Aufsätze

Einheitliche Standards für Covered Bonds - wie weit ist das ECBC?

Das European Covered Bond Council (ECBC) hat sich vor nunmehr fast drei Jahren konstituiert und seitdem fast 90 Mitglieder unter seinem Dach vereinigen können. In diesem Zeitraum hat der Markt geografisch und vom Volumen her enorm expandiert. Gerade vor dem Hintergrund der vorhandenen Unsicherheit auf den Kreditmärkten gilt es, den hervorragenden Ruf der Assetklasse nachhaltig zu sichern.

Eine wahrhaft europäische Affäre von internationaler Bedeutung

Der Covered-Bond-Markt ist eines der dynamischsten Segmente des europäischen Rentenmarktes. Ende 2006 kletterte das Umlaufvolumen mit 1 850 Milliarden Euro auf einen neuen Höchststand, der Erstabsatz erreichte im Jumbosegment allein 160 Milliarden Euro. Der internationale Aufschwung von Covered Bonds, deren Wurzeln in Frankreich, Dänemark und nicht zuletzt beim Pfandbrief liegen, begann mit der Erfindung des Jumbo-Pfandbriefs und der damit einsetzenden Internationalisierung des Investorenkreises. In einer ersten Welle entstanden viele neue Covered-Bond-Produkte kurz vor der Jahrtausendwende.

Im Zuge der Konkretisierung der neuen Baseler Eigenkapitalstandards (Basel II) sprangen dann ab 2003 immer weitere Länder mit eigenen Covered-Bond-Produkten auf den fahrenden Zug, um ihren Kreditinstituten Zugang zu dieser günstigen Refinanzierungsform zu verschaffen. Die Emission des ersten strukturierten, das heißt auf vertraglicher Grundlage basierenden Covered Bonds in Großbritannien im Jahr 2003, verschaffte der Assetklasse weiteren Auftrieb. Dieser Funke sprang 2006 über den Atlantik und führte zu einer ersten Covered-Bond-Emission eines US-amerikanischen Emittenten. Diese hier im Zeitraffer dargelegte Entwicklung verdeutlicht, dass es höchste Zeit für die Realisierung einer gemeinsamen europäischen Plattform der Covered-Bond-Industrie war, als im Herbst 2004 der Startschuss für das ECBC fiel. Angesichts der Vielfalt und der Dynamik des Marktes war es notwendig geworden, Marktteilnehmern, Regulatoren und EU-Institutionen gegenüber mit gemeinsamer Stimme zu sprechen, um die Belange der noch jungen Assetklasse auf europäischer und internationaler Ebene zu vertreten.

Kernfrage: Was ist ein Covered Bond?

Seit der Gründung des ECBC unter dem Dach des Europäischen Hypothekenverbands (European Mortgage Federation, EMF) stand die Frage nach einer einheitlichen Definition für Covered Bonds im Raum. Die Covered-Bond-Emittenten möchten ihren gemeinsamen Markt beziehungsweise ihre gemeinsame "Marke" vor Beschädigung durch Dritte schützen. Sie alle investieren erheblich, um die hohe Qualität und das Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Allerdings ist die Bezeichnung Covered Bond anders als die der meisten nationalen Produkte wie zum Beispiel des Pfandbriefs oder des luxemburgischen lettre de gage rechtlich nicht geschützt. Es steht damit grundsätzlich jedem Emittenten frei, ein Rentenpapier als Covered Bond zu bezeichnen.

Auch eine Legaldefinition existiert nicht. Die in der Capital-Requirements-Directive enthaltenen Voraussetzungen für Covered Bonds gelten nur für solche Papiere, die eine begünstigte Behandlung bei der Eigenkapitalunterlegung erhalten. Papiere, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, genießen damit zwar keine Privilegien, sie verlieren deshalb aber nicht die Möglichkeit als Covered Bonds bezeichnet werden zu können. So lassen so manche nationalen Covered-Bond-Gesetzgebungen zu, entsprechende Schuldverschreibungen zu emittieren, die nicht CRD-konform sind, aber dennoch den nationalen Bezeichnungsschutz genießen. Eine Definition dessen, was ein Covered Bond ist, würde Klarheit schaffen und würde verhindern, dass "Trittbrettfahrer" das positive Image des Covered Bonds ausnutzen, um ihre Papiere besser absetzen zu können.

Um sich einer möglichen Definition von Covered Bonds zu nähern, wurden von der ECBC-Working-Group Technical Issues zunächst die bestehenden Modelle dessen, was im Markt als Covered Bond betrachtet wird, eingehend analysiert und verglichen. Das Ergebnis dieser Arbeiten sind nationale Berichte, die einem ausführlichen Fragenkatalog folgen, und auf deren Basis eine beeindruckende Übersicht der existierenden Modelle erfolgte. Die Ausarbeitungen sind auf der Internet-Seite des ECBC und im ECBC-Factbook veröffentlicht. Dies bietet Investoren ein noch nicht gekanntes Ausmaß an Transparenz der unterschiedlichen Produkte, sodass allein schon dieses Ergebnis der Arbeiten als Erfolg für die Qualitätssicherung des Marktes zu betrachten ist.

ECBC-Standardisierung oder Vielfalt?

Es hat darüber hinaus unter den Emittenten für ein besseres Verständnis der unterschiedlichen Produkte und ein gemeinsames Verständnis von entscheidenden Fragestellungen geführt. Es wurde deutlich, dass die unterschiedlichen Covered-Bond-Modelle zwar alle darauf gerichtet sind, Investoren ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten, dass jedoch die Wege, dies zu erreichen, allein aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Gegebenheiten zum Teil sehr verschieden sind. Diese Vielfalt macht es nur schwer möglich, sich auf eine einheitliche Definition von Covered Bonds zu einigen. Zudem würde eine Definition die von Investoren geschätzte Vielfalt des Marktes und den gesunden Wettbewerb der unterschiedlichen Systeme gefährden.

Entscheidend für Investoren ist letztlich ein hohes Maß an Qualität des Produkts, das sie kaufen, unabhängig davon wie dies erreicht wird. Darüber hinaus müssen sie die Möglichkeit haben, die Qualität überprüfen zu können. Für die Qualitätskontrolle bietet das ECBC mit seiner Ausarbeitung ein hohes Maß an Transparenz. Investoren können selbst und mit Unterstützung von Covered-Bond-Analysten der Ratingagenturen und der Investmentbanken eine fundierte Investitionsentscheidung treffen. Statt eine Definition für Covered Bonds vorzuschlagen, entschied man sich im ECBC deshalb dazu, die qualitätsbestimmenden Kernelemente von Covered Bonds zu bestimmen.

Vier qualitätsbestimmende Kernelemente Es handelt sich dabei um vier wesentliche Merkmale:

- Covered Bonds werden von Kreditinstituten begeben, die öffentlicher Aufsicht und Regulierung unterliegen; anderenfalls muss den Covered-Bond-Gläubigern zumindest der volle Rückgriff gegen ein solches Kreditinstitut zustehen.

- Gläubiger von Covered Bonds haben einen Anspruch gegen die Vermögenswerte der Deckungsmasse, der den unbesicherten Gläubigern des jeweiligen Kreditinstituts vorgeht.

- Das Kreditinstitut ist dauerhaft verpflichtet, ausreichend Deckungswerte in den Deckungsmassen vorzuhalten, um die Ansprüche der Covered-Bond-Gläubiger jederzeit zu befriedigen.

- Die Verpflichtungen des Kreditinstituts bezüglich der Deckungsmasse werden durch öffentliche oder andere unabhängige Stellen beaufsichtigt.

Diese Kernelemente werden noch durch detaillierte Erklärungen, zum Beispiel zum Insolvenzvorrecht oder der Form der Aufsicht in separaten Anhängen ergänzt. Die Wesensmerkmale von Covered Bonds sollten in Kürze anlässlich der ECBC-Mitgliederversammlung Mitte September in Berlin offiziell von allen Mitgliedern bestätigt und dann veröffentlicht werden.

Mit dem Verzicht auf eine detaillierte Definition von Covered Bonds hat sich das ECBC für das Konzept der Vielfalt und den Wettbewerb unter den unterschiedlichen Covered-Bond-Modellen entschieden. Dem Vorteil von Vielfalt der Anlagemöglichkeiten und qualitätsförderndem Wettbewerb steht der Nachteil immer komplexer werdender Strukturen und des damit verbundenen hohen Analyseaufwandes entgegen. Die Emittenten werden sich damit weiterhin und mit steigender Intensität darum bemühen, ihr Produkt zu pflegen und fortzuentwickeln sowie den Investoren dessen Qualität zu vermitteln.

Was bedeutet das für die Positionierung des Pfandbriefs im Wettbewerb am Covered-Bond-Markt? Es ist selbstverständlich, dass der Pfandbrief dem ECBC-Katalog entspricht: Die Pflichten der Emittenten und Ansprüche der Pfandbriefgläubiger sind gesetzlich im Pfandbriefgesetz (Pfand-BG) normiert; dem Grundsatz des Gläubigerschutzes entspricht die besondere Aufsicht der BaFin über Pfandbriefbanken. Weitere spezifische Schutzvorschriften des Pfandbriefgesetzes zugunsten der Pfandbriefgläubiger, beispielsweise die Abtrennung der Deckungsmassen von der Bilanz des Emittenten im Insolvenzfall sind das Fundament der außergewöhnlichen Kreditqualität des Pfandbriefs.

Der Pfandbrief ist - gemessen an den Swapspreads am Sekundärmarkt - die Benchmark des Covered-Bond-Marktes, das heißt Investoren verlangen für das Halten anderer, laufzeitkongruenter Covered Bonds im Vergleich zu Pfandbriefen durchweg einen Aufschlag. Dies zeigt sich in der aktuellen Lage der Finanzmärkte deutlich. Die bisherige qualitätsorientierte Strategie, die auf klare gesetzliche Regelungen, die Verantwortung der Emittenten und die bedeutende Rolle der Bankaufsicht setzt, erweist sich in dieser Situation, in der das Risikobewusstsein der Investoren zurückgekehrt ist, als richtig.

Die Emittenten und ihr Verband werden bei den Überlegungen für eine Novellierung des PfandBG diesen Maßstab somit weiterhin zugrunde legen. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die Emittenten den Pfandbrief vom Covered-Bond-Markt isolieren wollen. Die Internationalisierung des Covered-Bond-Marktes und das Entstehen einer Assetklasse sind vorteilhaft für den Pfandbrief und sind nicht mehr umkehrbar. Die Pfandbriefemittenten haben somit weiterhin ein großes Interesse daran, sich aktiv an der positiven Entwicklung des Marktes zu beteiligen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X