Aufsätze

Interne Transferpreise für Liquidität

Interne Transferpreise dienen der Verrechnung von Ressourcen und Dienstleistungen, welche zwischen Abteilungen ausgetauscht werden. Die erste systematische Analyse von Transferpreisen präsentierte Schmalenbach.1) Beim traditionellen Kerngeschäft einer Bank, der Kreditvergabe, werden die Ressourcen Liquidität und Kapital benötigt. Allerdings wird Liquidität selten von der kreditgebenden Abteilung eingeworben. Stattdessen gibt es spezialisierte Refinanzierungs- und Kreditabteilungen zwischen denen die Ressource Liquidität ausgetauscht werden muss.

Liquiditätsrisiken neu im Fokus

Liquidität bekommen Banken durch verschiedenste Produkte (Sparbücher, Termingelder, Anleihenemissionen). Für eine Bank sind Liquiditäts-, Zinsänderungs- und Ausfallrisiken die zentralen Fragestellungen. Bis zur Finanzkrise haben sich die Banken besonders auf die letzten beiden Gruppen konzentriert. Im Rahmen der Finanzkrise wurde Liquidität überraschend zum zentralen Problem. Fast alle Bankprodukte haben Einfluss auf die Liquiditätssituation. Banken stellen den Kunden traditionell "Liquiditätsoptionen" zur Verfügung. Dies kann sowohl bei den Aktiva (Liquiditätsverbraucher, zum Beispiel Kreditlinien) geschehen, als auch bei den Passiva (Liquiditätsversorger, etwa Spareinlagen).2) Produktabhängig wird also Liquidität generiert oder verbraucht und eventuell Liquiditätsrisiken in die Bank hineingebracht. Während Transferpreise für Zins- und Kreditrisiko üblich sind, steckt dies bei der Übergabe von Liquidität zwischen den Abteilungen noch in den Kinderschuhen.

Liquiditätstransferpreise sind in den Fokus von Aufsichtsbehörden gerückt, nachdem diese feststellten, dass Banken ohne Transferpreissystem Schwierigkeiten hatten, die Liquiditätsengpässe 2007/08 im Interbankenmarkt zu überstehen. Ein wesentlicher Grund dafür war, dass unbewertete (Liquiditäts-)Risiken in Return-on-Invest-ment-orientierten Banken nicht wahrgenommen wurden und dann in der Krise zu erheblichen Problemen bis hin zu Insolvenzen führten. Vor diesem Hintergrund sind sich Aufsichtsbehörden einig, dass Banken ein Transferpreissystem für Liquidität umsetzen müssen.3) Auch die Europäische Zentralbank sieht ein solches Preissystem als notwendiges Instrument für finanzielle Stabilität.4) Es ist deshalb davon auszugehen, dass mittelfristig Liquiditätstransferpreise auch für deutsche Banken obligatorisch werden.5) Aus diesem aktuellen Anlass sollen in diesem Beitrag die Anforderungen an Liquiditätstransferpreise diskutiert und ein konkretes Modell vorgeschlagen werden.

Ein Transferpreissystem muss Liquidität und Liquiditätsrisiken berücksichtigen. Unter Liquidität sind hier erwartete und unter Liquiditätsrisiken unerwartete Zahlungsströme (Abweichungen zu den erwarteten) zu verstehen. Erwartete Zahlungsströme können vertraglicher Natur oder der erwartete Anteil unsicherer Zahlungsströme sein.

Pooling von Liquidität und Risiken

Die Ressource Liquidität wird auf aggregierter Ebene gesteuert. In modernen Banken sind einzelnen Einlagen keine einzelnen Kredite zugeordnet, das heißt Liquidität und -risiken werden gepoolt. Das Liquiditätsmanagement ist der zentrale Verwalter dieser Pools.

Abbildung 1 dient der Verdeutlichung des Transferpreissystems, es wurde jedoch auf die Darstellung des Ausfallrisikos verzichtet.

Der obere Teil von Abbildung 1 beschreibt eine Bilanz-, der untere Teil eine Organisationsperspektive. Wenn man gedanklich in die Bank "hineinzoomen" würde, stellt man fest, dass es eine Bank in der Bank gibt, welche Intermediär zwischen mitteleinwerbenden und mittelausgebenden Abteilungen ist. Dieser interne Koordinator ist das Liquiditätsmanagement.6)

Nominalzahlungsströme

Wichtig ist die Abgrenzung zwischen Liquiditätsmanagement und Zinsmanagement. Die meisten Banken benutzen Zinsswaps um die Inkongruenz zwischen tendenziell kurzfristigen Einlagen und langfristigen Krediten (Fristentransformation) zu steuern. Mit Hilfe der Zinsswaps wird jedem Bankprodukt ein fristenkongruenter Zinstransferpreis zugeordnet und

das resultierende Risiko gemessen und gesteuert. Dies geschieht im Zinsbuch. Am klarsten wird die Abgrenzung bei der Finanzierung eines zehnjährigen Kredites mit Hilfe von dreimonatigen Commercial Papers (CP). Durch den Abschluss eines Payerswaps gegen Drei-Monats-Euribor kann die Bank das Zinsänderungsrisiko komplett vermeiden. Gelingt es jedoch nicht die CP nach drei Monaten durch neue zu ersetzen (Rollen), entsteht ein Liquiditätsrisiko. Die Nominal- und variablen Zinszahlungsströme werden an das Liquiditätsmanagement übertragen, wobei sich Letztere im Liquiditätsmanagement aufheben (plus 3M-Euribor für Aktiva, minus 3M-Euribor für Passiva). Damit konzentriert sich dieser Artikel auf die Transferpreise der Nominalzahlungsströme.

Im Liquiditätsmanagement werden die Zahlungsströme gepoolt, in erwartete und unerwartete aufgeteilt und in zwei getrennten Büchern gesammelt: die erwarteten im Liquiditätsbuch, die unerwarteten im Liquiditätsrisikobuch. Für die erwarteten Zahlungsströme wird ein Liquiditätspreis gezahlt beziehungsweise vergütet, für die unerwarteten eine Liquiditätsprämie verlangt.

In Abbildung 1 sind Nominalzahlungsströme mit einem kleinen Pfeil, Transferpreise und -prämien mit einem Doppelpfeil gekennzeichnet. Die Refinanzierungsabteilungen liefern Liquidität (erwartete Zahlungsströme) und erhalten dafür einen Transferpreis. Wenn sie Produkte mit unsicheren Zahlungsströmen verkaufen (zum Beispiel Spareinlagen), verkaufen sie diese unsicheren Zahlungsströme ebenfalls an das Liquiditätsmanagement. Für die Übernahme dieses Risikos müssen sie allerdings eine Prämie zahlen. Der finale Transferpreis setzt sich also aus einem Bestandteil für die erwarteten Cash-Flows zusammen, welcher um eine Risikoprämie für die Unsicherheit gemindert wird. Analog werden die Zahlungsströme der außerbilanziellen Positionen in erwartete und unerwartete getrennt.

Bei beiden handelt es sich um ausgehende Zahlungen, weshalb der kleine Pfeil aus den Liquiditätsbüchern herausführt.7) Für die Verwendung der Liquidität wird eine Prämie an das Liquiditätsmanagement gezahlt, genauso wie für die Unsicherheit. Die gleiche Logik wird bei Aktivgeschäften angewendet: Für erwartete Zahlungsströme müssen kreditgewährende Einheiten einen Transferpreis an das Liquiditätsmanagement zahlen. Für etwaige unsichere Cash-Flows müssen sie eine Prämie abführen.

Nachdem wir die Transferpreise in die Geschäftsabläufe der Bank integriert haben, muss die Höhe der Transferpreise bestimmt werden.

Herleitung von Transferpreisen

Transferpreise sollen Liquiditätskosten, -erträge und -risiken reflektieren und an Marktpreise gekoppelt sein.8) Im Folgenden sind Transferpreise für Liquidität (erwartete Zahlungen) und Liquiditätsrisiko (unerwartete Zahlungen) hergeleitet. Ersterer wird mit "TP", zweiterer mit "TPr" abgekürzt. Die Transferpreise sind betraglich auf ein Produktvolumen von einem Euro normiert.

Der Liquiditätstransferpreis für erwartete Zahlungen, das heißt mit fester Laufzeit, muss deshalb an die Kosten gebunden sein, welche die Bank am Kapitalmarkt zahlt, um ungesicherte Liquidität mit dieser Laufzeit einzuwerben. Das ist typischerweise der Kreditspread, den die Bank oberhalb des Swapsatzes bei einer erstrangigen unbesicherten Eigenemission zahlen muss.

Der Transferpreis für eine erwartete Zahlung zum Zeitpunkt tk berechnet sich wie folgt: TransferpreisErwartete Zahlung = Kreditspread (tk) * Höhe der erwarteten Zahlung * (tk-t0)

Dabei ist (tk-t0) der Zeitraum, für den Liquidität bereitgestellt (Passiva) oder gebunden (Aktiva/Außerbilanziell) wird.

Dieser Transferpreis wird den einlegenden Abteilungen gutgeschrieben und liquiditätsverbrauchenden Abteilungen belastet. Wie in anderen Industrien auch gewährleistet dieser Mechanismus, dass die Kosten für den "Rohstoff" Liquidität an das Endprodukt (Kredit) weitergegeben werden (cost-based pricing).9) Damit wird der regulatorischen Auflage Rechnung getragen, dass die Liquiditätskosten im Endprodukt Berücksichtigung finden.

Die Herleitung der Liquiditätsprämien für unerwartete Cash-Flows orientiert sich an den gleichen Anforderungen (Marktpreise und Kosten) wie für erwartete Cash-Flows. Durch die Einbeziehung von Unsicherheit ist sie etwas komplexer. Hier beschränkt sich die Darstellung auf die Grundidee. Die schrittweise Herleitung ist in der Langfassung des Artikels nachzulesen.10)

Analytische oder empirische Verteilung

Im ersten Schritt ist eine Verteilungsannahme für die unsicheren Zahlungsströme zu treffen. Die Verteilung kann analytisch (zum Beispiel Normalverteilung oder Extremwertverteilung) oder empirisch (Zeitreihen der Zahlungsströme des zu modellierenden Produkts) beschreibbar sein.

Im zweiten Schritt muss auf der Verteilung ein Risikomaß definiert werden. Konsistent zu anderen Risikoarten schlagen wir vor, das Liquiditätsrisiko (LR) in Form eines Quantils zu messen. Das dazugehörige Konfidenzniveau sollte konsistent zu anderen Risikoarten gewählt werden. Wenn die Bank auf einem Konfidenzniveau p operiert, müssen ausgehende Zahlungen bis zum (1-p)Prozent-Quantil gedeckt sein. (1-p) kann als der Risikoappetit der Bank interpretiert werden. Das Quantil beschreibt den maximalen Mittelabfluss, der abgesichert werden soll. Die Kosten dieser Absicherung bilden die Basis für den Transferpreis. Der dritte Schritt besteht deshalb in der Bestimmung der Absicherungskosten.

Wie beim Transferpreis für erwartete Zahlungen sollte auch der Transferpreis für unerwartete Zahlungen einen Bezug zu den tatsächlichen Kosten zur Deckung des Risikos haben. Bei Kredit- oder Marktrisiken wird als Risikopuffer Eigenkapital vorgehalten. Dies ist bei Liquiditätsrisiken grundsätzlich anders, da diese durch die "Counterbalancing Capacity" (CBC) abgesichert werden. Diese "Counterbalancing Capacity" umfasst alle Kanäle, über die zusätzliche Liquidität generiert werden kann, also Liquiditätsreserve und unwiderrufliche Liquiditätslinien.

Das Liquiditätsmanagement hat die Möglichkeit, den maximal zu besichernden Mittelabfluss durch eine Mischung von Liquiditätsreserve und Liquiditätslinien zu decken. Weil beide Kanäle unterschiedlich teuer sind, müssen ihnen unterschiedliche Kosten zugewiesen werden. Man beachte, dass es sich hier jeweils um die Kosten zum Vorhalten dieser Kanäle, nicht aber deren Inanspruchnahme handelt. Für die Liquiditätslinien sind diese Kosten offensichtlich die Zusagengebühr. Die Kosten der Liquiditätsreserve sind dagegen nicht so offensichtlich, weil es kein Produkt "Liquiditätsreserve" gibt, deren Preis man einfach übernehmen kann.

Kostenkalkulation

Die Kosten ergeben sich aus der Funktionsweise einer Reserve, welche in Abbildung 2 dargestellt ist. Diese zeigt auf der linken Seite eine Bilanz mit einer Liquiditätsreserve. Sie besteht aus Assets (= Reserve), die eine kürzere Laufzeit haben oder schneller liquidiert werden können als ihre Refinanzierung. In unserem Beispiel ist die Reserve mit drei Monaten refinanziert11)und wird kurzfristig (hier Overnight) angelegt.

Im Falle eines Einlagenabzugs, werden die abgezogenen Einlagen mit der (liquidierten) Liquiditätsreserve bedient (rechter Abschnitt von Abbildung 2). Die Vorhaltekosten der Liquiditätsreserve sind damit die Differenz aus dem Ertrag der Reserve und den Kosten ihres Fundings.

Die Kosten der Refinanzierung sind üblicherweise Euribor plus (Bank-)Spread, der Ertrag kann durch den Drei-Monats-Eonia-Swap-Index (European Overnight Index Average) erfasst werden. Dieser spiegelt am besten den durchschnittlichen Overnight-Satz für die nächsten drei Monate, also den Zeitraum der Reserve, wider. Ein alternativer Ansatz für den Ertrag wäre die Verwendung der Einlagenfazilität der ECB.

Damit ergeben sich die Kosten der Liquiditätsreserve als Differenz aus 3M-Eonia-Swapindex und (3M-Euribor plus 3M-Kreditspread). Diese Differenz ist üblicherweise negativ, welches den Kostencharakter unterstreicht.

Nach dem Risikomaß und der Kostenfunktion fehlt noch eine Aussage über den Zeitraum: ist das eine Liquiditätsprämie für ein Liquiditätsrisiko von einem Tag, einem Monat oder einem Jahr? Der Zeitraum der Prämie leitet sich aus dem Zeitraum der Verteilung - unserem Ausgangspunkt her. Wenn die Verteilung monatliche Zu- und Abflüsse beschreibt, ist die berechnete Prämie der Transferpreis für einen Zeitraum von einem Monat. Die Prämie für abweichende Zeiträume erhält man durch Skalierungsregeln.12)

Anwendungsbeispiel für Transferpreise

Die Beispielbank (siehe Abbildung 3) hat Liquidität über Spareinlagen und ein einjähriges Termingeld eingeworben und in zehnjährige Corporate Bonds, 3M-Termingelder und zehnjährige Kredite investiert. Es sei angenommen, dass alle Produkte in erwartete und unerwartete Zahlungsströme zerlegt werden können. Somit kann zuerst der Transferpreis für erwartete und danach die Prämie für unerwartete Zahlungsströme berechnet werden. Weiterhin sei angenommen, dass die unerwarteten Zahlungen der Spareinlagen normalverteilt sind.

Die Transferpreise sind aus den tatsächlichen Kosten, welche wiederum auf Marktdaten zurückgehen, hergeleitet worden. Zur Illustration werden folgende Marktdaten und Parameter genutzt, die jederzeit aktuell verfügbar sind (Abbildung 4).

Es gibt drei Arten von Parametern: (1) Marktdaten, (2) von der Bank festzulegende Parameter und (3) produktabhängige Parameter. Die Standardabweichung (siehe "(3) Produkt") misst die Unsicherheit der als normalverteilt angenommenen Produktzahlungsströme. Zuerst werden die Transferpreise für die Passiv-, anschließend die für die Aktivseite berechnet. Es ist zu beachten, dass die nachfolgenden Transferpreise auf ein Volumen von einem Euro Nominal normiert sind.

Die Termineinlage muss von der Bank nach einem Jahr zurückgezahlt werden. Damit ist der erwartete Zahlungsstrom 100 Prozent nach einem Jahr. Bei der Spareinlage wird modellhaft unterstellt, dass 50 Prozent nach sechs Monaten und die restlichen 50 Prozent nach einem Jahr abgezogen werden. Gegenwärtig zahlt die Bank am Markt einen Refinanzierungsspread von 30 Basispunkten für 6M-Gelder und 70 Basispunkte für Einjahresgelder. Die Transferpreise für die erwarteten Zahlungsströme lauten deshalb:

TransferpreisTermineinlage = 70 BP * 100 % * 1Y = 70 BP TransferpreisSpareinlage = 30 BP * 50 % * 0,5 + 70 BP * 50% * 1Y = 50 BP

Im Gegensatz zu den Termineinlagen bringen Spareinlagen nicht nur Liquidität, sondern auch Liquiditätsrisiko in die Bank. Das kommt in der Standardabweichung von 20 Prozent (per annum) zum Ausdruck. Die Transferprämie wird Schritt für Schritt startend mit den Kosten zur Deckung des maximal abzusichernden Mittelabflusses berechnet. Die Reserve kostet 60 Basispunkte (per annum).13)

Konsistente Laufzeitberechnung

Wie angenommen wird der Abfluss durch 70 Prozent Reserve und 30 Prozent Liquiditätslinien gedeckt, wobei die Zusagengebühr für die Linien 25 Basispunkte beträgt. Die Kosten, um einen unerwarteten Mittelabfluss von 1 zu decken, sind damit 50 Basispunkte (per annum). Der abzusichernde Betrag pro einem Euro Nominal zum Konfidenzniveau von 99 Prozent beträgt bei der Normalverteilung 2,32635 und einer jährlichen Standardabweichung von 20 Prozent 0,47 Euro. Da ein Euro Reserve 50 Basispunkte (per annum) kostet, kosten die 0,47 Euro 23 Basispunkte.

Schließlich müssen wir noch den Zeitraum berücksichtigen. Die erwartete Laufzeit beträgt ein Jahr, allerdings nur für 50 Prozent des Volumens. Eine konsistente Laufzeitberechnung berücksichtigt diese Information und benutzt statt der maximalen Laufzeit ein gewichtetes Mittel der erwarteten Laufzeiten was zu 0,75 Jahren führt. Mit der Wurzelskalierung der Normalverteilung erhält man als Transferprämie 20 Basispunkte.

Abteilungen, welche Liquidität einwerben, wird der Transferpreis vergütet, gemindert um die Prämie für Liquiditätsrisiko. Damit ergeben sich für die Termin- und Spareinlagen die nachfolgenden Transferpreise pro einem Euro Nominal:

TP Termin = 70 BP - 0 BP = 70 BP TP Spar = 50 BP - 20 BP = 30 BP

Durch die Bewertung des Risikos bei den Spareinlagen, reduziert sich deren Transferpreis verglichen mit dem der Termineinlagen. Durch das Verbinden der internen Risikoprämie mit Marktpreisen, wird die Hereinnahme von (zusätzlichem) Liquiditätsrisiko in Zeiten volatiler Märkte unattraktiver. Den Transferpreis für ein Volumen von V erhält man als das V-fache der Ein-Euro-Transferpreise. Es muss betont werden, dass zusätzlich der Transferpreis für den fristenkongruenten Zins aus dem Zinsbuch gezahlt wird.

Grundsätzlich wird für Aktiva das gleiche Transferpreismodell verwendet. Allerdings fordern Aufseher, dass die Transferpreise die Liquidierbarkeit berücksichtigen.14) Zwei Aktivapositionen mit identischer (langer) Laufzeit, aber unterschiedlicher Marktliquidität (zum Beispiel Zehn-Jahres-Staatsanleihe versus Zehn-Jahres-Privatkundenkredit) müssen auch unterschiedliche Transferpreise haben: der Transferpreis für liquide Assets muss niedriger sein als der für illiquide Assets.

Liquidierbarkeit bedeutet, dass Positionen vor Fälligkeit (zu geringen Kosten) liquidiert werden können. Diesem Umstand wird Rechnug getragen, indem nicht auf die Fälligkeit, sondern auf die Haltedauer bei der Berechnung abgestellt wird. Dieser Zusammenhang ist in der Tabelle dargestellt.

Illiquide (nicht handelbare) Positionen müssen bis zur Fälligkeit gehalten werden, weshalb Haltedauer und Fälligkeit identisch sind. Damit ergeben sich die folgenden Transferpreise für die Produkte mit fester Laufzeit:

TP 3M-Termin = 10 BP * 100 % * 1 = 2,5 BP [per annum]

TP 10J-Termin = 200 BP * 100 % * 1 = 200 BP [per annum] Beim Corproate Bond wird nicht der Spread für die Laufzeit, sondern der für die Haltedauer (20 Tage) benutzt:

TP 10J-Corp = 5 BP * 100 % * 20/360 = 0,28 BP für 20 Tage

Die Besonderheit beim Corporate Bond ist, dass der Transferpreis nicht für die gesamte Laufzeit, sondern nur haltedauerweise berechnet werden kann. Schließlich ist a priori nicht bekannt, wie lange der Bond gehalten wird.

Vernachlässigtes Risikoelement "sichtbar"

Es wurden die Grundzüge eines Liquiditätspreismodells vorgestellt. Aufgrund der Krisenerfahrungen fordern Aufsichtsbehörden, dass Banken Liquidität und insbesondere Liquiditätsrisiken intern bewerten und verrechnen. Damit soll in der gewinnorientierten Steuerung ein bisher vernachlässigtes Risikoelement "sichtbar" gemacht werden. Das vorgestellte Modell teilt Produktzahlungsströme in erwartete und unerwartete auf. Deren Transferpreise sind zwar durch unterschiedliche Risiken getrieben, basieren aber auf den gleichen Prinzipien. So leiten sich beide Preise aus den Kosten für Liquidität beziehungsweise der Deckung für Liquiditätsrisiko ab. Diese Kosten sind darüber hinaus an objektive Marktdaten geknüpft.

Bei der Unsicherheit wurde im Beispiel die Normalverteilung herangezogen. Diese unterschätzt allerdings die Intensität von Krisen. Deshalb ist eine "extremere" Verteilung zu bevorzugen.

Extremere Verteilungen erhält man durch die Einführung von Sprüngen. Bei Produkten mit unsicheren Cash-Flows muss die Bank die Bodensatzbildung und die Schwankungsintervalle modellieren. Trotz der dadurch immer entstehenden Ungenauigkeiten führen diese Transferpreise zu einer deutlich besseren Risikoallokation. Wird auf Transferpreise verzichtet, konzentrieren sich Refinanzierungen zu sehr auf kurzfristige Mittel und Anlagen zu sehr auf schwer veräußerbare Aktiva, was die Bank in einer Liquiditätskrise vor kaum lösbare Probleme stellen kann.

Fußnoten

1) Siehe "Über Verrechnungspreise", 1908, Zeitschrift für Handelswissenschaftliche Forschung, Ausgabe 3, Seiten 165-184.

2) Die völlig freie Verfügung kann durch Kündigungsfristen oder Maximalbeträge eingeschränkt werden.

3) CEBS'S "Technical Advice to the European Commission on Liquidity Risk Management", Seite 8. BIS, "Prinzipien für sachgerechtes Liquiditätsmanagement", 2008, Prinzip 4.

4) EU Banks' Funding Structures and Policies, Mai 2009, Seite 42. Verfügbar unter: http://www.ecb.int/pub/pdf/other/eubanksfundingstructurespolicies0905en.pdf

5) Zumal auch Industrievertreter ein solches Vorhaben unterstützen (siehe IIF-Report "Principles of Conduct and Best Practice Recommendations", Seite 56).

6) Je nach Aufbauorganisation kann es aber auch das Treasury oder ALM sein.

7) Bereits in Anspruch genommene Volumina sind bereits in der Bilanz verbucht, nicht mehr außerhalb.

8) Prinzip 4, 2008er "Prinzipien für sachgerechtes Liquiditätsmanagement" und Seite 38, EU Banks' Funding Structures and Policies.

9) Die Meinung, dass Kreditspreads an die Aktivbereiche weitergegeben werden sollten, wird nicht von allen Autoren geteilt. Einen alternativen Vorschlag zur Verrechnung diskutiert Reichardt (2006) Kapitalmarktorientierte Risikosteuerung in Banken: Marktwertsteuerung statt Marktzinsmethode, Kredit und Kapital, Vol. 39(2), pp. 233-280.

10) Die Langfassung ist unter http://www.kdb.eu/publikationen-1.php abrufbar.

11)In der Praxis werden n 3M-Tranchen gewählt, damit an einem Stichtag immer nur 1/n fällig wird.

12) Im Spezialfall normalverteilter Zahlungsströme wird mit der Wurzel der Ziel-Laufzeit skaliert. Details zu dieser Vorgehensweise finden sich in der Langversion dieses Artikels.

13) Diese ergibt sich als Differenz aus dem 3M-Eo-nia-Swapindex von 2,5 Prozent und dem 3M-Euribor von drei Prozent sowie dem 3M-Funding Spread von zehn BP. Das Vorzeichen wird invertiert, weil wir wissen, dass es sich um Kosten handelt.

14) Siehe "Prinzipien für sachgerechtes Liquiditätsmanagement", 2008, Prinzip 4.

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