Chancen und Risiken von CoCos aus Investorensicht

Michael Hünseler, Geschäftsführer und Leiter Credit Portfolio Management, Assenagon Asset Management S.A., München - Dass Banken mehr Kapital für gleichzeitig risikoärmeres Geschäft vorhalten sollen, darin sind sich Aufsicht, Investoren und Politik einig. CoCos spielen dabei für die Banken eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der Basel-III-Vorgaben. Sie gelten als Bail-in-Instrumente, die den Fortbestand einer Bank gewährleisten oder im Insolvenzfalle im vollen Umfang Verluste absorbieren sollen. Aufgrund der komplexen Ausgestaltung und der sich häufig ändernden regulatorischen Rahmenbedingungen bleibt eine Anlage für Investoren teilweise mit Unsicherheiten verbunden. Aus deren Sicht beschreibt der Autor die Funktionsweise dieser Anleihengattung und die für die Bewertung wichtigen Kriterien. (Red.)

Contingent Convertibles (CoCos) haben in kürzester Zeit eine beachtliche Evolution erlebt. Mit einem Volumen von aktuell mehr als 100 Milliarden Euro, verteilt auf 79 Anleihen von mehr als 29 europäischen Banken, hat sich dieser Markt längst aus seinem Nischendasein gelöst und als eigenständige Assetklasse etabliert. Diese Entwicklung ist eine unmittelbare Folge der aufsichtsrechtlich von Banken zu erfüllenden Minimumkapitalquoten, die mit der Einführung von Basel III sowohl der Höhe als auch der Zusammensetzung nach erheblich verschärft wurden. CoCos spielen eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der Basel-III-Vorgaben, da bis zu 1,5 Prozent der Mindestkapitalquote in Form von zusätzlichem Kernkapital (Additional Tier 1, AT1) und bis zu 2 Prozent als hierzu vorrangiges Ergänzungskapital (Tier 2) gebildet werden können. CoCos gelten als Bail-in-Instrumente, die im Stressfall den Fortbestand (Going Concern) eines Kreditinstituts gewährleisten und im Insolvenzfall (Gone Concern) im vollen Umfang Verluste absorbieren sollen.

Nach unbefriedigenden Erfahrungen mit Tier-1-Anleihen in der Finanzkrise wurden CoCos so ausgestaltet, dass diese die an hartes Eigenkapital gestellten Anforderungen wie die unmittelbare, unwiderrufliche, unbedingte sowie zeitlich unbefristete und nachrangige Verlustübernahme ohne Verpflichtung zu einer Ausschüttung erfüllen.

Klare Vorteile

Im Vergleich zur Eigenkapitalerhöhung, die aufgrund der Verwässerung der Stimmrechtsanteile und Dividendenansprüche oftmals auf den Aktienkursen der Emittenten lastet, bieten CoCos den Finanzinstituten klare Vorteile. Sowohl die steuerlich bevorzugte Behandlung von Nachranganleihen, bei der die Zinsaufwendungen als Kosten berücksichtigt werden können, wie auch das historisch niedrige Zinsniveau, das sich aus Sicht der Emittenten sehr günstig auf die Gesamtverzinsung der Nachranganleihen auswirkt, sprechen für die CoCos als Instrument der Wahl zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten.

Hinzu kommt die in vielen Fällen hinter den Erwartungen zurückbleibende Eigenkapitalrendite der Kreditinstitute, die einerseits einen sorgsamen Umgang mit der Ressource Kapital erfordert, darüber hinaus aber auch die mit der Aufnahme von Kapital am Markt verbundenen Kosten zu einer wichtigen Entscheidungsgröße für die Führung eines Kreditinstituts werden lässt. Daher erwarten Finanzanalysten auch in den kommenden Jahren eine Fortsetzung des bisherigen rasanten Marktwachstums der CoCos. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist jedoch eine anhaltende und ausreichende Nachfrage durch die Anleger.

Während grundsätzlich in der Politik, bei den Regulatoren und auch den Investoren Einigkeit darüber zu bestehen scheint, dass Banken mehr Kapital für gleichzeitig risikoärmeres Geschäft vorzuhalten haben, werden CoCos in diesem Zusammenhang sehr kontrovers diskutiert.

Insbesondere in Europa äußerten sich die deutsche und die englische Finanzaufsicht warnend hinsichtlich der Eignung dieser Finanzinnovationen für Privatanleger1) und auch die Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA wies auf die Gefahr hin, dass sich Investoren vor allem von der hohen Verzinsung bei der Anlageentscheidung leiten lassen könnten, ohne die damit verbundenen Risiken vollständig erfasst zu haben.2) Während sich auch die BaFin gegenüber CoCos eher reserviert zeigt, werden Contingent Convertibles von der Bundesbank3) und anderen Institutionen der Politik und Aufsicht aufgrund ihres wichtigen Beitrages zur Rekapitalisierung der Banken und der damit einhergehenden Versorgung der Wirtschaft mit Krediten begrüßt. Dieser Beitrag soll einen Einblick in die Sicht eines auf Nachranganleihen spezialisierten Asset Managers geben und die mit einem Investment in CoCos verbundenen Herausforderungen, aber auch damit einhergehende Chancen und Risiken aufzeigen.4)

Besonderheiten von CoCo-Hybridanleihen

Grundsätzlich sind Bedenken hinsichtlich der Kompatibilität von CoCos mit den im Vergleich zu anderen Assetklassen wie Aktien als risikoärmer geltenden Schuldverschreibungen berechtigt. Zwar gelten CoCos als Hybridanleihen, die sowohl Merkmale von Fremd- als auch Eigenkapital aufweisen. Sie sind darin vergleichbar mit Hybridanleihen von Industrieunternehmen, die vom Emittenten in Übereinstimmung mit geltenden Bilanzierungsregeln als Eigenkapital angerechnet werden und bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auch von den Ratingagenturen bei der Ermittlung des Verschuldungsgrads als Eigenkapital berücksichtigt werden.

Dennoch sind zwischen Hybridanleihen des Finanzsektors und denen der Industrie erhebliche Unterschiede auszumachen. Beispielsweise sind nur Finanzinstitute aufgefordert, aufsichtsrechtliche Mindestkapitalvorgaben einzuhalten. CoCos weisen daher sogenannte Trigger auf, die bei Abschmelzen des verlustabsorbierenden Kapitals auf einen Schwellenwert der Kapitalquote, je nach Ausgestaltung des CoCos eine teilweise oder vollständige Abschreibung oder Konvertierung in Aktien zu einem festgelegten Bezugsverhältnis und Preis (Trigger-Ereignis) auslösen. Neben dem Ausfallrisiko, bei dem ein CoCo entsprechend seiner Rangstufe aus den Insolvenzerlösen befriedigt wird, kommt daher bei Contingent Convertibles dem Trigger-Risiko eine besondere Bedeutung zu.

Erhebliche Herausforderungen hinsichtlich Bewertung der Risiken

Dagegen müssen Anleger bei Hybridanleihen von Nichtfinanzinstituten aufgrund der vertraglichen Nachrangigkeit im Schadensfall zwar ebenfalls mit hohen Einbußen bis hin zum Totalverlust rechnen, allerdings entspricht das Eintrittsrisiko für diese Verluste der Ausfallwahrscheinlichkeit und ist damit identisch mit dem erstrangiger Gläubigerforderungen. Da abschreibende CoCos bei Eintreten des Trigger-Ereignisses noch vor dem Aktienkapital in vollem Umfang zur Verlustabsorption herangezogen werden, ist theoretisch eine nachteilige Behandlung gegenüber den Aktionären möglich.

Diese faktische Subordination löst die klassische Hierarchie von Eigen- und Fremdkapitalgebern auf und stellt so Investoren vor erhebliche Herausforderungen hinsichtlich der Bewertung der mit CoCos einhergehenden Risiken und der dafür erforderlichen monetären Kompensation.

Auch unterlaufen CoCos in bestimmten Fällen die vertraglich geregelte Rangstufe, indem beispielsweise ein Tier 2-CoCo ein höheres Trigger-Niveau aufweist als ein nachrangigerer Tier 1-CoCo, wie dies etwa bei der schweizerischen Credit Suisse der Fall ist.5) Nur bei plötzlichem Eintreten der Insolvenz (Jump to Default), bei der die Aufsicht keine Möglichkeit zur stabilisierenden Intervention und Aktivierung der gegebenen Trigger hätte, würde die Rangstufe wieder über den Wertgehalt von Aktie, Tier 1-CoCos und Tier 2-CoCos sowie aller anderen Gläubigerforderungen entscheiden.

Es verwundert daher nicht, dass die besondere Komplexität der CoCos diese zum Objekt des akademischen Interesses und vielfältiger Untersuchungen macht. Anreizmechanismen für den Regulator, den Emittenten, Eigen- und Fremdkapitalgeber bei Existenz von CoCos werden beleuchtet und Handlungsempfehlungen hinsichtlich einer geeigneteren Ausgestaltung der Hybridanleihen gegeben. Bewertungsansätze sollen das besondere Trigger-Risiko erfassen. Während die wissenschaftlichen Analysen auch für Anleger sachdienlichen Aufschluss über die Risiken von CoCos geben, lassen die Erkenntnisse - nicht zuletzt aufgrund der oftmals stark vereinfachenden Annahmen und Zusammenhänge - oftmals eine für Investmententscheidungen notwendige Realitätsnähe und damit Praxisrelevanz vermissen.

Von entscheidender Bedeutung für die Wertbeständigkeit eines CoCo-Investments ist es, dass die von einem Kreditinstitut eingegangenen Risiken in der Summe einen ausreichenden Ertrag nach Risiko-, Kapital-, Liquiditäts- und anderen operativen Kosten erzielen. Hierzu sind eine geeignete Erfassung des Risikogehalts der Aktiva sowie eine adäquate Bepreisung der Risiken unverzichtbar. Daher soll neben der angemessenen Kapitalausstattung vor allem die zielführende Steuerung der Risikotragfähigkeit zur Erhaltung eines Kreditinstituts beitragen. Banken ist es unter bestimmten Voraussetzungen freigestellt, eigene bankaufsichtlich zugelassene Risikomessverfahren zur Berechnung der Risikoarten Adressenausfall-, Marktpreis- und operationales Risiko anzuwenden und auf dieser Basis die erforderliche Eigenmittelausstattung zu ermitteln. Es ist daher die ureigenste Aufgabe der Bankenaufsicht, dort korrigierend einzugreifen, wo die eingesetzten Verfahren dem Anspruch an ein geeignetes Risikomanagement nicht genügen.6)

Da marktpreisbasierte CoCo-Trigger nicht zu Unrecht im Verdacht stehen, eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale (Death Spiral) in Gang setzen zu können, stellen die meisten Trigger auf nur infrequent zu beobachtende Kapitalquoten ab. Aus diesem Grund kommt der Fähigkeit eines Kreditinstituts, nachhaltig stabile und wenig volatile Erträge zu generieren sowie der angemessenen Bewertung der Risikoaktiva und ihrem Risikogewicht eine besondere Bedeutung zu, da diese die Kapitalquote maßgeblich beeinflussen.

Während die präventiv agierende Finanzaufsicht für sich in Anspruch nimmt, einen fortlaufenden Dialog mit den zu überwachenden Instituten zu unterhalten und daher auch zeitnah Kenntnis über die Höhe der Kapitalquoten und deren Veränderung zu erhalten, werden Investoren nur in größeren zeitlichen Abständen und mit nennenswerten Zeitverzug informiert und unterliegen daher gegenüber der Aufsicht einem Informationsnachteil. Hinzu kommt, dass in Schieflage geratene Finanzinstitute in der Vergangenheit oftmals kein objektives Bild der bestehenden Risikosituation vermittelt haben und so eine vom Kapitalmarkt als auch vom zuständigen Regulator nicht erwartete Gefahrenlage entstand.

Berücksichtigung von Risiken

Die im Zusammenhang mit dem 2013 durch geführten Asset Quality Review (AQR) der Europäischen Zentralbank vorgenommenen Anpassungen der Vermögensbewertungen sowie der Kapitalquoten einzelner Kreditinstitute lassen den Schluss zu, dass die den Banken eingeräumte Methodenfreiheit mitunter zur Optimierung des Kapitalkonsums der Risikoaktiva genutzt wurden. Die Anfälligkeit der Kapitalquoten für Manipulation und Methodenwechsel wurde 2013 besonders am Beispiel der dänischen Danske Bank deutlich, bei der die regionale Aufsicht eine Anpassung des verwendeten Modells mit der Folge des Anstiegs der Risikoaktiva um 100 Milliarden Dänen-Kronen beziehungsweise einem Rückgang der Kernkapitalquote um 170 Basispunkte anordnete. Investitionen in CoCos erfordern daher neben der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des Erreichens des Trigger-Schwellenwertes und der damit verbundenen Verluste besonders auch die Berücksichtigung von Risiken wie:

- dem anleihevertraglich geregelten Point of Non Viability (PONV), bei dem die zuständige Aufsicht das Trigger-Ereignis nach eigenem Ermessen initiiert beziehungsweise außervertraglich die Entwertung des CoCos anordnet,

- der Aussetzung der Kuponzahlungen auf Veranlassung des Emittenten oder der Finanzaufsicht,

- der Nichtausübung des Kündigungsrechtes mit der Folge einer längeren bis unendlichen Laufzeit aufgrund der Ablehnung der Kündigung durch den Regulator,

- einer erheblichen Fehlbewertung der Aktiva und Unterschätzung des Risikogehalts mit der Konsequenz einer deutlich geringeren als ausgewiesenen Kapitalquote sowie

- der Verschlechterung der Kapitalquote aufgrund einer durch die Finanzaufsicht vorgegebenen Revision der Risikomessverfahren beziehungsweise der Risikogewichte der Aktiva gegebenenfalls auch ohne Veränderung des wirtschaftlichen Risikos der Aktiva.

Da CoCos mit einem niedrigen Trigger nur sehr spät zu einer den Going Concern sicherstellenden Rekapitalisierung beitragen, ist davon auszugehen, dass die Aufsicht schon zu einem erheblich früheren Zeitpunkt vom PONV Gebrauch machen wird.7) Aufgrund der beschriebenen Unsicherheit, die eine exakte, wirklichkeitsnahe und fortlaufende Bestimmung der Kapitalquote von Finanzinstituten insbesondere im Stressfall nur bedingt erlauben, sind Bewertungsmodelle für CoCos, deren Schwerpunkt auf der Kapitalquote liegt, sowie Theorien, die das strategische Verhalten von Eigentümern und Gläubigern in Abhängigkeit von der Kapitalquote beleuchten, auf ihre Relevanz für die Anwendung kritisch zu hinterfragen. Gleichwohl lässt sich zeigen, dass die Volatilität von Kernkapitalquoten im Zeitverlauf Aufschluss über die Risikoprämie eines CoCos gibt. Allerdings unterlagen die berichteten Kapitalquoten in den vergangenen Jahren Änderungen in der Definition und lassen sich daher teilweise nur einschränkend vergleichen.

Bewertungsansätze für CoCos in Theorie und Praxis

Für Anleger ist es von größter Bedeutung, dass die mit einem Investment verbunden Risiken ex ante bekannt und tragbar sind und für die Übernahme dieser Risiken eine ausreichende Kompensation geboten wird. Dies setzt ein hohes Maß an Transparenz und umfangreiche Kenntnisse hinsichtlich der Anlageinstrumente voraus. Es spricht daher nicht grundsätzlich gegen CoCos, dass sie unter bestimmten Umständen einen weitestgehenden oder völligen Wertverlust erleiden, denn im Vergleich zu anderen Investmentprodukten mit hohem Verlustrisiko wird gerade hier dieses Risiko besonders deutlich hervorgehoben. Beim Gone Concern, bei dem ein Kreditinstitut den Geschäftsbetrieb einstellt und abgewickelt wird, werden sowohl das Zusatzkapital als auch das Ergänzungskapital in vollem Umfang zur Verlustabsorption herangezogen mit der Folge eines anzunehmenden Totalverlustes. Es ist davon auszugehen, dass in diesem Fall die Gestaltung des Trigger-Mechanismus, also die Umwandlung in Aktien oder eine ganz oder teilweise Abschreibung, hinsichtlich der Verlusthöhe bei einem CoCo keinen Unterschied machen wird.

Neben dem Ausfallrisiko weisen CoCos aufgrund ihrer Gestaltung zusätzlich das sogenannte Trigger-Risiko auf, bei dem im Rahmen eines "Going Concern" bei Abschmelzen des Kapitals auf eine definierte Höhe im Verhältnis zu den Risikoaktiva die vertraglich festgelegte Wandlung in Aktien oder Abschreibung stattfindet, um den Erhalt des in Not geratenen Kreditinstituts zu gewährleisten.

Dieses besondere Risiko zu quantifizieren ist Anliegen der Bewertungsmodelle für CoCos, bei denen nach aktuellem Stand drei Ansätze unterschieden werden können.8) Die firmenwertbasierten Structural Models stellen auf die Zusammensetzung der Bankbilanz ab; es kommt zur Insolvenz, wenn der Wert der Aktiva unter den Wert der Verbindlichkeiten fällt. Wird dagegen ein kritisches Verhältnis von Kapital zu Aktiva erreicht, löst dies den CoCo-Trigger aus.

Auf beobachtbaren Marktpreisen beruht dagegen der Aktien-Derivate-Ansatz, der das Auszahlungsprofil eines CoCos über eine synthetische Aktie mit einem das Trigger-Ereignis widerspiegelnden Knockout, die Abschreibung beziehungsweise Konvertierung über einen Long Down and In Asset at Hit und das Aussetzen der Kuponzahlungen über Short Binary Down and In Barriers nachbildet und so dem Trigger-Ereignis einen Aktienkurs zuordnet. Ebenfalls auf Marktpreisen basiert der Credit-Derivatives-Ansatz, der - verkürzt dargestellt - die Ableitung des Ausfallrisikos der CoCos von beobachtbaren Credit Spreads zum Inhalt hat.

Da sich bei den Contingent Convertibles bisher kein Marktstandard gebildet hat und von einer zunehmenden Zahl von Emittenten eine Vielzahl unterschiedlich ausgestatteter CoCos begeben worden sind, dienen die Bewertungsmodelle nicht nur der Risiko- und Wertbestimmung, sondern ermöglichen auch die Vergleichbarkeit der CoCos zueinander. Gelingt es, Fehlbewertungen von CoCos zu identifizieren, lässt sich ein Zusatzertrag durch aktives Tauschen der Anleihen eines Emittenten bei gleichzeitig unverändertem Ausfall- und Trigger-Risiko erzielen. Die bisherigen Erfahrungen mit dem von de Spiegeleer und Schoutens vorgestellten Aktien-Derivate-Modell9) 10) weisen auf konsistente und marktphasenunabhängige Ertragspotenziale hin, die in der speziellen Nachfragesituation für in verschiedenen Währungen ausgestellten CoCos begründet sein mögen.

Mehr Sicherheit durch Absicherung

Der erklärte Wille der europäischen Staaten, zukünftig keine Steuergelder zur Rettung eines Finanzinstituts zu verwenden, findet sich sowohl in den nationalen Erlassen als auch in Vorgaben der Europäischen Kommission wieder und lässt bei der gegebenen Deutlichkeit keine Zweifel hinsichtlich der Ernsthaftigkeit aufkommen. Die aktuellen Erfahrungen, wie etwa im Fall der Schieflage der portugiesischen Bank Banco Espirito Santo, aber auch bei der österreichischen Hypo Alpe Adria oder der holländischen SNS Bank zeigen, dass Nachranginstrumente Verluste des emittierenden Instituts absorbieren, ohne dass es dafür einer Insolvenz oder vertraglich geregelter Trigger-Mechanismen bedarf. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die hier genannten Vorgänge auf ihre rechtliche Grundlage hin geprüft werden. Die Ereignisse stellen jedoch klar, dass auch Jahre nach der Finanzkrise Bankenpleiten zur wirtschaftlichen Realität gehören.

Die Gestaltung der CoCos erleichtert dabei den steuerzahlerschonenden Bail-in, ist aber dafür keine notwendige Voraussetzung. Die am Kapitalmarkt zu beobachtenden Renditeunterschiede zwischen CoCos und klassischen Nachranganleihen stehen auch in deutlichem Widerspruch zu dem "No Creditor Worse Off Principle" der in den europäischen Mitgliedsstaaten im Januar 2015 in Kraft getretenen Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD11), nach der bei einer Abwicklung kein Gläubiger schlechter als bei einer gewöhnlichen Insolvenz gestellt werden soll. Aus Anlegersicht ist es daher nicht nur für CoCos, sondern für alle Bankverbindlichkeiten erforderlich, konkrete Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung der Kapitalquoten, des Verhaltens des Managements des Kreditinstituts und der Finanzaufsicht zu formulieren und diesen dann entsprechende Gewinn- und Verlustszenarien zuzuordnen.

Das Risiko-/Ertragsprofil bei CoCos kann jedoch durch den Erwerb von Absicherungen optimiert werden. Neben Zins- und Währungsrisikoabsicherungen stehen in vielen Fällen auch Put-Optionen zur Reduzierung des Verlustrisikos bei abschmelzender Kapitalquote und gegebenenfalls Ausübung des CoCo-spezifischen Triggers zur Verfügung. Während selbst nachrangige Kreditderivate die Einlieferung von Tier 1-CoCos nicht vorsehen und daher als geeignetes Hedge-Instrument nicht in Betracht kommen, ist eine weitgehende Kompensation der Kursverluste eines Co-Cos im Stressfall durch den Erwerb einer ausreichenden Zahl von Aus-dem-Geld-Put-Optionen auf die Aktie des Emittenten zu erwarten.

Unterstützt wird diese Annahme auch durch das oben erwähnte Aktien-Derivate-Modell zur Bewertung von CoCos, das dem Trigger-Ereignis einen Aktienkurs zuordnet und so die Ermittlung der passenden Absicherungsstrategie ermöglicht. Diese Vorgehensweise profitiert auch von der gewöhnlich sehr kurzen Verfallszeit eines angeschlagenen Kreditinstituts, da aufgrund des kollabierenden Aktienkurses sowohl der innere Wert des Puts als auch die Volatilitätsprämie steigt ("Leverage-Effekt"). Die Kosten einer solchen Option mit einer Restlaufzeit von einem Jahr liegen aktuell deutlich unter der Rendite von CoCos und ermöglichen so eine kostengünstige Absicherung des Extremereignisses eines Triggers ("Tail Risk Hedge"), nicht jedoch des Risikos selbst nennenswerter Marktpreisschwankungen der CoCos. Der Grund dafür liegt in dem Umstand, dass sich "weit aus dem Geld" befindliche Put-Optionen nur bei sehr deutlichen Kursveränderungen der Referenzaktie bewegen.

Weiterhin Unsicherheit bei Investoren

Angesichts der komplexen Ausgestaltung der CoCos als auch der sich häufig ändernden regulatorischen Rahmenbedingungen besteht unverändert einige Unsicherheit bei Investoren hinsichtlich der Eignung von CoCos für das Anlagevermögen. Da die BaFin in der Vergangenheit Vorbehalte gegen die Einführung vertraglicher Bail-in-Instrumente ausgesprochen hat12), bleibt ihr auf der anderen Seite nur die Berücksichtigung eines größtmöglichen Teiles der Passiva zur Verlustdeckung und Entlastung des Steuerzahlers im Fall einer Bankenschieflage. Der als Entwurf vorliegende Gesetzesänderungsvorschlag des Bundesfinanzministeriums zur Umsetzung des einheitlichen europäischen Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism - SRM)13) sieht daher folgerichtig die gesetzliche Subordination von erstrangigen Bankanleihen, darunter auch Inhaberschuldverschreibungen, Namensanleihen und Schuldscheine, zu anderen erstrangigen Forderungen vor.

Investoren von Erstranganleihen ("Senior Unsecured") müssen also davon ausgehen, dass die bevorzugte Behandlung anderer, in der Rangstufe sonst gleichgestellter Gläubiger im Verwertungsfall zu einer niedrigeren Insolvenzquote beziehungsweise einem höheren Wertverlust der Anleihe führt. Die anzunehmende Höhe des Verlusts ist abhängig von der oftmals intransparenten Gestaltung der Passivseite eines Kreditinstituts, die zudem noch fortlaufenden Änderungen unterliegt und kann daher selbst von erfahrenen Analysten nur schwer quantifiziert werden.

Stimmen Bundestag und Bundesrat dem Vorschlag zu, verschiebt sich in der Folge die Last im Verlustfall auf die Investoren der erstrangigen Bankanleihen und Schuldscheine. Am Kapitalmarkt ist dieser Anstieg des Risikogehalts von Erstrang- relativ zu Nachranganleihen des Ergänzungskapitals deutlich am Abschmelzen der Renditedifferenz zwischen diesen beiden Instrumenten zu erkennen. Die BaFin wies schon zuvor nachdrücklich auf ihre Bedenken hinsichtlich einer Akkumulierung von Bankenausfallrisiken bei anderen durch die BaFin regulierten Instituten hin. Nach Einschätzung der Präsidentin der BaFin, Dr. Elke König, seien insbesondere deutsche Versicherer bereits sehr stark in Bankanleihen investiert.14) Zur Entlastung des Steuerzahlers muss jedoch sichergestellt sein, dass der Marktaustritt eines Kreditinstituts ohne Existenzberechtigung in Form eines tragfähigen und nachhaltigen Geschäftsmodells ohne Schäden für das Finanz- und Wirtschaftssystem möglich und glaubhaft umsetzbar ist.

Neben der Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Banken, die das Bestehen auch unter adversen Bedingungen gewährleisten soll, ist daher auch unverändert die Verflochtenheit des Finanzsystems zu adressieren. Während also die Bail-in-Regeln, die in keinem anderen Finanzinstrument so klar ihre Entsprechung finden wie in der Struktur und Ausstattung der CoCos, die Stabilisierung und - sofern notwendig - Isolierung eines angeschlagenen Instituts zum Gegenstand haben, ist die Befürchtung der Infizierung auch anderer Finanzinstitute eine offensichtliche Hürde bei der Beurteilung der CoCos auf Eignung für Kapitalsammelstellen.

Hier ist einzuwenden, dass die isolierte Betrachtung der von CoCos ausgehenden Risiken keinen Nutzen stiftet. Es entsteht der Eindruck, dass, noch während die Abwicklungsmechanismen von Banken gestaltet werden, die daraus resultierenden Effekte von der Aufsicht als so schwer abschätzbar eingestuft werden, dass die Übernahme dieser Risiken nicht unterstützt wird - unabhängig von der tatsächlichen Gefährdung und Vereinbarkeit mit der Risikotragfähigkeit des Investors.

Daher sind klare Regeln, die den Erwerb von CoCos vor allem auf die Fähigkeit der Risikobewertung und -übernahme des Investors abstellen, wünschenswert und Voraussetzung für eine ausgeglichene Entwicklung dieses Kapitalsegments.

Literatur

Berg, Tobias/Kaserer, Christoph (2012): Does Contingent Capital Induce Excessive Risk-Taking and Prevent an Efficient Recapitalization of Banks?, Arbeitspapier, Humboldt-Universität zu Berlin, August 2012.

Dando, Raphael/Gu, Frederic/Turc, Julian (2014): Co-Cos: a pricing model, Société Générale Cross Asset Quant Research, März 2014.

De Spiegeleer, Jan/Schoutens, Wim (2012): Pricing Contingent Convertibles: A Derivatives Approach. The Journal of Derivatives, Vol. 20, No. 2, Winter 2012, S. 27-36.

De Spiegeleer, Jan/Schoutens, Wim (2014): The Handbook of Hybrid Securities: Convertible Bonds, CoCo Bonds and Bail-In. Wiley

Deutsche Bundesbank (2013): Bankinterne Methoden zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit und ihre bankaufsichtliche Bedeutung, in: Monatsbericht, März 2013, S. 31-45.

European Securities and Markets Authority ESMA (2014): Potential Risks Associated with Investing in Contingent Convertible Instruments, Juli 2014.

Gupta, Anshul/Akuzawa, Toshinao/Nishiyama, Yoshihiko (2013): Quantitative evaluation of contingent capital and its applications, North American Journal of Economics and Finance Vol. 26, S. 457-486, 2013.

Hünseler, Michael (2013): Credit Portfolio Management. A Practitioner's Guide to the Active Management of Credit Risks. Palgrave McMillan, 2013.

König, Elke (2013): Gesprächsreihe zu Strukturreformen im europäischen Bankensektor: Wiederherstellung privater Haftung und die zukünftige Rolle der Aufsicht. Diskussionsveranstaltung der Goethe Universität Frankfurt, Juli 2013.

Tophoven, Axel/Becker, Thorsten/Yoo, Chan-Jae (2014): CoCo-Bonds: Risiken für Privatanleger, Ba-Fin Journal Oktober 2014.

Wilkens, Sascha/Bethke, Nastja (2014): Contingent Convertible (CoCo) Bonds: A First Empirical Assessment of Selected Pricing Models, CFA Institute, March/April 2014.

Zech, Sarah / Rudolph, Bernd (2015): Einsatzmöglichkeiten und Verlustabsorptionsfähigkeit von CoCos, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 12/2015.

Fußnoten

1) S. a. Tophoven/Becker/Yoo (2014).

2) Vgl. ESMA (2014).

3) S. a. "Eine Lanze für die CoCo-Bonds" von Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Februar 2015.

4) Der Autor setzt voraus, dass die einschlägigen Bestimmungen zur Regulierung der Banken und den Einsatz von CoCos betreffend bekannt sind. Für einen guten Überblick hierzu siehe Zech/Rudolph (2015).

5) Der Tier-2-CoCo der Credit Suisse mit einem Kupon in Höhe von 7,875 % und Kündigungsrecht 2016 konvertiert bei Erreichen des Triggers von 7 %, dagegen wird der mit 6,25 % verzinsliche Tier-1-CoCo der Bank mit Rückzahlungsmöglichkeit 2024 erst bei Unterschreiten einer Kapitalquote von 5,125 % abgeschrieben.

6) S. a. Deutsche Bundesbank (2013).

7) Die Mindesteigenkapitalquote im adversen Szenario des Stresstests der EZB im Jahr 2014 lag bei 5,5 %. CoCos mit einem Trigger unterhalb dieses Wertes wurden daher nicht berücksichtigt.

8) S. a. Wilkens/Bethke (2014).

9) S. a. De Spiegeleer/Schoutens (2012).

10) S. a. De Spiegeleer/Schoutens (2014).

11) S. a. Directive 2014/59/EU der Europäischen Kommission vom 15. Mai 2014.

12) S. a. König (2013), S. 4.

13) S. a. Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusgesetz - AbwMechG) der Bundesregierung vom 30. April 2015 (http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetzentwuerfe_Arbeitsfassungen/2015-04-30-abwicklungsmechanismus.html).

14) S. a. König, Elke (2013), S. 12.

Michael Hünseler , Head of Credit Portfolio Management, Assenagon, München
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