Aufsätze

Schwung in der Fondsbranche durch kleine Gesellschaften

Im Durchschnitt spart der Deutsche etwa elf Prozent seines verfügbaren
Einkommens. Das sind ungefähr 160 Euro im Monat, die auf die Seite
gelegt werden. Ein Teil davon fließt in Investmentfonds - eine
Anlageform, die gerade in den vergangenen Jahren sehr beliebt gewesen
ist. Nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts ist die Zahl der
deutschen Fondsanleger, also die Besitzer von Anteilen an Aktienfonds
oder gemischten Fonds, im Jahr 2005 auf rund 8,1 Millionen gestiegen
und liegt damit bei 12,4 Prozent der Bevölkerung.
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Ein Viertel der Fonds von den sechs größten Gesellschaften
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Doch ein Blick in die Tabellen und Rankings der Zeitungen,
Zeitschriften oder Onlineportale macht die Auswahl für einen Investor
mittlerweile zu einer schwierigen Angelegenheit. Er hat die Qual der
Wahl. So zählt der Bundesverband Investment und Asset Management e.V.,
kurz BVI, mehr als 7 000 Fonds allein der deutschen Gesellschaften.
Davon entfallen rund ein Viertel der Fonds auf die sechs größten
deutschen Investmentgesellschaften.
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Insgesamt verwaltet die deutsche Fondsbranche derzeit etwa 1 191
Milliarden Euro. Auf Publikumsfonds entfallen 561 Milliarden Euro, auf
Spezialfonds 630 Milliarden Euro. Interessanter Aspekt: Ein Drittel,
also etwa 400 Milliarden Euro, teilen sich die sechs großen Anbieter
auf.
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Für einen Anleger sind diese quantitativen Statistiken sehr
anschaulich, aber am Ende zählen für ihn andere Fakten - und zwar
qualitative Ergebnisse, welche Wertentwicklung die Fonds aufweisen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Studie, die erst kürzlich
von dem US-amerikanischen Investmenthaus Northern Trust vorgestellt
worden ist.
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Die US-Untersuchungen zeigen, dass Gesellschaften, die tendenziell
weniger Geld veranlagen, oft die Nase vorne haben. Plakativ haben es
die Autoren der Studie mit dem Titel "Potential Benefits of Investing
with Emerging Managers" folgendermaßen auf den Punkt gebracht: Jüngere
und kleinere Vermögensverwaltungsunternehmen erzielen oftmals eine
bessere Performance als die etablierten, großen
Investmentgesellschaften.
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Northern Trust hat für die Studie den Zeitraum von 2001 bis 2005
analysiert und dazu Daten von 287 Unternehmen ausgewertet, die
insgesamt 7, 9 Billionen US-Dollar verwaltet haben. Die Ergebnisse
zeigen, dass rund 40 Prozent der Gesellschaften, die zu den
Top-25-Prozent gehören, insgesamt weniger als zwei Milliarden Dollar
an Assets managen. Die Resultate waren über alle Investmentstile und
-gruppen konsistent. Zum Vergleich: Diese Gesellschaften verwalten
zusammen nur ein Prozent des amerikanischen Anlagevermögens und können
damit als kleine Investmentgesellschaften bezeichnet werden. Ein
weiteres Ergebnis der Untersuchung: Kleine Gesellschaften
erwirtschaften vor allem in fallenden Märkten häufig bessere
Ergebnisse.
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Überlegenheit der kleinen Anbieter
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Northern Trust hat mit der aktuellen Studie eine Neuauflage aus dem
Jahr 1995 durchgeführt. Damals hatten die Experten ebenfalls die
Ergebnisse von Fondsmanagern für den Zeitraum von 1989 bis 1993 unter
die Lupe genommen. Die neue Studie hat das vor zehn Jahren ermittelte
Untersuchungsergebnis nochmals bestätigt, wonach junge, kleine
Gesellschaften messbar bessere Ergebnisse erzielen als der
Marktdurchschnitt.
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Da in beiden untersuchten Zeiträumen sowohl Zyklen mit schwacher und
starker Performance an den Aktienmärkten aufgetreten sind, sind die
Daten sehr aussagekräftig. Die Tatsache, dass die kleinen
Vermögensverwalter oft überlegen sind, legt nahe, dass es sich hier um
ein konsistentes Merkmal handelt und nicht um ein kurzfristiges
Marktphänomen.
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Die Studie gilt zwar nur für die USA, aber Vergleiche für den
europäischen beziehungsweise deutschen Markt sind durchaus angebracht.
Ein Blick in die Fondsstatistiken zeigt, dass diese Entwicklung in den
vergangenen Jahren auch für den deutschen Markt zu beobachten war.
Auch hier dominieren kleine, bankenunabhängige Vermögensverwalter
zunehmend die Bestenlisten der Fonds-Rankings.
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Was sind die Gründe, dass kleine Gesellschaften im Konzert der Großen
gut mitmischen können und unabhängig von den Banken Anlegermillionen
managen? Zuerst muss darauf hingewiesen werden, dass die kleinen
Geldverwalter keine Anfänger sind. Viele Manager können auf jahrelange
Erfahrungen im Investmentbereich zurückblicken. Sie kennen das
Geschäft und haben oftmals ihre Karriere bei großen
Investmentgesellschaften begonnen.
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Zudem ist bei kleinen Vermögensverwaltern die Struktur effizient
organisiert, Konzentration auf das Kerngeschäft lautet das Motto.
Diese Struktur der kleinen Häuser fördert schnelles und flexibles
Handeln. Die Fondsmanager haben kurze Entscheidungswege und können so
ihre Ideen zügig umsetzen. Mit Liquidität können sie ebenfalls
flexibel umgehen. Wer bei drohenden Kursverlusten rechtzeitig
verkauft, kann so Verluste vermeiden. Aber das Augenmerk liegt auf der
Suche nach aussichtsreichen Investments.
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Aufgrund ihrer kleineren Fondsvolumina können die unabhängigen
Verwalter sehr flexibel am Markt tätig sein. Sie haben die
Möglichkeit, Positionen schneller auf- und abzubauen sowie nach
aussichtsreichen Aktien von kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu
suchen, die im Vergleich zu großen Standardaktien oft höhere
Kurschancen bieten. Dabei gehen allerdings einige wenige
Gesellschaften hohe Risiken ein, um auch eine hohe Rendite zu
erwirtschaften. Ein rechtes Maß ist sicherlich angebracht.
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Ein kleinerer Vermögensverwalter steht so stärker unter Druck als die
führenden Häuser, die ihre Marke in den Vordergrund stellen und
dadurch den Absatz ankurbeln können. Große Fondsgesellschaften müssen
allerdings andere Herausforderungen meistern und auf ihr Image achten.
Je größer die Fondsgesellschaft, desto stärker ist das Interesse der
Medien und damit auch der vergleichende Wettbewerb mit den
Konkurrenten. Für ein großes Haus heißt die Devise oftmals, nicht
negativ aufzufallen. Wer einen Namen hat, will schließlich negative
Nachrichten tunlichst vermeiden. Solange ein Fonds im Bereich der
Benchmark liegt, ist alles im grünen Bereich.
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Nachteile bei institutionellen Investoren
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Ausnahmen bei großen Fondshäusern gibt es allerdings auch, wie etwa
bekannte Sparplanklassiker beweisen, die seit Jahren zu den Besten
ihrer Klasse gehören. Diese kleine Zahl an herausragenden Fonds
verfügt über ein beträchtliches Fondsvolumen. In diesen Fällen greift
das Prinzip, der Erfolg nährt den Erfolg. Solche Fonds-Schwergewichte
verwalten mehrere Milliarden Euro und tauchen in Rankings immer wieder
vorne auf.
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Was das Volumen betrifft, ist auch ein Nachteil der kleinen Anbieter
zu konstatieren. Aufgrund ihrer geringen Größe werden sie von
institutionellen Investoren in der Auswahl oft gar nicht
berücksichtigt. Diese investieren hohe Summen und setzen auf große und
etablierte Häuser, die mehrere Milliarden Euro managen.
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Doch Vermögensverwalter stoßen bei den eigenen Fonds auch an Grenzen.
Steigt das verwaltete Volumen zu stark an, muss die Anlagestrategie
überdacht werden. Investitionen in kleinere Titel sind dann kaum noch
möglich, die Manager müssen in liquide Titel umschichten. Aber ob
groß, ob klein - langfristig spielt die Wertentwicklung der Fonds eine
entscheidende Rolle.
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Rankings und Rating immer wichtiger
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Daher werden Rankings im Fondsbereich weiter an Bedeutung gewinnen.
Darüber hinaus wird auch das Rating immer wichtiger. Diese Analysen
gehen über eine Untersuchung des absoluten Kurszuwachses hinaus und
berücksichtigen auch das in Kauf genommene Risiko des
Fondsmanagements. Neben der Kursentwicklung des Fonds ist damit die
Volatilität, also die Schwankungen des Fondswertes, ein wichtiges
Kriterium. Fondsgesellschaften und Fonds, die hier gut abschneiden,
werden langfristig auch zu den Favoriten der Anleger gehören und das
Fondsvermögen steigern können.

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