Sparkassentag 2013 Aufsätze

Verbandsprüfung bei Sparkassen im Kontext des einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus

Für Zwecke der Verbandsprüfung unterhalten die Regionalverbände eigene Prüfungsstellen. Rechte und Pflichten der Verbandsprüfung sind in den jeweiligen Satzungen und den darauf aufbauenden Geschäftsordnungen geregelt. Danach sind Prüfungsstellen bei der Durchführung von Prüfungen unabhängig und nicht an Weisungen der Verbandsorgane, die Umfang, Art und Weise oder Ergebnis der Prüfung betreffen, gebunden. Der Leiter der Prüfungsstelle und dessen Stellvertreter müssen öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer (WP) sein. Darauf basierend unterliegt die Verbandsprüfung dem gesetzlichen Regelungsrahmen für Wirtschaftsprüfer, der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer und den Standards, Stellungnahmen und Hinweisen des IDW beziehungsweise des DRSC. Abgerundet wird dieses System für Prüfungsstellen durch eine staatliche Aufsicht ihrer Tätigkeit durch das zuständige Fachministerium des Bundeslandes. Die sich aus den Sparkassengesetzen ergebende gesetzliche Bestellung der Prüfungsstelle als Abschlussprüfer begründet darüber hinaus ein hohes Maß an Unabhängigkeit.

Durch die Vorbehaltsaufgabe geprägt

Prüfungsstellen sind bei ihrer Tätigkeit maßgeblich durch die Vorbehaltsaufgabe geprägt, Jahresabschlussprüfungen bei Spar kassen durchzuführen. Betriebswirtschaftliche Prüfungen, Steuerberatung, die Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, Lehrtätigkeiten und andere mit der Ausübung des WP-Berufs vereinbare Tätigkeiten können ebenfalls ausgeübt werden, sind aber kein zwingender Bestandteil ihrer Tätigkeit.

Als Angehöriger eines freien Berufes hat sich der Wirtschaftsprüfer der Tätigkeiten zu enthalten, welche die Einhaltung seiner Berufspflichten gefährden können. Infolgedessen dürfen solche Tätigkeiten auch von der Verbandsprüfung nicht übernommen werden.

Vor dem Hintergrund des geltenden Rechtsrahmens ist heute das externe Prüfungswesen für Sparkassen Kerntätigkeit der Verbandsprüfung. Dazu gehören vor allem:

- Jahresabschlussprüfungen,

- Konzernabschlussprüfungen,

- Organisationsprüfungen zur Einhaltung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk),

- WpHG- und GwG-Prüfungen,

- Sonderprüfungen gemäß § 44 KWG und Sparkassengesetz,

- Prüfungen des internen Kontrollsystems bei Auslagerungen gemäß IDW PS 951,

- Prüfungen im Auftrag der Stützungseinrichtungen sowie

- sonstige Prüfungen (zum Beispiel im Auftrag des Verwaltungsrates).

Einheitlicher europäischer Aufsichtsmechanismus

Basierend auf den im Rahmen der Prüfungsvorbereitung und -durchführung bei all diesen Prüfungen gewonnenen Erfahrungen ist die Verbandsprüfung neben ihrer Funktion als Ansprechpartner der Berichtsadressaten auch ein wichtiger Partner bei der Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften der Sparkassen und im Rahmen von begleitenden Prüfungen bei der Durchführung von Verbandsprojekten.

Fraglich ist, welche künftigen Herausforderungen die Verbandsprüfung im Rahmen eines einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus zu bewältigen hat. Das von der EU-Kommission am 12. September 2012 vorgelegte Maßnahmenpaket zur Herstellung einer Bankenunion umfasst neben dem Thema der Schaffung einer Aufsichtsbehörde mit Entscheidungsmacht für alle Mitgliedstaaten der EWU ebenfalls das Thema des Aufbaus eines einheitlichen europäischen Krisenmanagements sowie das Thema einer europäischen Einlagensicherung. Die beiden letztgenannten Themen sind nach dem bisherigen Kenntnisstand nur von einer mittelbaren Bedeutung für die Verbandsprüfung.

Beim Thema der Schaffung einer zentralen europäischen Aufsichtsbehörde soll die EZB in erster Linie nur signifikante Institute direkt überwachen. Alle übrigen Institute sollen weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden überwacht werden. Daneben ist die EZB für diejenigen nicht signifikanten Institute zuständig, die direkte Hilfen aus der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und dessen Nachfolger, dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erhalten. Auf die deutschen Sparkassen in ihrer Gesamtheit wirkt sich das noch weiter zu installierende System der einheitlichen europäischen Bankenaufsicht wegen ihrer Betriebsgrößen und des bestehenden Institutssicherungssystems im Wesentlichen nicht direkt aus.

Die EZB hat in Aufsichtsfragen bezüglich aller Institute die Letztverantwortung, gleichwohl darf sie gegenüber nicht signifikanten Instituten keine Einzelanweisung erlassen. Anderes gilt bei dem sogenannten "Selbsteintrittsrecht" der EZB. Weitere Besonderheiten gelten für Gruppen von Instituten oder Kategorien von Instituten. Für diese darf die EZB sogenannte "General Instructions" erlassen. Diese könnten eine Selbstbindung der Verwaltung zur Folge haben. Grundsätzlich sind künftig alle Institute gegenüber der EZB berichtspflichtig. Praktische Fragen der Ausgestaltung des Berichtsweges werden allerdings noch geklärt. Der Weg wird vermutlich weiterhin über die nationalen Behörden gewählt.

Technische Regulierungs- und Durchführungsstandards

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ist unter anderem zuständig für die Erstellung einer Vielzahl technischer Standards. Dies betrifft Mandate für die Erstellung sogenannter technischer Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standards, kurz: RTS) und die Erstellung von technischen Durchführungsstandards (Implementing Technical Standards, kurz: ITS). Die Standards entfalten dann ihre Wirksamkeit auf nationaler Ebene.

Der neue europäische Aufsichtsmechanismus beinhaltet Neuerungen auf der Ebene der anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften bei der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit. Damit verbunden ist die Frage eines angemessenen Prüfungsmaßstabes für das jeweilige Prüfungsgebiet. Vorgaben des Gesetzgebers, das Verwaltungshandeln der Aufsichtsbehörden und Anforderungen der verbundeigenen Stützungseinrichtungen an die Verbandsprüfung sorgen daher für eine Vielzahl von Teilaufgaben im Rahmen der genannten Prüfungsarten.

Zusammenarbeit der regionalen Stellen

Ein den Erwartungen der Adressaten des Prüfungsberichtes gerecht werdendes und hinreichend sicheres Prüfungsergebnis ist dabei die größte Herausforderung der Verbandsprüfung. Dieses adressatengerechte Verhalten im Prüfungsmanagement wird durch die Vielzahl der Regelungswerke mit teilweise widersprüchlichen Steuerungsimpulsen erschwert. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Verbandsprüfung diese Widersprüche in ihrer Tätigkeit aufzulösen. Der aufsichtsrechtlich kodifizierte Wille muss hinsichtlich seiner ordnungsgemäßen Umsetzung beurteilt werden.

Es ist jedoch dabei auch Aufgabe der Verbandsprüfung, im Rahmen ihrer Prüfungshandlungen eine blinde mathematische Methodengläubigkeit nicht zu befördern. Sie muss für die Klarheit ihrer Berichterstattung gegenüber den Adressatenkreisen auch abwägen, wann der Grenznutzen der Information erreicht ist, das heißt kein höheres Maß an Entscheidungssicherheit mehr erreicht werden kann. Dies gilt für alle Adressaten gleichermaßen, sofern gesetzliche

15.04.2013 9:22:42 Uhr Vorschriften beziehungsweise anzuwendende Standards hier überhaupt ein Ermessen zulassen. Dies ist im Aufsichtsrecht zunehmend weniger der Fall. Ein Informationsüberfluss auf Ebene der Adressaten bezogen auf ihre Entscheidungssicherheit ist daher häufig nicht vermeidbar.

Sich verschärfende rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Sparkassen führen bereits heute zu einer engen Zusammenarbeit der regionalen Prüfungsstellen im Bereich des Prüfungsmanagements. Die Prüfungsstellen fördern dabei die Bemühungen der Regionalverbände zur Schaffung einheitlicher Prozesse in den Sparkassen, da diese neben den positiven Kosteneffekten auf Ebene der Sparkasse auch ein effektives externes Prüfungsmanagement ermöglichen. Unterstützt werden kann dies durch entsprechende Bescheinigungen für Musterprozesse bei Prüfungen gemäß IDW PS 951.

Die Berufspflicht der Eigenverantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers verpflichtet ihn, Prüfungsberichte und Gutachten nur dann zu unterzeichnen, wenn sich ihr Inhalt mit seiner Überzeugung deckt. Dabei ist seine auf Kenntnis beruhende eigene fachliche Überzeugung Grundlage. Hierfür müssen im Rahmen der Prüfung Prüfungsmaßstäbe definiert werden. Diese leiten sich regelmäßig aus den gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen, der herrschenden Meinung des Berufsstandes sowie aus den durch Expertengremien erarbeiteten Leitfäden der Sparkassenfinanzgruppe ab.

Rückkehr zu Überkreuzprüfungen wünschenswert

Bedauerlich ist die begrenzte Heranziehung der Prüfungsstellen für Sonderprüfungen gemäß § 44 KWG durch die BaFin. Das System der Überkreuzprüfungen der Prüfungsstellen in anderen Regionalverbänden im Rahmen von Sonderprüfungen gemäß § 44 KWG hatte sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt. Sonderprüfungen gehen in ihrer Prüfungstiefe häufig über den Prüfungsumfang "normaler" Prüfungen hinaus und erzielen damit zusätzliche Erkenntnisse.

Die BaFin hatte ursprünglich dieses System für einen mehrjährigen Prüfungszyklus weitgehend aussetzen wollen und sich dabei der Prüfer der Deutschen Bundesbank beziehungsweise externer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bedient. Aus diesem Übergangsprocedere wurde ein dauerhafter Zustand, dem keine überzeugende fachliche Begründung zugrunde liegt. Eine Rückkehr zum Verfahren der Überkreuzprüfungen wäre wünschenswert.

Die Verbandsprüfung steht daher auch vor der Aufgabe, auf beruflicher Erfahrung basierendes Spezialwissen im Rahmen von Sonderprüfungen gemäß Sparkassengesetz, eigener Prüfungsschwerpunkte und im Rahmen projektbegleitender Prüfungen immer wieder aufzubauen und vorzuhalten. Dieses Spezialwissen wird benötigt, um im Rahmen des generalistischen Ansatzes einer Jahresabschluss- beziehungsweise einer Organisationsprüfung mögliche Problembereiche frühzeitig zu erkennen und ihnen in adäquater fachlicher Form nachgehen zu können. Dieses wird von den Adressaten der Prüfungsberichte (BaFin, Deutsche Bundesbank, Sparkassenaufsicht, Verwaltungsrat sowie Stützungseinrichtung) erwartet.

Vertrauen in die Finanzmärkte

Offenbar kann die Kreditwirtschaft allein das verloren gegangene Vertrauen in die Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten nicht wieder herstellen. Die Politik hat daraus die Schlussfolgerung gezogen, mehr und strengere Regulierung vornehmen zu müssen. Aus Sicht einer Prüfungsstelle, die die Ergebnisse dieser Regulierungen im Rahmen ihrer Prüfungsmaßstäbe anwendet, besteht die Gefahr einer zunehmenden mathematischen Methodengläubigkeit verbunden mit dem Grenznutzen allzu detaillierter Informationsbedürfnisse, deren ordnungsgemäße Erfüllung durch die externe Prüfung zunehmend zu bestätigen ist. Ab einem bestimmten, häufig nicht exakt bestimmbaren Zeitpunkt führt eine zusätzliche Information (unter Unsicherheit) jedoch zu keiner höheren Entscheidungssicherheit. Je komplexer eine Fragestellung ist und je länger der Zeithorizont desto unsicherer wird eine Prognose der Zukunft.

Die europäische Bankenaufsicht beabsichtigt, Anreize für Risikoübernahmen durch die Institute zu begrenzen. Dies korrespondiert gut mit der grundsätzlichen Ausrichtung des Geschäftsmodells von Sparkassen in Deutschland, wonach das Einwerben von vielen, auch kleinen Einlagen, deren Bündelung sowie die Risikoübernahme, vor allem als Kreditausreichung für reale Investitionen Dreh- und Angelpunkt der Geschäfts- und Risikostrategie war und ist. Die Neuausrichtung des europäischen Aufsichtsmechanismus und die Weiterentwicklung des nationalen Aufsichtsrechts in Deutschland wurden nicht wegen einer kritischen Sicht auf das klassische Geschäftsmodell einer Sparkasse oder ihrer Risikomanagementprozesse erforderlich, auch wenn jederzeit Lehren aus Einzelfällen gezogen werden können.

Es sollte allen Beteiligten zu denken geben, dass zwischenzeitlich selbst bei Volkswirtschaften mit einer vergleichsweise stark wirtschaftsliberalen Ausrichtung, vor allem im Finanzsektor, wie in Großbritannien eine intensive Diskussion ausgelöst wurde, bei der wieder über "Banken, die ihre Region und ihre Unternehmen kennen, Nichtbanken, denen man misstraut, und Banken, auf die man sich verlassen kann" nachgedacht wird.*

Die Verantwortung für die strategische Ausrichtung der Sparkassen in Deutschland liegt bei ihren Geschäftsleitern. Die Verbandsprüfung ist für die Prüfung des Strategieprozesses gemäß den MaRisk verantwortlich. Diese Abgrenzung der Verantwortlichkeiten muss immer im Blick bleiben.

Für die Verbandsprüfung und ihr Verhältnis zu den Adressaten ihrer Prüfungsberichte gilt allerdings das gleiche wie für das Vertrauen zwischen Sparkassen und ihren Kunden: "Vertrauen kommt zu Fuß daher und reitet davon." Schon allein deshalb muss die Verbandsprüfung weiter solide Prüfungsmaßstäbe zur Grundlage ihres Handelns machen.

Wichtiger Baustein zur Stabilität

Bei den künftigen Herausforderungen an die Verbandsprüfung kann sich diese mit Fug und Recht an den erfolgreich bewältigten Herausforderungen der Vergangenheit orientieren. Dabei ist unverändert klar, dass das externe Sparkassenprüfungswesen eine hinreichend sichere Qualität bei der Erledigung ihrer Schwerpunktaufgaben zu liefern hat. Darauf aufbauend muss eine adressatengerechte Berichterstattung ein risikominimierendes Verhalten für Verwaltungsräte, Vorstände, BaFin, Sparkassenaufsicht und Stützungseinrichtungen, zeitgerecht ermöglichen. Die Verbandsprüfung beschreibt beziehungsweise beurteilt vorgefundene Sachverhalte. Handeln können jedoch nur die Adressaten des Prüfungsberichts im Rahmen der ihnen gesetzlich zugewiesenen Befugnisse. Es ist eine nicht zu vernachlässigende Zusatzaufgabe der Verbandsprüfung bei erkennbarem Adressatenversagen Handeln anzumahnen. Damit kann die Verbandsprüfung ihrer Aufgabe gerecht werden, als wichtiger Baustein zur Stabilität der Sparkassenfinanzgruppe beizutragen. Der neue europäische Aufsichtsmechanismus erfordert nach dem bisherigen Kenntnisstand also keine prinzipiell neue Ausrichtung der Tätigkeit der Verbandsprüfung im Sparkassenwesen. Es ergeben sich aber veränderte fachliche Anforderungen an die Sparkassen in Deutschland. In diesem Sinne ist es eine ableitbare Herausforderung, neben den ebenfalls zu berücksichtigenden Änderungen

- der Rechnungslegung (HGB und IFRS),

- der Prüfungsstandards des IDW und der International Standards on Auditing (ISA),

- der Aufsichtspraxis über Kreditinstitute (KWG, MaRisk, Prüfungsberichtsverordnung, GwG, WpHG) und

- der Vorgaben zur Risikofrüherkennung für die Stützungseinrichtungen

handhabbare Prüfungsmaßstäbe zu entwickeln, die alle Anforderungen in ihrer Komplexität erfüllen. Erreicht werden kann dies durch:

- die Aufrechterhaltung der intensiven Zusammenarbeit von Prüfungsstellen,

- zentrale Prüfungen unter Federführung einer verantwortlichen Prüfungsstelle bei Gemeinschaftsunternehmen der Sparkassenorganisation und

- Einbringung des Sachverstands der Verbandsprüfung bei der Gestaltung einheitlicher und effizienter Prozessempfehlungen für Sparkassen.

Die Verbandsprüfung ist gut aufgestellt, um den immer komplexer werdenden Aufgaben, auch in der Zukunft gerecht werden zu können.

Fußnote

* Börsenzeitung vom 15. März 2013, "Her mit den kleinen Sparkassen", Seite 8, Autor Carsten Steevens.

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