Euroländern). Dabei entsprach es dem Zufall, welche Art von Stapel eine Testperson erhielt. Für die Auswertung verglichen die Forscher die Testergebnisse von Personen mit sauberen und schmutzigen Stapeln. Sollte die Sauberkeit von Banknoten tatsächlich eine Rolle bei der Erkennung von Falschgeld spielen, müssten Personen mit sauberen Stapeln im Durchschnitt bei den Tests besser abschneiden als die Vergleichsgruppe mit schmutzigen Stapeln.

Verbraucher erkannten durchschnittlich 79 Prozent der Fälschungen, Kassierer in Handelsunternehmen sogar 88 Prozent. Für die Testleistung der Verbraucher spielte es keine Rolle, ob sie saubere oder schmutzige Stapel erhalten hatten. Bei den Kassierern gab es jedoch Unterschiede. So lag die Entdeckungsrate von Kassierern mit sauberen Stapeln ceteris paribus im Mittel um 4,4 Prozentpunkte höher als bei Kassierern mit schmutzigen Stapeln.2) Es scheint, als ob zumindest bei Kassierern ein sauberer Banknotenstandard die Erkennung von falschen Banknoten erleichtert.

Allerdings muss diese Aussage ein Stück weit relativiert werden. Denn die Forscher fanden auch heraus, dass die Kassierer bei sauberen Stapeln zwar mehr falsche Banknoten als solche erkannten. Jedoch wurden auch mehr echte Banknoten irrtümlicherweise für Fälschungen gehalten. Die Testpersonen waren den sauberen Banknoten gegenüber also misstrauischer und sortierten generell mehr Banknoten aus.

Welche Sicherheitsmerkmale wurden geprüft?

Mithilfe der Fragebögen ließ sich auch nachvollziehen, welche Strategie die Testpersonen bei der Identifikation von Falschgeld anwendeten. Die Abbildung zeigt, auf welche Sicherheitsmerkmale sich die Teilnehmer während der Tests konzentrierten. Von den Testpersonen am häufigsten genannt ist das Wasserzeichen. Als eines der ältesten Sicherheitsmerkmale hat es in der Bevölkerung den höchsten Bekanntheitsgrad. 57 Prozent der Verbraucher und 61 Prozent der Kassierer gaben an, dieses Sicherheitsmerkmal für die Prüfung verwendet zu haben.

Des Weiteren zog ein erstaunlich hoher Anteil der Testpersonen die Papierbeschaffenheit als Prüfkriterium heran. Das Baumwollfaserpapier echter Eurobanknoten fühlt sich weicher an als herkömmliches Papier. 55 Prozent der Konsumenten und 39 Prozent der Kassierer verließen sich bei der Prüfung auf diesen Unterschied. Allerdings führte dies bei vielen Tests auch zu Fehleinschätzungen. Insbesondere druckfrische echte Banknoten erschienen den Teilnehmern weniger griffig und wurden deshalb häufiger als Fälschungen deklariert.

Zu besseren Ergebnissen führte die Verwendung des fühlbaren Reliefs. Dieses Sicherheitsmerkmal war vor allem unter Kassierern beliebt (39 Prozent), da es an der Kasse eine sehr schnelle und unauffällige Prüfung von Geldscheinen erlaubt. Verbraucher nutzten es hingegen weit seltener (10 Prozent).

Die Frage, welches Sicherheitsmerkmal für die Befragten am hilfreichsten war, bleibt jedoch letztendlich offen. Die Sicherheitsmerkmale wurden fast immer in Kombination geprüft, was eine Isolierung von Einzeleffekten erschwert. Auffällig ist, dass Personen, die mehrere Sicherheitsmerkmale zur Prüfung heranzogen, durchweg gute Testergebnisse erzielten. Eine gute Kenntnis der Sicherheitsmerkmale scheint somit der beste Schutz vor Falschgeld zu sein. Dementsprechend empfehlen die Notenbanken des Eurosystems die Prüfung der Banknoten nach dem Prinzip "Fühlen, Sehen, Kippen" durchzuführen.

Gute Umlaufqualität sicherstellen

In den durchgeführten Tests gelang es Kassierern deutlich besser, Fälschungen zu identifizieren, wenn sie es mit durchweg sauberen Banknoten zu tun hatten. Hohe Sortierstandards können in Realität also wesentlich zu einer schnellen Erkennung von Falschgeld an der Kasse beitragen. Allerdings sorgten insbesondere druckfrische Banknoten während der Tests auch für Irritationen. Nicht selten wurden sie irrtümlicherweise für Fälschungen gehalten.

Hieraus ergibt sich für Zentralbanken zunächst ein Zielkonflikt. Einerseits erleichtert ein sauberer Banknotenumlauf die Echtheitsprüfung. Andererseits werden druckfrische Banknoten in der Bevölkerung zunächst auch skeptischer betrachtet. Für Bargeldnutzer entstehen hierdurch zusätzliche "Prüfkosten", da sie geneigt sind, ihr Wechselgeld häufiger und intensiver auf Echtheit zu prüfen. Da der Schutz der Bevölkerung vor Falschgeld jedoch Vorrang haben sollte, besteht für die Bundesbank kein Zweifel, an den bereits hohen Sortierstandards in Deutschland festzuhalten. Diese tragen sicherlich auch zum niedrigen Falschgeldaufkommen in Deutschland bei.

Bei Auswertung der Prüfstrategien der Teilnehmer fiel des Weiteren auf, dass bei Kenntnis und gleichzeitiger Prüfung mehrerer Sicherheitsmerkmale Fälschungen wesentlich besser erkannt wurden. Sicherheitsmerkmale schützen die Bevölkerung vor Falschgeld, indem sie die Nachbildung von Banknoten erschweren. Ihren vollen Schutz können sie jedoch nur entfalten, wenn die Bevölkerung sie auch kennt und prüft. Informationskampagnen und Schulungsangebote zum Thema Falschgeld sind also effektiv und sollten weiter ausgebaut werden.

Fußnoten

1) Vgl.: Van der Horst, F., Eschelbach, M., Sieber, S. and Miedema, J. (2016), Does banknote quality affect counterfeit detection? Experimental evidence from Germany and the Netherlands, Deutsche Bundesbank Discussion Paper No 06/2016.

2) "Ceteris paribus" bedeutet ein Vergleich "unter sonst gleichen Bedingungen". In diesem Fall wurde für den Vergleich berücksichtigt, dass die Kassierer nicht alle das gleiche Alter, das gleiche Geschlecht, das gleiche Bildungsniveau und die gleiche Erfahrung im Umgang mit Bargeld haben - Faktoren, die bei der Falschgelderkennung auch eine Rolle spielen könnten. Diese Unterschiede wurden mithilfe einer sogenannten Regressionsanalyse egalisiert.

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