Gespräch des Tages

Persönliches - Hans-Jacob Krümmel zum 80. Geburtstag

Hans-Jacob Krümmel hat vor ziemlich genau 40 Jahren einen zweiteiligen Aufsatz in der Zeitschrift Kredit und Kapital über die Liquiditätssicherung im Bankwesen veröffentlicht. Teil I behandelt die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Liquiditätssicherung der Banken, Teil II die Liquiditätssicherung als Teil der Unternehmenspolitik. Sehr aktuell kann man dort lesen, dass es zur unbedingten Sicherung der Zahlungsfähigkeit nur die Möglichkeit gibt, "dass sich Dritte - sei es der Staat, sei es die Notenbank, sei es eine Versicherung (Depositen- oder Kreditversicherung), seien es andere Banken oder deren gemeinsamen Stützungsfonds - unbedingt verpflichten, für das Institut einzuspringen." Krümmel bleibt nicht bei der Analyse möglicher Liquiditätskrisen stehen, sondern schlägt konkret die Einführung eines umfassenden Liquiditätssicherungsparagrafen folgenden Inhalts vor: "Die Kreditinstitute haben zum Schutz ihrer Gläubiger, be sonders der Einleger, vor Vermögensverlusten gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (heute: BaFin) den Nachweis hinreichender Liquiditätsvorsorge regelmäßig zu führen. Das Bundesaufsichtsamt macht nach Anhörung der Bundesbank Grundsätze für die Aufstellung eines Liquiditätsstatus bekannt, nach denen dieser Nachweis zu führen ist." Man kann die These vertreten, dass der Bankenwelt bei der Umsetzung dieses Vorschlags, der auf den Ideen der Stützelschen Maximalbelastungstheorie basiert, die derzeitige Finanzmarktkrise mutmaßlich erspart geblieben wäre.

Wie wir wissen, ist es anders gekommen. Im Hinblick auf die Liquiditätsregeln hat sich aufsichtsrechtlich seit 1968/69, als Krümmel seinen Aufsatz veröffentlicht hat, wenig getan, und erst im letzten Jahr sind - ausgehend von der BIZ - Anstrengungen unternommen worden, der Liquiditätsvorsorge der Kreditinstitute ein strengeres regulatives Gerüst zu geben. Alle Welt hat derweil über die verschiedenartigen Regeln zur Eigenkapitalunterlegung von Risiken diskutiert. Die Sorge um die Liquidität der Kreditinstitute trat weitgehend zurück. Wo sollte das Problem sein? Die Märkte wurden ja vermeintlich immer effizienter, die Risikostreuung immer perfekter, die Risikomesssysteme technisch immer ausgefeilter, sodass die Liquidität als Gegenstand aufsichtsrechtlicher Aufmerksamkeit in die zweite Reihe trat. Das war ein Fehler.

Am 22. Oktober 2008 feiert nun Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jacob Krümmel, der von 1979 bis 1981 auch Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn war, seinen 80. Geburtstag und kann dabei auf einen langen Weg der Weiterentwicklung der Bankbetriebslehre und der Finanzmarktforschung zurückblicken. Schon vor über 30 Jahren hat er sich nicht nur mit der Liquiditätssicherung der Banken, sondern auch intensiv mit dem Management von Bankkrisen auseinandergesetzt. So wurde er 1974, nach der Insolvenz der Herstatt-Bank in Köln, als Mitglied in die Bankenstrukturkommission des Bundesfinanzministeriums berufen. Diese Kommission hochkarätiger Praktiker und Forscher, die sich vorwiegend mit der Macht der Banken befassen sollte, nach einigen Gesprächsrunden aber intensiver Fragen der Bankenaufsicht behandelte und im Mai 1979 einen umfassenden Bericht "Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft" veröffentlichte, konnte nicht nur eine umfassende Auseinandersetzung mit den damals gängigen Vorwürfen gegen die Banken vorlegen, sondern auch viele Vorschläge zur Bankenaufsicht, die für die zukünftige Diskussion die Richtung bestimmten.

Dass sie von ihrem Lehrer Professor Krümmel viel gelernt haben, können alle seine Schüler bestätigen. Dazu zählen seine Studenten, aber auch viele "Lehrinstitutler", und insbesondere seine Doktoranden und Assistenten, die der Universität verbunden geblieben sind. Dafür, dass wir alle von ihm noch mehr hätten lernen können und sollen, ist die derzeitige Krise der Finanzmärkte ein sichtbarer Beleg. Ich wünsche meinem Lehrer Prof. Krümmel zu seinem Geburtstag herzlich Glück und ihm, seiner Frau und seiner ganzen Familie für den weiteren Lebensweg alles erdenklich Gute.

Prof. Dr. Bernd Rudolph, Institut für Kapitalmarktforschung und Finanzierung, Ludwig-Maximilians-Universität München

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