Aufsätze

Hedgefonds - Brauchen wir eine internationale Regulierung?

Hedgefonds gehören seit Jahren zu den am stärksten wachsenden Branchen innerhalb des Finanzsektors. Damit einhergehend hat sich der Einfluss der weitgehend unregulierten Hedgefonds auf die Finanzmärkte und ihre Relevanz für die Finanzstabilität beträchtlich erhöht, was vielfach den Ruf nach einer Regulierung der Branche ausgelöst hat. Während in Deutschland Hedgefonds bereits einer wirksamen Aufsicht unterliegen, existieren auf internationaler Ebene keine Mindeststandards. Vielmehr tasten sich die einzelnen Länder mit teils unterschiedlichen Ansätzen an die äußerst dynamische Hedgefonds-Branche heran.

Indirekter aufsichtsrechtlicher Ansatz

Allen Kennern der Materie ist klar, dass eine direkte gesetzliche Regulierung der Hedgefonds international nicht durchsetzbar ist. Sie ist auch dann nicht zwingend, wenn sich der indirekte aufsichtsrechtliche Ansatz bewährt, der beim Risikomanagement der regulierten Finanzinstitute ansetzt, die in einer Geschäftsbeziehung mit Hedgefonds stehen. Bei einer direkten Regulierung liefe man zudem Gefahr, dass die Marktteilnehmer sich in ungerechtfertigter Sicherheit wiegen und die eigene Risikovorsorge vernachlässigen könnten (Moral Hazard-Problem). Darüber hinaus könnte eine Regulierung zu einer Verlagerung des Hedgefonds-Geschäfts aus den "regulierten" internationalen Finanzzentren hin zu weniger regulierten Ländern nach sich ziehen und damit die positiven Beiträge der Branche für die Effizienz der heimischen Märkte mindern.

Zur Ergänzung des indirekten Ansatzes wäre allerdings eine Stärkung der Marktdisziplin durch eine Verbesserung der Transparenz bei Hedgefonds wünschenswert. Zuvor sollen jedoch einige Zahlen und Fakten die gestiegene Bedeutung der Hedgefonds-Branche für die Finanzmärkte untermauern und die Chancen und Risiken von Hedgefonds kurz skizziert werden.

Sammelbegriff für eine heterogene Gruppe

Die Bezeichnung Hedgefonds hat sich als Sammelbegriff für eine sehr heterogene Gruppe von Investmentgesellschaften eingebürgert, für die es weder eine Legaldefinition noch eine andere allgemein akzeptierte Definition gibt. Ein Grund hierfür dürfte darin bestehen, dass Hedgefonds vielfach Aktivitäten entfalten, die grundsätzlich auch bei traditionellen institutionellen Investoren wie Banken, Versicherungen oder "herkömmlichen" Investmentfonds anzutreffen sind.

Zur Abgrenzung gegenüber anderen Fonds- beziehungsweise Investmentgesellschaften können Hedgefonds jedoch als alternative private Anlagegesellschaften bezeichnet werden, die sehr flexibel operieren und ausdrücklich auf ein besonderes Ertragsprofil zielen, deren Kapitalgeber eine zumeist eng begrenzte Zahl anderer institutioneller Investoren oder sehr vermögender Privatpersonen sind und die nur wenigen Regulierungen, vor allem keiner direkten Finanzaufsicht, unterliegen. So sind über zwei Drittel aller Hedgefonds in Offshore Finanzzentren registriert, während die Hedgefonds-Manager hauptsächlich von New York (55 Prozent) und London (16 Prozent) aus operieren.1)

Hedgefonds können alle Formen der Kapitalanlage nutzen und insbesondere alle Arten derivativer Finanzinstrumente einsetzen, teilweise in großem Umfang Leerverkäufe tätigen und durch Kreditaufnahme die Hebelwirkung (Leverage) und damit die Eigenkapitalrendite ihrer Investitionen vergrößern. Die Kombinationsmöglichkeiten dieser Techniken sind äußerst zahlreich und münden in die einzelnen Anlagestrategien, die ein Hedgefonds verfolgen kann. Damit zeichnen sich Hedgefonds in aller Regel durch ein höheres Risiko als normale Investmentfonds aus.

Signifikante Anteile am Wertpapierhandel

Nach brancheninternen Schätzungen wurden Ende 2006 weltweit zirka 1,4 Billionen US-Dollar von über 9 400 Hedgefonds verwaltet. Damit hat sich in den vergangenen fünf Jahren die Anzahl der Hedgefonds weltweit mehr als verdoppelt und das von ihnen verwaltete Vermögen fast verdreifacht. Noch 1990 steckten nicht einmal 50 Milliarden US-Dollar in den Fonds. Die Mittelzuflüsse der Branche stiegen 2006 mit rund 126 Milliarden US-Dollar auf eine neue Höchstmarke. Trotz der hohen Zahl der Hedgefonds ist das verwaltete Vermögen offenbar stark konzentriert. So verwalteten einer jüngeren Studie nach Ende 2005 die 100 größten Hedgefonds rund zwei Drittel des gesamten Fondsvermögens der Branche.2)

Signifikante Marktanteile haben Hedgefonds mittlerweile auch beim Wertpapierhandel erreicht. Schätzungen zufolge hatten Hedgefonds 2005 einen Anteil von 40 bis 50 Prozent an den täglichen Börsenumsätzen der New Yorker und Londoner Börse. Der Anteil der Hedgefonds am gesamten Transaktionsvolumen in festverzinslichen Wertpapieren einschließlich der darauf bezogenen Derivate am US-Markt wird inzwischen auf rund 15 Prozent geschätzt.3)

Deutlich höher liegen die Anteile in weniger liquiden Marktsegmenten, die höhere Margen versprechen, wie Kreditderivate (58 Prozent), Anleihen von Schwellenländern (45 Prozent) sowie spekulative Anleihen (25 Prozent). An den europäischen Rentenmärkten entfiel 2006 rund ein Drittel des Handelsvolumens von Anleihen mit Non-Investment-Grade-Qualität auf Hedgefonds; signifikante Marktanteile erreichten sie auch bei Investment-Grade-Bonds und strukturierten Derivateprodukten.4)

Chancen und Risiken von Hedgefonds

Der europäische Hedgefondsmarkt wächst überproportional und holt damit zum USamerikanischen Marktanteil auf. Während der europäische Marktanteil 2002 noch bei neun Prozent (USA 86 Prozent) lag, ist er 2005 auf 26 Prozent angestiegen (USA 62 Prozent). Gemessen am Fondsvermögen aller europäischer Hedgefonds (rund 400 Milliarden US-Dollar) nimmt Großbritannien mit rund 80 Prozent einen dominierenden Platz in Europa ein, gefolgt von Frankreich (fünf Prozent), Schweden (drei Prozent) und der Schweiz (zwei Prozent). In Deutschland spielen Hedgefonds mit einem Anlagevolumen von gegenwärtig rund 2,6 Milliarden Euro keine nennenswerte Rolle.5)

Hedgefonds bieten Chancen nicht nur für den einzelnen Anleger, sondern insbesondere für die Volkswirtschaft insgesamt. Für den einzelnen Anleger eröffnen Hedgefonds neben hohen Ertragsaussichten auch die Möglichkeit, eine bessere Portfoliodiversifikation zu erreichen. Vor allem aber erfüllen Hedgefonds wichtige volkswirtschaftliche Funktionen. So fördern Hedgefonds in der Regel nicht nur die Effizienz der Finanzmärkte, sondern auch deren Stabilität. Durch Arbitragestrategien unterstützen sie den Preisbildungsprozess und tragen damit dazu bei, Preisineffizienzen auf den internationalen Finanzmärkten zu beseitigen. Zudem erhöhen sie die Liquidität der Märkte, wodurch deren Volatilität reduziert werden kann. Durch Nutzung innovativer Finanzinstrumente unterstützen sie die Entwicklung neuer Finanzmarktsegmente und tragen zu einer breiteren Allokation von Risiken im Finanzsystem bei.

Allerdings bringen Hedgefonds auch Risiken mit sich. So geht für den einzelnen Anleger mit den hohen Ertragsmöglichkeiten selbstverständlich auch das Risiko eines erheblichen Verlustes bis hin zum Totalverlust der Anlage einher - etwa im Falle einer schlechten Performance oder gar der Insolvenz des Fonds. Single Hedgefonds sind daher vermutlich auch auf längere Sicht hin kein Produkt für wenig erfahrene Privatanleger,6) sondern eher für vermögende und erfahrene Anleger, die auch einen eventuellen Verlust verschmerzen können, sowie für professionelle, institutionelle Anleger.

Allerdings bieten Dach-Hedgefonds7) auch für private Anleger eine Möglichkeit zur Diversifikation ihres Portfolios, da sie wegen ihrer breiten Streuung tendenziell ein auch für Privatanleger vertretbares Risiko aufweisen. Wie die Entwicklung zeigt, legen mittlerweile nicht nur vermögende Privatanleger, sondern immer mehr auch Dach-Hedgefonds sowie institutionelle Investoren (etwa Pensionsfonds, Versicherungen, Stiftungen) aus Gründen der Rentabilität und Portfoliodiversifikation ihre Mittel verstärkt in Hedgefonds an.8) Mit der Ausweitung des Anlegerkreises gewinnen jedoch gleichzeitig Fragen des Anlegerschutzes an Bedeutung.

Mögliche systemische Risiken

Nicht zuletzt angesichts des hohen Anlagevolumens und der bestehenden Kreditbeziehungen zwischen Hedgefonds und (regulierten) Finanzinstitutionen stellt sich aber insbesondere die Frage nach möglichen systemischen Risiken, die von Hedgefonds für die internationale Finanzstabilität ausgehen können. So kann die Insolvenz eines großen (oder zeitgleich mehrerer kleinerer), stark mit Fremdkapital operierenden Hedgefonds andere Finanzmarktakteure, insbesondere kreditgebende Banken, unmittelbar beeinträchtigen (sogenanntes Counterparty Risk) und damit letztlich auch die Stabilität der internationalen Finanzmärkte gefährden.

Ein systemisches Risiko für das Finanzsystem kann darüber hinaus auch durch ein gleichgerichtetes Anlageverhalten (sogenanntes Crowded Trade) bei Hedgefonds entstehen. Bei abrupten Erwartungsänderungen und Marktumschwüngen könnten im Falle eines gleichzeitigen Rückzugs von Hedgefonds Markttrends verstärkt und die Marktliquidität beeinträchtigt werden, wodurch die Volatilität an den Märkten erhöht werden kann. Im Extremfall könnten die Preise auch ins Bodenlose fallen. Spätestens seit den Ereignissen des Jahres 1998 um den Beinahe-Zusammenbruch des sehr stark mit Fremdkapital operierenden amerikanischen Hedgefonds Long-Term Capital Management (LTCM), der eine aufwendige, durch die US-Notenbank orchestrierte Rettungsaktion nötig machte, sind mögliche systemische Risiken von Hedgefonds ein national wie international viel diskutiertes Thema.9)

Verbesserung der Transparenz von Hedgefonds

Der primäre Mechanismus, um übermäßige Risiken in einer Marktwirtschaft zu begrenzen, ist die Marktdisziplin. Damit Marktdisziplin wirksam ist, sollten die Geschäftspartner und Investoren jeweils über hinreichende Informationen verfügen, um das Risikoprofil ihrer Kunden verlässlich einschätzen zu können. Wegen der begrenzten Transparenz der Hedgefonds-Branche ist dies jedoch nicht gewährleistet.

Der Marktdisziplin sind dabei insbesondere in der Interaktion von Hedgefonds mit ihren kreditgebenden Banken Grenzen gesetzt. Da die Risikovorsorge hauptsächlich auf der Basis der Bereitstellung von Sicherheiten erfolgt, besteht die Gefahr, dass infolge des verstärkten Wettbewerbsdrucks Abschläge bei der Hereinnahme der Sicherheiten zugestanden werden, was zu einer "Unter-Besicherung" von Hedgefonds-Risikopositionen führen und in Marktabschwungsphasen zu einer Verschärfung der Problematik beitragen könnte. Aufgrund von unvollkommenen beziehungsweise asymmetrischen Informationen und Interessenkonflikten kann es somit durchaus zu einem Marktversagen und zu einer Unterminierung der Marktdisziplin kommen.

Zur Ergänzung des indirekten Ansatzes ist daher eine Stärkung der Marktdisziplin durch eine Verbesserung der Transparenz bei Hedgefonds wünschenswert. Mehr Transparenz würde es den Geschäftspartnern und Investoren von Hedgefonds ermöglichen, die Risiken von Hedgefonds besser einzuschätzen und damit nicht nur die Marktdisziplin, sondern gleichzeitig auch den Anlegerschutz zu verbessern.

Differenzierte Transparenzanforderungen

Mit dem systemischen Risikopotenzial beziehungsweise dem öffentlichen Gut-Charakter stabiler Finanzmärkte lässt sich darüber hinaus auch ein verbesserter Einblick öffentlicher Stellen rechtfertigen. Mehr Transparenz würde es den Aufsichtsbehörden und Notenbanken ermöglichen, potenzielle systemische Risiken früher zu erkennen.

Hiernach lassen sich differenzierte Transparenzanforderungen ableiten, die auch dem legitimen Interesse der Hedgefonds nach Wahrung ihrer Handelsstrategien Rechnung tragen:

- Verbesserte Offenlegung gegenüber Investoren und Geschäftspartnern durch Anerkennung und Umsetzung diesbezüglich vom Privatsektor bereits ansatzweise entwickelter Wohlverhaltensregeln (Sound Practices) für Hedgefonds-Manager, die unter anderem Maßnahmen enthalten, die Interessenkonflikte vermeiden, die Transparenz für den Kunden erhöhen und die Qualität des Fondsmanagements (zum Beispiel interne Kontrollen, unabhängige Verwahrung der Vermögenswerte, externe Rechnungsprüfung) verbessern sollen.10) Sowohl der Bericht des Financial Stability Forums (FSF) von 2000 zu "Highly Leveraged Institutions"1) als auch der sogenannte Corrigan Bericht12) aus dem Jahre 2005 enthalten hierzu eine Reihe spezifischer Empfehlungen.

- Intensivierung des Dialogs der öffentlichen Stellen mit Hedgefonds zur frühzeitigen Erkennung von Stabilitätsrisiken. Zur Beurteilung von Risikopotenzialen könnten dabei neben qualitativen Aspekten der Beachtung von Sound Practices (insbesondere im Hinblick auf das Risikomanagement von Hedgefonds) auch die Möglichkeiten einer etwaigen Bereitstellung quantitativer Informationen gegenüber Aufsichtsbehörden erörtert werden.13) So schlägt beispielsweise auch der Corrigan Bericht vor, eine Offenlegung großer Positionen von Hedgefonds gegenüber Aufsichtsbehörden zu prüfen, wobei grundsätzlich entweder bereits regulierte Finanzinstitutionen oder Hedgefonds auf freiwilliger Basis an die zuständigen Aufsichtsbehörden berichten könnten. Dabei müssten meines Erachtens Informationen nicht von allen Hedgefonds bereitgestellt werden. Vielmehr wäre eine Beschränkung auf große, systemisch wichtige (sogenannte High Impact) Hedgefonds hinreichend.

Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit unter den Aufsichtsbehörden sowie regelmäßiger Informationsaustausch im Rahmen der einschlägigen internationalen Gremien, insbesondere im Financial Stability Forum (FSF), wenn Risikopotenziale globalen oder grenzüberschreitenden Charakter haben. Verbesserungen bei der

Transparenz von Hedgefonds

Die unzureichende Transparenz der Hedgefonds erschwert eine Beurteilung etwaiger von Hedgefonds ausgehender Risiken. Eine größere Transparenz der Hedgefonds-Branche würde sowohl die Einschätzung von Finanzstabilitätsrisiken verbessern als auch die Marktdisziplin und den Anlegerschutz stärken. Fortschritte lassen sich jedoch nur auf internationaler Ebene erreichen, da nur so die relevanten Hedgefonds einbezogen werden können und möglichen Abwanderungen des Hedgefonds-Geschäfts vorgebeugt werden kann. Nationale Alleingänge oder kontinentaleuropäische Regelungen haben keine Aussicht auf Erfolg. Daher hat die Bundesregierung das Thema Hedgefonds auf die Agenda ihrer diesjährigen G7/G8-Präsidentschaft gesetzt. Dabei geht es nicht um eine Regulierung, sondern um Verbesserungen bei der Transparenz von Hedgefonds. Im Blickfeld steht dabei insbesondere die Begrenzung der möglichen systemischen Risiken für die Finanzstabilität. Die Bundesregierung strebt dabei einen internationalen Konsens über mögliche Maßnahmen an.

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