Gespräch des Tages

Finanz Informatik - Was nun?

Gratulation an den IT-Dienstleister der Sparkassen. Mehr als 400 Sparkassen und 130 Millionen Konten auf eine einheitliche Kernbanksoftware umzustellen, zwischendrin noch zwei Fusionen, zunächst mit der Münchener IZB und zwei Jahre später mit dem bis dahin verbliebenen zweitgrößten Rechenzentrum in Hannover - die heutige Finanz Informatik hat tatsächlich eine emsige Zeit hinter sich. Bis zum endgültigen Projektabschluss Ende Juli dieses Jahres sind es nun nur noch ein paar wenige Wochen hin. Seit Ende 2002 die ersten Pilotsparkassen erfolgreich auf OS-Plus migrierten, folgten eine Vielzahl von Serienmigrationen, in der Regel innerhalb eines Wochenendes. Im Oktober 2008 nutzten rund zwei Drittel der deutschen Sparkassen das System der damaligen Sparkassen Informatik, das bis dahin fünf Altsysteme von Vorgängerunternehmen abgelöst hatte. Durch die Fusion mit der Finanz-IT stand für weitere 170 Sparkassen die Umstellung auf die gemeinsame Plattform an. Dort zunächst geschmiedete Pläne, eine externe Standardsoftware einzuführen, waren mit dem Zusammenschluss der Rechenzentralen in Frankfurt und Hannover wieder vom Tisch. Die Migration, so betont man mit einem Seitenhieb in Richtung Commerzbank und HVB, sei bei jedem Einzelschritt ohne (erwähnenswerte) Vorkommnisse vonstatten gegangen. Freilich hat man sich für das Projekt auch ein knappes Jahrzehnt Zeit genommen.

Das Management von IT-Umstellungen ist damit, neben der (Weiter-)Entwicklung der Softwareplattform, eine der Kernkompetenzen des IT-Dienstleisters geworden. Über die Jahre wurde dabei sowohl Know-how als auch Personal angesammelt. Es drängt sich also die Frage auf, was mit beidem passieren wird, wenn das "größte Migrationsprojekt der Welt" bald abgeschlossen ist und die Aktualisierung der Software zentral per Knopfdruck durchgeführt werden kann. Zum einen könnten die Landesbanken eine neue Zielgruppe darstellen. Aufgrund der anderen Geschäftsausrichtung und aus Wettbewerbsgründen ließe sich hier zwar kaum eine Komplettumstellung auf OS-Plus durchführen - eine Whole-Sale-Bank freilich benötigt ein anderes Risikomanagement et cetera als die S-Primären. Mit einigen Zentralinstituten, etwa in Berlin, Saarbrücken oder auch Stuttgart, werden in Teilbereichen erste Schritte gegangen. Gleichwohl ist das Potenzial dort eher überschaubar - die ungeklärte Zukunft des Landesbanksensektors einmal außen vor gelassen.

Zum Zweiten bleiben noch einige Verbundunternehmen wie die Versicherer oder die Landesbausparkassen, die zum Teil zwar Rechenzentrumsaber keine Softwaredienstleistungen beziehen. Auch wenn - oder vielleicht gerade weil - Letztere mit der LBS IT Informations-Technologie GmbH & Co. KG in Berlin und der Plattform LBS-neu bislang "Selbstversorger" sind, gäbe es durchaus noch einige interessante Möglichkeiten. Was allem Anschein nach in einigen Bereichen der Sparkassengruppe mitunter fehlt, ist der Wille, den Gedanken einer gruppeneinheitlichen IT konsequent zu Ende zu denken - zu verführerisch scheint bei manchen Unternehmen noch das Gefühl der Unabhängigkeit zu sein. Eine Konsolidierung wäre aber für die größtenteils ohnehin standardisierten Prozesse durchaus angeraten, allein schon um das gewonnene Know-how der Rechenzentrale nicht zu verschenken. Denn Sorgen um einen Verlust der hauseigenen Kompetenz müssen sich die Dienstleister der Sparkassengruppe im technisch aufgeklärten Jahr 2011 kaum machen: Über die IT können sie keinen Wettbewerb mehr bestreiten.

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