Aufsätze

Immobilienbanking der Zukunft

In unsicheren Zeiten schichten Anleger, nicht nur in Deutschland, verstärkt in sichere Häfen um. Als ein solcher sicherer Hafen standen Immobilien neben Edelmetallen bei Investoren in den vergangenen Jahren hoch im Kurs. Dabei ging es sowohl um die Investition in Wohneigentum wie in gewerbliche Immobilien. Nicht zuletzt aufgrund der langfristigen gesellschaftlichen Megatrends dürfte "Betongold" eine solide Anlage mit gutem Chancen-/Risikoprofil bleiben - und deshalb attraktiv in einem Umfeld, das auf absehbare Zeit mit Unsicherheiten behaftet bleiben wird.

The New Normal

Eine Dienstleistung mit Zukunft ist damit auch die gewerbliche Immobilienfinanzierung, die allerdings in den vergangenen Jahren einen grundlegenden Wandel erlebt hat. In früheren Zeiten als langweilig verschrien, ist Immobilienbanking heute, nach der Finanzkrise und unter den regulatorischen Bedingungen des "New Normal", eine der anspruchsvollsten Disziplinen des Bankgeschäfts überhaupt - jedenfalls wenn es zukunftsfähig, nachhaltig und profitabel betrieben werden soll.

Die Nachwehen der Finanzkrise haben nicht nur in der Finanzindustrie, sondern in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik gleichermaßen zu fundamental veränderten Rahmenbedingungen geführt.

So haben verschiedene Teile Europas die rezessiven Tendenzen noch nicht hinter sich gelassen. Die Volatilität an den weltweiten Finanzmärkten wird auch künftig hoch bleiben - die Währungsturbulenzen in den Schwellenländern in der zweiten Jahreshälfte 2013 und zu Beginn des laufenden Jahres mögen dafür als Beleg dienen. Die Zentralbanken werden das Zinsniveau auf mittlere Sicht niedrig halten. Das mag für Schuldnerstaaten Vorteile bringen - es stellt aber andererseits all diejenigen, die auf Geldanlagen zur Vermögensbildung etwa in der Altersvorsorge angewiesen sind, vor große Herausforderungen.

Vor allem aber hat sich das regulatorische Umfeld für Banken deutlich verschärft. Die großen Linien dieses veränderten Regulationsregimes sind mittlerweile klar, technische Details bleiben jedoch noch offen. Die Kapital- und Liquiditätsanforderungen an Banken sind bereits gestiegen - und sie werden tendenziell weiter steigen. Dies hat massive Auswirkungen auf das Kreditgeschäft, nicht nur in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Volumina, sondern auch mit Blick auf die Konditionen: Um weiterhin rentabel zu wirtschaften, müssen Banken tendenziell höhere Margen und niedrigere Beleihungsausläufe als vor der Krise fordern.

Niedrigeres Renditeniveau

Die höheren Kapital- und Liquiditätsanforderungen nach Basel III und die übrigen regulatorischen Neuerungen sorgen zudem dafür, dass sich Bilanzstrukturen in Zukunft deutlich konservativer entwickeln werden. Auch steigt der Wettbewerb um Kundeneinlagen und pfandbrieffähiges Geschäft - denn Einlagen und Pfandbriefe werden von den neuen regulatorischen Anforderungen - zum jetzigen Zeitpunkt - begünstigt. Die Rahmenbedingungen für unbesicherte Refinanzierungen werden sich dagegen auf absehbare Zeit verschlechtern. Die Folge der gravierenden Veränderungen: Die Branche - Universalbanken wie Spezialinstitute - muss sich darauf einstellen, dass nur noch ein im Vergleich zum früheren Normalzustand niedrigeres Renditeniveau nachhaltig erreichbar sein wird.

Wie gehen Banken mit diesem geänderten Umfeld erfolgreich um? Sie müssen sich zum einen mit der Frage nach dem ethischen Fundament ihres Handelns und dem massiven Vertrauensverlust befassen, den die Branche durch anhaltende Skandale der vergangenen Jahre - nicht zuletzt die mutmaßliche Manipulation des Libor - erlitten hat. Vertrauen kann nicht per Deklaration zurückerlangt werden. Es wiederherzustellen, ist vielmehr ein langwieriger Prozess. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der engagierten Pflege von Kundenbeziehungen und in einem klaren Verständnis der volkswirtschaftlich dienenden Funktion des Bankgewerbes.

Zum anderen müssen Banken den neuen regulatorischen Vorschriften gerecht werden. Dazu gehört, die internen Systeme aktuellen Bedürfnissen anzupassen - von der Finanzierung über das Personalmanagement bis zur Risikosteuerung. Dazu gehört aber auch die generelle Frage nach Risikotragfähigkeit und Risikoneigung der jeweiligen Bank. Sie sind die beiden wesentlichen Determinanten für das Geschäftsmodell, denn sie bestimmen mittelbar die regulatorischen Kosten, die eine Bank für ihr Geschäft zahlen und mittelfristig natürlich auch verdienen muss. Die Geschäftsmodelle sind also längst auf dem Prüfstand - und zwar im Übrigen ganz ohne dass es auch noch der Renaissance der Idee eines Trennbankensystems bedurft hätte.

Alte und neue Wettbewerber

Das Geschäftsmodell der Immobilienfinanzierer zeichnete sich lange Zeit dadurch aus, dass es verlässliche, weit im Voraus kalkulierbare Renditen zu überschaubaren Risiken lieferte. Immobilienfinanzierung ist jedoch aufgrund höherer Liquidität in den Immobilienmärkten, einer gestiegenen Umschlaggeschwindigkeit und einem erhöhten Wettbewerb - vor dem Hintergrund des beschriebenen "New Normal" wenig verwunderlich - anspruchsvoller geworden. Umso mehr stellt sich die Frage, wie das Immobilienbanking der Zukunft aussehen müsste, um auch auf mittlere Sicht für Eigentümer und Kunden attraktiv zu bleiben.

Es spricht unter den veränderten Rahmenbedingungen einiges dafür, ein Geschäftsmodell zu verfolgen, das neben dem reinen Kreditgeschäft auch ein starkes Einlagengeschäft umfasst.

Im Kreditgeschäft waren zu Zeiten der Finanzkrise einige Banken im Wesentlichen damit beschäftigt, ihre Portfolios zu bereinigen. Für einen Wettbewerb im Neugeschäft fielen sie damit zeitweise aus, was für die wenigen verbliebenen voll handlungsfähigen Häuser attraktive Opportunitäten eröffnete. Seit dem vergangenen Jahr jedoch zieht der Wettbewerb wieder spürbar an.

Das ist zum einen der Rückkehr bekannter Spieler an den Markt geschuldet, zum anderen aber auch dem Markteintritt neuer Anbieter: So gewinnt für Versicherungsunternehmen die Finanzierung von Gewerbeimmobilien unter dem Solvency-II-Regime an Attraktivität. Auch Pensionskassen oder Debt Funds werden bei der Immobilienfinanzierung der Zukunft eine größere Rolle spielen - sei es als Kooperationspartner bei größeren syndizierten Deals oder als Wettbewerber der klassischen Immobilienfinanzierer.

Verengung der Margen

Zwar ist der Markt auch heute noch weit vom ruinösen Konditionenwettbewerb früherer Jahre entfernt, eine Verengung der Margen findet jedoch bereits wieder statt. Der Wettbewerb wird aber auch in den Bereichen Kundenservice und Immobilien-Expertise ausgetragen. Dabei haben diejenigen Banken die Nase vorn, die es zum einen verstanden haben, in den vergangenen Jahren stabile Kundenbeziehungen zu etablieren und etablierte Kundenbeziehungen nachhaltig zu pflegen.

Zum anderen zahlt sich in diesem Umfeld eine breite internationale Diversifizierung bei einer gleichzeitigen Fokussierung aus, was Sektoren und Objektarten angeht. Denn wo für die Immobilie die drei wesentlichen Faktoren: "Lage, Lage, Lage" entscheidend sind, lautet der entsprechende Dreiklang auf Bankenseite: "langjährige Erfahrung, regionale Marktkenntnis, tiefe Industrieexpertise". Diese Eigenschaften bilden zudem die Basis, um ein gesundes Kreditportfolio mit beherrschbaren Risiken aufzubauen und zu pflegen - wie es der Aareal Bank in den vergangenen Jahren nachhaltig gelungen ist.

Nicht nur im Kreditgeschäft, auch im Einlagengeschäft hat der Wettbewerb in den Jahren seit Ausbruch der Krise spürbar angezogen und intensiviert sich durch den Eintritt immer neuer Spieler weiter. Ein Grund dafür ist die bevorzugte Behandlung von Einlagen unter dem neuen regulatorischen Regime. Speziell das Einlagengeschäft mit Non-Financial-Kunden gewinnt hier als Quelle unbesicherter Refinanzierung zusätzlich an Bedeutung, wirkt es sich doch positiv auf die Kennziffern Liquidity Coverage Ratio (LCR) und Net Stable Funding Ratio (NSFR) aus. Kurz gesagt: Je breiter und stabiler die Einlagenbasis, desto weniger ist eine Bank von der Refinanzierung über den Kapitalmarkt abhängig. Sie kann deshalb andere, kapitalmarktbasierte Refinanzierungsinstrumente wie etwa den Pfandbrief oder unbesicherte Anleihen wesentlich strategischer, gezielter und teilweise auch opportunistischer einsetzen.

Langfristige Kundenbeziehungen auch im Einlagengeschäft

Um das Einlagengeschäft auf längere Sicht erfolgreich betreiben zu können, reichen kurzfristige "Lockvogel-Angebote" wie deutlich über dem Markt liegende Verzinsungen nicht aus. Die Basis für den Erfolg ist auch hier eine langfristige und belastbare Kundenbeziehung auf Basis eines tiefen Vertrauensverhältnisses - so wie es im Falle der Aareal Bank zur institutionellen Wohnungswirtschaft in Deutschland besteht, deren Hausbank sie seit Jahrzehnten ist.

Die Aareal Bank profitiert im Wettbewerb um Einlagen davon, dass sie der traditionell Cashflowstarken Wohnungswirtschaft ein über das Einlagengeschäft hinaus gehendes Dienstleistungs- und Beratungsangebot macht, das Kunden Verwaltungsabläufe und das Management der Zahlungsströme signifikant erleichtert. Integrierte Systemhäuser für den wohnungswirtschaftlichen Bedarf können also für Immobilienbanken eine sinnvolle Erweiterung ihres Geschäftsmodells darstellen - so wie es der Aareal Bank Gruppe mit ihren Angeboten im Segment Consulting/Dienstleistungen gelungen ist.

Gleichwohl sind derlei Überlegungen Makulatur, wenn es der Immobilienbank der Zukunft nicht gelänge, sich dem regulatorischen Umfeld anzupassen und die damit einhergehenden Anforderungen zu erfüllen.

Dazu zählt neben den bereits beschriebenen Aspekten von Basel III der Umgang mit der Leverage Ratio, die aufgrund fehlender Differenzierungsmöglichkeiten Banken mit risikoarmem Kreditgeschäft gegenüber solchen Häusern benachteiligt, die deutlich stärker in spekulativen und damit risikobehafteten Geschäften engagiert sind. Und nicht zuletzt umfasst die Einstellung auf das regulatorische Umfeld für viele Banken auch die Vorbereitungen des sogenannten Comprehensive Assessment, das eine aufsichtliche Risikobewertung, einen Asset Quality Review und einen Stresstest durch die Europäische Zentralbank umfasst. Optimierungen der Eigenkapitalsituation sind deshalb für Immobilienbanken ebenso notwendig wie die Sicherung ausreichender Liquidität. Die Immobilienbank der Zukunft dürfte sich deshalb durch eine effiziente Kapitalstruktur mit einem intelligenten Zusammenspiel von Kern- und Ergänzungskapital, einen stabilen Refinanzierungsmix und eine Liquiditätssituation auszeichnen, die jederzeitige Handlungsfähigkeit garantiert.

Dass Immobilienbanking auch in der Zukunft attraktiv bleiben wird, daran besteht kein Zweifel. Es sind im Wesentlichen drei gesellschaftliche Megatrends, die dieses Geschäftsfeld bewegen: Da ist zum einen die demografische Entwicklung sowohl in den entwickelten Volkswirtschaften, die sich auf eine alternde Bevölkerung einstellen müssen, wie auch in den Schwellenländern, die mit Bevölkerungszuwachs und den damit verbundenen wachsenden Ansprüchen an die Infrastruktur umgehen müssen. Beides betrifft sowohl Wohn- als auch Gewerbeimmobilien und führt zu nachhaltig gesunder Nachfrage in beiden Kategorien.

Attraktive Perspektiven dank stabiler Megatrends

Insbesondere Gewerbeimmobilien sind vom zweiten Megatrend, dem Strukturwandel, wesentlich betroffen. Während in den aufstrebenden Volkswirtschaften die Nachfrage nach Produktionsstandorten steigt, geht in den Industriestaaten die Bevölkerungsentwicklung mit einem gesellschaftlichen Wandel hin zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft einher. Gerade hier wird also der Bedarf an hochwertigen Gewerbeimmobilien mittel- und langfristig weiter wachsen.

Hinzu kommt der mit dem Wandel zur Wissensgesellschaft einhergehende Trend zu ökologisch verantwortungsvollerem Handeln. Mieter von Gewerbeobjekten stellen immer öfter die Frage nach Nachhaltigkeit und Umwelteffizienz der Gebäude. Das führt zum dritten Megatrend, der den Modernisierungsbedarf vieler gewerblicher und privater Immobilien betrifft. Gefragt sind umwelt- und energieeffiziente Objekte, Barrierefreiheit, optimale Versorgung mit (daten-)technischer Infrastruktur und eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Gebäude insgesamt - und zwar sowohl bei Neubauten als auch revitalisierten alten Gebäuden.

Eine Zukunft auf gutem Fundament

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Trends steht die Immobilienfinanzierung gewerblicher wie wohnungswirtschaftlicher Natur auf mittlere und lange Sicht vor einer guten Zukunft. Wenn sie richtig betrieben wird.

In einem weiterhin herausfordernden Umfeld und einem Markt, der auf mittlere Sicht volatil bleiben wird, ist Immobilienbanking heute ein hochkomplexes Geschäft geworden. Dass es dennoch attraktiv geblieben ist, zeigt sich nicht zuletzt am wieder zunehmenden Wettbewerb und den neuen Spielern, die den Markt verändern. Die Chancen, die sich daraus ergeben, liegen in der Kooperation und der damit verbundenen Öffnung des Immobiliengeschäfts für neue Investorengruppen.

Immobilienbanken tun gut daran, in diesem Umfeld nicht erneut den Fehler zu begehen und sich auf einen Konditionenwettbewerb einzulassen, bei dem keiner gewinnen kann. Vielmehr geht es darum, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die den beschriebenen Faktoren Rechnung tragen: mit einem Kreditgeschäft, das auf hoher fachlicher, sektoraler und marktbezogener Expertise beruht und durch ein effizientes Einlagengeschäft und möglicherweise weitere wertschaffende Dienstleistungen für Immobilienkunden flankiert wird; mit einer Unternehmensstruktur, die schnelle, unbürokratische Entscheidungen und Reaktionen auf Marktveränderungen möglich macht; und schlussendlich mit einer soliden Kapitalstruktur, einer stabilen Refinanzierung und einer handlungsfähigen Liquiditätsstruktur.

Dauerhaft erfolgreich wird dieses Geschäft aber erst dann sein, wenn langfristig tragfähige Kundenbeziehungen entstehen. Denn auch das Immobilienbanking der Zukunft ist vor allem eines: Vertrauenssache.

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