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Spezialfonds: Zugang für Banken und Versicherer durch Regulierung erschwert

Das Geschäft mit institutionellen Investoren ist der Motor des deutschen Fondsmarktes. Im vergangenen Jahr vertrauten private und institutionelle Anleger der Fondsbranche netto 83 Milliarden Euro an. Davon flossen 76,7 Milliarden Euro in Spezialfonds. Dieser Trend setzt sich auch im laufenden Jahr fort. Von den 37,1 Milliarden Euro, die die Fondshäuser zwischen Anfang Januar und Ende Mai dieses Jahres per saldo einsammelten, konnten Spezialfonds 30,5 Milliarden Euro für sich verbuchen.

Insgesamt verwaltete die deutsche Investmentbranche per Ende Mai 2,2 Bil lionen Euro. Rund die Hälfte davon entfällt auf Spezialfonds. Dabei sind Versicherungsgesellschaften mit Abstand die größte Anlegergruppe. Sie haben 453 Milliarden Euro investiert. Weitere 209 Milliarden Euro stammen von Altersvorsorgeeinrichtungen wie Versorgungswerken und Pensionskassen. Auf produzierende Unternehmen und Industriestiftungen entfallen 211 Milliarden Euro. Kreditinstitute steuern als Anleger weitere 148 Milliarden Euro bei (Abbildung).

Indirekter Dämpfer

Was früher Spezialfonds hieß, nennt das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) heute "Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen". Er weist gegenüber allgemeinen Spezialfonds einige Besonderheiten auf: Er unterliegt stärker dem Grundsatz der Risikomischung und orientiert sich an den für offene Publikumsfonds zulässigen Vermögensgegenständen und Anlagegrenzen. Außerdem kann er nur in begrenztem Umfang zusätzliche Risiken über Hedginginstrumente eingehen. Das macht diesen Fondstyp zu einem idealen Vehikel für die Anlage von Altersvorsorgegeldern und des Kapitals institutioneller Anleger. Die anhaltend starke Nachfrage nach Spezialfonds bestätigt dies. Spezialfonds werden zu einem immer wichtigeren Baustein in der Kapitalanlage von Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und Pensionskassen. Von 2008 bis 2013 haben diese den Anteil von Spezialfonds am Bestand ihrer Kapitalanlagen von 27 auf 38 Prozent erhöht.

Allerdings droht dem institutionellen Neugeschäft ein Dämpfer, sollten einige aktuelle Regulierungsvorschläge geltendes Recht werden. Diese Vorschläge zielen zwar nicht direkt auf die Regeln für Spezialfonds, sondern auf Eigenkapital- und Anlagevorschriften für Versicherer, Banken und Altersvorsorgeeinrichtungen. Indem sie aber den Rahmen für das Anlageverhalten dieser Investoren vorgeben, wirken sie sich indirekt aus. Vorschläge zur Änderung der Anlagevorschriften für Versicherer und die neuen Vorschläge für Banken drohen, den Zugang institutioneller An leger zu Spezialfonds deutlich zu erschweren. Die Folge wären spürbare Kollateralschäden für die Fondsbranche.

Anlageverordnung: Benachteiligung für kleine Versicherer und Pensionskassen

Für Versicherer bringt das Solvency-II-Regime große Veränderungen. Künftig gilt: Je riskanter die Kapitalanlage desto mehr Eigenkapital muss ein Versicherer hinterlegen. Außerdem müssen Kapitalanlagen gemäß der Richtlinie rentabel, sicher und liquide sein. Solche Anlagegrundsätze für Versicherungsunternehmen konkretisiert in Deutschland bislang die Anlageverordnung. Mit Solvency II wird sich dies ändern. Da die Risiken von Kapitalanlagen künftig durch Eigenkapital abgesichert werden müssen, wird es keiner weiteren aufsichtsrechtlichen Anlagebeschränkungen wie beispielsweise Mischungs- oder Streuungsquoten mehr bedürfen.

Die Anlageverordnung soll daher mit Inkrafttreten von Solvency II am 1. Januar 2016 aufgehoben werden - allerdings nur für große Versicherer mit einem Beitragsvolumen von mehr als fünf Millionen Euro. Für kleine Versicherungen mit geringerem Beitragsaufkommen sowie für Pensionskassen soll die Anlageverordnung dagegen weiter gelten; ebenso für Pensionsfonds und Versorgungswerke, deren Anlagevorschriften auf den Vorgaben der Anlageverordnung basieren.

Vor diesem Hintergrund sind die ersten Vorschläge zur Überarbeitung der Anlageverordnung überraschend. Sie sehen nicht nur eine formale Anpassung an die Vorschriften des KAGB vor, sondern auch verschärfte Anlagevorschriften. Beispielsweise sollen Versicherer nur noch maximal 7,5 Prozent ihrer Kapitalanlagen in Wertpapierspezialfonds investieren dürfen, die nicht mit OGAW-Fonds vergleichbar sind. Das sind insbesondere Master-KVG- und Dachfondskonzepte sowie Spezialfonds, die Unternehmensbeteiligungen, unverbriefte Darlehensforderungen oder Edelmetalle beimischen. Anlagen in diesen Spezialfonds würden in vollem Umfang auf die 7,5-Prozent-Quote angerechnet und damit risikoreicheren Hedgefonds- und Rohstoffanlagen gleichgesetzt.

Große Versicherungen können die vorgegebenen Anlagegrenzen einhalten, indem sie einzelne Assetklassen in separaten Fonds bündeln. Kleinen Versicherungen und Pensionskassen steht dieser Weg meist nicht offen. Gerade für sie ist es deshalb wichtig, alle Anlagen in einem einzigen regulierten Produkt zusammenfassen zu können. Würden die Vorschläge zur Anlageverordnung Wirklichkeit, wäre das nur noch sehr eingeschränkt möglich. Spezialfonds würden damit insbesondere für kleine Versicherungen und Pensionskassen deutlich unattraktiver. Für diese Anlegergruppe wird Solvency II nicht gelten, die Anlageverordnung mithin erhalten bleiben. Umso wichtiger ist es, dass die Verordnung den Bedürfnissen dieser Anleger gerecht wird.

Banken: Belastung der Anlagen in Spezialfonds durch Eigenkapitalregeln

Ein weiteres Regulierungsvorhaben mit indirekten Auswirkungen auf Spezialfonds ist die Anfang des Jahres in Kraft getretene EU-Richtlinie über Eigenkapitalanforderungen (Capital Requirements Directive; CRD IV). Die Richtlinie stellt neue Eigenkapitalanforderungen an Banken und soll das Finanzsystem krisenfester machen. Die Banken müssen riskante Kapitalanlagen mit mehr Eigenkapital hinterlegen. Das wirkt sich auch auf ihre Investitionen in Fonds aus.

Für Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen drohen Nachteile infolge der neuen Vorschläge des Baseler Ausschusses vom Juli 2013. Danach sollen die ursprünglich ausschließlich für Nicht-Banken entwickelten Grundsätze nun auf alle Fondsinvestments von Banken ausgeweitet werden. Damit würde das bisherige Risikogewicht von Fonds, die als Zielfonds eingesetzt werden, um das 12,5-fache steigen. Zusätzlich soll ein Faktor eingeführt werden, der den Grad der Hebelung eines Fonds als Risikotreiber berücksichtigt. Dabei wird ignoriert, dass der Spezialfonds auf die für OGAWs geltende Marktrisikogrenze beschränkt ist, wonach sich das Gesamtrisiko des Fonds durch den Einsatz von Hedging (zum Beispiel Derivate, Wertpapierleihgeschäfte) höchstens verdoppeln darf. Die in Deutschland aufgelegten Spezialfonds sind keine "Schattenbanken". Der BVI wird sich daher dafür einsetzen, dass Anlagen von Banken in diesen Fonds nicht mit höheren Eigenkapitalanforderungen belastet werden.

Weitere Nachteile für Banken als Fondsanleger könnte die EU-Trennbankenverordnung bringen. Deren Entwurf sieht vor, dass systemrelevante Kreditinstitute zukünftig nicht mehr in alternative Investmentfonds (AIF) investieren dürfen. Aufgrund der AIFM-Richtlinie gelten Spezialfonds als AIF. Ursprünglich wollte der Gesetzgeber mit der Verordnung verhindern, dass Banken das Eigenhandelsverbot umgehen, indem sie ihre Handelsaktivitäten in Hedgefonds auslagern. Nun sollen alle Fonds, die keine OGAWs sind, von diesem Verbot erfasst werden. Der EU-Gesetzgeber verkennt dabei, dass nicht jeder AIF ein Hedgefonds ist. Spezialfonds droht damit ein Kollateralschaden aus der Trennbankenverordnung - und dies ohne jede Notwendigkeit. Banken sollten deshalb weiterhin in alle Spezialfonds investieren dürfen, sofern deren Marktrisikopotenzial die Marke von 200 Prozent nicht überschreitet.

Mehr Aufwand für Fondsgesellschaften

Die unterschiedlichen Eigenkapitalregeln für Anlagen von Banken und Versicherungen machen auch für die Fondsanbieter die Abläufe komplizierter. Aus Sicht der Fondsindustrie kommt erschwerend hinzu, dass für Pensionskassen und kleine Versicherungen wiederum andere Regeln gelten sollen. Fondsgesellschaften, die alle Investorengruppen bedienen wollen, müssen daher in der Berichterstattung gegenüber ihren Investoren berücksichtigen, dass das erforderliche Eigenkapital je nach Anlegergruppe unterschiedlich berechnet wird.

Die größte Herausforderung wird sein, die Fonds durch ein flexibles Produktmanagement auf das jeweilige Eigenkapital des einzelnen Investors anzupassen, die Risiken zu analysieren und regelmäßige Berichte zu erstellen. Der BVI arbeitet eng mit den jeweiligen Branchenverbänden zusammen, um den Fondsgesellschaften die Umsetzung dieser Anforderungen zu erleichtern.

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