Neue geldpolitische Strategie

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Bestände des Eurosystems an Wertpapieren für geldpolitische Zwecke Quelle: EZB
Bestände des Eurosystems an Wertpapieren für geldpolitische Zwecke Quelle: EZB

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat am 8. Juli 2021 und damit früher als ursprünglich erwartet seine neue geldpolitische Strategie veröffentlicht. Nach Auffassung des EZB-Rats kann Preisstabilität am besten gewährleistet werden, wenn mittelfristig ein Inflationsziel von 2 Prozent angestrebt wird. Dieses Ziel ist symmetrisch, das heißt, negative Abweichungen von diesem Zielwert sind ebenso unerwünscht wie positive. Wenn die nominalen Zinssätze in einer Volkswirtschaft in der Nähe ihrer effektiven Untergrenze liegen, sind besonders kraftvolle oder lang anhaltende geldpolitische Maßnahmen nötig, um zu verhindern, dass sich negative Abweichungen vom Inflationsziel verfestigen. Dies gehe unter Umständen damit einher, dass die Inflation vorübergehend leicht über dem Zielwert liegt.

Der EZB-Rat hat zudem bestätigt, dass die Leitzinsen das bedeutendste geldpolitische Instrument der EZB bleiben. Weitere Instrumente, wie die Forward Guidance, Ankäufe von Vermögenswerten und längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, bleiben fester Bestandteil des Instrumentariums der EZB und werden gegebenenfalls eingesetzt.

Der Rat der Europäischen Zentralbank hat bestätigt, dass der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) auch künftig die geeignete Messgröße sei, um zu bewerten, ob das Preisstabilitätsziel erfüllt ist. Er räumt jedoch ein, dass der HVPI die für private Haushalte relevante Inflation besser abbilden würde, wenn die Kosten für selbst genutztes Wohneigentum berücksichtigt würden und dass es noch mehrere Jahre dauern wird, bis selbst genutztes Wohneigentum in den HVPI einfließt. Unterdessen wird der EZB-Rat bei seinen geldpolitischen Beurteilungen Inflationsmessgrößen heranziehen, die anfängliche Schätzungen der Kosten für selbst genutztes Wohneigentum berücksichtigen, um sein Spektrum an breiter gefassten Inflationsmessgrößen zu ergänzen.

Der Klimawandel und der Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beeinflussen die Aussichten für die Preisstabilität, da sie sich auf makroökonomische Indikatoren wie Inflation, Produktion, Beschäftigung, Zinssätze, Investitionen und Produktivität, Finanzstabilität sowie die geldpolitische Transmission auswirken. Darüber hinaus haben der Klimawandel und der Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft Auswirkungen auf den Wert und das Risikoprofil der Vermögenswerte in der Bilanz des Eurosystems. Dies führt unter Umständen zu einer unerwünschten Konzentration von klimabezogenen Finanzrisiken.

Mit ihrem Maßnahmenplan will die EZB ihren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels erhöhen, im Einklang mit ihren Verpflichtungen gemäß den EU-Verträgen. Der Plan umfasse Maßnahmen, durch die die laufenden Initiativen des Eurosystems zur stärkeren Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten gefördert und ausgeweitet werden. Der Schwerpunkt wird auf folgenden Bereichen liegen:

Makroökonomische Modelle und Beurteilung der Implikationen für die geldpolitische Transmission. Die EZB wird die Entwicklung neuer Modelle beschleunigen und theoretische und empirische Analysen durchführen, um die Folgen des Klimawandels und der damit verbundenen Maßnahmen für die Wirtschaft, das Finanzsystem und die geldpolitische Transmission durch die Finanzmärkte und das Bankensystem auf Unternehmen und private Haushalte zu überwachen.

Statistische Daten für Risikoanalysen zum Klimawandel. Die EZB wird neue experimentelle Indikatoren entwickeln, die relevante grüne Finanzinstrumente und den CO2-Fußabdruck von Finanzinstituten sowie die klimabezogenen physischen Risiken abdecken, denen diese In stitute ausgesetzt sind.

Offenlegungen als Anforderung für die Zulassung als Sicherheit und für Ankäufe von Vermögenswerten. Für Vermögenswerte des privaten Sektors wird die EZB Offenlegungsanforderungen als ein neues Zulassungskriterium oder als Grundlage für eine differenzierte Behandlung als Sicherheit oder im Rahmen der Ankäufe von Vermögenswerten festlegen.

Ausbau der Risikobewertungskapazitäten. Die EZB wird 2022 mit der Durchführung von Klimastresstests beginnen, um die Risikoexposition des Eurosystems in Bezug auf den Klimawandel zu beurteilen. Dabei nutzt sie die Methodologie ihres gesamtwirtschaftlichen Klimastresstests. Darüber hinaus wird die EZB prüfen, ob die vom Rahmenwerk für Bonitätsbeurteilungen im Eurosystems zugelassenen Ratingagenturen die Informationen offengelegt haben, die erforderlich sind, um zu verstehen, wie sie Klimarisiken in ihre Bonitätsbeurteilungen einfließen lassen. Des Weiteren wird die EZB die Entwicklung von Mindeststandards für die Berücksichtigung von Klimarisiken in ihren internen Ratings in Erwägung ziehen.

Sicherheitenrahmen. Die EZB wird relevante Klimarisiken bei der Prüfung der Bewertung und der Risikokontrollmaßnahmen für Vermögenswerte berücksichtigen, die von Geschäftspartnern als Sicherheiten für Kreditgeschäfte des Eurosystems gestellt werden. Darüber hinaus wird die EZB weiterhin strukturelle Marktentwicklungen bei Nachhaltigkeitsprodukten überwachen. Sie ist bereit, Innovationen im Bereich nachhaltiges Finanzwesen innerhalb ihres Mandats zu fördern.

Ankäufe von Wertpapieren des Unternehmenssektors. Die EZB hat bereits begonnen, relevante Klimarisiken bei ihren Due-Diligence-Prüfungen für ihre Ankäufe von Wertpapieren des Unternehmenssektors in ihren geldpolitischen Portfolios zu berücksichtigen. Künftig will die EZB die Regelungen, an denen sich die Allokation der Ankäufe von Unternehmensanleihen orientiert, im Einklang mit ihrem Mandat um Klimakriterien ergänzen.

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