Aufsätze

Vorteil aktives Management - Investmentlösungen zur Risiko- und Alphasteuerung

Die Ereignisse an den Kapitalmärkten seit 2008 haben nicht nur bei den Bewertungen vieler Vermögenswerte deutliche Spuren hinterlassen. Das Ausmaß der Krise, die durch die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers drastisch verstärkt wurde und das globale Finanzsystem in die Nähe des Kollaps brachte, hat auch private wie institutionelle Anleger zutiefst verunsichert. An der Verunsicherung hat die Aufholjagd der Börsen seit April 2009 nichts grundlegend geändert. Welche Auswirkungen die Krise auf die Realwirtschaft hat, lässt sich auch heute noch nur vage abschätzen. Dass das Schlimmste verhindert wurde, ist den massiven und weltweit koordinierten Maßnahmenpaketen der Regierungen und Zentralbanken zu verdanken, die durch staatliche Stimuli und billiges Geld gegengesteuert haben.

Comeback des aktiven Managements

Nach Krisenintervention in 2008 und ersten Genesungserfolgen in 2009 lässt sich erkennen, dass die Weltwirtschaft Anfang 2010 bereits mit den Nebenwirkungen der vorher verabreichten Medizin zu kämpfen hat. Hatte günstiges Fremdkapital, mit dem viele Finanzakteure Renditen auf deutlich überdurchschnittliches Niveau gehebelt hatten, maßgeblich zum Entstehen der Krise beigetragen, so erschwert die massiv vorhandene Liquidität an den Kapitalmärkten heute erneut die Orientierung für Anleger. Der wenig differenzierende zwischenzeitliche Anstieg der Risikoprämien auf historische Höchstwerte stellte nur eine kurze Episode dar. Und die Frage, ob der jüngste Aufschwung nur geliehen ist, scheint durchaus berechtigt.

In diesen extremen Zeiten werden Geschäftsmodelle auf die Probe gestellt. Beispiele von Unternehmen, die lange mit dem Strom mitschwimmen konnten und im Zuge der Krise plötzlich auf dem Trockenen saßen, gab es zuhauf in der jüngsten Vergangenheit. Doch jetzt zeigt sich einmal mehr: Qualität ist Trumpf. Dies gilt nicht nur bei Aktien, sondern erst recht bei der Bonitätsbewertung von Anleihen. Eine Lehre aus der Krise ist auch, dass Anleger wie Asset Manager nicht blind auf das Votum der Ratingagenturen, sondern auf ihren Erfahrungsschatz und die eigene kritische Analyse der Risiko- und Erfolgsfaktoren vertrauen sollten.

Die Ergebnisse aktiv gemanagter Fonds im Jahr 2009 illustrieren den Vorsprung einer zukunftsorientierten Einzeltitelselektion, die sich die Ineffizienzen des Marktes zunutze macht, sehr eindeutig. Nicht nur liegt die durchschnittliche Wertentwicklung deutscher, europäischer und internationaler Aktienfonds über den jeweiligen Indizes, sondern auch die Höhe des zum Teil zweistelligen Mehrertrags einzelner Fonds übertrifft deutlich den gefühlten Mehrwert aktiver Fonds.

Weltwirtschaft mit neuem Gravitationszentrum

Die kommenden Jahre werden voraussichtlich weniger klare Markttrends hervorbringen, wodurch die Einzeltitelselektion noch stärker an Bedeutung gewinnen dürfte. Die Volatilität der Märkte und die herausragende Bedeutung der strategischen Asset Allocation für das Gesamtergebnis dürfen dabei insbesondere im Hinblick auf die Risikosteuerung einer Anlagestrategie nicht in den Hintergrund treten. Erst recht sollte man die sich im Nachgang der Krise langfristig verändernden Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft nicht aus den Augen verlieren.

Die Auswirkungen der Krise von 2008 und 2009 werden ökonomisch, politisch und gesellschaftlich so massiv sein, dass es keinen Weg mehr zurückgibt zur alten Normalität vor 2007. Man wird sich über Jahre hinweg auf geringere Wachstums- und höhere Arbeitslosenraten einstellen müssen, vor allem in den Vereinigten Staaten, wo das Trendwachstum wahrscheinlich auf zwei Prozent zurückgehen wird. Die "neue Normalität" wird eine Welt sein, in der die Rolle des Staates insbesondere innerhalb des Finanzsektors deutlich zunehmen wird.

Mit dem Rückzug des angelsächsischen Modells dürfte das Finanzwesen nicht länger eine solch herausragende Rolle in den post-industriellen Volkswirtschaften spielen. Als Wegbereiter sind bereits massive Regulierungsbestrebungen sichtbar. Als Folge der neuen Normalität werden Investoren mit niedrigeren Renditen, größeren Marktschwankungen und nicht zuletzt auch mit neuen Risiken rechnen müssen. Darunter sind nicht nur stärkere staatliche Eingriffe in die Wirtschaft zu verstehen, sondern die Bevölkerung wird wegen der hohen Haushaltsdefizite der Staaten auch höhere Lasten aufgebürdet bekommen, etwa durch Steuern oder auch Inflation.

Darüber hinaus wird sich das ökonomische Kräfteverhältnis zwischen Industrie- und Entwicklungsländern nachhaltig verändern. Die neue Normalität impliziert in den Industriestaaten geringeres Wirtschaftswachstum, mehr Regulierung und höhere Sparquoten, in den Schwellenländern dagegen vergleichsweise höheres Wachstum und größeren Einfluss in den Gremien der internationalen Wirtschaftspolitik. Die Verschiebung der G7 zu den G20 als internationales wirtschaftspolitisches Gremium zeigt anschaulich, in welche Richtung die neue Normalität das globale Wirtschafts- und Machtgefüge verändern wird. Wer langfristig investiert, sollte in seinem Depot Schwellenländer angemessen berücksichtigen. Gerade hier klaffen Einsicht und praktische Umsetzung häufig noch auseinander. Neben Aktien dürften auch Schwellenländeranleihen in Fremd- oder lokaler Währung sowie Infrastrukturanlagen von diesem langfristigen Wachstumsszenario der Schwellenländer profitieren.

Rückkehr der Aktie

Wirft man einen Blick auf die Anlageziele vieler Investoren, so wird schnell deutlich, dass (hohe) Rendite meist kein Selbstzweck ist. Vielmehr dient ein Großteil des Geldvermögens der Finanzierung des Ruhestands auf privater, betrieblicher und - bereits in einigen Ländern - auf staatlicher Ebene. Die laufenden Erträge und die Gesamtrendite stehen hier explizit einem zukünftigen Bedarf gegenüber, der wiederum durch demografische und biometrische Faktoren beeinflusst wird. Insbesondere vor dem Hintergrund der durch das BilMoG geänderten Bilanzierung von Pensionsverbindlichkeiten bei deutschen Unternehmen und des aktuellen Zinssatzes für erstklassige Staatsanleihen wird deutlich, dass ohne die langfristige Einbindung der Aktienanlage die Verbindlichkeiten nur schwer zu erfüllen sein werden.

Auch in anderen tendenziell konservativen Anlagestrategien wie beispielsweise dem Depot-A-Geschäft tragen Aktien zu einer strukturellen Verbesserung des Risiko-/ Renditeprofils bei. Für private Anleger stellt die Aktie zudem einen unverzichtbaren Bestandteil für den Vermögensaufbau dar. Der kurzfristige Ausblick ist zwar nach der Aufholjagd im letzten Jahr von einigen Unwägbarkeiten geprägt, weshalb das Interesse an Produkten mit eingebauten Sicherungs- oder Risikosteuerungsmechanismen steigen dürfte.

Risikomanagement

Die Krise hat auch die Grundüberzeugung in Frage gestellt, dass Anleger ihr Vermögen nur genügend über unterschiedliche Anlageklassen und -segmente diversifizieren müssten, um einen ausreichenden Risikoschutz zu erlangen. Die alte Regel "Niemals alle Eier in einen Korb legen" gilt auch heute noch, wenngleich mit Einschränkung, denn Diversifikation allein schützt nicht immer vor Verlusten. So zeigte sich, dass viele Korrelationen gerade in Krisenzeiten zusammenlaufen und den Diversifikationseffekt schmälern.

Das ist aber kein neues Phänomen, sondern eine Erkenntnis, die bereits aus früheren Krisen gezogen werden konnte. Auch die sogenannten Tail-Risiken, oder um das von Nassim Taleb geprägte Idiom vom Schwarzen Schwan für außergewöhnliche Ereignisse großer Tragweite zu gebrauchen, kommen weitaus häufiger vor als angenommen und haben mitunter dramatische Auswirkungen.

In der Folge erscheint eine statische Asset Allocation nicht mehr sachgerecht. Anleger werden künftig Risikoaspekte stärker in ihrer Anlagestrategie berücksichtigen müssen. So ist in diesem Zusammenhang auch die Risikoklassifizierung von Kunden und Produkten, die rein auf die durchschnittliche oder maximale Aktienquote abstellen, zukünftig um ergänzende Instrumente und Techniken zu ergänzen. In der Risikosteuerung von Anlagegeldern liegt auch zukünftiges Potenzial für die Fondsbranche, gleich ob es sich dabei um variable oder feste Verlusttoleranzen handelt. Gerade Anbieter, deren Risikosteuerungsmechanismen auch in den Extrembewegungen der Märkte der jüngsten Vergangenheit funktioniert haben, dürften in der Kundengunst vorne liegen. Ist die Risikobetrachtung der Kapitalanlage bei institutionellen Anlegern weit verbreitet wenngleich nicht immer in ausreichendem Maße auf der Portfolioseite implementiert -, wird noch einige Zeit verstreichen müssen, bis in Beratungsgesprächen mit privaten Anlegern individuelle Risikobudgets adäquat thematisiert und hinterfragt werden.

Stetige Erträge

Was will der Anleger angesichts dieses schwierigen Kapitalmarktumfelds? In vielen Fällen geht es ihm um stetige Erträge. Wer dieses Ziel verfolgt, sollte sich nicht unbedingt auf eine bestimmte Renditequelle festlegen. Denn viele Wege führen zum Ziel. Dies kann beispielsweise über eine konservative Dividendenstrategie ebenso wie über eine Absolute-Return-Strategie, die verschiedene Anlageklassen dynamisch und intelligent kombinieren, erreicht werden. Dabei dürfte es endgültig zu einer Annäherung zwischen klassischen Anlagestrategien und alternativen, bislang Hedgefonds vorbehaltenen, Strategien kommen.

Gerade große Asset Manager, die eigenes Research vorhalten, können so ihre Analystenexpertise gänzlich - long wie short - in Ertragschancen ihrer Kunden ummünzen. Auch andere alternative Strategien aus dem Rohstoff- oder Währungsbereich können heutzutage im UCITS-III-Fondsmantel einen wertvollen Beitrag zur Depotstrukturierung leisten. Das heißt keineswegs, dass klassische Fondsprodukte wie Aktienfonds oder vermögensverwaltende Fonds ihre Daseinsberechtigung verlören, vielmehr wird es zu einer stärkeren Differenzierung im Hinblick auf die Risikotoleranz der Anleger kommen.

Produktlieferant oder Lösungsanbieter?

Entscheidend aus Sicht des Anlegers ist, ob er seine Anlage, beispielsweise im Rahmen einer ganzheitlichen Lösung, auch nach Risikoparametern gesteuert wird oder ob er sein Depot eigenständig aus unterschiedlichen Einzelelementen zusammensetzt und dabei seinen Fokus vor allem auf die Fähigkeiten eines Anbieters, Alpha zu generieren, lenkt. Insbesondere institutionelle Anleger, die ihr Anlagevermögen stark im Hinblick auf regulatorische Vorgaben strukturieren müssen, werden für jede Möglichkeit dankbar sein, ihr Risiko-/Renditeprofil gemäß der Anlagerichtlinien zu optimieren.

Nicht zuletzt die veränderten Rahmenbedingungen wirken als Katalysator für die Entwicklung des Asset Managers vom reinen Produktlieferanten zum Partner für die Entwicklung von Produktlösungen. Dies ist umso wichtiger, da die Produkte nicht zuletzt durch die angerissenen Sicherungs- und Risikomechanismen im Inneren immer komplexer werden, viele Kunden sich indes mit den Details nicht auseinandersetzen können oder wollen.

Die Herausforderung liegt darin, das Produkt mit seinen Spezifika in höchstmöglicher Qualität aufzusetzen und gleichzeitig für den Kunden greifbar zu machen. Die Frage "Was ist der konkrete Nutzen des Produkts?" muss dabei im Vordergrund stehen, genauso wie die Klarstellung, was das Produkt nicht zu leisten vermag und wo die (Rest-)Risiken liegen. Im Asset Management werden sich zielgruppenspezifische Lösungsangebote und aktive Alpha-Generierung weiter durchsetzen.

Nachhaltigkeit

Wenige Begriffe werden in so vielfältiger und häufig missverständlicher Weise gebraucht wie Nachhaltigkeit. Drei Aspekte sind für das Asset Management und den Anleger dabei von Bedeutung:

- Wird der Treuhänder meines Vermögens auch noch in drei, fünf oder gar dreißig Jahren für meine Belange da sein?

- Folge ich gerade einem Kurstrend oder setze ich auf langfristiges Wachstum?

- Ist die Art und Weise des Kapitaleinsatzes geeignet, auch das Gemeinwohl zu fördern?

Betrifft die erste Frage eher die (finanzielle) Stabilität des Anbieters, seine Wettbewerbsposition und die Prozesssicherheit, ist die zweite Frage meist vermeintlich schnell mit einer Nachfrage zum Anlagehorizont beantwortet. Wer sich länger binden möchte, sollte zusehen, dass sein Treuhänder auch in der Lage ist, zukünftige Wachstumsmärkte auf globaler Ebene zu identifizieren und an ihnen teilzuhaben. Die letzte Frage betrifft das Socially Responsible Investing (SRI) in seiner engeren Definition und die Mitverantwortung, die Kapitalanleger bei Gestaltung der Zukunft tragen. Dass diese Mitverantwortung durchaus individuellen Nutzen auf Portfolioebene bringen kann, hat jüngst eine Studie von Risklab, eine Tochtergesellschaft von Allianz Global Investors, gezeigt, wonach die Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in Aktienportfolios auch zu einer Reduktion des Risikos bei gleichem Ertragspotenzial beziehungsweise zu einer Ertragsverbesserung bei gleichbleibendem Risiko führt.

Partner oder Verkäufer?

Nach der persönlichen Präferenz befragt, ob er lieber eine langfristige partnerschaftliche Beziehung oder eine transaktionsbezogene Verkäuferbeziehung eingehen möchte, würde sich nahezu jeder, für die erste Variante entscheiden. Die Fondsbranche ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Die Expertise, in unterschiedlichen Marktphasen Mehrwert für Kunden zu schaffen, ist bereits vorhanden. Jetzt kommt es darauf an, den Dialog zwischen dem Anleger und seinem Treuhänder jenseits aller Produkte zu verstetigen. Dies kann entweder, wie im Fall von institutionellen Anlegern, auf direktem Weg oder über den Ausbau des Service für Vertriebspartner im Privatkundengeschäft erfolgen. Dabei geht es vor allem darum, aus dem Dialog mit den Kunden den Bedarf zu erkennen und konkrete Investmentchancen aufzuzeigen oder bedarfsgerechte Lösungen zu entwickeln.

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