Gespräch des Tages

Wirtschaftsgeschichte - Dem stabilen Geld verpflichtet

Dr. Dieter Classen, Essen, schreibt der Redaktion aus Anlass der Jubiläumsausgabe 60 Jahre ZfgK am 1. September dieses Jahres:

"Wie wenig hat sich doch in den sechzig Jahren geändert. Schon damals hat Prof. Günter Schmölders, bei dem ich in die Schule ging, Politiker und die Währung richtig eingeschätzt. Wenn sie keiner verteidigt, wehrt sie sich mit Inflation. Einer der Großen und Sparsamen jener Zeit war Prof. Hettlage, der noch zu den Staatsbeamten verlässlichen Schlages unter Konrad Adenauer gehörte.

Sechzig Jahre Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen bedeuten zugleich Wirtschafts-, Kapital- und Finanzgeschichte, und das war immer schon aufregend. Volkmar Muthesius, dem ich während meiner Deutsche-Bank-Zeit häufiger begegnete, legte schon damals mit großem rhetorischen Geschick den Finger in die Wunde, aber unter Konrad Adenauer war das alles noch viel einfacher. In einer globalen Welt einer europäischen Währung und Politikern, die häufig überfordert sind, bedarf es eines Instrumentariums, wie Ihrer Zeitschrift, um zumindest den Menschen, die lesen können, das zu vermitteln, was die EZB sich zum obersten Gebot gemacht hat, nämlich Währung stabil zu halten und damit die Inflation niedrig.

Aber selbst mit dem Maastrichter Vertrag hat man ex officio schon drei Prozent Inflation jährlich verbrieft, was wohl auch im Schnitt auf Dauer in Anspruch genommen wird. Das ist, wenn man so will, eine ganz besondere Bürgersteuer, auf die Politiker ungern hinweisen, sind sie in der Regel doch selbst der Verursacher. Das Schlimme dabei ist, dass sich keiner von ihnen mehr beim Wort nehmen lässt und lieber seine Reputation verspielt, als sein Amt zu verlieren.

Ich selbst lese Ihre Zeitschrift, seit ich vor 58 Jahren zum Oberbeamten der Deutschen Bank aufstieg. Intensiv und spannend war die Lektüre in der Regel, auch wenn sie manchmal traurig stimmte. Was ich mir wünsche, wäre zuweilen etwas mehr Deutlichkeit, damit die Politiker, soweit sie Ihre Zeitschrift lesen, merken, wie ernst es Ihnen und Ihrem Leserpublikum um die Sache geht. Wenn ich mich dann hoffentlich mit 85 Jahren zur Ruhe setze, freue ich mich auf mehr Zeit, unter anderem auch für das Lesen der ZfgK."

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