Gespräch des Tages

Europa - Dorfwirtschaft

Jeder Dorfbewohner kennt sie, die Familien, die ständig in der Kreide stehen, mehr ausgeben als sie einnehmen. Sie sind die besten Kunden der örtlichen Sparkassenfiliale. Doch was ist, wenn diese den Hahn zudreht? Nun ja, man kann ja im Dorfladen und in der Dorfkneipe anschreiben lassen. Warum eigentlich nicht. Nun stelle man sich Folgendes vor: Nachdem von der Sparkasse nichts mehr zu holen ist, würden Kneipe und Dorfladen über Jahre hinweg dem klammen Mitbürger und seiner Familie erlauben, munter weiter mehr zu konsumieren als sie einnehmen und sie würden, da sie anders als die Bank kein Wirtschaftsprüfer oder Revisor prüft - argumentieren, diese Beträge seien doch nur Verrechnungssalden und als solche werthaltig. Schließlich sei man eine Dorfgemeinschaft, die nie auseinanderbreche.

Klar wird jeder sagen, solch einen Unsinn wird kein Kneipenwirt oder Kioskbesitzer des noch so entlegenen Walddorfes von sich geben. Doch falsch gedacht. Genau dies passiert zurzeit täglich im europäischen Währungssystem.

Ein Land, das ein Leistungsbilanzdefizit hat, konsumiert mehr als es produziert. Und dies kann es wie unser Dorfbewohner auch nur dann machen, wenn es einen Kapitalgeber findet, der das Defizit finanziert. Normalerweise geschieht dies über das internationale Bankensystem. Und wenn die internationalen Banken das Vertrauen in ein Land verlieren, kommt der Kapitalimport zum Erliegen, was logischerweise auch den Konsum und damit die Importe entsprechend drosselt, sodass sich letztlich das Leistungsbilanzdefizit wieder schließt und Ausgaben und Einnahmen im Land wieder ins Gleichgewicht kommen. Genau wie bei unserem Dorfbewohner, der keinen Bankkredit mehr bekommt. Doch anders in dem EWS. Hier wird in der Tat unendlich angeschrieben. Und zwar bei der Notenbank des Exporteurs. Und das Ganze nennt sich dann "Target 2 Saldo".

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