Das bereits seit Mitte der 1950er-Jahre bestehende Instrument zur Verbesserung des Zugangs zu Krediten wurde nicht für die Krise entwickelt. Im Wesentlichen ging es darum, den Nachteilsausgleich kleiner und mittlerer Unternehmen beim Zugang zu Fremdkapital im Gegensatz zu größeren Unternehmen sicherzustellen, der sich gerade bei strukturell besonders wichtigen Vorhaben wie Gründung, Nachfolge, Innovation oder starkem Wachstum zeigte. Im Ergebnis wird der laufende Strukturwandel unterstützt und die Erneuerung der Wirtschaft quasi als Frischzellenkur verstärkt.
Doch das Bürgschaftsinstrumentarium hat auch eine konjunkturpolitische Dimension, wie sich bereits in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zeigte. Seinerzeit schnellten die Anträge binnen kurzer Zeit nach oben und am Ende erhielten im Rahmen des Wirtschaftsfonds Deutschland rund 15 000 Unternehmen dringend notwendige Liquidität. Bis zur Corona-Pandemie war die konjunkturelle Lage in den letzten Jahren in Deutschland durch ein solides Wirtschaftswachstum und historisch niedrige Insolvenzzahlen gekennzeichnet.
Angesichts der guten Finanzierungsbedingungen und hohen Eigenkapitalquoten war das finanzielle Polster für Mittelständler in der Gesamtsicht weiterhin gut und auf hohem Niveau der Vorjahre. Laut KfW-Mittelstandspanel 2019 lag die Eigenkapitalquote zuletzt bei 31,2 Prozent. Steigende Eigenkapitalquoten der Unternehmen sind auch Ergebnis wirtschaftlichen Erfolgs, verbessern das Rating und sind damit eine gute Voraussetzung, um problemlos an zusätzliche Kredite zu kommen. Im Gegenzug schwächte sich die Nachfrage bei den Bürgschaftsbanken in dieser Zeit etwas ab.
Säule der staatlichen Corona-Hilfen
Mitte März 2020 änderte sich dies schlagartig. Als eine der drei Säulen der staatlichen Corona-Hilfe und Instrument innerhalb des "Schutzschildes für Unternehmen und Beschäftigung" konnten die Bürgschaftsbanken helfen, den akuten Liquiditätsbedarf mit Überbrückungskrediten abzusichern. Als eines der ersten Förderinstitute mit einem digitalen Produktangebot bei Ausbruch der Pandemie haben mehrere Tausend betroffene Betriebe auf dem im vergangenen Herbst gestarteten Finanzierungsportal "ermoeglicher.de" Finanzierungsanfragen gestellt. Hier konnten die Bürgschaftsbanken auch durch ihre Beratungskompetenz und regionale Vernetzung sowie Verwurzelung punkten, sodass die Hilfe nicht immer mit einer aktiven Bürgschaftsübernahme verknüpft war, sondern auch alternative Möglichkeiten aufzeigte.
Sofern infolge der Corona-Krise zur Überbrückung Kredite über die Hausbank notwendig werden, können die Bürgschaftsbanken diese im erweiterten Programmangebot grundsätzlich besichern. Dabei können Bürgschaften für Hausbank- oder Förderdarlehen sowie auch für Kontokorrent- und Avalrahmen übernommen werden. Hierfür gilt die Voraussetzung, dass die Unternehmen solide Geschäftsmodelle vorweisen müssen, die vor Ausbruch der Krise wirtschaftlich tragfähig gewesen sind.
Ausweitung der Fördermöglichkeiten
Im Zuge der aktuellen Situation haben die privaten Bürgschaftsbanken eine erhebliche Ausweitung ihrer Fördermöglichkeiten vom Bund und den Bundesländern erhalten. Diese umfassen unter anderem die Anhebung der Bürgschaftsobergrenze auf 2,5 Millionen Euro (bisher 1,25 Millionen Euro), eine um 10 Prozentpunkte höhere Rückbürgschaft des Bundes sowie verschiedene Maßnahmen zur Beschleunigung der Entscheidungen. Auch wurde der Anteil der Bürgschaften, der sich auf Betriebsmittelfinanzierungen beziehen darf, signifikant erweitert.
Großer Liquiditätsbedarf
Die Bürgschaftsbanken nutzen zudem das im Zuge des Temporary Framework verbesserte EU-Beihilferegime und haben somit mehr Freiräume zur Unterstützung von Unternehmen, was sich beispielweise auch in der auf 90 Prozent erhöhten Bürgschaftsquote widerspiegelt. In vielen Fällen sind die Bürgschaftsbanken als regionale Selbsthilfeorganisationen auch in ergänzende Hilfsprogramme der Länder eingebunden.
Nach ersten Zahlen erreichten die Bürgschaftsbanken zwischen dem 1. Januar und 31. Mai 2020 über 4 100 Anträge von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit einem Finanzierungsvolumen von über 1,2 Milliarden Euro (+ 28 Prozent). Davon konnten bereits über 3 000 mittelständische Unternehmen und Freiberufler in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterstützt werden. Dies ist über ein Drittel mehr verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Allein bezogen auf den Zeitraum seit Ausbruch der Corona-Krise Mitte März verdoppelten sich bei vielen Bürgschaftsbanken die Antragszahlen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erhöhten sich die Genehmigungen von Bürgschaften/Garantien am meisten beim Hotel- und Gastgewerbe (+ 83 Prozent), beim Handel (+ 46 Prozent) sowie im Dienstleistungsbereich (+ 43 Prozent).
Die Bürgschaftsbanken ermöglichen gerade auch in der aktuell schwierigen Lage weiterhin Neugründungen, auch wenn diese im genannten Zeitraum um rund 8 Prozent abgenommen haben. Dabei lässt sich beobachten, dass Vorhaben auch gezielt zurückgestellt werden, bis sich die Rahmenbedingungen wieder etwas normalisiert haben. Derzeit besteht eine besonders hohe Nachfrage von unmittelbar durch den Lockdown betroffenen Unternehmen. Es ist allerdings zu beobachten, dass verstärkt auch Betriebe in den unterschiedlichen Lieferketten teilweise über drastische Auftrags- und Umsatzrückgänge klagen und hieraus Liquiditätsbedarf entsteht.
Grundsätzlich sind die Bürgschaftsbanken branchenübergreifend tätig, sodass nicht nach bestimmten Branchen beurteilt wird, sondern jeweils das einzelne Vorhaben, gerade auch bei besonders von Corona betroffenen Wirtschaftszweigen. Wichtig ist, dass nun zu erwartende Ratingdowngrades den Zugang zu Bürgschaften nicht verschließen, da es diesbezüglich keine Restriktionen gibt und, wie erwähnt, stets die wirtschaftliche Situation vor Ausbruch von Covid-19 betrachtet wird.
Ein großer Teil der Anfragen wurde bereits über das Ende 2019 gelaunchte Finanzierungsportal der Bürgschaftsbanken online gestellt. Gerade auch von sehr kleinen Unternehmen, die in der Folge im Wesentlichen von Sofortzuschüssen profitierten. Neben dem Unternehmer oder der Unternehmerin steht der digitale Weg auch den Kreditinstituten, Kammern oder Beratern zur Verfügung, die in wenigen Minuten Anfragen einstellen können.
Wachsender Anteil digitaler Anfragen
Zu Beginn des Ausbruchs der Pandemie war der Andrang enorm. In den ersten Tagen stieg die Anzahl der Anfragen sprunghaft an. Im Zeitraum März bis Mai wurden insgesamt mehr als 8 000 Anfragen über das Finanzierungsportal gestellt. Dies sorgte für einen ungeplanten Live-Stresstest. Mit einem äußerst schnellen Hochfahren der Leistungskapazität und dem Implementieren weiterer IT-Sicherheitsmaßnahmen konnte ein stabiler technischer Prozess jederzeit gewährleistet werden. Somit hat sich das Portal für die Bürgschaftsbanken gerade auch in der Krise als weiterer effektiver Distributionskanal erwiesen.
Das Finanzierungsportal bietet auch einen Mehrwert für Banken und Sparkassen: Der Kommunikationsweg zu den Bürgschaftsbanken wird vereinfacht und der Aufwand bei der Prüfung von Gründungen und Investitionsvorhaben deutlich verringert. Stellen Kreditinstitute eine Anfrage über das Portal ein, wird das Vorhaben unmittelbar durch die Bürgschaftsbanken geprüft und aufbereitet. Das erhöht die Prozesseffizienz und führt zu schnelleren Entscheidungen.
Die Bürgschaftsbanken kämpfen um jeden Einzelfall, doch der Unterstützung in der Krise stehen diesem Förderauftrag regulatorische Vorgaben in den geplanten Gesetzesänderungen entgegen: die neue europäische Regelung zu den sogenannten Non-Performing Loans/Exposures ("Risikoreduzierungsgesetz"). Dieses konterkariert die subsidiäre Mitwirkung des Bundes und der Länder, die Bürgschaftsbanken bei der Förderung des Mittelstandes durch staatliche Rückbürgschaften zu unterstützen.
Die auch durch die Unterstützung der Bundesregierung in Brüssel eingebrachten anstehenden Korrekturen hinsichtlich der staatlichen Garantien sind aus Sicht der Bürgschaftsbanken ein notwendiger und wichtiger Schritt. So kann den Instituten ermöglicht werden, ihren Förderauftrag gerade auch in der Zukunft bei konjunkturellen Krisensituationen, wie der aktuellen, die Finanzierungsmöglichkeiten des deutschen Mittelstands zu erfüllen.
Regulatorik gefährdet Förderauftrag
Insgesamt brauchten die deutschen Bürgschaftsbanken, als rein nationale Spezialinstitute, aber nach wie vor einen eigenen rechtlichen Rahmen und Aufsichtsansatz, der sie als private von der Wirtschaft getragene "Selbsthilfeeinrichtungen" angemessen reguliert. Durch die weitgehende Gleichsetzung von Bürgschaftsbanken als reinen "KWG-Banken" mit LSIs als CRR-Kreditinstituten ist davon auszugehen, dass gegebenenfalls weitere für die Stabilität des deutschen Kreditwesens notwendige Regulierungsmaßnahmen nicht ohne Weiteres mit dem Förderauftrag von Spezialinstituten wie Bürgschaftsbanken in Einklang zu bringen sind.
Durch die Unterstützung des Mittelstands in Zeiten der Pandemie sowie die Einbeziehung der Bürgschaftsbanken mit ihrem Finanzierungsportal in die Rettungspakete der Bundesregierung konnte das Bürgschaftsinstrument als effizientes und flexibles Werkzeug für individuelle Finanzierungslösungen noch stärker am Markt und in der Politik wahrgenommen werden. Doch nicht nur in der Krise, sondern auch in der kommenden Aufschwungphase stehen die Bürgschaftsbanken mit ihrem flexiblen Bürgschaftsinstrument weiterhin als Partner der Hausbanken zur Verfügung.