Aufsätze

Versicherungsvertrieb im Sparkassenverbund - Erfolgsfaktoren

In den letzten Jahren hat die Sparkassenorganisation einen grundlegenden Wandel vollzogen. Zielgruppenorientierung und Kundensegmentierung haben die Organisationsstrukturen in den Vertriebseinheiten sowie in der Ablauforganisation maßgeblich beeinflusst. Das in früheren Zeiten bekannte Vollbanksortiment in den Geschäftsstellen der Sparkassen, ist einer standardisierten Produktplatte gewichen. Diese wird in schlanken Prozessen voll umfassend vom Angebot bis zum Vertragsabschluss abgewickelt.

Das gehobene Privatkundengeschäft und Gewerbekundensegment wird von Spezialisten vor Ort oder in zentralisierten Kompetenzcentren betreut. Dies gilt ebenfalls für Querschnitt-Beratungsleistungen wie Immobilienfinanzierungen, Auslandsgeschäft. In den Centren unterscheidet sich das Produktangebot bedarfsorientiert von der Standardpalette. Die Sparkassenorganisation hat sich ebenfalls in den Beratungs- und Marktbearbeitungskonzeptionen dieser Entwicklung angepasst. Die Anwendung des S-Finanzkonzeptes für ausgewählte Kundensegmente (Standard-, Individual-, Gewerbekunden) ermöglicht einen systematisierten Beratungsansatz zur Bedarfsermittlung im gesamten Finanzdienstleistungsbereich über alle Lebensphasen.

Betreuungsmodelle

Die Beratung der Sparkassen-Kunden in Versicherungsdienstleistungen erfordert ein gleichförmiges Vorgehen. Die SV Sparkassen Versicherung (im Nachfolgenden SV genannt) hat sich sowohl den aufbauorganisatorischen (Betreuungsmodelle) als auch den ablauforganisatorischen Anforderungen (Prozesse, Produkte, technische Infrastruktur) dem Verbundpartner Sparkasse angepasst. Die SV arbeitet mit den Sparkassen in drei verschiedenen Beratungsmodellen zusammen (Abbildung 1).

Zum einen ist dies das Agentursparkassenmodell. Hierbei führt die Sparkasse den Vertrieb von Versicherungsdienstleistungen in Eigenregie durch. Entweder in Form einer eigenen Organisationseinheit, eingebunden in die Struktur der Sparkasse oder als selbstständige Gesellschaft, die im Wesentlichen die Sparkasse betreut, aber auch im freien Markt agiert. Die SV dient hier als Produktlieferant und bietet fachliche Unterstützung in allen Versicherungssparten einschließlich der Qualifikation der Sparkassenversicherungsspezialisten.

Das zweite Betreuungsmodell wird als Integrationssparkassenmodell bezeichnet. Hierbei wird die Sparkasse von einer Geschäftsstelle der SV betreut. Diese Agentur ist weiterhin auch für den Versicherungsmarkt außerhalb des Kundenpotenzials der Sparkasse zuständig. Das dritte Modell wird im Rahmen der klassischen Kooperation betrieben. Dabei stellt die SV der Sparkasse Kundenbetreuer für das Versicherungsgeschäft zur Verfügung.

Betreuer-Spezialisten

Sowohl das Beratungs-, Antrags- und Bestandsbearbeitungsgeschäft wird hier durch die Kundenbetreuer der SV sichergestellt. Diese finden ihren Einsatz in allen Vertriebseinheiten der Sparkassen. Dabei werden die Mitarbeiter in den Sparkassen- Geschäftsstellen betreut und für das selbstständig abzuwickelnde Versicherungsgeschäft geschult und informiert. In den Kompetenzcentren des Verbundpartners stehen Spezialisten für die Themen Altersvorsorge, betriebliche Altersvorsorge und das Sachversicherungsgeschäft im Firmenbereich zur Verfügung. Diese führen mit den Kundenberatern der Sparkasse die Beratung und Vertragsgestaltungen gemeinschaftlich durch.

In allen Betreuungsmodellen stehen dem Verbundpartner für spezielle Versicherungsthemen (etwa Industriegeschäft, Unternehmervorsorge, Ausfinanzierung von Pensionsrückstellungen) Fachspezialisten aus Vertriebskompetenzcentren und Fachbereichen der SV zur Verfügung. Auch die Betreuung Makler affiner Kunden (gehobenes Firmenkundengeschäft) wird durch eine eigene Vertriebsdirektion abgedeckt. Ungeachtet des gewählten Betreuungsmodells ist der Produktkatalog als auch der Prozessablauf zwischen dem Verbundpartner und der Gesellschaft identisch.

Selbstverständlich profitiert die Agentursparkasse von den höchsten Provisionssätzen, da sie die Antragsbearbeitung, den Abschluss und die Bestandsbetreuung inklusive Schadenbearbeitung mit eigenen Mitarbeitern als Alleingeschäft durchführt. Dies schlägt sich sowohl in der Abschlussprovision als auch in der Bestandsbetreuungspauschale nieder. Bei den beiden anderen Modellen unterscheidet sich die Verprovisionierung dahingehend, inwieweit die Sparkasse die Berater der SV in das Kundengespräch integriert. Im Alleingeschäft, das heißt der Mitarbeiter der SV ist nicht am Beratungsprozess, Vertragsabschluss und der technischen Policierung beteiligt, erhält die Sparkasse verständlicherweise den höchsten Provisionssatz. Im Gemeinschaftsgeschäft wird die Provision anteilig bemessen.

Definition als Kerngeschäftsfeld

Um das Versicherungsgeschäft im Sparkassenvertrieb gemeinsam erfolgreich zu betreiben, ist es Grundvoraussetzung, dass die Sparkassen die Versicherungsdienstleistung als Kerngeschäftsfeld deklariert. Dazu ist es notwendig, die einzelnen Sparten im Zielsystem der Sparkasse zu integrieren. Die Steuerung dieses Geschäftsfeldes muss im Vertriebscontrolling genauso enthalten sein wie die Eigen- und andere Verbundprodukte. Vertriebsaktivitäten und Kampagnen zu den Versicherungsprodukten sind in der Marketingplanung für das gesamte Jahr innerhalb der Sparkasse abzubilden. Werbemaßnahmen, Testimonials und Produktplacement werden in einer gemeinsamen Vertriebsplanung mit aufgenommen. Der Außenauftritt im Verbund (Filial- und Geschäftsstellendesign) sind aufeinander abgestimmt. Potenzialanalysen zur Vertriebsunterstützung werden in miteinander verzahnte Marktbearbeitungskonzeptionen eingebunden. Gleichzeitig ist die SV gefordert, ihrem Verbundpartner, in diesem definierten Kerngeschäftsfeld, die notwendige Unterstützung zu geben.

Die wesentliche Zielsetzung der Sparkassen im Versicherungsgeschäft kann wie folgt umrissen werden: Zum einen erwarten die Verbundpartner eine spürbare Ertragssteigerung durch das Provisionsgeschäft. Weiterhin soll die Kundenbindung durch das Cross-Selling-Geschäft erhöht werden.

Zur Ertragssteigerung ist beispielhaft Folgendes anzumerken: Im Durchschnitt des SV-Geschäftsgebietes (20 Millionen Einwohner) besitzen die Privatkunden (Alter ab 16 Jahren) fünf bis sechs Versicherungsverträge. Diese verteilen sich im Wesentlichen auf alle großen Versicherungsunternehmen einschließlich der SV und bedeutet für die Sparkassen ein enormes Umdeckungspotenzial. Legt man hier das durchschnittliche Beitragsvolumen von rund 400 Euro im Kompositbereich zugrunde, ergibt sich bei einem gemittelten Bestandsprovisionssatz von sechs Prozent per annum ein Beitragsvolumen von 24 Euro per annum je Kunde. Bezogen auf die Privatgiroquote der Sparkassen bedeutet dies einen Deckungsbeitrag von zwei Euro pro Monat je Girokonto. Augenscheinlich ein geringer Beitrag. Im Hinblick auf einen Giropreis von rund sechs Euro pro Monat jedoch ein beachtlicher relativer Wert von 33 Prozent. Dies ermöglicht einen anderen Denkansatz bei der Gestaltung von Giropreisen. Unberücksichtigt bei dieser Betrachtung ist die Abschlussprovision, die im Wesentlichen der Finanzierung des Beratungs- und Abschlussprozesses zuzuordnen ist.

In Zeiten des harten Wettbewerbs bei der Bepreisung von Girokonten stellt dies einen interessanten Aspekt zur Giropreiskalkulation dar. Die Anbündelung von Versicherungsprodukten, die ohnehin vom Kunden nachgefragt und vorhanden sind, ist den Sparkassenmitarbeitern anhand dieser Kalkulationsgrundlagen transparent zu gestalten. Bei der Kundenbindung ist statistisch nachgewiesen, dass die Fluktuationsrate sinkt, je höher die Anzahl von Produkten der eigenen Organisation beim Kunden vorhanden ist. Auch der Zufriedenheitsgrad für dieses Institut erhöht sich mit der Anzahl der Produktabschlüsse.

Strategische Lücken

Kann ein Versicherungsunternehmen heute noch ohne ein kooperierendes Bankinstitut oder umgekehrt erfolgreich am Markt tätig sein. Die Abbildung 2 zeigt die heute bestehenden wesentlichen Beteiligungs- und Kooperationsmodelle in der Kreditwirtschaft.

Die Wechselbereitschaft von Kunden erhöht sich, sofern man nicht alle Finanzdienstleistungen (einschließlich Versicherungen) als Universalkreditinstitut anbietet. Die Bedeutung einer strategischen Lücke im Produktsortiment wird vielfach unterschätzt, insbesondere bei Sparkassen, die historisch bedingt einen hohen Marktanteil im Privatkundengeschäft vorhalten. Die Kooperation von Banken und Versicherungen verfolgt unter anderem jedoch genau diesen Ansatz des Eindringens in diese Lücken. Hier kommt den Sparkassen jedoch zugute, dass sie über ihre Standortpolitik flächendeckend das Angebot von Finanzdienstleistungen einschließlich Versicherungen vorhalten können. Die Präsenz von kompetenten Ansprechpartnern in der Fläche wird nach wie vor von der Kundschaft geschätzt und sichert den Sparkassen im beratungsintensiven Geschäft weiterhin hohe Marktanteile.

Beratungsprozess und Produkte

Wie eingangs erwähnt, nutzt die Sparkassenorganisation zur Beratung das standardisierte S-Finanzkonzept zur systematischen Betreuung ihrer Kundensegmente (Privat-, Individual-, Geschäfts- und Firmenkunden; Abbildung 3).

In dieses einheitliche Rundum-Beratungstool haben sich die öffentlichen Versicherer mit eingebracht. Es ermöglicht den Beratern vor Ort, anlassbezogen in allen Lebensphasen des Kunden, die Versorgungslücken und Defizite in der Absicherung von Lebensrisiken und Vermögensbildung aufzuzeigen. Checklisten unterstützen die Berater zu den Beratungsanlässen und geben gleichzeitig Hinweise auf die notwendigen Produkte. Argumentationskataloge zeigen den Kundennutzen auf und stellen Ansprachehilfen dar.

Notwendig sind für dieses Beratungsfeld von Versicherungen einfach konzipierte Produkte. Die SV hat hierfür die standardisierte S-Produktlinie ausschließlich für die Sparkassen entwickelt. Dabei wird die Beratung weitgehend technisch unterstützt. Fragestellungen sind komprimiert (zum Beispiel Einfamilienhauspolice, hier reicht die Angabe der Fläche zur Ermittlung der Versicherungssumme). Personaldaten werden aus dem Zentralrechner automatisch übertragen. Dazu kommen sinnvoll aufeinander abgestimmte Produktkombinationen, die in einem Antrag abgewickelt werden (zum Beispiel Haushaltspolice als Hausrat- und Haftpflichtversicherung). Der Antrag und die erforderlichen Beratungsunterlagen nach der VVG-Reform sind sofort technisch abrufbar und werden nach Unterzeichnung dem Kunden direkt ausgehändigt. Die elektronische Weiterleitung der Daten an die Fachbereiche ermöglicht eine umgehende Policierung.

Anreizsysteme

Die Verprovisionierung von einzelnen Vertragsabschlüssen ist in den Sparkassen unterschiedlich geregelt. Mit der Einführung der tariflichen Sonderzahlung (SSZ) bei den Sparkassen wurden vielfach die Vergütungen der Verbundpartner an die einzelnen Berater pauschalisiert und an Zielerfüllungen im Gesamtvertrieb gekoppelt. Darüber hinaus verfolgt das S-Finanzkonzept den ganzheitlichen Beratungsansatz des Kunden. Dies führt weg von dem oft nur aktionsgetriebenen Vertriebsansatz mit preisintensiven Wettbewerben und Incentives.

Die SV hat sich diesen Veränderungen gestellt. Zum einen ist der Vertriebsmitarbeiter von solchen Produkten seines Verbundpartners überzeugt, die er selbst dort abgeschlossen hat. Die SV Sparkassenversicherung bietet Mitarbeitern im Finanzdienstleistungsbereich demzufolge alle Produkte zu einem besonders berechneten Tarif an. Sparkassen, die Provisionszahlungen an ihre Mitarbeiter weitergeben, wird ein Verteilungsmodul der Personalabteilungen zur Verfügung gestellt, die automatisiert die Provisionen den Mitarbeitern über die Gehaltsabrechnungen zur Verfügung stellen. Dabei können alle Provisionsmodelle (Verteilung an einzelne Mitarbeiter, Gemeinschaftsprovisionen) komfortabel für jedes Institut administriert werden.

Zur Unterstützung des Abschlussanreizes stellt die SV ein Belohnungs- und Motivationssystem (Sterntaler) zur Verfügung. Für jeden erfolgreichen Abschluss erhält der Berater einen Provisionspunkt (Sterntaler). Aus einem Prämienkatalog können hier wertvolle Gebrauchsgegenstände des Alltags gegen diese Punkte eingetauscht werden. Mit dem Sammeln dieser Sterntaler erhöht sich auch der Wert der wählbaren Preise. Der Vorteil dieses Belohnungssystems liegt darin, dass es sich um keinen Wettbewerb handelt. Nicht die Besten gewinnen, sondern alle Berater haben die Möglichkeit, Preise durch Vertragsabschlüsse zu erwerben.

Es gibt keine zeitliche Befristung. Somit unterstützt dieses Anreizsystem den ganzheitlichen Beratungsansatz des S-Finanzkonzeptes. Unabhängig wann der Vertragsabschluss erfolgt, wird der Bonuspunkt (Sterntaler) zugeteilt. Hierdurch wird die individuelle Vertriebsplanung der einzelnen Sparkassen nicht gestört. Gleichwohl kann bei geplanten Kampagnen zur Unterstützung des vertrieblichen Erfolges für einzelne Produkte der Wert eines Sterntalers erhöht werden. Neben diesem zentralen Anreizsystem steht die SV für individuelle Incentives bei ihren Verbundpartnern ebenfalls zur Verfügung. Hier erfolgen auf die jeweilige Situation angepasste Motivationsmaßnahmen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X