Aufsätze

Risikobudgets im Fokus: Ist das Managerrisiko unterrepräsentiert?

Traditionell richten viele Anleger ihre Asset Allokation primär an der erwarteten Rendite aus. Aktuell gewinnt jedoch das Thema "Risikobudgets" immer mehr an Bedeutung. Insbesondere aus Gesamtportfoliosicht ist das Risiko ein zentraler Faktor bei der Optimierung eines Portfolios. Um in dieses Konzept tiefer einzusteigen, sind verschiedene Schritte notwendig.

Einzelbestandteile des Gesamtrisikos

Zur Ermittlung des Risikobudgets wird das Risiko des Gesamtportfolios aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und in seine Einzelbestandteile zerlegt. Die Risikobudgetierung beantwortet die Frage, wie sich das Risiko eines Portfolios zusammensetzt, welcher Anteil dabei aus dem Marktrisiko (Beta) und welcher Anteil aus aktivem Risiko (Alpha beziehungsweise Managerauswahl) resultiert. Untersucht wird also, welcher Risikobeitrag aus der Assetklasse stammt, welcher vom Manager verursacht wird und welche Interaktion zwischen diesen beiden besteht. Das so genannte Beta-Risiko ist der Anteil der Assetklasse an der absoluten Portfoliovolatilität. Das Alpha-Risiko bezieht sich auf den Beitrag der einzelnen Manager zur Volatilität der Zusatzerträge eines Portfolios (Abbildung 1).

Mit drei Kernvariablen lässt sich nun der Risikobeitrag ermitteln: Die erste ist die Gewichtung der einzelnen Assetklassen im Portfolio. Die zweite ist das Risikomaß einer Assetklasse oder eines Managers. Diese werden für das Marktrisiko in Form der Standardabweichung (also der Volatilität der absoluten Erträge) und für das Managerrisiko mit dem Tracking Error (also der Volatilität der relativen Erträge) gemessen. Als dritte Variable ist noch die Korrelation von Beta zu Beta, Alpha zu Alpha und Beta zu Alpha zu ermitteln. Die Erhöhung einer der drei Variablen (Gewichtung, Risiko oder Korrelation) steigert bei gleichzeitiger Konstanz der anderen Variablen den Risikobeitrag der jeweiligen Assetklasse im Gesamtrisiko des Portfolios.

Viele Anleger konzentrieren ihr Gesamtrisiko im Marktengagement (Beta). Die Verteilung auf einzelne Assetklassen bestimmt also im Wesentlichen Risiko und Ertrag eines Portfolios. Kernproblem dabei ist aber, dass die Kompensation für die eingegangenen Risiken nicht immer zufrieden stellend ist. Da die Korrelation zwischen den einzelnen Märkten in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat - zwischen den großen Aktienindizes in Europa und den USA liegt sie bei rund 90 Prozent - bestehen nur wenige Möglichkeiten zur Risikostreuung innerhalb der Beta-Risiken.

Alpha-Risiken lassen sich dagegen sehr viel besser zur Diversifizierung nutzen, da diese oft weniger starke Korrelationen aufweisen. Effizienzsteigerungen lassen sich dabei sowohl aus dem Verhältnis von Alpha zu Alpha (Manager gegenüber Manager) als auch aus dem Verhältnis Alpha zu Beta (Manager zu Markt) erreichen. Hier sind die Korrelationen in der Regel niedrig, häufig sogar negativ. Denn bei reiner Betrachtung der Fähigkeit des einzelnen Managers bestehen je nach Investmentstil undansatz große Unterschiede - und das bedeutet gleichzeitig eine große Unabhängigkeit der Entscheidungen. Da diese Korrelationen zwischen Markt und Manager beziehungsweise zwischen den Managern so gering sind, kommt es zu einer verbesserten Risikostreuung und damit zu Effizienzsteigerungen im Portfolio unter Risiko-Ertragsgesichtspunkten.

Risikobudgets im Praxistest

In einer Studie hat JP Morgan Asset Management untersucht, wie in einem durchschnittlichen Aktien-Portfolio die Risiken - unabhängig von den Erträgen verteilt sind. In einem hypothetischen Portfolio wurden dafür vier traditionelle Aktien-Assetklassen gegenübergestellt: 65 Prozent europäische Aktien, 20 Prozent US-Aktien, zehn Prozent japanische und fünf Prozent Schwellenländer-Aktien (jeweils Publikumsfonds von JP Morgan Asset Management: vier Europa Fonds, zwei US Fonds, zwei Japan Fonds und zwei Schwellenländer Fonds). Für alle Berechnungen sind 60 monatliche Datenpunkte zu Grunde gelegt.

Bei der Betrachtung von Standardabweichungen, Tracking Error und Korrelationsmatrizen auf der Ebene der Assetklassen und der Manager ergibt sich folgendes Bild: Wie erwartet sind die Beta-Korrelationen (Markt zu Markt) hoch und es werden nur geringe Risikoreduktionseffekte erzielt (siehe Abbildung 2 links). Bei Betrachtung der Alpha-Beta Korrelationen (Manager zu Assetklasse) und der Alpha-Alpha Korrelationen (Manager zu Manager) fallen diese niedriger, teilweise sogar negativ aus. Die Diversifikationseffekte und die damit verbundene Risikoreduktion sind sehr deutlich. Die größten Effekte ließen sich in diesem Fall bei der Alpha-Diversifizierung beobachten. Aufgrund ihres insgesamt negativen Beitrags verringert sich das gesamte Risiko des Portfolios.

Es ist ein sehr großer Unterschied, ob in ein reines Marktengagement investiert oder ein aktiver Manager ausgewählt wird: So hat beispielsweise der Europa Manager 2 den höchsten Tracking Error aller herangezogenen europäischen Aktienfonds. Zum gesamten Portfoliorisiko zeigt der Fonds allerdings den größten negativen Beitrag, das heißt er reduziert das Risiko am meisten. Das zusätzliche Risiko wird über das größere Diversifizierungspotenzial überkompensiert (siehe Abbildung 2 rechts).

Entscheidungshilfe für optimale Portfoliozusammensetzung

Die Trennung von Alpha- und Beta-Risiko versetzt Investoren in die Lage, dort aktives Risiko einzugehen, wo sie höhere Erträge erwirtschaften können. Traditionell wurde aktives Risiko durch das Marktengagement eingegangen. Wird diese Einschränkung gelockert, können insgesamt höhere Erträge erwirtschaftet werden, ohne das Risiko im Ganzen zu erhöhen.

Eine genaue und disziplinierte Betrachtung des Risikos ist also nicht nur sinnvoll, weil sie zeigt, wo das Risikobudget im Portfolio allokiert ist. Sie fungiert auch als Entscheidungshilfe, wo - basierend auf den Investmentzielen - im Portfolio mehr aktives Risiko eingegangen werden sollte. Ein weiteres Ziel der Risikobudgetierung ist es daher auch, eine unter Risiko-/Ertragsgesichtspunkten optimale Portfoliozusammensetzung zu finden.

Die Konstruktion optimierter Portfolios kann dabei auf unterschiedlichen Wegen erfolgen: So lassen sich Investitionsmöglichkeiten durch Hinzufügen zusätzlicher Assetklassen ausweiten, oder es werden weniger korrelierte Zusatzertragsquellen gesucht beziehungsweise Alpha und Beta als separate Renditequellen genutzt.

Beispiele für aktive Alphastrategien

Je mehr unkorrelierte Entscheidungen bei der Portfoliokonstruktion berücksichtigt werden, desto größer sind die Diversifizierungsmöglichkeiten. Um dies zu erreichen, können beispielsweise mehrere wenig miteinander korrelierte Manager innerhalb traditioneller Assetklassen aufgenommen werden. Dabei fällt die Entscheidung für einen Manager nicht nur aufgrund dessen Fähigkeit, Zusatzerträge zu erwirtschaften. Zusätzlich wird auch berücksichtigt, wie hoch der Risikobeitrag zum Gesamtrisiko des Portfolios ist.

Weitere Möglichkeiten zur Diversifizierung bieten marktneutrale Strategien und Portable Alpha-Strategien. Auch Overlay-Strategien im Bereich taktischer Asset-Allokation und Währungsmanagement sind Beispiele für aktive Alpha-Strategien, die aufgrund Ihrer oft niedrigen Korrelationen untereinander und im Verhältnis zum Markt gute Diversifizierungsmöglichkeiten aufweisen.

Karsten Jungk , Geschäftsführer und Partner, Wüest Partner Deutschland, Berlin
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