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Kiedricher Gräfenberg

Wilhelm Weil leitet die Geschicke des Weinguts in vierter Generation. Mit umweltschonendem Anbau bei niedrigsten Erträgen erzielt es alljährlich höchste Qualitäten. Mit einer Rebfläche von etwa 70 Hektar, die fast ausschließlich mit Riesling bestockt ist, produziert Wilhelm Weil jährlich etwa eine halbe Million Flaschen Wein. Der Gräfenberg wurde schon Ende des zwölften Jahrhunderts unter seinem lateinischen Namen "Mons Rhingravii", Berg des Rheingrafen, urkundlich erwähnt. Er ist die einzige Lage weltweit, in der seit 1989 ununterbrochen alle Qualitätsstufen bis zur Trockenbeerenauslese geerntet werden konnten.

In jedem Jahr Ausnahmequalitäten auf einer so hervorragenden Lage wie dem Kiedricher Gräfenberg zu erzeugen, bedarf auch eines einzigartigen Klimas: Die Lage im Kiedricher Talkessel wird auch bei intensiver Besonnung gut belüftet; derselbe Wind trocknet feuchte Trauben in kurzer Zeit ab und ermöglicht lange Hängezeiten. Die Böden der bis zu 50 Prozent steilen, südwestlich ausgerichteten elf Hektar umfassenden Parzellen sind ein weiterer zentraler Grund dafür, dass die Weilschen Weine der internationalen Liga der Spitzenweine beständig angehören. Der Untergrund ist von steiniggrusigen Böden aus Taunusphyllitschiefern, die Oberböden sind von einer eiszeitlichen Lössauflage geprägt.

Durch die exponierte Lage und die gute Erwärmbarkeit der Böden können die Trauben lange ausreifen. Weil zögert die Lesetermine teilweise bis weit in den November hinaus, um ein Aromen-Füllhorn zu gewinnen. Die Pflanzdichte ist mit 5000 bis 6000 Reben pro Hektar etwas höher als der deutsche Durchschnitt; in den Spitzenlagen erhöht sie sich weiter auf etwa 7350 Reben pro Hektar. Die Erträge orientieren sich mit 38 Hektolitern pro Hektar am unteren Minimum ein deutlicher Hinweis darauf, dass es dem Weingut mit seinen schwachwüchsigen und kleintraubigen Reben vor allem um gehaltvolle, aromatische Weine geht.

Das zeigt auch die aufwändige Arbeit im Keller: Hier verbinden sich moderne Technik und bewährte Traditionen. Das Keltern des Lesegutes geschieht sehr schonend. Mit dem Vorklären der Moste durch natürliche Sedimentation beginnt der reduktive Ausbau der Weine. Unter strikter Überwachung durch Kellermeister und Computer vollzieht sich die Vergärung in sechs bis zwölf Wochen. Bei Weinen, deren natürliche Restsüße erhalten bleiben soll, wird die Gärung durch Kühlung unterbrochen. Ziel ist es, die wunderbare Primärfrucht und die Gärungskohlensäure in vollem Umfang auf die Flasche zu bringen.

Ein um das andere Jahr entstehen Spitzenweine mit einer legendären Qualität. Ein Beispiel ist die Kiedricher Gräfenberg Riesling Trockenbeerenauslese 2006. Strukturiert durch die Mineralität des Schiefers beinhaltet der außergewöhnlich extraktreiche Wein Aromen wie ein Früchtekorb aus dem Garten Eden. Die trocken-faule, erstklassige Botrytis ist optimal eingebunden; der Wein ist mit 312 Gramm natürlichem Restzucker bei einer Säure von 12,2 Gramm pro Liter perfekt balanciert.

Der Jahrgang 2006 war im Rheingau klimatisch nicht gerade einfach. Trotzdem ist dem Weingut Robert Weil mit diesem Gewächs - wie selbstverständlich - wieder ein Meisterwerk für die Ewigkeit gelungen.

Weintipp aus dem Buch: 100 Meisterwerke des Weines - Deutschland

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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