Gespräch des Tages

Verbraucherschutz - Von bösen Banken und mündigen Bürgern

Abzocker, Wegelagerer, Wucherer, Betrüger, Verbrecher, Bankster - dies sind nur einige der Schimpfworte, die den Banken und Sparkassen nach der jüngsten Attacke der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner aus der Bevölkerung entgegenhallten. Öffentlichkeitswirksam hatte sie die aus ihrer Sicht oftmals zu hohen Zinsen für Dispositionskredite kritisiert. Es sei nicht vermittelbar, dass die Institute sich zu historisch niedrigen Zinsen Geld besorgen könnten, bei ihren Kunden aber zum Teil heftig zulangten, sagte die Verbraucherschutzministerin bei der Vorstellung einer 254-seitigen Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und des Instituts für Finanzdienstleistungen. Dort heißt es: "Es liegt also nahe, dass die Erträge aus dem Dispokreditgeschäft die Kosten, die dem Kreditinstitut für dieses einzelne Produkt entstehen, deutlich übersteigen, sodass sie zur Quersubventionierung anderer Leistungen (beispielsweise Kontoführungsgebühren) oder zur Gewinnsteigerung verwendet werden. Dies wird dadurch begünstigt, dass der Markt von einem fehlenden Preiswettbewerb geprägt ist, da Konsumenten ihre Kontenwahl nur geringfügig von den Preisen und Preisanpassungen bei Dispokrediten abhängig machen."

Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass die Banken auch mit einem Zinssatz von höchstens zehn Prozent profitabel arbeiten könnten. Weniger als zehn Prozent pro Jahr für den Dispositionskredit verlangten nach einer Untersuchung von Finanztest aus dem Oktober 2011 allerdings lediglich 4,5 Prozent aller befragten Kreditinstitute. Doch nicht nur das derzeitige Niveau der Dispozinsen sehen die Verfasser kritisch; sie bezweifeln auch die Begründungen der Institute für die Höhe der Zinsen: Weder der Verwaltungsund Bearbeitungsaufwand habe sich in den letzten Jahren erhöht noch seien die Ausfallquoten mit im Schnitt knapp 0,3 Prozent auffällig hoch. "Wollen die Banken den Kredit bei ihren Kunden nicht verspielen, müssen sie runter von überhöhten Dispozinsen", fordert die Ministerin kämpferisch und will im Herbst ein Spitzengespräch über faire Bankkonditionen mit Vertretern der Kreditinstitute, der Verbraucher und der Schuldnerberatung führen. Oppositionsparteien fordern gar bereits ein Gesetz mit einer Obergrenze für Dispozinsen.

Grundsätzlich sind die Forderungen der Autoren der Studie zu begrüßen, beim Überziehungskredit fair mit dem Verbraucher umzugehen und Zinsen transparent darzustellen. Allerdings stellt sich schon die Frage, warum gerade in das Kreditgewerbe erneut und wiederholt mit verallgemeinernden Regelungen eingegriffen werden soll: die staatliche Intervention bei der Preisfestsetzung für das Geldabheben an fremden Geldautomaten, das höchstrichterliche Streichen der Gebühren für Zwangsauszüge, die ministeriellen "Empfehlungen" für die Gebührenhöhe bei Pfändungsschutzkonten und nun möglicherweise auch ein behördlich festgelegter Maximalzins für Dispositionskredite. Und zu allem Überfluss sind in Publikationen regelmäßig Empfehlungen zu finden, welche Institute gerade die günstigsten Kontoführungsgebühren oder die höchsten Tagesgeldzinsen haben. Wenn es nach dem Willen der Politiker und Verbraucherschützer ginge, können die Gebühren gar nicht niedrig genug sind.

Offensichtlich gestattet man einem Kreditinstitut in dem Bereich Zahlungsverkehr wohl nur kostendeckende Gebühren, und bei der Öffentlichkeit wird schnell der Eindruck erweckt, dass Gebühren nahe Null in diesem Bedarfsfeld eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollten. Jegliche Bestrebungen, Gewinne zu erwirtschaften, werden verteufelt und dem geldgierigen Wesen eines Bankers zugeschrieben. Die besten Argumentationen von Seiten der Sparkassen und Banken helfen dabei wenig: Erhöhter Arbeitsaufwand wird dabei ebenso wenig akzeptiert wie die Kosten für den Unterhalt eines umfangreichen Filialnetzes. Gleichzeitig wird die notwendige Stärkung des Eigenkapitals immer höher und höher geschraubt.

Tatsache ist jedoch, dass wir nicht in einer staatlichen Planwirtschaft, sondern in einer freien Marktwirtschaft leben. Somit kann und darf jeder - auch Banken und Sparkassen - seine Konditionen und Preise in gewissen Grenzen selbst festsetzen. Der mündige Bürger muss entscheiden, ob diese Gebühren für ihn akzeptabel sind oder nicht. Wenn er nicht mehr gewillt ist, diese zu tragen, muss er mit den Füßen entscheiden und den Anbieter wechseln. Andernfalls geht er dieser Mündigkeit zunehmend verlustig - mit gegebenenfalls fatalen Auswirkungen für die täglichen Entscheidungen, die er in finanziellen Angelegenheiten zu treffen hat.

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