Gespräch des Tages

Währungen - Poker um das Erdöl im Tschad

Liest man die monetäre Statistik, dann sollte man nicht glauben, dass die afrikanische Republik Tschad zu den ärmsten Ländern der Erde zählt. In der Tat leben die - geschätzten - 8,8 Millionen Einwohner in großer Armut: Auf der UN-Skala, die 177 Länder umfasst, bildet das Land mit der Rangstelle 173 fast das Schlusslicht. Dennoch hat dies in den vergangenen Jahren der Währung keinen negativen Effekt beschert. Im Gegenteil: Mussten Ende 2000 noch 704,95 Francs CFA für einen US-Dollar hingeblättert werden, verbesserte sich die Relation bis Ende 2005 auf 556,04 Franc und bis Ende Juni 2006 auf 515,97 Francs. Das gilt auch für die Entwicklung der Währungsreserven, so bescheiden sie auch sein mögen.

Sie beliefen sich im Jahre 2000 auf 110,70 Millionen US-Dollar, erhöhten sich bis 2005 auf 225,58 Millionen US-Dollar und bis zum April 2006 auf 279,83 Millionen US-Dollar. Die Zahlen verstehen sich ohne den geringen Goldbestand, der zum Beispiel heuer im Frühjahr lediglich 7,11 Millionen US-Dollar betrug.

Auch die Teuerung dürfte sich weitaus moderater entwickelt haben als in manch anderen Staaten des afrikanischen Kontinents. Nimmt man den Index der Verbraucherpreise von 100 im Jahre 2000, dann waren - nach offiziellen Angaben - Ende vergangenen Jahres 113,2 erreicht. Die guten Daten sind das Spiegelbild der Wirtschaft seit der Zeit, als das Erdöl zu sprudeln begann. Vorher nährte sich der Tschad, dessen Gebiet nur zu etwa einem Drittel landwirtschaftlich nutzbar ist, vom Anbau der im eigenen Land gebrauchten Lebensmittel wie Hirse, Maniok, Datteln, Sesam oder Reis, wobei die wichtigste Anbaukultur die Baumwolle war. Darüber hinaus war der Tschad von der Entwicklungshilfe abhängig. Das schwarze Gold änderte freilich die Situation. Zwischen Oktober 2003 und Dezember 2005 konnten 133 Millionen Fass Erdöl exportiert werden, was dem Land 307 Millionen US-Dollar oder 12,5 Prozent der Erlöse je Fass bescherte.

Dann freilich bewahrheitete sich wieder einmal die Erkenntnis, dass Kasse sinnlich macht. Ende 2005 setzte sich die Regierung unter dem Präsidenten Idriss Déby über eine Vereinbarung hin-012_Winkel_HSBC_185_130_Kreditwesen 02.11.2006 9:46 weg, die 1999 unter Mithilfe der Weltbank zustande gekommen war. Diese sah vor, dass 80 Prozent der Öleinnahmen für Bildung, Gesundheit und öffentliche Infrastruktur auszugeben seien. Weitere zehn Prozent sollten für künftige Generationen auf die hohe Kante gelegt werden. Indessen hat das Gesetz von Ende 2005 das Ganze auf den Kopf gestellt. Das Ölgeld fließt seither einfach in die Staatskasse, ausstehende Beamtengehälter wurden beispielsweise damit gezahlt und der 10-Prozent-Fonds zur Zukunftssicherung wurde aufgelöst. Die empörte Weltbank stoppte postwendend ihre Entwicklungshilfe, womit 124 Millionen US-Dollar an Krediten und direkten Zuschüssen eingefroren wurden.

Unbeeindruckt davon sucht sich der Tschad jetzt andere Einnahmequellen zu erschließen. Ende August dieses Jahres wurden die Ölkonzerne Chevron (USA) und Petronas (Malaysia) des Landes verwiesen, weil sie angeblich 488,9 Millionen US-Dollar Steuern nicht bezahlt hätten. Der Staat sollte mehr Einfluss auf die Ölförderung ausüben und natürlich mehr Geld für sich beanspruchen. Angeblich ist auch eine gemeinsame Gesellschaft mit französischen und chinesischen Partnern geplant. Den Franzosen werde dafür gedankt, dass sie im April 2006 halfen, eine Rebellion gegen Déby niederzuschlagen, und China sollte im Gegenzug davon Abstand nehmen, den Rebellen über den Sudan Waffen zu verkaufen. Ob sich all diese Winkelzüge einmal auszahlen, muss die Zukunft zeigen. Zweifel sind angebracht. OS.

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