Schwerpunkt Finanzstabilität

Staatsschulden und Pläne, sie zu tilgen

Einige allgemeine Aussagen zu Schulden und ihren Folgen sind offensichtlich: "Kauf auf Raten", "Finanzierung über Darlehen" erhöht notwendig die Kosten des zu erwerbenden Gutes um die Zinsen. Ausmaß und Wirkung der Erhöhung werden oft übersehen. Die Summe der über die Zeit verteilten Zinsen ist kein sachgerechtes Maß dafür. Die Beträge für Zinsen sind aus dem Einkommen und dem Vermögen des Schuldners zu erbringen. Sie stehen ihm nicht mehr für andere Ausgaben zur Verfügung, sie mindern seine Konsumkraft. In vielen Fällen würde ein erstes Verschieben von Konsum genügen, den Preis für eine Ware oder Leistung anzusparen und diese dann bar oder gar mit Skonto zu erwerben.

Das anschließende Sparen all der Ausgaben, die sonst für Zins und Tilgung notwendig wären, erlaubte es, auch mit der nächsten Anschaffung ebenso vorzugehen. Kein Geld ginge für Zinsen drauf. Schulden vermeiden ermöglicht insgesamt höheren Konsum. Es erfordert aber Disziplin, nicht nur zu Beginn des Verbraucherlebens, sondern anhaltend.

Erwerb eines eigenen Heimes als typische Ausnahme

Für manchen Menschen ist aber der Erwerb eines eigenen Heimes eine typische Ausnahme. Der Bedarf entsteht so früh in seinem Leben, dass er den Preis noch nicht angespart haben kann und so spät, dass er die Anschaffung nicht aufschieben kann. Hier sind Schulden, zu tilgen in seiner zu erwartenden Lebens- oder Lebensarbeitszeit, angebracht.

Was für natürliche Personen, Verbraucher, gilt, gilt auch für den Staat. Dieser ist bei uns gegliedert in Bund, Länder und Gemeinden. Seine Lebensdauer ist im Prinzip unbegrenzt. Dadurch ist jede Ansparphase, für welche Leistung auch immer, ein kurzer Augenblick im Leben des Staates und unabhängig davon, welche Generation in dieser kurzen Phase davon betroffen ist. Seine Einkünfte sind vor allem Steuern, die von vielen Steuerpflichtigen aus vielen Gründen erhoben werden. Hinzu kommen Gewinne (oder Verluste) aus Unternehmen des Staates, zum Beispiele der Bundesbank, Erlöse aus dem Verkauf von Eigentum und andere Einnahmen, etwa Maut. Sie alle werden für Ausgaben aller Art auf die Einheiten des Staates verteilt, auf seine Gliederungen, seine Sachgebiete (beim Bund Ministerien) und Sonderaufgaben (zum Beispiel Deutsche Einheit, Konjunkturförderung).

Direkt aus laufenden Einnahmen zu bestreitende Ausgaben oder aus ihnen kurzfristig anzusparende sind dann alle, die zum normalen Leben des Staates gehören, zum Beispiel Ausstatten der Regierungen und Parlamente, der Gerichte, der Polizei, des Militärs, der Schulen, der sozialen Dienste und Altersversorgungen, aber auch Investitionen wie Bauen von Universitäten, Krankenhäusern, Bahnhöfen, Autobahnen und so fort, soweit die Aufgaben nicht durch andere Abgaben finanziert werden. Es ist denkbar, dass die Aufgabe, all das Geld aus allen Quellen zu erheben, und es dann auf alle Senken zu verteilen, das heißt die Ausgaben zu lenken, dafür besonders geeignete Strukturen, auch politische, erfordert und dass umgekehrt vorhandene Strukturen einen rationalen Umgang mit diesem Geld erschweren.

Mangel an Generationengerechtigkeit

Jede Neuverschuldung, das heißt der damit gemeinte Schuldenanstieg, auch die bis zu drei Prozent des Bruttosozialprodukts (BSP), die die EU im Rahmen eines "Stabilitätspakts" und "Maastricht-Kriterien" genannten Übereinkommens ihrer Staaten zulässt, ist ein Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben des Staates. Alle Schulden müssen im Laufe der Zeit bezahlt werden. Bei der inzwischen erreichten Höhe heißt das seit langem, von künftigen Generationen und bis dahin durch Umschuldung, Tilgen der alten und Aufnehmen neuer Schulden.

Für frühere Schuldenmacher sind die jetzigen Einwohner, sind wir alle, so eine Generation. Werden die Schulden nicht geringer, sind die stets dafür zu zahlenden Zinsen eine bleibende, werden sie höher, eine zunehmende Last. Der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, H. J. Papier, wies am 22. Mai 2006 besorgt auf diesen Mangel an Generationengerechtigkeit, ihre mögliche Ursachen und Folgen, hin (Öffentliche Schulden; Risiken, Gefahren - Wege aus der Krise, Begrüßungsworte zum Podiumsgespräch am 22. Mai 2006 in Karlsruhe).

Sonderausgaben, zu vergleichen mit denen für ein Haus im Privatleben, zu finanzieren durch Darlehen, könnten Vorbereiten eines Krieges, Aufbau und Reparationen nach einem Krieg, (Wieder-)Vereinigung, Naturkatastrophen und Ähnliches sein. Aber die Kosten für kriegsähnliche Handlungen, vor allem "unsymmetrische Konflikte" mit nicht staatlich organisierten Gegnern, gehören in der globalisierten Welt allmählich zu den laufenden Ausgaben des Bundes. Ausgaben besonderer Art sind auch Maßnahmen zur Bekämpfung des 2008/2009 erkannten Desasters, das den Namen "Finanzkrise" erhielt und der ihr folgenden "Wirtschaftskrise", die aber auch andere Ursachen hat. Aber diese Notlagen sind anders als die genannten anderen - von weitgehend bekannten privaten oder öffentlichen Unternehmen des Geldgewerbes herbeigeführt worden, viele von ihnen solche, die am meisten an der Gesellschaftsordnung des Staates verdient haben.

Wenn der Staat solche Sonderausgaben nicht tilgt oder sie durch andere ersetzt (zum Beispiel Geld für Deutsche Einheit durch Geld für Konjunkturmaßnahmen) und eventuell auch laufende Ausgaben über Darlehen finanziert, kommt es zur Überschuldung wie der gegenwärtigen, die zu tilgen umso schwerer wird, je höher sie ist. Davor warnen Politiker und Wirtschaftler seit Jahrtausenden.

Berufung auf Keynes

Marcus Tullius Cicero forderte im Jahre 55 vor Christus (nach FAZ vom 28. Dezember 1990): "Der Staatshaushalt muß ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen abgebaut, die Arroganz der Behörden muß gemäßigt und kontrolliert werden, ... wenn der Staat nicht Bankrott gehen soll." Miguel Boyer, ehemaliger spanischer Finanzminister, meinte (nach einem Leserbrief in der SZ vom 28. Dezember 1993): "Mehr ausgeben als man einnimmt hat nichts mit linker oder rechter Parteipolitik zu tun, sondern ist schlicht ein Zeichen von Inkompetenz."

Der Volksmund sagt "Spare in der Zeit (des Wohlergehens), dann hast Du in der Not." John Maynard Keynes (1883 bis 1946) schlug im Jahre 1936 in "The General Theory of Employment, Interest and Money" dem Staat das Gleiche vor. Er meinte: Eine wirtschaftliche Schwäche läge an zu geringer privater Nachfrage und könne rasch behoben werden, wenn der Staat mit Aufträgen einspränge, wenn nötig mit Staatsschulden. Auf mittlere Sicht aber müsse sein Haushalt ausgewogen sein. In guten Zeiten müsste er also Schulden tilgen und Guthaben bilden.

Einige Ökonomen, aber auch Politiker und Journalisten (zum Beispiel "Der Staat darf nicht sparen", Zeit online, 15. Februar 2007) meinen, aus der im Prinzip unbegrenzten Lebensdauer des Staates folge, dass er, anders als natürliche Personen, seine Schulden nicht zurückzahlen müsse, er könne sie immer weiter durch Umschulden vor sich herschieben, es gäbe immer eine spätere Generation, der man die Last der Tilgung aufbürden könne und wenn die Einkünfte schon für die Zinsen nicht reichten, auch die neuer Schulden dafür und für andere Projekte.

Kein Perpetuum mobile

Das setze voraus, dass es immer Mitglieder der gegenwärtigen Generation gäbe, eventuell im Ausland, die in der Lage und bereit wären, dem Staat das Geld gegen Zinsen zu leihen und die damit zufrieden wären, dafür einen Anspruch gegen den Staat zu haben, ohne ihn einzulösen. Diese Darlehen wären ein Perpetuum mobile für die Vermehrung des Reichtums der Verleiher durch Zinsen auf Pump. Der so wachsende Reichtum der Reichen und das Leben der übrigen Bevölkerung würden einander nicht beeinflussen. Beispiel 1 verdeutlicht den Vorgang mit Umständen, die bald Wirklichkeit werden könnten.

Beispiel 1 - Zinsen auf Pump: Angenommen die Schulden des Staates betrügen 2000 Milliarden Euro und im folgenden Jahr wären seine Einnahmen und seine Ausgaben (ohne die für Zinsen) jeweils 500 Milliarden Euro. Die Zinsen für das Jahr müssten dann durch weitere Schulden bezahlt werden. Die Zinsempfänger könnten dem Staat dieses Geld direkt wieder in voller Höhe als zu verzinsendes Kapital überlassen. Bei einem Zinssatz von fünf Prozent per annum wären das 100 Milliarden Euro. Diese verteuerten dann - umgerechnet alle anderen Ausgaben des Staates um 20 Prozent. Im nächsten Jahr wiederholte sich der Vorgang mit den nun auf 2100 Milliarden Euro angewachsenen Schulden und den Zinsen dafür, im Beispiel dann 105 Milliarden Euro. Die Schulden des Staates und die Guthaben der Gläubiger wüchsen so exponentiell mit fünf Prozent per annum.

Die Verleiher wollen jedoch wenigstens einen Teil ihres Anspruch einlösen in Geld, anderen Besitz (Güter des Staates) und vielleicht auch Einfluss auf das Handeln des Staates. Die Bevölkerung muss früher oder später die Kosten für die Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden durch Steuern oder andere Abgaben aufbringen sowie durch Verzicht auf bis dahin übliche Leistungen des Staates. Schon für nur die Zinsen findet man: Der Staat belastet jede Generation, auch die gegenwärtige, mit den Zinsen für den vor ihr aufgehäuften und eventuell in ihr noch wachsenden Schuldenberg.

Er hat einen großen, mit schwankenden Zinssätzen im Voraus kaum zu kalkulierenden, aber wesentlichen Teil aller seiner Einkünfte, die vorab auch nicht zu kalkulieren sind, als Zins an seine Gläubiger zu zahlen. Seine Handlungsfähigkeit wird eingeschränkt. Dauernde Schulden des Staates bewirken wachsende soziale Unterschiede, eine Umverteilung von Einkünften und Besitz, bei inländischen Geldgebern von unten noch oben, bei ausländischen vom Inland zu fremden Menschen und Ländern, über Steuern. Das dürfte Keynes nicht gemeint und nicht vorgeschlagen haben.

Die Schulden der öffentlichen Haushalte

Die Bundesrepublik ersparte unter ihrem ersten Finanzminister, Fritz Schäffer (1888 bis 1967), bis zum Jahr 1957 acht Milliarden DM und gab sie dann aus. Seither, auch nach der Einführung des Euro, macht sie Schulden, die - abgesehen von wenigen geringen Minderungen in einzelnen Jahren, die jeweils im folgenden Jahr wieder aufgehoben wurden - ständig steigen, auch in Jahren, in denen es der Wirtschaft gut ging, und in solchen mit niedrigen Zinssätzen. Allein schon durch die Zinszahlungen wird die Handlungsfreiheit der Regierung beeinträchtigt, muss sie mehr und mehr Menschen mehr und mehr Lasten auferlegen.

Die Gliederungen des Staates schränken ihre Dienstleistungen ein oder verteuern sie, lassen Einrichtungen (zum Beispiel für Schule und Sport) verfallen oder schließen sie (zum Beispiel Theater), verkaufen Besitz (zum Beispiel Land, Immobilien, Unternehmen) und verlieren so Gestaltungsfreiheit für die Zukunft. Viele Städte haben Nothaushalte, das heißt, sie können und dürfen wegen hoher Schulden nicht mehr frei entscheiden. Die Medien melden seit Langem immer wieder, dass laut Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung oder nach anderen Studien die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland tiefer wird, dass eine zunehmende Konzentration von Vermögen und damit verbundener Macht auf Wenige "da oben" stattfindet, dass die Mittelschicht immer schwächer wird.

Aus der seit 50 Jahren immer stärker gewordenen Schuldenfalle scheint kein Entkommen ohne soziale Umwälzungen möglich zu sein. Die zu erwartenden Härten wachsen mit den Schulden und werden die Schichten der Gesellschaft sicher nicht gleich hart treffen. Die soziale Schere wird sich in Deutschland ohne Gegensteuern wohl noch lange weiter öffnen. Das Bundesamt für Statistik gibt für das letzte vor der "Finanzkrise" beendete Haushaltsjahr Staatsschulden von 66 Prozent des Bruttoinlandsproduktes an (Destatis, 17. Juli 2009; Aufgliederung siehe Übersicht 1).

Eine solche Aufstellung für den 31. Dezember 2009 liegt noch nicht vor. In den Eckwerten des Finanzministeriums für den Bundeshaushalt 2010 vom 26. März 2010 und im Nachtragsetat 2009 vom 13. Februar 2009 findet man die Werte aus Übersicht 2.

Als Auswertung ergibt für das Jahr 2008 für Zinsen, Schulden, Einnahmen und Ausgaben des Bundes: Die Konsumausgaben (alle ohne die Zinsen) sind 84,803 Prozent der Gesamtausgaben. Die Schuldausgaben (Zinsen) sind 15,196 Prozent der Gesamtausgaben und 17,917 Prozent der Konsumausgaben. Und die Zinsen sind 4,352 Prozent der Gesamtschulden. Von je 100 Euro der Steuern und anderen Einnahmen gab der Bund 2008 also rund 85 Euro für Güter und Dienste aus und 15 Euro für Zinsen.

Die Zinsen verteuerten - umgelegt - im Jahre 2008 alle anderen Leistungen im Verhältnis 15/85, das heißt um fast 18 Prozent, von der Besoldung des Bundespräsidenten über die Ausgaben für Verteidigung bis zur Büroklammer. Die Hochrechnung der Zinsen für alle Schulden des Bundes mit dem dafür errechneten Zinssatz, 4,352 Prozent per annum auf die Gesamtschulden des Staates ergibt 68,7 Milliarden Euro Zinsen für das Jahr 2008.

Tilgen der Staatsschulden oder nur "Schuldenbremse"?

Am 29. Mai und 12. Juni 2009 beschlossen der Bundestag und danach der Bundesrat eine Änderung des Grundgesetzes (Artikel 115), genannt "Schuldenbremse". Danach soll die Neuverschuldung der Länder ab 2020 aufhören und ab 2016 für den Bund auf höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zurückgehen (das sind Mitte 2009 etwa 8,5 Milliarden Euro), also weiter zunehmen können, abgesehen von jetzt schon zu erwarteten Ausnahmen. Die Schuldenaufnahme soll mit einem verbindlichen Rückzahlungsplan ergänzt werden.

Für die Beurteilung der Gesamtschulden des Staates ist es jedoch unwichtig, welchen Projekten einzelne Bestandteile und damit die Zinsen und Tilgungen dafür zugeordnet werden. Solange die Gesamtschulden nicht abnehmen, handelt es sich nur um Umschuldungen von alten zu neuen Schulden und um Umverteilungen zwischen alten und neuen Projekten, zum Beispiel von Ausgaben für die Einheit zu solchen für die Stärkung der Konjunktur.

Die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden lagen Mitte 2009 schon über 1600 Milliarden Euro. Sie werden durch Maßnahmen, die der "Finanzkrise" 2009 folgten um die Konjunktur zu fördern, sowie durch Steuerausfälle, bis die Maßnahmen wirken und durch angekündigte Steuersenkungen gewaltig steigen und ebenso durch steigende Ausgaben des Staates, die durch den demografischen Wandel bedingt sind, zum Beispiel Zuschüsse zu Renten und anderen Sozialleistungen wie Krankenversicherungen.

Die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2010 geben für die Jahre 2011 bis 2013 die zulässigen maximalen Nettokreditaufnahmen als Planwerte an. Sie werden erläutert als gegenüber den tatsächlich nötigen bereits "konsolidierte" Werte. Ferner wird darauf hingewiesen, noch nicht darin enthalten seien erhöhte Aufwendungen für Forschung und Bildung. Gar nicht genannt sind Ausgaben, die auf Deutschland vielleicht zur Stützung Griechenlands und eventuell weiterer Länder der Euro-Gruppe zukommen können.

Bleibender Schuldenberg

Vergleichbare Aufstellungen für Länder und Gemeinden liegen noch nicht vor. Beide Gruppen, besonders die Kommunen, weisen nachdrücklich auf ihre wachsenden Schulden hin. In wenigen Jahren könnten die Staatsschulden 2000 Milliarden Euro erreichen. Allein eine von manchen Politikern und Wirtschaftlern für vertretbar gehaltene Inflation von zwei Prozent per annum würde das Schuldenwachstum nicht verhindern. Eine Inflation, die zur Tilgung ausreichte, wäre begleitet von der Vernichtung von Geldvermögen und Änderungen im Gesellschaftsgefüge. Schon im Februar 2010 wurde solch ein Szenario in einem Gespräch im Radio als eine Alternative der Politik der EU zur Bekämpfung der Schulden Griechenlands und anderer Staaten dargestellt.

Wirtschaftler weisen auch darauf hin, dass das von der Regierung durch Steuersenkungen erstrebte Wachstum nicht zu Steuermehreinnahmen führe, die die Senkungen ausglichen, dass die Steuersenkungen also nicht schuldenneutral seien, sondern die Schulden erhöhten. Heute gilt es schon als ehrgeiziges Ziel der Politik, das Wachsen der Schulden, die Neuverschuldung, auf das durch die "Schuldenbremse" vorgegebene Maß zu verringern, im besten Fall auf den Wert Null. Der Haushalt hieße dann "konsolidiert". Der bis dahin erreichte Schuldenberg aber bliebe bestehen und belastete weiterhin die öffentlichen Haushalte mit Zinsen und damit die Bevölkerung mit den skizzierten Folgen und förderte die soziale Spaltung der Gesellschaft.

Tilgungspläne

In den Medien wird mitunter gesagt, wolle man Staatsschulden von 1600 Milliarden Euro um jährlich 10 Milliarden Euro reduzieren, brauche man für die Tilgung 160 Jahre. Das ist richtig, aber nur ein Zahlenspiel. Bei einem Zinssatz von fünf Prozent per annum müsste man für das erste Jahr erstmal 80 Milliarden Euro für Zinsen bezahlen und danach lange nur geringfügig weniger. 160 Jahre ist kein Planungszeitraum für die Politik. Im Prinzip lebt der Staat ewig. Aber vor 160 Jahren gab es das Bismarckreich noch nicht. Und ob es in 160 Jahren noch ein Deutschland wie heute und einen Euro wie jetzt geben wird, weiß niemand.

Beispiel 2 verdeutlicht die Probleme mit der Verzinsung und die noch größeren auch mit der Tilgung der Staatsschulden. Sein Ziel ist vollständige Tilgung. Die jährliche Tilgung heißt auf Neudeutsch "negative Neuverschuldung".

Beispiel 2 - Tilgungspläne für Schulden

des Staates: Damit man sich eine Vorstellung von den für Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden nötigen Zahlungen über Jahrzehnte hinweg machen kann, werden hier die Jahreszahlungen für ein Annuitätendarlehen von 1000 Milliarden Euro angegeben. Das sind ungefähr die Schulden des Bundes Ende 2008. Für 2000 Milliarden Euro ist die doppelte Zahlung nötig. Sie könnten bald die Schulden des Staates sein, also die von Bund, Ländern und Gemeinden. Sie liegen auch dem Beispiel 1 zugrunde (Übersicht 3).

Ein realistisches politisches Ziel könnte teilweise Tilgung in einem überschaubaren Zeitraum sein. Selbst das verlangte ungeheure Anstrengungen und Härten. In den Funkmedien gaben Sprecher wohlhabender Bürger an, ihre Einkommensteuer seien in den letzten Jahren stark gesenkt worden, die Vermögenssteuer sei entfallen, die Kapitalertragssteuer sei de facto, wenn auch nicht de jure, ebenfalls stark gemindert worden. Sie gaben an, wie dieser Teil der Gesellschaft in besonderer Weise mit Steuern zur Stärkung des Staates beitragen könne. Auch die Staatsordnung selbst, die Zahl der Länder und die Festlegung und Verteilung der Aufgaben des Staates werden als Steuerungsinstrumente angeführt.

Auch andere Staaten haben hohe Schulden und die damit verbundenen Probleme, Gefahren und Aufgaben. Sie sollten alle daran interessiert sein, Anreize zur Steuerminderung durch Umziehen der Besteuerten oder Verlagern ihres Vermögens oder ihrer Einkünfte ins Ausland zu mindern oder gar zu beseitigen.

Rationaler Umgang mit den Staatsschulden

Rationaler Umgang mit Schulden bedeutet auch die richtige exponentielle Umrechnung eines nominalen, das heißt vereinbarten Zinssatzes vom Jahr auf andere Zahlungsperioden, zum Beispiel von zwölf per annum über "12. Wurzel aus 1,12 -1" in 0,949 Prozent pro Monat. Sie hält den vereinbarten Satz ein. Der effektive, das heißt der geforderte Satz ist damit wieder zwölf Prozent per annum. Die im Geldgewerbe übliche und seit 1995 vom BGH geforderte lineare und damit falsche Umrechnung vereinbarter Zinssätze vom Jahr auf andere Zinsperioden, zum Beispiel von zwölf Prozent per annum in ein Prozent pro Monat erhöht den so geforderten Zinssatz über den vereinbarten, im Beispiel auf effektiv 12,683 Prozent per annum. Sie tut das überproportional umso mehr, je höher der vereinbarte Zinssatz ist und je kürzer die Periode ist, auf die er umgerechnet wird.

Das Verfahren wird zum Beispiel in "Zinsrecht als Folge, Ausdruck und Ursache von Fehlbildung in Zinsrechnung" (RS in myops, Berichte aus der Welt des Rechts, C. H. Beck, Heft 6, Mai 2009, Seiten 35 bis 43) so erläutert, dass es jeder, der mit Zinsen zu hat, verstehen können sollte. Mit der falschen Rechnung steigen auch die Z+T-Zahlungen. Beispiel 3 zeigt die Auswirkungen allein schon auf die Staatsschulden. Richtige, exponentielle Umrechnung vermeidet sie.

Beispiel 3 - Tilgungszahlungen für Staatsschulden nach Logik oder Recht:

Wollte man ein Annuitätendarlehen von 1500 Milliarden Euro, das ist etwas weniger als die Schulden des Staates Ende 2008 waren, mit einem Zinssatz von fünf Prozent per annum = 1,227 Prozent pro Quartal in 20 Jahren verzinsen und tilgen, wären dafür am Ende eines jeden Jahres 120,364 Milliarden Euro zu zahlen, oder am Ende eines jeden Quartals 29,543 Milliarden Euro.

Mit der vom BGH angeordneten linearen Umrechnung des Zinssatzes in 1,250 Prozent pro Quartal, das sind dann tatsächlich 5,095 Prozent per annum, wären für die gleiche Laufzeit je Quartal aber 29,770 Milliarden Euro zu zahlen. Das entspräche einer Jahresleistung von 121,331 Milliarden Euro, also einer Verteuerung von rund einer Milliarde Euro in jedem der 20 Jahre.

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