Aufsätze

Transfer mittelständischer Kreditrisiken

Der deutsche Verbriefungsmarkt hat im zurückliegenden Jahr einige Neuerungen gesehen. Hervorzuheben sind die Verbriefungen von Mezzanine-Kapital (zum Beispiel "equiNotes"), aber auch der Verkauf von Equity-Tranchen von Transaktionen, in denen mittelständische Kreditrisiken verbrieft werden. In diesem Artikel soll die Funktionsweise der Gate-CLOs (Collateralised Loan Obligation) genauer besprochen werden. Es handelt sich um synthetische, wiederauffüllbare Strukturen, in denen Kredite der Deutschen Bank AG an mittelständische Firmenkunden verbrieft werden. Zunächst wird ein allgemeiner Überblick über die Funktionsweise gegeben, anschließend werden die CLOs im Einzelnen vorgestellt.

Echter Risikotransfer

Aus Sicht der Bank findet durch den Verkauf von Equity ein echter Risikotransfer statt, im Unterschied zu Transaktionen, bei denen lediglich das unter Basel I erforderliche Eigenkapital gesenkt wird, es sich also mithin um regulatorische Arbitrage handelt. Durch den Risikotransfer wird aus Sicht der Bank eine Glättung der erforderlichen Einzelwertberichtungen erreicht. Ferner lässt sich ein Kapitalmarktpreis für die platzierten Kreditrisiken ableiten, der zu einem Mark-to-Market-Pricing von Kreditrisiken genutzt werden kann. Dieser kapitalmarktorientierte Ansatz für das Pricing von Krediten wird in der Bank durch die Loan Exposure Management Group umgesetzt.

Der echte Risikotransfer bedeutet auch eine erhebliche Entlastung beim durch die Banken intern berechneten ökonomischen Kapital, ferner ergibt sich mit Basel II auch eine Reduktion des erforderlichen regulatorischen Kapitals. Außerdem werden bestehende Kreditlinien entlastet, so dass hierdurch Freiraum für neues Kreditgeschäft entsteht und auf diese Weise auch die Kunden profitieren, deren Kredite verbrieft werden. Bei den Investoren handelt es sich um internationale institutionelle Investoren, vorwiegend Nicht-Banken. Diese Investoren profitieren von einem auf ihre Bedürfnisse maßgeschneiderten Produkt, das ihnen den Zugang zu neuen Assetklassen und damit Diversifikation ermöglicht. Somit bringen diese Transaktionen für alle beteiligten Parteien (begebende Bank, Bankkunden und Investoren) Vorteile mit sich.

Zusätzliche Herausforderungen bei der Platzierung von Equity-Tranchen

Während bei Gate 2004-1 zwei equitynahe Mezzanine-Tranchen platziert wurden, wurden bei Gate 2005-1 und 2005-2 "echte" Equity-Tranchen verkauft. Es handelt sich um so genannte "blind pools", das heißt, die Namen der Kreditnehmer werden nicht offengelegt, so dass das Bankgeheimnis gewahrt bleibt. Selbst im Restrukturierungs- oder Insolvenzfall bleiben die Kreditnehmernamen vertraulich und die Betreuung der Kreditengagements verbleibt bei der Bank.

Die Kombination von blind pool und Verkauf von Equity bedeutet, dass sowohl Investoren als auch Rating-Agenturen sehr hohe Anforderungen an Ausfallstatistiken stellen, die die bisher beobachteten Ausfälle auf derartigen SME-Portfolien beschreiben. Im Zuge der Einführung von Basel II sollten aber alle Institute, die einen IRB-Ansatz einführen wollen, derartige Statistiken vorweisen können.

Diese Statistiken, die sich auf einen Beobachtungszeitraum von mehreren Jahren beziehen müssen, sollten sowohl Rückschlüsse auf die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) in Abhängigkeit von der Ratingklasse als auch auf die beobachtete Ausfallschwere (LGD) ermöglichen. Aus diesen Daten leiten Investoren dann den "base case" ab, also die im Normalfall im Transaktionsverlauf zu erwartenden Verluste.

Mittelständische Kredite sind in der Regel durch Sicherheiten besichert, zum Beispiel Grundschulden, Sicherungsübereignungen und Zessionen. Dies kann sowohl mittels engem als auch mittels weitem Sicherungszweck erfolgen. Letzterer ist angelsächsischen Investoren häufig unbekannt. Als Ausweg bietet sich die pro-rata-Verteilung von Verwertungserlösen an. Dieser Ansatz kommt möglichen Bedenken der Investoren entgegen, die bei einer Verschlechterung der Kundenbonität erwarten könnten, dass die Bank gerade die Kredite mittels engem Sicherungszweck nachbesichert, die nicht verbrieft sind. Diese pro-rata-Verteilung wurde bei den Gate CLOs gewählt. Je mehr Informationen die Bank den Rating-Agenturen über die Besicherung zur Verfügung stellen kann, desto besser werden die Annahmen der Rating-Agenturen hinsichtlich Recoveries und desto günstiger wird letztlich das Tranching.

Replenishment-Bedingungen

Wie für mittelständische Kredite typisch, sind bei den Gate CLOs hauptsächlich Tilgungskredite verbrieft. Ein Wiederauffüllen (Replenishment) könnte sich grundsätzlich an zwei Vorgehensweisen orientieren: Auffüllen mit der ursprünglichen Portfolioqualität oder Auffüllen mit der zum Zeitpunkt des Replenishments vorhandenen Portfolioqualität ("not-to-worsen").

Eine "not-to-worsen"-Vereinbarung bringt für Investoren das Risiko mit sich, dass bei starker Rating-Migration nach unten dann auch mit schlechterer Portfolioqualität wieder aufgefüllt wird und die möglichen Verluste gewissermaßen gehebelt werden. Eine solche Regelung ist zwar grundsätzlich möglich, für die begebende Bank aber vergleichsweise teuer.

Bei den Gate-CLOs wurde daher eine Regelung getroffen, die sich stärker an der Auffüllung mit ursprünglicher Portfolioqualität orientiert. Genauer gesagt müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

1. Das Durchschnittsrating der neu aufgenommenen Kredite ist das Gleiche wie das des ursprünglichen Portfolios zum Zeitpunkt des Closings.

2. Zusätzlich muss der so genannte SROC-Test1) der Rating-Agentur Standard & Poors erfüllt sein in dem Sinne, dass sich der SROC nicht verschlechtert.

Die erste Bedingung stellt in der Praxis häufig die stärkere Bedingung dar, so dass die Regelungen insgesamt ein Replenishment mit ursprünglicher Portfolioqualität bedeuten.

Erhöhung des Wertbeitrages für die Bank

Investoren erwarten einen Ausgleich für die erwarteten Verluste sowie eine zusätzliche Risikoprämie für die möglicherweise auftretenden unerwarteten Verluste, für die Kapital vorgehalten werden muss. Falls die Transaktion wie erwartet verläuft ("base case"), kann die begebende Bank also nicht erwarten, dass die an die Investoren allozierten Verluste den gezahlten Spread übersteigen.

Trotzdem ist eine solche Transaktion auch im "base case" für die Bank vorteilhaft. Dies liegt daran, dass die Bank für die verbrieften Kredite anderenfalls Risikokapital (ökonomisches Kapital) vorhalten müsste, das nun Gewinn bringend reinvestiert werden kann. Wenn beispielsweise die Bank eine Verzinsung des ökonomischen Kapitals von 15 Prozent erwartet, die Investoren dagegen nur 12 Prozent, so ziehen sowohl Bank als auch Investoren einen Nutzen aus der Transaktion.

Eine ähnliche Situation liegt vor, wenn aus Sicht der Bank das verbriefte Portfolio eine hohe Bindung von ökonomischem Kapital aufweist, weil beispielsweise regionale Konzentrationen vorliegen, andererseits die Investoren von einem niedrigem Verbrauch an ökonomischem Kapital auf ihren Büchern ausgehen, weil das verbriefte Portfolio ihr gegebenes Portfolio diversifiziert. In der Praxis zeigt sich die Suche nach Diversifikation daran, dass auch Investoren aus dem nicht-europäischen Raum in die Gate-Portfolien investiert haben.

Die Erhöhung des Wertbeitrages für die Bank soll im Folgenden beispielhaft genauer beschrieben werden2). Ein zu verbriefendes hypothetisches Portfolio von einer Milliarde Euro binde drei Prozent an ökonomischem Kapital und habe erwartete Verluste von 25 Basispunkten p.a.Eine Veränderung dieser Parameter durch Rating-Migrationen wird hier nicht modelliert. Das ökonomische Kapital werde durch die Verbriefung der Equity-Tranche und einiger Mezzanine-Tranchen um 95 Prozent reduziert. Das Risiko der Senior-Tranchen möge bei der Bank bleiben. Ersatzweise könnten die Senior-Tranchen auch verkauft werden, wenn von der Bank zusätzlich Entlastung beim regulatorischen Kapital unter Basel I gewünscht ist. Eine Berücksichtigung von Kosten, die einmalig am Anfang der Transaktion entstehen, wie zum Beispiel Strukturierungs- und Platzierungsgebühren, Gebühren für Rating-Agenturen und Anwaltskanzleien, findet aus Vereinfachungsgründen hier nicht statt.

Tabelle 1 zeigt die Kapitalstruktur dieses hypothetischen Portfolios. Es ergeben sich jährliche Kosten in Höhe von 48 Basispunkten. Diesen Kosten stehen eingesparte Wertberichtigungen von 25 Basispunkten und eingesparte Kapitalkosten von 43 Basispunkten gegenüber. Insgesamt ergibt sich eine jährliche Steigerung des Wertbeitrages von etwa zwei Millionen Euro (Tabelle 2). Bei einer fünfjährigen Transaktionslaufzeit ergeben sich also beispielsweise zehn Millionen Euro zusätzlicher Wertbeitrag. Die hier nicht modellierten einmaligen Strukturierungsaufwände verringern diesen Wertbeitrag, die nicht modellierten Rating-Migrationen, die im Mittel abwärtsgerichtet sind, erhöhen ihn.

Besonderheiten der einzelnen Gate-Transaktionen

Tabelle 3 gibt einen Überblick über die einzelnen CLOs. Gate 2004-1 und Gate 2005-1 verbriefen Kredite, die im Mittel im Invest-ment-Grade-Bereich sind. Dagegen ist die durchschnittliche Bonität der in Gate 2005-2 verbrieften Kredite mit BB-/B+ deutlich schlechter. Eine Besonderheit von Gate 2005-1 ist, dass neben deutschen auch europäische Mittelstandskredite verbrieft sind.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Gate 2004-1 und den anderen Gate CLOs besteht darin, dass hier die Deutsche Bank einen jährlichen Selbstbehalt hat. Dieser Selbstbehalt stellt im Wesentlichen den jährlichen Expected Loss plus einen gewissen Sicherheitspuffer für die Investoren dar. Wichtig ist hierbei, dass der Selbstbehalt nicht kumulativ über die Transaktionslaufzeit vereinbart ist, sondern in fünf einzelnen "Zeitscheiben" von je einem Jahr. Dies bewirkt, dass bereits bei Überschreiten des Selbstbehaltes in einem Jahr Verluste an den Investor alloziert werden.

Der Investor trägt also einen erheblichen Teil des Risikos, dass die tatsächlichen Verluste größer sind als die erwarteten Verluste. Auf diese Weise wird der größte Teil der unerwarteten Verluste auf den Investor übertragen und so der zeitliche Verlauf der Einzelwertberichtigungen der Bank geglättet. Im Unterschied zu den anderen Gate-Transaktionen sichert Gate 2004-1 also nur die unerwarteten Verluste ab, dies allerdings zu einem deutlich günstigeren Preis.

Attraktive Mittelstandsportfolien

Das gegenwärtige Marktumfeld historisch niedriger Spreads erlaubt die Strukturierung von CLOs, die nicht nur eine regulatorische Arbitrage darstellen, sondern auch illiquide mittelständische Kreditrisiken an den Kapitalmarkt transferieren. Es ist davon auszugehen, dass mit der Einführung von Basel II vermehrt Strukturen auf den Markt kommen werden, in denen Equity-Tranchen platziert werden. Gerade für Equity-Investoren könnten Mittelstandsportfolien wegen ihrer vergleichsweise hohen Granularität besonders attraktiv werden.

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